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17.30 Uhr

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Heute mache ich ausnahmsweise einen zweiten Eintrag. Als ich am Morgen müde und k.o. nachhause komme, habe ich diesen Tag innerlich schon abgeschrieben. »Einfach überleben!«, ist mein einziger Wunsch. Als Georg um etwa zwölf Uhr aufsteht und meint, er brauche mindestens noch zwei weitere Stunden Schlaf, werde ich sauer. Ich habe den ganzen Vormittag die Stellung gehalten, bin auch hundemüde nach dieser Nacht und möchte mich gern ein wenig ausruhen. Wort gibt Wort, wir geraten aneinander und enden beinahe damit, dass Georg seinen lang vorausgeplanten Urlaub in Tirol absagt. Er meint, er bleibe lieber zuhause, als sich von mir dann irgendwelche Vorwürfe anhören zu müssen, dass er mich im Stich gelassen hätte. Dabei habe ich das überhaupt nicht so gemeint. Ich bin nur desillusioniert, weil alles ganz anders gekommen ist als geplant und ich mich damit schwertue, dass der restliche Tag mit Schlafen, Kinder versorgen und Packen für Tirol ausgefüllt sein soll. Doch ich gönne meinem Mann die Auszeit vom Alltag von ganzem Herzen! Wir einigen uns schließlich darauf, dass jeder sich erstmal ein wenig ausruhen soll. Danach sieht alles schon ganz anders aus. Ich beschließe, einen kleinen Radausflug zu unternehmen und Georg macht sich ans Packen.

Die warme Frühlingssonne beflügelt mich buchstäblich. Fröhlich sause ich in Richtung eines meiner Lieblingsplätze an der Erlauf. Seit etwa zwei Wochen ist dies mein erster Ausflug per Rad und ich genieße es, mich im Freien zu bewegen. Nach etwa zwanzig Minuten komme ich an meinem Ziel an. Ich sperre mein Rad im Gebüsch ab und spaziere zu Fuß weiter. Mein Weg führt direkt am Fluss entlang und ist mit trockenem Laub bedeckt. Beim genaueren Hinsehen entdecke ich jedoch hier und da die ersten Frühlingsboten! Blaugrüne, lanzettförmige Blätter bohren sich, kleinen Schwertern gleich, durch das welke Laub. Der Frühling hat dem Winter endgültig den Kampf angesagt – und wie jedes Jahr erfüllt mich dies mit Hoffnung und Freude. »Aslan ist unterwegs!«, fällt mir plötzlich ein Satz aus den Chroniken von Narnia ein, die ich erst kürzlich mit den Kindern gelesen habe. Der ewige Winter, den die Weiße Hexe dort bewirkt hat, muss weichen, denn Aslan, der Löwe, ist der Herr des Lebens und bringt den Frühling! Welch wunderbare Geschichte!

Aufmerksam nach weiteren Blattspitzen suchend, wandere ich langsam weiter. Da entdecke ich weiße, tropfenförmige Blüten. »Schneeglöckchen! Wie schön! Danke, Gott!«, freue ich mich und stelle mir vor, wie ich gemeinsam mit ihm weiterspaziere.

Mein Tag, so schwierig er auch begonnen hat, ist gerettet. Oder zumindest meine Einstellung dazu. An einer breiten Schotterbank gehe ich ans Flussufer und werfe ein paar Steine ins Wasser. Ich suche mir flache Kiesel, die ich mit Schwung aufs Wasser schleudere, sodass sie mehrmals hüpfen. »Platteln« nennen wir dieses Spiel, das ich schon als Kind geliebt habe. Ein ums andere Mal lasse ich Steine hüpfen und zähle jedes Mal mit, wie oft sie gesprungen sind. Acht ist mein heutiger Höchstwert. Das ist sehr gut. Bisher habe ich das erst ein paar Mal geschafft!

In Hochstimmung folge ich dem Lauf des Flusses, bis ich zu einer sandigen Stelle komme. »Hier würde es den Kindern bestimmt gefallen«, träume ich vor mich hin und nehme mir vor, sie bei der nächsten Gelegenheit mitzubringen. Da stehe ich plötzlich vor einer Überraschung, die meine Knie weich werden lässt. Direkt vor mir im Sand hat jemand ein riesiges Herz aus Steinen gelegt. Ich weiß natürlich, dass es ursprünglich nicht für mich bestimmt war. Doch in meinem Leben mit Gott habe ich schon oft erlebt, dass alles, besonders die kleinen, unscheinbaren Dinge, eine tiefere Bedeutung haben. Ich glaube an keine Zufälle, wohl aber an Fügung. Und in genau diesem Moment berührt mich dieses einfache Symbol zutiefst. Ich deute es als direkten Liebesbeweis von Gott, der meine Not und meine Sorgen sieht. Ich lese darin seine Zusage, dass er mich liebt, egal was kommt, egal, wie schwierig die nächsten Tage ohne Georg mit den kranken Kindern auch sein mögen. Dankbar koste ich diesen Moment aus und schreibe dann mit einem Stock die Worte: »Gott liebt dich« in das Herz. Genau das ist die Botschaft, die ich damit verbinde und vielleicht erreicht sie ja auch noch jemand anderen, der hier »zufällig« vorbeikommt …

Glücklich trete ich den Rückweg an. Anstatt mir einen Strauß Schneeglöckchen zu pflücken, möchte ich mir welche mitsamt der Wurzel mitnehmen. Ich suche nach einem geeigneten Stück Treibholz und grabe ein kleines Büschel aus dem sandigen Boden.

Zuhause angekommen, pflanze ich meine kostbare Fracht direkt vor die Veranda. Ist das eine Freude, den zarten Blümchen beim Aufblühen zusehen zu können!

Das war also heute meine »Stille Zeit«. Eineinhalb Stunden Ausflug mit Gott, der mich erfrischt hat wie ein ganzer Tag Urlaub …

Und heute Abend, nehme ich mir vor, werde ich Georg und mir ein extra leckeres Abschieds- und Versöhnungs-Dinner kochen, wenn die Kinder bereits im Bett sind. Ich möchte, dass er es spürt, wie sehr ich ihn liebe und dass ich ihm seine Auszeit von Herzen gönne!

Kinder, Kirche, Kuchenkrümel

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