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Schnelle Entscheidung

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Müller bekam keine Information aus Grundmann heraus. Sie saßen im Auto. Der Ex-BKA-Mann verhandelte, machte Druck: Den neuen Wohnsitz, die neue Identität gäbe es nur gegen Namen. Grundmann blieb stur. Es sei nur ein Geldbetrag vereinbart gewesen.

»Stichwort Langerwehe.« Es war Müllers letzter Versuch. »Wie viel hast du erbeutet? – Könnte Schwierigkeiten geben«, drohte er nach kurzer Bedenkzeit für den Alt-Terroristen. Der schwieg. Ein harter Brocken.

Müller stieg aus, gab dem Fahrer eines vor ihnen parkenden Autos ein Zeichen. Grundmann war überrascht, dass es einen zweiten Mann vor Ort gab, ein alter Kollege von Müller, Sven Hubens, lange Jahre Fahnder beim Verfassungsschutz in Düsseldorf. Mittlerweile arbeitete Hubens auf eigene Rechnung, für wen, hatte er Müller nicht verraten, aber Sven besaß offensichtlich gute Kontakte zum ehemaligen Team. Die alten Seilschaften funktionierten.

»Bis dass der Tod uns scheidet«, hatte Sven lachend gesagt und half Müller mit einigen relevanten Informationen aus. »Eine Hand wäscht die andere. Wenn du mit dem Arschloch fertig bist, übernehme ich. Ich brauche auch etwas«, forderte er von Müller. Der stimmte zu. Schließlich hatte Hubens den Kaufbetrag für die Stasi-Akte besorgt. Mit einem Handshake wurde die Vereinbarung besiegelt. Nichts Schriftliches, ein Gefallen unter alten Kumpels.

Müller übernahm Hubens Auto und fuhr in Richtung Militärring davon, während Hubens auf der Fahrerseite des Renaults mit belgischem Kennzeichen einstieg und sich Grundmann vornahm.

Der Gebrauch der Waffe war nicht geplant gewesen. Hubens hatte diesen Ausgang des Gesprächs nicht ausgeschlossen, aber er hätte die andere Variante vorgezogen. Leider schwieg Ronald Grundmann: keine Reue, vielleicht ein paar Zweifel, aber keine Gewissensbisse. Keine relevanten Informationen. Keine Täternamen. Sie bunkerten immer noch. Grundmann bunkerte. Nicht einmal, als der Mann auf dem Fahrersitz eine nicht registrierte Walther PPK auf ihn richtete, rückte er mit einem Täternamen heraus. Wer hat Herrhausen getötet? Rohwedder? Grundmann blieb verstockt. Ob er geglaubt hatte, sein Gegenüber pokere nur?

»Lily?«, fragte Hubens. »Wo ist sie?«

Hubens entsicherte die Waffe. Er sah, wie dem Mann auf dem Beifahrersitz der Schweiß ausbrach.

»Halle«, sagte Grundmann mit zitternder Stimme. Dann machte der Exterrorist den Fehler, in seine Tasche zu greifen. Hubens wusste, mit wem er es zu tun hatte. Grundmann war ein Desperado. Kein Risiko. Der Schuss aus kurzer Distanz ging glatt durch die Stirnwand. Dem Getroffenen blieb nicht einmal Zeit für ein Gefühl der Überraschung. In den gegenüberliegenden Häusern hörte niemand den Schuss. Hubens hatte einen Schalldämpfer benutzt. Die Patronenhülse hob er von der Fußmatte des Wagens auf und steckte sie in die Jackentasche.

Ohne Hast öffnete der alte Profi die Tür des Wagens, stieg mit gemächlichen Bewegungen aus, ging um den Renault herum, öffnete die Beifahrertür und fasste in Grundmanns Jackentasche. Er fühlte hartes, glattes Metall. Vorsichtig zog er Grundmanns Hand aus der Tasche. Die Hand umklammerte eine Waffe.

»Dachte ich es mir doch«, zischte Hubens. »Immer noch dieselben Wichser. Eine Makarow. Wahrscheinlich von den Freunden aus dem Osten.« Hubens hätte schwören können, dass das Ding nicht registriert war.

Er legte die Hand mit der Pistole auf Grundmanns Schoß. Es machte den Eindruck, als halte der Terrorist die Makarow anschlagbereit. In der anderen Jackentasche fand er das Handy. Er nahm es an sich und verschwand im angrenzenden Stadtwald. Mit ruhigen Schritten passierte er den hohen, dunkelgrauen, obeliskartigen Gedenkstein, der in der Mitte des Parkzugangs platziert war. Wege durchkreuzten den Park, er ging vorbei an einem Spielplatz. Eine dunkle Nacht. Menschen traf er keine. Nicht einmal die Hundebesitzer trieben sich zu dieser Stunde im einsamen Park herum. Keine Junkies. Keine Liebespaare. Er ging zu Fuß vorbei am Kahnweiher, drehte sich um, kein Mensch zu sehen. Er zog die SIM-Karte aus dem Handy und warf es ins Wasser des Tümpels. Die Walther PPK, mit der er auf Grundmann geschossen hatte, flog hinterher. Sie sank auf den Grund des trüben Wassers und versackte im Schlamm. Hubens schlenderte weiter bis zur Dürener Straße. Alles ohne Hast. Ein Mann beim abendlichen Spaziergang. Ecke Stadtwaldgürtel bestieg er den schwarzen Golf, den er zurzeit benutzte, und fuhr in Richtung Süden.

Schweigen über Köln

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