Читать книгу Gargoyles - Maria Spotlight Bennet - Страница 15

Das Spiel möge beginnen

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„Was zum Teufel war das gerade eben?“

Ash brüllte seinen Unmut seiner Schwester hinterher, die vor Aufregung zitternd in ihr Zimmer stürmte und sich in beruhigenden Kreisbewegungen die Schläfen massierte. Ihr Bruder hatte sie grob bei ihren Flügeln gepackt, sie aus St. Paul’s herausgezerrt, seine Hand wie eine Handschelle um ihre geschnallt und war im Eilflug nach Westminster ohne Zwischenvorfall zurückgekehrt. Sie hatte keinen Widerstand geleistet, ohnehin zog Ash eine geistlose Hülle hinter sich her, denn Freyas Gedanken hingen noch bei dem jungen Mann aus der Kirche, der die Gargoyles gesehen hatte. In der Realität angekommen, schnellte ihr Geist wie ein Geschoss zurück in ihren Körper und war mit der Tatsache völlig überfordert. Ihr Kopf schmerzte, ihr Puls raste wie ein Schnellzug durch einen Tunnel und ihre Schläfen pochten mit diesem dumpfen, unangenehmen Hämmern.

„FREYA“, schrie Ash, seine Stimme war eine Mischung aus schriller Angst und tobender Wut. Er knallte die Tür hinter sich zu, es kümmerte ihn nicht, ob es Aufsehen erregte, dafür war sein Nervenkostüm zu angeschlagen. Durch sein Brüllen holte er Freya ins Diesseits zurück.

„Ich habe dich gefragt, was da eben passiert ist?“

„Woher soll ich das wissen?“, verteidigte sie sich, aber ihre Stimme klang kleinlaut.

„Dieser Mensch hat uns gesehen, das ist dir hoffentlich bewusst. Und wir hatten beide unsere Flügel ausgebreitet. Das ist doch nicht möglich, das ist nicht möglich“, sagte er mehr zu sich selbst und donnerte mit seiner Faust auf das Tischchen vor ihm.

„Ash beruhige dich, es bringt überhaupt nichts, wenn du so aus der Haut fährst. Wenn wir die Sache klären wollen, sollten wir einen kühlen und vor allem pragmatischen Kopf behalten.“

„Du klärst hier überhaupt nichts, Fräulein, nur deinetwegen sind wir überhaupt in dieses Schlamassel geraten.“

„Wie hab ich das wieder zu verstehen?“, Freya verzog ihr Gesicht zu einer gereizten Maske.

„Das heißt, liebe Schwester, dass du von nun an Hausarrest hast“, Ash schritt näher auf Freya zu. Der seidene Faden, an dem sein letztes bisschen Geduld für seine Schwester gehangen hatte, war gerissen und war in einen tiefen Abgrund aus Wut, Enttäuschung und Verärgerung gefallen.

„Für wen hältst du dich, dass du mir so etwas aufbürdest?“

„Ich bin dein Bruder, Herr Gott, und ich bin für dich verantwortlich.“

„NEIN!“

„Nein?“, wiederholte er stutzig. Ein gefährliches Flimmern huschte über seine Augen.

„Ash, denkst du, ich wüsste nicht Bescheid, dass Vater dich zu meinem Aufpasser degradiert hat? Was in St. Paul’s passiert ist war ein Zeichen. Vermutlich hat es was mit der Prophezeiung zu tun.“

„Eine unvollständige Legende, Freya“, redete Ash Freyas Gedanken klein. „Höchstwahrscheinlich etwas, das nicht existiert. Es wurden Seiten aus dem Buch gerissen, Schwester, und Jahrhunderte lang haben beide Klans versucht, die fehlenden Stücke zu finden und sind gescheitert. Und dann kam der atomare Krieg, vermutlich sind die restlichen Teile dadurch vernichtet worden.“

„Und was, wenn nicht?“, warf Freya auffordernd ein. Die Frau mit den Teufelsflügeln auf ihrem Rücken hatte in jenem Moment, in dem sie Alex Lane sah, eine tiefe Verbindung zu ihm gespürt. Sie war von ihm angezogen worden wie die Motte vom Licht und sie empfand, dass es damit mehr auf sich haben musste, als ihr Bruder ihr weiszumachen versuchte. Ash ging erneut auf seine Schwester zu, sein Unmut war etwas abgeklungen, brodelte aber noch unter seiner Schale. Er legte mit leichtem Nachdruck seine Hände um ihre Schultern.

„Freya, unsere Spezies wird die Quelle von Samhain nie finden. Das müssen wir akzeptieren. Es sind schon zu viele Jahrhunderte vergangen, in denen sich diesbezüglich nichts getan hat. Diese Legende ist wertlos und setzt nur Staub im Bücherregal an. Was deine nächtlichen Wanderungen betrifft, ich werde dich nicht maßregeln und an die Leine nehmen wie unser Vater es gerne hätte. Aber ich appelliere an deine Vernunft. Dort draußen tobt ein Krieg, bitte werde nicht auch noch du eines seiner Opfer. Bleib hier, in Sicherheit und beuge dich den Wünschen unseres Vaters. Ich bitte dich als dein Bruder, denn an meinen Händen klebt schon zu viel Blut.“

Ash drückte Freya einen sanften Kuss auf die Stirn. Er überragte seine Schwester um einige Zentimeter, obwohl er jünger als sie war. Er ließ sie in ihrem riesigen Zimmer zurück. Ein Außenstehender hätte nicht verstehen können, weshalb Freya von hier flüchtete. Sie hatte alles, was man sich wünschen konnte. Ein großes Bett, schicke Kleidung, die ordentlich sortiert im begehbaren Schrank hingen, eine Kommode mit mehreren Spiegeln, in denen sie ihr perfektes Äußeres pflegen konnte, Luxus ohne Ende. Aber in ihrem Herzen war Freya nicht glücklich. Das Materielle sollte nur einen trügerischen Schein wahren. Ashs Worte rasten durch ihren Kopf, blieben an den sensiblen Bereichen in puncto Hinweise und Wahrheitsfindung hängen und legten dort einen Schalter um. Ein fehlendes Stück, eine Prophezeiung, die bis jetzt ins Leere geführt hat. Sie wies auf einen Schlüssel hin. Was, wenn dieser Mann der Schlüssel war oder ihn gar besaß? Freya hatte ihrem Bruder zwar tief in die Augen geblickt, als dieser sie zur Vernunft hatte treiben wollen, aber ihr Inneres hatte sich in dem Moment in zwei Hälften geteilt. Die eine Seite, die dem fürsorgenden Bruder eine verständnisvolle Mimik vorgaukelte, und die andere, welche schon einen Plan ausheckte, der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Und Freya wollte Antworten.


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