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2 Kaufmännische Buchführung 2.1 Werdegang des Buchführungsrechts

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Mit dem 32. Titel »Die kaufmännische Buchführung« wurden bei der Revision des Obligationenrechts 1936 die längst veralteten Bestimmungen des OR 1881 über »Die Geschäftsbücher« ersetzt. Das allgemeine Buchführungs- und Bilanzrecht regelte somit über 60 Jahre15 praktisch unverändert die Pflicht zur Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher (aOR 957), die Bilanzvorschriften (aOR 958 – 960)16,die Unterzeichnungspflicht (aOR 961 und die Editionspflicht (aOR 963)). Mit einer kleinen Revision von 1999 wurde die Kompetenz, Regeln zur Führung und Aufbewahrung der Bücher zu erlassen, dem Bundesrat übertragen. Der Bundesrat machte davon 2002 Gebrauch mit der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV). Die allgemeine Buchführungspflicht mit den Nebenpflichten leitete sich aus der Pflicht zur Eintragung im Handelsregister (OR 934) ab, welche bei Einzelunternehmen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften bei einem Jahresumsatz (Roheinnahmen) von mindestens CHF 100‘000 einsetzte (HRV 36 I). Die Pflicht zur Buchführung und damit zur Rechnungslegung knüpft im Rechnungslegungsrecht nicht mehr an die Pflicht zum Handelsregistereintrag an.17

Die immer noch gebräuchliche Bezeichnung Buchführung erklärt sich historisch aus der Tatsache, dass die Kaufleute ihre Aufzeichnungen über Bestand und Veränderungen von Geld, Guthaben und anderen Vermögenswerten sowie Schulden in gebundenen Büchern vorgenommen haben. Ungeachtet des Wandels im 20. Jahrhundert vom Buch zu losen Blättern, Lochkarten und modernen Bild- und Datenträgern, hält der Gesetzgeber am herkömmlichen Begriff der Geschäfts- oder Handelsbücher fest (OR 958f, HGB 239). Die gesetzlich anerkannten Formen der Buchführung »auf Papier, elektronisch oder in vergleichbarer Weise« verändert jedoch nicht die Funktion der ordnungsmässigen Buchführung. Diese besteht in der Dokumentation durch planmässige Erfassung und systematische Ordnung, der sog. Geschäftsvorfälle (Buchungstatsachen) in Konten. Die laufende Verbuchung wird in regelmässigen Abständen – mindestens nach einem Geschäftsjahr – durch eine besondere Abschlussrechnung (Jahresrechnung, Einzelabschluss) unterbrochen.

Diese umfasste ein Inventar18, eine Bilanz und eine Betriebsrechnung19, welche »nach den allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen« (kurz aakG) vollständig, klar und übersichtlich aufzustellen sind, damit die Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäftes erhalten (aOR 959). Es war in der Lehre stets unbestritten, dass die aakG auch für die Buchführung schlechthin gelten. Der Verweis auf die aakG unter Verzicht auf Normen zu einzelnen Sachverhalten ermöglichte einerseits eine flexible Anpassung der Praxis an veränderte Verhältnisse, war andererseits aber auch problematisch, weil sich daraus keine klaren Anweisungen für die konkrete Gestaltung der Buchführung entnehmen liessen.20

Mit der Aktienrechtsrevision 1991 wurden die 1936 wegen der beschränkten Haftung für Verbindlichkeiten eingeführten wenigen Sondervorschriften für Aktiengesellschaften und später auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung (aOR 801) deutlich verschärft, indem insbesondere wesentlich strengere Vorschriften zum Jahresabschluss eingeführt worden sind. Die unscharfen aakG von aOR 959 wurden für AG und GmbH durch die Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung (GoR) abgelöst.

Die je nach Rechtsform unterschiedlichen Bestimmungen zur Buchführung und Rechnungslegung wurden jedoch je länger, desto mehr als unbefriedigend betrachtet, denn die Rechtsform eines Unternehmens sagt nichts aus über die Art und den Umfang der Geschäftstätigkeit und damit die Anforderungen an die notwendigen Informationen zur zuverlässigen Beurteilung der Ertrags- und Vermögenslage.

Ein erster Versuch, Buchführung und Rechnungslegung rechtsformenunabhängig zu regeln (VE 1998 zum Bundesgesetz über Rechnungslegung und Revision) scheiterte wegen der dabei vorgesehenen strengeren Anforderungen an die Transparenz am heftigen Widerstand der Wirtschaft. Auf Grund der internationalen Entwicklung erwies sich die Neuordnung der Revision und die Einführung einer Revisionsaufsicht zudem als vordringlich (OR-Revision 2005).

Als besondere Merkmale des schweizerischen Buchführungs- und Rechnungslegungsrechts sind hervorzuheben: die lange Zeitspanne zwischen einzelnen Gesetzesrevisionen, die bewusste Zurückhaltung bei der Anpassung an die Neuerungen im Ausland, zuletzt beispielsweise der Aktienrechtsrevision 1991 an die europäische Entwicklung (EU-Richtlinien zum Jahresabschluss 1978 und 1983). Dies führt zu deutlichen Abweichungen der schweizerischen Normen zum jeweiligen Stand des ausländischen Rechts. Bei der zunehmenden wirtschaftlichen Dynamik mit neuen Informationsbedürfnissen ergab sich für den schweizerischen Gesetzgeber ein dringlicher Handlungsbedarf zur Schaffung eines zeitgemässen Aktien- und Rechnungslegungsrechts. Die entsprechenden Arbeiten wurden 2003 aufgenommen.

Die Reform des Buchführungs- und Rechnungslegungsrechts 1936/1991 wurde im Rahmen der Revision des Aktienrechts vorgeschlagen (Entwurf vom 21. Dezember 2007). Die Aktienrechtsrevision erwies sich bei den parlamentarischen Verhandlungen als langwierig. Deshalb wurde das Rechnungslegungsrecht (32. Titel des Obligationenrechts) 2009 abgetrennt und nach längeren Beratungen im Dezember 2011 von den eidgenössischen Räten angenommen. Der Bundesrat setzte die neuen Vorschriften auf den 1. Januar 2012 in Kraft. Diese waren erstmals für das am 1. Januar 2015 beginnende Geschäftsjahr, jene für die Konzernrechnung ab 1. Januar 2016, anzuwenden.

Es bestehen Ausführungsbestimmungen zum Rechnungslegungsrecht wie die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV, Stand 1. Januar 2013) und die Verordnung über die anerkannten Standards zur Rechnungslegung (VASR, Stand 1. Januar 2015). Zum geltenden, noch nicht dem Rechnungslegungsrecht angepassten Aktienrecht von 1991 ergeben sich jedoch Unstimmigkeiten, wie zur Reservebildung (OR 671), Aufwertung (OR 670), eigene Aktien (OR 659a und 671a), Kapitalverlust und Überschuldung (OR 725).

Jahresabschluss nach dem Schweizer Rechnungslegungsrecht

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