Читать книгу SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006 - Margret Schwekendiek - Страница 33

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Nirat-Sons Aufzeichnungen…

Der Augenblick der Reinigung im Tempel, den jeder Tanjaj vor einer neuen Mission durchführt, ist immer eine Möglichkeit, die eigenen Gedanken zu reinigen. Im Tempel herrscht Stille. Und nicht einmal die Tugendwächter können einen dann mit ihren Hinweisen malträtieren.

Ich hatte den Priester der militärischen Orbitalbasis WÄCHTER DES Aarriid gebeten, mir aus den heiligen Schriften zu rezitieren, wozu er auch bereit war.

Er wusste nicht, wie überaus hoch die Bedeutung der Mission war, die man mir anvertraut hatte. Aber er war bereits über hundert Jahre und hatte sogar meinen Großvater noch gekannt.

Sein Schnabel hatte bräunliche Flecken bekommen. Das geschieht, wenn sich die oberste Schutzschicht im Laufe eines langen Qriid-Lebens langsam zersetzt und man nicht darauf achtet, den Schnabel nicht in Getränke mit starkem Säure- oder Alkoholgehalt zu halten. Den Priestern war das in der Regel gleichgültig, da unter ihnen Eitelkeit noch weitaus verpönter war als in der qriidischen Gesamtbevölkerung.

Was die Schnabelflecken angeht, so waren sie vielleicht ein Indiz dafür, dass er vor seiner Berufung in sein Amt einem weitaus weniger tugendsamen Leben zugeneigt gewesen war.

Ich weiß, dass Alkohol unter manchen Arten – insbesondere der Menschheit – vor allem als Genuss- und Rauschmittel gilt. Ich habe darüber während meiner Zeit, die ich unter Menschen lebte einiges im Datennetz der Humanen Welten gelesen. Danach ist Alkohol lipid-löslich und vermag daher die chemische Schranke zum Gehirn überschreiten. Es wirkt daher direkt auf dieses Organ und sorgt dann für Rausch, Verwirrung, Selbstüberschätzung und mitunter auch für Aggression.

Aber ich spreche hier ausdrücklich vom Gehirn der Menschen und nicht von dem der Qriid, denn beim qriidischen Hirn ist Lipidlöslichkeit nicht das entscheidende Kriterium zu Überwindung der chemischen Schutzschranke, der das Eindringen schädlicher Substanzen verhindern soll.

Darum hat Alkohol auf Qriid auch keine vergleichbare Wirkung. Vielmehr wurde es wegen seines hohen Brennwertes zur schnellen Aufnahme vieler Kalorien verwendet, was die hässliche Gesichtsdürre bekämpfen hilft, die insbesondere bei Qriid jüngeren Lebensalters auftreten kann. So ist bei Qriid Alkoholmissbrauch immer ein Zeichen unziemlicher Eitelkeit und nicht der Hingabe an ein den Geist verwirrendes Rauschmittel.

Nun, dieser Priester schien doch noch irgendwann auf den Weg der Tugend zurückgefunden zu haben.

„Der Sohn und der Enkel Nirat-Sons zu sein und diesen großen Namen geerbt zu haben, ist eine große Verpflichtung“, sagte er.

„Das ist mir sehr wohl bewusst“, erklärte ich und senkte dabei meinen Schnabel so weit, dass die Spitze den Brustbereich berührte.

„Wie heißt das Schiff, das du kommandieren wirst, Tanjaj?“

„Seinen Namen darf ich nicht äußern“, sagte ich daraufhin, was der Wahrheit entsprach. Es galten für meine Mission die allerstrengsten Geheimhaltungsregeln. Funkstille galt ab dem Verlassen des Qriidia-Systems. Und zwar absolut.

Der Befehl des Tanjaj-Mar war unwiderruflich.

Es gab keinen denkbaren Grund, weshalb mit mir Kontakt hätte aufgenommen werden können.

Und ehrlich gesagt bezweifle ich, dass der greise, ziemlich hinfällige Aarriid über das Ziel meine Mission überhaupt informiert war.

Dass diese Mission voller Gefahren sein würde, war mir natürlich klar.

Aber das was ich am meisten befürchtete, hatte mit diesen Gefahren nicht das Geringste zu tun.

Die größte Gefahr für meine Mission sah ich darin, dass der Aarriid vielleicht während meiner Mission starb.

Ausgeschlossen war das angesichts der Tatsache, dass der heilige Stellvertreter Gottes im Universum sein natürliches Lebensalter bei weitem überschritten hatte, nun wirklich nicht.

