Читать книгу Schweigen über Köln - Maren Friedlaender - Страница 9

Ende der Sendung

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Die Autos der Mitarbeiter des Belgischen Rundfunks in Eupen standen oft viele Stunden unbenutzt auf dem Parkplatz. Manche Redakteure begannen um neun Uhr morgens mit der Arbeit und stiegen erst gegen 22 Uhr in ihren PKW, um am Kehrwegstadion vorbei, Spielort des Erstligisten »Allgemeine Sportvereinigung Eupen«, hinab in die Unterstadt zu fahren. Andere brachen in Richtung Hohes Venn auf, dem Quellort der Rur, eigenwillige Landschaft mit herbem Charme.

Er hatte alles recherchiert. Mittwochs stand der Renault Megane ab neun Uhr auf einem abgelegenen Parkplatz des Rundfunkgebäudes. Mit zwei Griffen klackte die Türsicherung auf. Modernste Elektronik ließ den Anlasser sofort anspringen. In drei Minuten verschwand der Neuwagen aus dem Hause Weymans und tauchte erst eine Woche später wieder in Köln auf.

Als Robert Cremer, zuständig für Lokalberichterstattung im Hörfunk des BRF, um 21.45 Uhr in bester Laune den Belgischen Rundfunk verließ, dauerte es ungefähr fünf Minuten, bis die Laune in Ärger umschlug. Zuerst glaubte er an ein Missverständnis, dann an einen Scherz der Kollegen. Um 21.50 Uhr stürmte er wütend zurück an die Rezeption.

»Das ist effektiv nicht wahr!«

»Robert, hast du was vergessen?« Isabell Schüren, Spätschicht am Empfang, kannte Robert lange. So aufgebracht war er nie gewesen.

»Die haben mir meinen neuen Renault geklaut!«

»Nicht möglich.«

»Wenn ich es doch sage.«

»Bist du sicher?«

»Steht hier oben ›blöd‹ auf der Stirn, oder was?«

»Ich mein ja nur. Hast du ihn nicht in der Werkstatt?«

»Bin ich mit dem Mopedhelm reingekommen? Siehst du irgendwo da draußen eine Kutsche?«

»Okay, ich ruf die Polizei an.«

Robert Cremer nickte, frustriert darüber, dass er seinen Feierabend mit Protokollaufnahmen verbringen würde.

»Belgischer Rundfunk, Schüren. Dem Robert sein Auto ist gestohlen worden. Was? Ja heute. Wann? Keine Ahnung. Robert, wann ist dir der Wagen gestohlen worden?«

»Gib mal her. Ja, Cremer, Robert. Dunkelroter Renault Megane. Kennzeichen kommt gleich. Heute Morgen geparkt. So gegen neun Uhr. Jetzt will ich nach Hause. Da ist der Wagen weg. Kameras? Haben wir Kameras, Isabell? Ja, wir haben Kameras. Aber nicht da, wo mein neuer Renault parkte. Super. Ja. Find ich auch. Einfach super.«

Um 22 Uhr kamen die Beamten Jeanne Emontspool und Peter Gentgarten. Sie schauten lange auf den leeren Parkplatz. Schüttelten bedächtig den Kopf. Danach gingen sie an den Empfangstresen des BRF und schrieben das Protokoll.

Peter kannte den Robert aus gemeinsamen Zeiten in der Städtischen Grundschule Unterstadt. Im Grunde kannten sich alle in Eupen.

»Ja, Robert. Was soll ich sagen. Weg ist weg. Da führt effektiv kein Weg dran vorbei. Der zehnte Fall in diesem Monat. Der ist bestimmt schon raus aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Futschneu? Ich tippe auf Moldawien. Zweitwagen für die Frau von einem Mogul oder wie die so heißen.«

»Oligarch, Peter, Oligarch. Mehr Hoffnung kannst du mir nicht machen?«

»Spricht die Statistik dagegen. Effektiv.«

»Effektive Scheiße, Peter. Yasmin wartet seit einer halben Stunde mit einem Fondue auf mich. Und ich steh hier, schau auf einen leeren Parkplatz und kann mir was von moldawischen Oligarchentussen anhören. Scheiße ist das. Hätt’ ich bloß den alten Golf behalten. Aber nein. Madame wollte ja eine Familienkutsche.«

»Robert, wir fahren dich. Ist doch klar. Die Versicherung wird ihn ersetzen. In zwei Wochen hast du einen neuen. Nimm eine andere Farbe. Rot bleicht aus.«

»Danke, großer Trost. Der nächste dann in Weiß. Essen auf Rädern oder so. Abflug. Sonst mach ich eine Sondersendung über die Eupener Polizei.«

Robert, Peter und Jeanne verließen den BRF, fuhren in Richtung Baraque Michel und fachsimpelten über die effektive Aufstellung von Überwachungskameras.

Bis Moldawien kam der Renault nie. Als Robert ihn vermisste, parkte er bereits in einer Garage in Köln-Roden­kirchen. Eine wichtige Fahrt stand dem Wagen noch bevor.

Schweigen über Köln

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