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Wir fressen uns zu Tode

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Generell scheint die Kalorie ein mangelhafter Gradmesser für den Nährwert des Essens zu sein. Der Kalorienbedarf des Menschen unterliegt zudem einer großen Schwankungsbreite. Obwohl sie nachweislich falsch sei, herrsche die Kalorientheorie der ausgewogenen Ernährung als solche weiter, quäle die Menschen und verkürze ihr Leben, schreibt die russische Ärztin Galina Schatalova (1916–2011) in ihrem Buch „Wir fressen uns zu Tode“. Und tatsächlich wird Schatalovas Befund durch wissenschaftliche Forschungen unterstützt: Die klassische Kalorientheorie entpuppt sich zunehmend, wenn schon nicht als falsch, dann doch als bei Weitem unvollständiger, „löchriger“ und „dehnbarer“, als die Wissenschaftler in der Vergangenheit glaubten.

Nach ihrem Medizinstudium arbeitete Schalatova an der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften als Neurochirurgin und wurde in Folge zur ersten Leiterin der medizinischen Auswahlkommission für sowjetische Kosmonauten ans Institut für Weltraumforschung berufen. Später führte sie viele wissenschaftliche Experimente durch, einige davon im Auftrag der Geologischen Gesellschaft, der Sibirischen Akademie der Wissenschaften und des Wissenschaftlichen Instituts für Körperkultur in der damaligen UdSSR.

Durch ihre praktischen und theoretischen Arbeiten als Ärztin kam sie zu dem Schluss, dass ein gesunder Erwachsener im Ruhezustand täglich nicht mehr als 250 bis 400 Kilokalorien brauche und auch bei extremen Anstrengungen maximal 1.000 bis 1.200 Kilokalorien pro Tag notwendig seien. Die in unserer Kultur verbreitete Form der hochkalorischen Ernährung sei nicht nur Verschwendung, sondern erzeuge zahlreiche Krankheiten und sorge für eine vorschnelle Alterung.

Schatalova untermauerte ihre Behauptungen durch zahlreiche Leistungsexperimente, in denen sie Athleten mit kalorienreduzierter Ernährung gegen Kontrollgruppen antreten ließ, die nach den klassischen Ernährungstabellen verpflegt wurden. 1983 experimentierte sie mit Supermarathonläufern, die mit maximal 1.200 Kilokalorien ernährt wurden. Die Athleten der Kontrollgruppe erhielten rund 6.000 Kilokalorien, wie sie klassischerweise bei dieser extremen Form der Belastung verlangt werden. Nach Absolvierung des 500 Kilometer langen Laufes stellte sich heraus, dass die kalorienreduziert ernährten Athleten nicht nur leistungsfähiger waren als die Kontrollgruppe, sondern sogar noch an Körpermasse zugelegt hatten. Ende der 1980er-Jahre untersuchte Schatalova auch Teilnehmer von Wüstendurchquerungen. Die Mitglieder der Versuchsgruppe erhielten eine maximale Tagesration von 600 Kilokalorien – letztendlich waren sie deutlich leistungsfähiger, ausdauernder und gesünder als die Athleten der Kontrollgruppe mit „normaler“ Kalorienzufuhr.


In ihrem Buch zeigt Galina Schatalova auch an Beispielen aus der Tierwelt, dass die „Heizkesseltheorie“ der „Kaloretiker“ der Überprüfung in der Praxis nicht standhält und gewaltigen Schaden an der Volksgesundheit anrichtet. Schatalova legte großen Wert auf die Feststellung, dass es nicht auf die Zahl der Kalorien ankomme – den Nährwert der Nahrung mache vielmehr ihre Naturbelassenheit aus. Sie plädierte für eine frische, pflanzenbasierte Rohkost in Verbindung mit viel Bewegung in der Natur und Atemübungen. Galina Schatalova wurde für ihre Behauptungen zu Lebzeiten massiv angegriffen. Durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf die Vorteile des Intervallfastens und der Autophagie sowie der Langzeitstudien zu „Calorie Restriction“ werden Schatalovas Behauptungen nun zumindest teilweise vom wissenschaftlichen Mainstream bestätigt.

Der Jungbrunnen-Effekt

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