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PLASTIK BEVORZUGT

NIEMAND WILL GELD VON MAX

Das Wetter ist ausnahmsweise einmal richtig frühlingshaft in Reykjavík, und Max entschließt sich, eine kleine Runde durch die Stadt zu gehen. Das Thermometer zeigt gesunde sechs Grad an, und so lässt Max die Jacke getrost hängen. Weil er aber ungern die Hosentaschen voll hat, steckt sich Max nur ein paar Scheine Bargeld in die Gesäßtasche und los geht’s.

Von seiner kleinen Wohnung in der Nähe des alten Hafens sind es nur etwa zehn Minuten bis in die Innenstadt, die mit vielen kleinen Geschäften ausgestattet ist. Vom Uhrmacher bis zum Kamerafachgeschäft und vom Sterne-Restaurant bis zur Nudelbar ist hier wirklich alles vertreten.

Max kehrt in seinem Lieblingscafé ein, dem Laundromat (heute Egill Jacobsen), um sich ein leckeres Frühstück zu gönnen: Toast mit Rührei, Bacon und dazu einen leckeren Café Latte. Was für ein Start in den Tag. Nachdem er gesättigt ist, schaut er zur Bedienung und macht eine Geste, bei der die linke Hand ein Stück Papier und die rechte eine schreibende Hand andeutet. Diese kennt er erst seit wenigen Wochen, doch überall auf der Welt wird sie erkannt als: »Ich möchte bitte zahlen.«

Die junge Frau kommt mit einem Kartenlesegerät und stellt es vor Max auf den Tisch. Dieser zieht das Geld aus der Hosentasche und reicht ihr einen großen Schein. Sie verdreht kurz die Augen und geht mit einem schwungvollen Dreh in Richtung Theke zurück, ohne das Lesegerät mitzunehmen. Oh, welche Laus ist der denn über die Leber gelaufen?, denkt Max und knabbert an seiner letzten Portion Toastbrot. Die Dame kommt zurück, drückt Max mit einem gequälten Lächeln das Wechselgeld in die Hand und verschwindet mit ihrem kleinen grauen Kasten in Richtung Küche, während Max sich langsam fertig macht, um das Café zu verlassen.

Weiter geht es in Richtung Hallgrímskirkja, der großen Kirche, die über der Stadt thront und zum Wahrzeichen Reykjavíks geworden ist. Von hier aus hat man bereits einen ganz guten Überblick, doch kann man auch mit dem Aufzug ganz nach oben auf den Kirchturm fahren. Das hat er bisher noch nie getan, und so entscheidet sich Max, ein Ticket zu kaufen. Auch hier reicht er der Dame an der Kasse einen Schein aus der Hosentasche, worauf diese ihn ratlos anschaut. Dann zückt sie ihr Portemonnaie, kramt darin herum und reicht Max das Wechselgeld. Sie hatte wohl nicht genug Wechselgeld in der Kasse, denkt sich Max und macht sich auf den Weg in den Turm.

Von oben kann man in alle Richtungen schauen und hat eine fantastische Aussicht. Bei sonnigem Wetter sieht man bis zur Halbinsel Snæfellsnes, weit hinaus aufs Meer im Westen und bis zu den Bergen im Süden. Von hier aus erkennt man sowohl den Tauchladen im alten Hafen als auch die Konzerthalle Harpa und die vielen kleinen verwinkelten Gassen der Stadt. Max ist sehr froh, dass er sich die Zeit genommen hat, hier heraufzufahren.

Nach der Besichtigung geht es in Richtung Meer. Auf dem Weg dorthin kommt Max an seinem Lieblingskaffeeladen vorbei, dem Reykjavík Roasters, und ohne einen Flat White geht es von hier aus ganz bestimmt nicht weiter. Die 450 Kronen für die warme Delikatesse hat er nicht klein, und so reicht er der Bedienung einen 5.000-Kronen-Schein. Diese schaut Max mit großen Augen an, zuckt mit den Achseln und gibt ihm den Schein zurück: »Zahl einfach, wenn du das nächste Mal da bist.« Max ist verwundert, denn er kommt zwar oft hierher, doch die Kellnerin hat er bis dato nie gesehen, und dementsprechend kann sie ihn ja auch nicht kennen.