Die Folgen wären in meinen Augen katastrophal gewesen.

Der Tod des Aarriid bedeutete zwingend eine Unterbrechung des heiligen Krieges, der ja schließlich in seinem Namen und unter seinem zumindest nominellen Oberkommando geführt wurde.

Mir war durchaus klar, dass die absolute Funkstille keineswegs nur der Abwehr feindlicher Spionage diente, sondern auf zweifache Weise die Durchführung der Mission garantierte.

Einerseits half es eine Entdeckung durch die Raumflotte der Menschen zu verhindern – oder zumindest das Risiko zu minimieren. Ganz ausschließen ließ sich das natürlich nie.

Aber andererseits bin ich mir sicher, dass der Mar Tanjaj und die ihn beratenen Offiziere mit dieser Maßnahme auch noch einen anderen Zweck verfolgten.

Sie sicherten durch das totale Kontaktverbot die Durchführung der Mission auch für den Fall, dass der Aarriid in der Zwischenzeit das Zeitliche segnete und seinen wohlverdienten Platz in der Sphäre Gottes einnahm, wo ihm der ewige Frieden gewiss war.

Doch auch wenn die Mission auf jeden Fall durchgeführt wurde, bedeutete es einen erheblichen Unterschied, ob dies geschah, solange der Krieg noch im Gang war oder zu einem Zeitpunkt, da die Unterbrechung bereits verkündet worden war und das Interregnum offiziell begonnen hatte.

Es konnte gut sein, dass die Früchte des Erfolges, die ich zu erringen hoffte, dann nicht mehr zu ernten waren.

Ich versuchte mich von diesen Gedanken zu befreien, als ich mein frisch fertig gestelltes Raumschiff betrat. Es trug den Namen SCHNABELWEISER, benannt nach einem der siebzehn Heiligen, dessen Name nicht bekannt war und der von allen nur mit dieser respektvollen Bezeichnung bedacht wurde. Der Schnabelweise, so heißt es in den Schriften, soll der engste Berater des ersten Aarriid gewesen sein und die Dialoge, die er mit ihm führte, sind heute legendäre Zeugnisse unseres Glaubens. Sie werden zwar nicht als kanonischer Bestandteil unserer Heiligen Schriften angesehen, beschäftigen aber noch heute viele priesterliche Gelehrte, denn sie sind voller Hinweise darauf, wie die Schriften des Ersten Aarriid auszulegen sind.

Dass mein Schiff den Namen SCHNABELWEISER verliehen bekommen hatte, war eine besondere Ehre und unterstrich die herausragende Bedeutung, die der Mar Tanjaj der Mission beimaß.

Vielleicht war die Verleihung dieses Namens allerdings auch gleichzeitig ein indirektes Friedensangebot an die Priesterschaft. Ich spreche es an dieser Stelle offen aus, ohne Rücksicht darauf, vielleicht einen Teil meiner qriidischen Leser zu erschrecken. Aber es ist leider eine Tatsache, dass unter den Dienern Gottes keineswegs Einheit herrschte. Es wäre schön, sagen zu können, dass die göttlich gewollte Ordnung unseres Imperiums aus der direkten Umsetzung des göttlichen Willens entstammte. Aber das ist nicht der Fall. Oft genug gab es Rivalitäten zwischen den Priestern und Tanjaj, aber hat nicht schon der erste Aarriid gesagt: Alle, die um unseres Gottes Willen darum eifern, den besseren Dienst am Herrn zu erweisen, sind mir ärgerlich?

So mancher, der an entscheidender Stelle in den Hierarchien der Priesterschaft oder der Tanjaj-Gotteskrieger saß oder noch sitzt, scheint diese Schriftstellen lange nicht gelesen oder sogar absichtlich ignoriert zu haben. Wenn die Wächter unseres Datennetzes diese Zeilen schwärzen, weil sie glauben, dass sie gegen die Grundsätze unseres Glaubens verstoßen, so kann ich nichts dagegen tun. Ich weiß sehr wohl, dass die Äußerung des freien Wortes innerhalb des Imperiums seine Grenzen hat und ich bin auch niemand der einer zügellosen Meinungsfreiheit, wie sie unter den Menschen oder den Fulirr üblich ist, das Wort reden würde.

Ganz und gar nicht!

Aber was wahr ist, muss gesagt werden.

Denn auch das hat der Erste Aarriid in seinen Schriften niedergelegt: Die Wahrheit vermag den Gläubigen nicht zu erschüttern.

SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006

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