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f. Vergleichsproblematiken aus der Vergangenheit

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Ein Armutsproblem hat es noch immer gegeben. Unabhängig von der Rechtsform, ob Königshaus, Diktatur oder Demokratie, auch unabhängig von der Wirtschaftsstruktur, wie Kapitalismus oder sogenanntem Kommunismus.

Eines aber hatten alle Strukturen gemein. Es gab einen Mechanismus, der einen Zwang ausübte, damit viele auf Wohlstand verzichten, gleichzeitig die Arbeit leisten und es anderen dadurch ermöglichen, reich und mächtig zu sein. Als Dank für diese Aufopferung erhalten sie absolute Missachtung ihrer Werte. Bis heute wird geringschätzig von armen Menschen gesprochen.

Dieses Abwertende ist in unseren Köpfen geblieben, denn wir sehen das Problem darin, dass die Armen unseren Wohlstand wollen und verstehen nicht, dass wir auf ihre Kosten leben. Sie wollen nicht etwas von uns, sondern wir sind es, die über ein Machtinstrument verfügen, das die Armen versklavt.

Durch die gesamte Geschichte hindurch gab es Strukturen, die so geschaffen waren, dass eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit leben konnte. Die Minderheit bestand aus einer Mischung derer, die Regeln erstellten oder Geld besaßen, oft, aber nicht immer, auch beides. Auch war es von jeher ein Bestreben eben dieser Minderheit, die Grenze zu anderen Schichten möglichst undurchlässig zu lassen. Mit dem Spruch „Blut ist dicker als Wasser“ kann man das Bestreben der Oberschicht gut darstellen. Man will unter sich bleiben, weil die Privilegien nicht auf alle ausweitbar sind. Lebt man nämlich auf Kosten anderer, so muss es auch welche geben, die die Rechnung bezahlen. Dies ist das Geheimnis des außerordentlichen Reichtums. Hinzu kommt, dass jene, denen es gut geht, wollen, dass dies auch für deren Familien, Freunde und Nachkommen gilt. So war man stets bemüht, die Strukturen zu festigen, die den Wohlstand für eine Gruppierung sicherstellen sollte. Wurde das System gestürzt, gleich welcher Natur es war, änderte sich möglicherweise ein Teil der Gruppierung und die Strukturen. Es wurde aber schnellstmöglich versucht die Systematik oder vielmehr die Wirkung der alten Struktur wieder zu erzielen.

Die Wohlstandspyramide hatte eigentlich immer Bestand und jedes Mal wenn sie oben zu eng wurde, kam es zu einem irgendwie gearteten Putsch, der die selbsternannte Elite vom Thron stürzte und dazu führte, dass sich eine neue Gruppierung dazu auserkoren sah, den Wohlstand für sich und Ihresgleichen beanspruchen zu dürfen. Die Darsteller wechselten ständig, oft genug blutig, aber das Theaterstück ist seit Jahrtausenden das Gleiche. Schuld daran ist die Gier, das fehlende gesellschaftsorientierte Denken und die Problematik, dass Reichtum Armut bedingt.

Wir kennen aus der Vergangenheit das Gutherrentum, bei dem die Ländereien vererbt oder von den Adligen oder Klöstern nach Gutdünken verteilt werden, damit die armen Bauern hart arbeiten und mit ihrem Ertrag die Wohlstandspyramide errichten dürfen. Je mehr man arbeiten musste, um so ärmer war man. Das System war geprägt von Ausbeutung und der Druck war vor allem auch durch die Armut so groß, sodass es vergleichsweise nur selten zu einem erfolgreichen Aufstand kam. Denn die Armut war so weit verbreitet und so stark ausgeprägt, dass jeder mit dem täglichen Kampf um sein Überleben und der aufzehrenden Arbeit so sehr ausgelastet war, dass nicht die Zeit blieb, sich mit Aufständen zu beschäftigen. Außerdem führten die sehr schwachen und vor allem vergänglichen Rechte der Armen dazu, dass man jederzeit seiner Existenzgrundlage beraubt werden konnte, und den Hungertod fürchten musste, wenn man seinem Unmut Luft gemacht hätte. Es gab einfach zu viele Arme, die auf die Gelegenheit hofften in der Gunst der Gutsbesitzer aufsteigen zu können, und durch harte Arbeit vor allem den Reichtum der Reichen zu mehren, solange man wenigstens die Gelegenheit bekam, den gröbsten Hunger seiner Familie zu stillen.

Diesen Konkurrenzkampf konnte, und kann aber nur aufrecht gehalten werden, solange eine breite Masse arm ist und viele nur allzu gern bereit sind, die Stelle desjenigen einzunehmen, der durch rebellische Forderungen seine Existenzgrundlage verliert. Somit ist auch hier die Armut der Grund warum Armut aufrecht gehalten werden kann.

Diese Kombination von Bauern und Gutsherren gab es in vielen rechtlichen Ausprägungen. Nach unten hin gab es Tagelöhner und Sklaven, nach oben hin den niedrigen und hohen Adel, der in einem Fürsten- oder Königtum endete und je nach Größe gar einen Kaiser hervorbrachte. Auch in unterschiedlichen Religionen gab es solche Hierarchien, die sich von Bettelmönchen und Gläubigen über reiche Klöster bis hin zu einem Papst oder Imam erstreckten. Dabei gab es unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten, wie einen Ablassbrief oder eine Platzreservierung im Himmel im Vorverkauf oder an der Abendkasse.

Im Prinzip ist das System des Königtums jenes, das wir uns vor Augen führen sollten, wenn wir über das Armutsproblem diskutieren, weil es die gleiche Systematik und auch das gleiche Gerechtigkeitsgefüge aufweist. Der bedeutende Unterschied ist in den Namen zu finden, die die einzelnen Hierarchien tragen.

Das Problem der Armut ist die Armut

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