Als Max die Uferpromenade erreicht, klingelt sein Handy. Max hasst es, wenn das passiert. Telefonieren ist furchtbar, und er würde lieber einen Roman auf dem kleinen Telefon in seiner Hand tippen, als jetzt abzunehmen. Er geht trotzdem ran. Ein Kollege vom Tauchladen ist dran: »Max, du musst mir einen Gefallen tun. Ich komme gerade von der Tour und muss dringend los. Kannst du schnell vorbeikommen, den Wagen sauber machen und auftanken? Ich übernehme das dann irgendwann mal für dich!«

»Okay, okay! Ich bin sowieso gerade am Hafen, ich kann in zwanzig Minuten da sein.«

Da hat Max etwas zu viel versprochen, denn erst zwanzig Minuten später ist er tatsächlich am alten Hafen und weitere zwanzig Minuten später beim Tauchladen. Der große weiße Transporter parkt hinter dem großen Gebäude. Der Schlüssel steckt im Zündschloss, das große Tor zum Lagerraum ist jedoch verschlossen. Mit einem kräftigen Ruck hebt Max das Tor an und schiebt es weit genug hinauf, damit er hindurchgehen und die Waschlanze holen kann. Eine knappe Viertelstunde später ist der Wagen tipptopp sauber, und Max fährt durch die zwei Kreisverkehre zur Tankstelle.

Dort angekommen, versucht Max mit allen Tricks, dem Tankschlauch Benzin zu entlocken, scheitert jedoch kläglich. Irgendwann gibt er auf und fragt in der Tankstelle nach: »Ich würde gerne tanken, aber da kommt nichts aus dem Rüssel!«

»Na, Sie müssen ja auch zuerst bezahlen, junger Mann!«

Das kennt Max so nicht, in Deutschland tankt man zuerst und geht dann in der Tankstelle zahlen. Macht ja auch Sinn. Wird in Island denn so viel Benzin gestohlen? Er legt seine restlichen Geldscheine auf den Tisch und fragt: »Was ist denn, wenn ich jetzt für das hier tanke?«

Der junge Mann am Tresen schaut Max etwas ungläubig an und fragt: »Sag mal, da, wo du herkommst, habt ihr da keine Kreditkarten?«

Was ist diesmal schiefgelaufen?

Max hat nichts Falsches getan, aber etwas für Isländer mittlerweile relativ Ungewöhnliches: Er hat bar bezahlt und nicht mit Kreditkarte.

Island orientiert sich in vielen modernen Aspekten an den USA, und ein Trend, der sich hier ähnlich wie dort etabliert hat, ist die Nutzung von Kreditkarten. Während die kleinen Plastikwunder in Europa viel länger bis zu ihrem Durchbruch brauchten und auch heute noch weitaus seltener genutzt werden, hat Island diese neue Zahlungsform sehr schnell und weiträumig adaptiert.

Überall kann man mit Kreditkarten bezahlen, egal ob im Restaurant, im Supermarkt, beim Friseur oder im Kaffeeladen. Auch kleinste Beträge wie eine Tasse Kaffee oder ein Stück Kuchen werden hier, ohne mit der Wimper zu zucken, via Karte bezahlt, und Bargeld spielt in vielen Geschäften keinerlei Rolle mehr.

Was können Sie besser machen?

Es ist nicht zwingend erforderlich, eine Kreditkarte für den Urlaub in Island zu besitzen. Sie wird Ihr Leben jedoch enorm vereinfachen. Nicht nur müssen Sie weniger Bargeld mit sich herumschleppen, auch werden Sie in vielen Fällen von tagesaktuellen Wechselkursen profitieren. Viele Wechselstuben preisen die Volatilität der Währung bereits in ihre Kurse ein und das selten zugunsten des Kunden.

Ein guter Grund für die Mitnahme einer Kreditkarte besteht, wenn Sie in entlegeneren Gebieten des Landes unterwegs sein wollen, wie beispielsweise in den Westfjorden oder im Hochland. Hier gibt es selbst in bewohnten Orten vielfach nur unbemannte Tankstellen. Diese sind mit einem Lesegerät ausgestattet und erlauben das Tanken zu jeder Tages- und Nachtzeit. Hier wird eine Karte mit PIN benötigt, achten Sie also darauf, eine solche mit sich zu führen. (Siehe auch das Kapitel »Nur mit Nummer – Max tankt im Nirgendwo«)

Die Bedienung ist relativ einfach, auf den Automaten selbst jedoch oft nur auf Isländisch beschrieben. Der Ablauf ist meist wie folgt: Man steckt die Karte in das Lesegerät, gibt die PIN ein, wählte die Zapfsäule und dann den Betrag, für den man Treibstoff tanken möchte. Danach kann man loslegen, und die Tankanlage stoppt automatisch, sobald der eingestellte Betrag erreicht ist.

Übrigens ist es auch mit Kreditkarte möglich, Trinkgeld zu geben, ein Fettnäpfchen, in das Sie also nicht treten müssen. Mehr dazu im Kapitel »Hartnäckige Gerüchte – Max und die Trinkgeldlegende«.

Fettnäpfchenführer Island

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