Читать книгу Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag - Marcus X. Schmid - Страница 6
ОглавлениеPerlen am Weg
Kunst & Kultur
Lascaux, die Höhle im Vézère-Tal, ist dem Kulturphilosophen Georges Bataille zufolge der Geburtsort der Kunst. Die dortigen Felsenmalereien sind laut jüngsten Forschungen über 20.000 Jahre alt. In Bordeaux wurde 2016 die „Cité du Vin“ eröffnet, ein kühner, kantenloser Bau aus Glas und Aluminium, mit dem die Stadt ihre Offenheit für die Architektur des 21. Jahrhunderts markiert.
Zeugnisse von Kunst und Kultur aus allen Epochen sind in Südwestfrankreich natürlich auch in den Museen zu finden, viel Schönes aber entdeckt man abseits der Städte und Hauptrouten.
Eine Höhle voller Mammuts
Lascaux ist seiner Felsenmalereien wegen weltberühmt, doch im Périgord finden sich noch andere künstlerische Zeugnisse aus der Jüngeren Altsteinzeit. Die Grotte de Rouffignac (→ Link) überrascht mit einer Unzahl von in die Felswände geritzten Tierdarstellungen, davon über 150 Mammuts und eine Rarität: ein hübsches Wollnashorn. Die Ritzungen sind teils verblüffend naturgetreu. Die Höhle ist bis heute noch nicht gänzlich erforscht. Mehr als 10 Kilometer sollen die auf drei Etagen liegenden Gänge messen. Für solche Strecken braucht es ein geeignetes Transportmittel: Ein offenes Elektrobähnchen mit Sitzbänken fährt im Schneckentempo an den Mammutherden vorbei.
Fresken ermahnen den Sünder
Die Dorfkirche von Allemans-du-Dropt (→ Link) schmücken Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Sie beeindrucken durch ihre klare Strichführung und ihre drastischen Darstellungen der Apokalypse: In der Küche des Teufels schmoren die Sünder im Kochtopf, auf dem Drehspieß stecken zwei lästerliche Frauen, Teufelchen schleppen schon die nächsten Opfer herbei. Der Bilderzyklus hatte die Aufgabe, den Bauern die Folgen verderbten Tuns zu illustrieren und sie zu ermahnen, nicht vom rechten Weg abzukommen.
Venus mit Kapuze
Ein 1894 in einer Höhle bei Brassempouy (→ Link) gefundenes Fragment einer Figurine gilt als die älteste bekannte Darstellung eines menschlichen Gesichts. Der nur 3,65 cm große Kopf aus Elfenbein steht heute im Nationalen Archäologiemuseum in einem Vorort von Paris. In Brassempouy ist ein Abguss der „Venus von Brassempouy“ zu sehen, seit 2002 im Zentrum einer modernen Dokumentationsstätte.
Die Basken sind anders
Die Basken haben ihre eigene Kultur, ihre eigene Sprache, ihre eigene Musik, eigenen Sport, ihren eigenen Hausbau und Kirchenbau. Alles rund um ihre Lebensweise erfährt man im Musée Basque in Bayonne (→ Link). Seine Sammlung umfasst 100.000 Objekte; 2000 davon sind in 20 Sälen ausgestellt und geben einen einzigartigen Einblick in die Geschichte und Tradition dieses stolzen Volkes.
Spirituelle Malerei
In den Räumen der Abtei von Brantôme (→ Link) kommt auch der Maler Fernand Desmoulin (1853-1914) zu Ehren, eine wunderliche, heute vergessene Gestalt der französischen Kunstgeschichte. Nach einer esoterisch-spiritistischen Sitzung brach er seine Karriere als Porträtmaler ab und übte sich in einer gänzlich neuen Technik: Er setzte seinen Stift auf den Zeichenblock und wartete auf die Eingebung des „Geistes“. Des Malers Hand begann erst aufgeregt zu zittern, dann zu kreisen, bis sich ein zartes Frauenporträt auf dem Papier abzeichnete. Leider versiegte die okkulte Quelle bald wieder, und Desmoulin kehrte zur Porträtmalerei zurück.
Traum vom schöneren Wohnen
In den 1920er-Jahren beauftragte ein menschenfreundlicher Industrieller den damals noch unbekannten Architekten Le Corbusier mit dem Bau einer Wohnsiedlung für seine Arbeiter. Später ging dem Auftraggeber das Geld aus, aber ein Teil der Cité Frugès in Pessac (→ Link) wurde fertiggestellt: fröhlich-bunte Reihenhäuser, jedes mit einer anderen Architektur. Le Corbusiers revolutionäres Konzept stieß allerdings auf wenig Gegenliebe, erst Jahre nach Fertigstellung fanden sich die ersten Mieter. Später verfielen die Häuser, einige sind mittlerweile restauriert, und eines ist als Musterbeispiel für Le Corbusiers innovative Wohnarchitektur der Öffentlichkeit zugänglich.
Kunst im Untergrund
Kaum hatte die deutsche Wehrmacht 1940 Bordeaux besetzt, ließ sie von Zwangsarbeitern aller Nationen einen riesigen Bunker für U-Boote bauen, 235 Meter lang und 162 Meter breit. Dieser wurde 1944 kurz vor der Befreiung mitsamt den stationierten U-Booten zerstört. Übrig blieb ein düsterer Betonklotz mit Trockendocks und Bassins, in den kein Tageslicht dringt. Heute wird die „Base Sous-Marine“ von Bordeaux (→ Link) als Galerie für hochkarätige Ausstellungen genutzt - ein Kunstbesuch in einem außergewöhnlichen Ambiente.