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Mitten drin statt nur dabei:
Ich bin wertvoll!

Wer sich aktiv einbringen kann, ist zufriedener und empfindet die eigene Existenz als sinnvoll. Viele alte Menschen haben sich stark mit ihrer Rolle als Berufstätige, Mutter oder Vater, Vereinsmitglied oder Ehrenamtliche identifiziert. Im hohen Alter fallen diese Rollen zunehmend weg, die eigene Identität zerfasert: Wer bin ich, wenn meine Kinder und Enkelkinder selbstständig sind und ohne mich scheinbar besser zurechtkommen? Wer bin ich, wenn ich keine geschäftlichen Entscheidungen mehr treffe? Wer bin ich, wenn ich kein Amt im Verein mehr ausfülle? Eine Aufgabe kann eine Belastung sein, meist ist sie eine Bestätigung meines Könnens, auch in der letzten Lebensspanne noch. Achtsamkeit bedeutet, die Seniorinnen und Senioren nicht komplett zu verwöhnen und damit zu entmündigen, sondern sie auf positive Weise einzubeziehen und ernst zu nehmen.

Vom Glück des Selbermachens

Das Leben in einer Seniorenresidenz oder einem Pflegeheim ähnelt einem endlosen Hotelaufenthalt: Ich bekomme das Essen serviert und die Wäsche frisch gewaschen und gebügelt in den Schrank gelegt. Alles passiert von allein, ich habe keine Aufgabe. Das mag luxuriös erscheinen, viele Seniorinnen und Senioren wissen allerdings gar nicht, was sie mit all der freien Zeit anfangen sollen. Eine kleine Aufgabe zu haben oder eine begrenzte Verantwortung für die Gemeinschaft zu tragen, kann sehr erfüllend sein.

Welche der Hauswirtschaftskräfte hat Freude daran, einzelne Bewohner:innen in die täglichen Aufgaben einzubeziehen? Und welche Bewohner:innen haben Lust, Handtücher zu falten oder Kartoffeln zu schälen?

 Können manche alten Herren den Hausmeister oder Gärtner unterstützen?

 Oder hat die Ehrenamtliche, die zum Kuchenbacken kommt, Lust, vorher mit einer Person gemeinsam einzukaufen?

 Wenn Alltagstätigkeiten bewusst erlebt werden, trägt die Achtsamkeit den Aufgaben gegenüber dazu bei, stolz auf den eigenen Beitrag zu sein. Egal, wie groß oder klein er sein mag.

Meine Gedanken zu diesen Fragen:


Wie Eigenverantwortung das Wohlbefinden steigert

Kleine Patenschaften oder Ehrenämter stärken das Selbstbewusstsein der Seniorinnen und Senioren. In der Residenz, in der ich arbeite, betreut eine Bewohnerin die Bibliothek: Sie stellt zurückgegebene Bücher an die passende Stelle im Regal, sortiert Spenden ein oder tauscht gelegentlich Romane und Sachbücher aus einem extra Fundus aus, um das Angebot spannend zu halten. Sie liebt meine Treffen des „Bücher-Clubs“ sehr und setzt sich dafür ein, dass die dafür angeschafften Bände besonders pfleglich behandelt werden.

Eine andere Dame kümmert sich um die Blumen im gläsernen Gang zwischen zwei Gebäuden, regt bei der Neuanlage der Terrasse den Gärtner zur Pflanzung besonderer Bäume an und spendet Nistkästen.

Eine weitere Dame leitet einen privaten „Club“, der sich regelmäßig trifft und enge Beziehungen untereinander pflegt.

Ein Herr besucht andere alleinstehende Bewohner, um Männerfreundschaften zu stärken. Ursprünglich hatte er, noch aus seinem Haus im Stadtteil heraus, einzelne Damen ehrenamtlich betreut. Seit er in der Residenz lebt und verwitwet ist, „dirigiere“ ich ihn vorrangig zu einsamen Herren, was wunderbar klappt.

Diese Aufgaben geben den Seniorinnen und Senioren das Gefühl, einen wichtigen Beitrag zu leisten und wertgeschätzt zu werden. Manche Häuser haben Patenschaften, bei denen Alteingesessene sich speziell um Neuankömmlinge kümmern. In Häusern, in denen Haustiere erlaubt sind, kann sich auch die Nachbarschaft mit dem Gassigehen abwechseln. Dadurch entsteht Achtsamkeit den Bedürfnissen der Mitmenschen gegenüber, und die Bewohner:innen sind stolz, etwas zum Gemeinwohl beitragen zu können. Auch das eigene Bedürfnis, gesehen und anerkannt zu werden, wird befriedigt.

