Читать книгу Unternehmensnachfolge - Manzur Esskandari - Страница 54
j) Alternativen zur Vor- und Nacherbschaft im Unternehmensbereich
Оглавление197
Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist mit etlichen Unwägbarkeiten verbunden. Insbesondere die fehlende Teilnahme des Vorerben an den Wertsteigerungen des Unternehmens, das Verbot, unentgeltliche Verfügungen vorzunehmen sowie die rechtlich schwierig Abgrenzung zwischen (vom Vorerben zu tragenden) gewöhnlichen Erhaltungskosten und (aus der Erbmasse zu entnehmenden Aufwendungen) lassen dieses Rechtsinstitut für den Bereich der Unternehmensnachfolge als wenig praktikabel erscheinen. Lediglich in Einzelfällen hat im unternehmerischen Bereich die Vor- und Nacherbschaft weiterhin ihre Existenzberechtigung, namentlich beim sog. Behinderten- und beim Bedürftigentestament.[225] Im Übrigen lassen sich die mit der Vor- und Nacherbschaft verfolgten Ziele regelmäßig auch mit anderen kautelarjuristischen Möglichkeiten erreichen:[226]
198
Das Ziel, unter mehreren potentiellen Personen einen Unternehmensnachfolger zu bestimmen (vgl. oben Rn. 178), lässt sich durch ein Bestimmungsvermächtnis mit angeordneter Testamentsvollstreckung erreichen (vgl. Rn. 134 ff.). Das Bestimmungsvermächtnis mit angeordneter Testamentsvollstreckung wird sich insbesondere dann anbieten, wenn für die Zeit bis zur endgültigen Bestimmung des Unternehmensnachfolgers nur dritte Personen (z.B. der Prokurist) zur Verfügung stehen. Die Vor- und Nacherbschaft kann im Einzelfall vorzugswürdig sein, wenn ein Familienangehöriger das Unternehmen zwischenzeitlich führen und darüber hinaus dinglich abgesichert werden soll.
199
Möchte der Erblasser die Substanz des Unternehmens sichern (z.B. für Enkel – „Generationensprung“), und gleichzeitig einer Person die Nutzung überlassen (z.B. dem überlebenden Ehegatten), kann dieses Ziel durch ein bloßes Nießbrauchsvermächtnis erreicht werden (vgl. oben Rn. 126 ff.). Will der Erblasser die Versorgung des Nießbrauchsberechtigten sicherstellen, könnte er darüber hinaus ein Rentenvermächtnis anordnen, das den Zugriff auf die Substanz des Nachlasses ermöglicht (vgl. hierzu Rn. 142 ff.). Nießbrauch und Vor- und Nacherbschaft sind ihren rechtlichen Wirkungen, was etwa die Nutzungen am Unternehmen (§§ 2111 Abs. 1, 1030 BGB) oder die Tragung der gewöhnlichen Erhaltungskosten (§§ 2124 Abs. 1, 1041 BGB) betrifft, sehr ähnlich. Das Nießbrauchsvermächtnis weist im Übrigen auch erbschaftsteuerliche Vorteile auf, da nur ein Erbfall besteuert wird und der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs bei der Bemessung des Unternehmenswerts abgezogen wird. Der wesentliche Unterschied zur Vor- und Nacherbschaft besteht darin, dass der Nießbraucher nicht verfügungsberechtigt ist.[227]
200
Traut der Erblasser seinen präsumptiven Nachfolgern lediglich vorübergehend nicht die Führung des Unternehmens zu, wird regelmäßig die Anordnung einer Testamentsvollstreckung genügen (vgl. hierzu Rn. 218 ff.).
201
Möchte der Erblasser lediglich verhindern, dass pflichtteilsberechtigte Personen des Unternehmensnachfolgers Ansprüche am Unternehmen geltend machen können (z.B. nichtehelich Kinder), bietet sich ein auf den Tod befristetes Herausgabevermächtnis an (vgl. Rn. 91 ff.).[228] Der entscheidende Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der Unternehmensnachfolger in der Verfügungsfreiheit über das Unternehmen nicht beschränkt ist. Darüber hinaus lässt sich das Herausgabevermächtnis wegen seiner nur schuldrechtlichen Natur den gewünschten Gegebenheiten deutlich flexibler anpassen (z.B. Herausgabe nur auf den Überrest). Möchte der Erblasser eine freie Verfügungsbefugnis über das Unternehmen gerade verhindern, kann er bestimmen, dass bei einem Verstoß gegen das Verbot, über das Unternehmen zu verfügen, dasselbe sofort einem Dritten zufällt (aufschiebend bedingtes Herausgabevermächtnis).