Читать книгу Die unverhoffte Genesung der Schildkröte - Marc Bensch - Страница 5
Kapitel null
ОглавлениеVon außen drang kaum Licht durch die Scheiben der verlassenen Lagerhalle. Die einen waren verdreckt, die anderen abgeklebt. Über den drei Männern im Innern flackerten die Neonleuchten. Dann gingen sie aus.
Alle gleichzeitig.
»Was ist los? Was soll das?«, jaulte der Schnüffler und griff nach seiner Waffe.
»Ruhig«, mahnte der Schmierfink.
Der Lächler sagte nichts. Er knirschte mit den Zähnen.
Der Spuk dauerte nur ein paar Atemzüge. Dann sah man wieder.
Sah die Männer, wie sie warteten, zusammen und doch jeder für sich, ihre Gefühle krampfhaft verschleiernd.
Sah vergessene Fetzen einer Plastikplane neben einem rostenden Stahlträger.
Sah den Staub, der hier lagerte.
Und sah den Campingtisch mit den wackligen Beinen. Dazu vier jämmerliche Plastikstühle, drei auf einer Seite, einer auf der anderen. Herangeschafft für ein Treffen, ein Verhandlungsgespräch.
Vier Stühle, nicht fünf!
Die Drei hatten keinen Schimmer, was sie erwartete.
Der Schnüffler klammerte sich an die SIG Sauer P225 und schritt zwischen Tisch und Fenstern hin und her.
Der Schmierfink stand mit verschränkten Armen neben dem Tisch und kaute Kaugummi, gab dann seine Position ruckartig auf und ging auf den Schnüffler zu. »Das mit der Knarre ist möglicherweise keine so gute Idee. Ist dir selbst klar, oder? Denk mal drüber nach«, sagte er und legte eine Hand auf den Arm des unfreiwilligen Verbündeten.
Es war der Lächler, der antwortete, den finsteren Blick starr gen Eingang gerichtet, die zittrigen Hände über dem Tisch wie zum Gebet gefaltet. »Wir werden ihn nicht abknallen. Natürlich nicht. Aber wenn er uns nicht gibt, was wir wollen, soll er leiden. Leiden wie wir.«
Der Schnüffler stockte, betrachtete die Waffe, als fiele ihm erst da auf, dass er sie in der Hand hielt. Er nickte, schob die Pistole zurück in die Halterung und kehrte zu dem einzigen Fenster zurück, das ihm nach draußen zu spähen erlaubte.
Wolken schoben sich vor die Sonne. Ein Sturm zog auf.
»Was machen wir, wenn er nicht auftaucht?«, fragte er und seine Stimme vibrierte.
»Oh, er wird auftauchen. Er wird ganz sicher auftauchen«, antwortete der Schmierfink. Und fügte, die Faust gen Himmel gereckt, als spräche er mit einem Gott, noch einmal etwas polternder, geradezu bedrohlich, hinzu: »Nicht wahr?«
Er lag damit richtig. Ausnahmsweise.
Ich weiß, du denkst, du hättest mit all dem nichts zu tun. Dass dies nur eine Geschichte sei, die dich nicht betrifft.
Aber du täuschst dich. Du bist ein Teil dieser Geschichte. Ob du es willst oder nicht. Du bist sogar ein ganz wesentlicher Teil dieser Geschichte. Denn du bist der einzige, der die Katastrophe abwenden kann.
Und ja, ich spreche mit dir.