 Welche fitten Bewohner:innen/Tagesgäste fallen mir ein, die gern ein kleines Amt oder eine Patenschaft übernehmen würden?

 Wer hat schon öfter den Wunsch geäußert, sich aktiv zu beteiligen, wurde dabei aber ausgebremst? Wie können wir diese Person neu motivieren und ihrem Wunsch entsprechen?

Meine Gedanken zu diesen Fragen:


Können wir eine Infotafel als Kontaktbörse benutzen? Hier können die Senior:innen Inserate aufhängen, die dazu einladen, einander näher kennenzulernen: Frau Parschau hat eine große Sammlung Krimis und freut sich, wenn jemand einen ausleihen möchte. Herr Röbbelen sucht zwei Mitspieler für Skat. Frau Henning möchte Strickmuster tauschen.

So können die Bewohner:innen selbst bestimmen, welche Interessen und Aktivitäten sie teilen.

Gruppenzusammenhalt entsteht durch gemeinsame Aktionen

Für ein gelingendes Miteinander ist der Gruppenzusammenhalt elementar wichtig und sollte bewusst gestaltet werden. Es macht einen großen Unterschied, ob die Bewohner:innen nebeneinander in Wohnungen oder Zimmern leben oder ob sie dies bewusst miteinander tun. Auch die Stimmung in Gruppen kann von „Hauptsache, mein Geschmack wird bedient und mir gefällt das Programm!“ bis „Schön, wenn wir etwas gemeinsam erleben“ reichen. Die Zufriedenheit ist deutlich höher, wenn sich die einzelnen Bewohner:innen als Gemeinschaft statt als zufällige Wohngenossen erleben.

Dazu müssen keine extra Angebote eröffnet werden, es genügt, in den vorhandenen Gruppen mehr auf die Kooperation untereinander zu achten:

In Sportgruppen eignen sich Partnerübungen und Spiele in Dreier-Teams, um die Bewohner:innen daran zu erinnern, dass sie keine Einzelkämpfer sind. Mag sein, dass Kleingruppen durch interne Diskussionen erst einmal zusammenfinden müssen („Sie bewegen sich zu schnell!“ „Sie sind eine Schlafmütze!“ „Ihr Ball fliegt immer daneben!“), aber auch das trainiert die sozialen Kompetenzen. Achtsamkeit ist schließlich kein Nebenprodukt von Egoismus und „Ich konzentriere mich nur auf mich selbst“, sondern entsteht in der Balance zwischen eigenen Bedürfnissen und denen der Mitmenschen.

Wunderbar geeignet sind auch Aktivitäten in der Küche:

Beim Kuchenbacken erledigen verschiedene Personen unterschiedliche Arbeitsschritte, müssen sich dabei aber absprechen und einander vertrauen, dass die anderen sorgfältig abmessen und die korrekte Reihenfolge einhalten.

Eine Herrenrunde kann Fleisch marinieren, einen bunten Salat schneiden und einen Kräuterquark zusammenrühren: So entsteht ein gemeinsamer Grillabend, an dem sich alle beteiligen und zum Gelingen beitragen. Die gesellige Mahlzeit ist anschließend viel befriedigender, als wenn alle pünktlich zum Servieren aus ihren Zimmern geschlichen kommen.

Ebenso kann ein gemeinsamer Frühlingsputz den Zusammenhalt stärken und die Wertschätzung den Räumlichkeiten gegenüber steigern. Dafür sollen die Seniorinnen und Senioren natürlich nicht auf die Leiter steigen, aber Fensterputzen (vom Boden aus) kann ein kraftvolles Work-out sein, ebenso wie das Schrubben der öffentlichen Terrasse. Ein gründliches Aufräumen der Gruppenräume macht peniblen Damen Spaß und wirkt sich positiv auf alle folgenden Treffen in den hellen, sauberen Räumen aus. Oft freuen sich die hochaltrigen Menschen, dass sie mehr schaffen, als sie sich selbst zugetraut hätten.

Wozu könnte ich die Seniorinnen und Senioren animieren, was würde mir selbst Spaß machen?

Meine Gedanken zu diesen Fragen:


Über die großen Fragen des Lebens sprechen

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