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Der Krieg und seine Folgen
ОглавлениеSchon einmal waren die Supermächte Russland und Amerika sich in der Vergangenheit nicht grün gewesen. Wer sich in der Geschichte auskennt, weiß, dass diese Zeit auch als Kalter Krieg bezeichnet wird. 1989 erklärte man diese Ära für beendet, aber der Russe konnte und wollte den Amerikanern nach wie vor nicht trauen. Die Welt hatte seither noch einiges mehr an Schrecklichem erlebt. Das Schlimmste sollte am 30. November 2030 stattfinden.
General Stanislav war mit einer wichtigen Mission vom russischen Präsidenten beauftragt worden. Er zitterte, als er den Umschlag durch die dunklen Gänge der ehemaligen militärischen Anlage GO-42 trug. Er befand sich unterhalb der Moskauer U-Bahn, der Station Taganskaja. Seit dem Kalten Krieg war diese zu einem Museum verkommen. Was niemand wusste, ein Teil von ihr war nach wie vor aktiv und dorthin würde der General den Befehl des Präsidenten liefern. General Stanislav, gekleidet in eine kakigrüne Uniform, an der all seine Abzeichen des Militärs hingen, strich wieder und wieder nervös über die Krempe seiner Mütze, und folgte den beiden Soldaten, die vorausgingen und ihm die Tür zum unterirdischen Bunker öffneten. Drinnen vernahm er das typische Geräusch der vielen Monitoren, wie sie klackerten, piepsten und diese für Maschinen typischen Töne von sich gaben. Die vielen Schaltknöpfe leuchteten blau, rot, grün und weißlich. Ihr Lichtspiel legte sich auf das Gesicht des Generals, als er sich dem leitenden Befehlsinhaber des Bunkers, der vor dem größten Monitor saß, näherte.
„У меня срочное сообщение от президента- Ich habe eine dringende Botschaft des Präsidenten“, sagte Stanislav kühl, fast schon zu abwesend für die eigentliche Angst, die er spürte. Er übergab den Umschlag an den obersten Leiter der militärischen Basis. Darin befand sich der Befehl zum Untergang der Welt. General Stanislav dachte an seine Familie, an seine Frau und seine Tochter. Er sah ihre lieblichen Gesichter vor sich, seine Tochter, wie sie Klavier spielte, seine Frau, die mit der blau-weißen Schürze in der Küche stand und Pelmeni kochte (das Rezept hatte sie von ihrer Großmutter, eine biestige Alte, die Stanislav nie hatte leiden können). Was sie wohl dazu sagen würden, könnten sie ihn jetzt sehen? Das spielte jetzt keine Rolle mehr, ebenso wenig, dass er nie wieder die köstlichen Gerichte seiner Frau essen könnte. Stanislav hatte seinem Präsidenten die Treue geschworen, auch wenn dies bedeutete, dass er soeben einen schwerwiegenden Fehler beging. Der Umschlag wurde geöffnet, die Botschaft vernommen. Neben der Schaltfläche mit den vielen Knöpfen war ein Kästchen, dessen Deckel nur mit einem Schlüssel aufgeschlossen werden konnte. Darunter befand sich ein großer roter Knopf. Der oberste Leiter zog einen Schlüsselbund von seiner Hose ab, öffnete den Deckel des Kästchens, tippte auf der Schaltfläche des Computers das Ziel ein und drückte dann den roten Knopf.
Die erste Bombe hatte Washington getroffen. Weitere Sprengkörper waren von beiden Seiten im Wechsel gestartet und hatten Großstädte wie New York, Kiew, Los Angeles, Moskau, Seattle und Berlin weitestgehend zerstört. Der Einsatz chemischer Waffen hatte einen Großteil der Erde unbewohnbar gemacht. Mitunter waren sechs Atombomben gezündet worden und ihre Strahlung hatte sich wie ein unsichtbarer Schleier auf den Globus gelegt. Um sich an Russland für den Beginn eines Krieges zu rächen, verfolgten die Amerikaner den General Stanislav und töteten ihn, seine Frau und seine Tochter. Aus dem einstigen Kalten Krieg war ein Superkrieg geworden, der mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung auslöschte. Die Überlebenden waren fortan die Bewohner einer in Trümmer liegenden Welt. Ein letztes Bündnis aus den Mächten Englands, Deutschlands und Frankreichs beendeten schließlich nach zwei Jahren den Krieg und riefen zum Waffenstillstand aus, bevor die Erde gänzlich zerstört worden wäre. Ein Friedensvertrag wurde aufgesetzt und man einigte sich darauf, nie wieder eine atomare Waffe oder eine ähnliche zu zünden. Doch wie sollte das Leben weiter gehen, jetzt, da atomare Strahlung auf der Erdoberfläche die Herrschaft übernommen hatte? Unterirdische Bunker waren die Antwort gewesen. Für sehr lange Zeit war die Menschheit gezwungen gewesen, in unterirdischen Siedlungen zu hausen, um ihrem unsichtbaren Gegner, der Strahlung, zu entkommen. Ganze fünf Dekaden lang hatten sie sich in ihren untertage Bunkern versteckt gehalten. Erst als die Strahlungswerte gesunken waren, kamen die Menschen wieder über Tage und fingen an, ihre kaputten Städte aufzubauen, was ein weiteres Zeitfenster von fünfzig Jahren kostete. Die Trümmermenschen, wie sie sich nannten, arbeiteten Hand in Hand, vergaßen den Schrecken von einst und versuchten, ihrer zerstörten Vergangenheit neues Leben einzuhauchen, sofern es denn möglich war. Vieles konnte nicht mehr repariert werden, was hauptsächlich die Natur betraf. Denn die Strahlung strafte die Sünder, indem sie sich wie ein Gift in ihre Atmosphäre setzte und ihnen einen Ascheregen brachte. Kaum jemand aus der Neuen Welt konnte sich daran erinnern, wann es zuletzt richtig geregnet hatte. Obwohl sich die Population erholt hatte, ein Leben wie zuvor würde es nie wieder geben. Der Mississippi trocknete durch den ausfallenden Niederschlag komplett aus. Der Amazonas minderte seine Länge um mehr als die Hälfte und Tiere wie Elefanten, Löwen, Tiger und Bären waren ausradiert worden. Der Fischbestand hatte sich drastisch verschmälert, ganze Bienenvölker verschwanden, woraufhin die Bestäubung der Pflanzen ausblieb. Das Leben der Menschheit hing am seidenen Faden und trotzdem hatten sie es geschafft, zu überleben. Ein Wille, der nur bei den Stärksten vorhanden ist. Für jedes Problem gab es eine Lösung, außer für den Ascheregen, denn er würde erst enden, wenn ein weiterer Fluch gebrochen wäre.