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Von: Alan Preston

An: Simeon Cavall

14. Pluvis

#17 Rue des joncs

Ecraie, Thiessin

Lieber Simeon,

hier ist etwas Sonderbares, an dem du kauen kannst.

Ich habe vor einigen Tagen einen Brief von Rafaat ibn Hazir aus Sarmizi bekommen. Die übliche Geschichte, Schwierigkeiten mit der Finanzierung und seine endlosen persönlichen Konflikte mit ibn Fulaih – und übrigens, er hofft darauf, dass ich dein Interesse daran wecken kann, eine gemeinsame Expedition zu finanzieren, das Tomphries und das al-Bahatulaam, um einige richtige Ausgrabungen an den Zuchtgehegen von Ribaysah durchzuführen, nicht (ich zitiere) »diese Stümperei, die Viadro in Shahtri gemacht hat« –, aber du und ich können das diskutieren, wenn ich nächste Woche zurück in Scirland bin.

Jedenfalls hat er natürlich diese ganze Angelegenheit mit Gleinleighs Tafeln erwähnt. Du weißt, wie die Dinge heutzutage in Akhien stehen – ein ständiges Hin und Her zwischen jenen, die mehr über die drakoneische Vergangenheit erfahren wollen, und jenen, die sich Sorgen machen, dass die Ausgrabung auch nur eines weiteren Zylindersiegels bedeutet, dass die moderne drakoneische Bevölkerung heranstürmen und das gesamte Südanthiopien als ihr neues Reich zurückfordern wird. Gerade jetzt liegen Letztere vorn, was bedeutet, dass es im Prinzip keine Patrouillen im Qajr gibt, um Plünderer fernzuhalten.

Als ich das las, musste ich den Brief weglegen und eine Weile draußen herumlaufen, bis mein Kopf sich abgekühlt hatte. Jedes Mal, wenn die antidrakoneischen Nationalisten die Oberhand gewinnen, verlieren wir zahllose historische Schätze an den Untergrund-Antiquitätenmarkt – nicht, dass es überhaupt möglich ist, diesen zu unterbinden. Es gibt einfach zu viele Stätten, und die einzige Möglichkeit, sie alle zu schützen, wäre es, die gesamte gesunde männliche Bevölkerung von Akhien als Wächter arbeiten zu lassen. Aber es ist eine Sache, etwas nicht ganz zu schaffen, und eine andere, es überhaupt nicht zu versuchen, so wie die Nationalisten es machen. Ich nehme an, du hast die Nachrichten über jenen Tempel in der Nähe von Djedad gesehen? Zumindest tut die seghayische Regierung, was sie kann, selbst wenn ihnen immer noch etwas durch die Lappen geht.

Mein einziger Trost ist, dass der westliche Qajr so unfruchtbar und abgelegen ist – ganz zu schweigen davon, dass ihm offensichtlich attraktive Ziele fehlen, wie sie das Labyrinth der Draken besitzt –, dass die Plünderer ihn so herausfordernd zu plündern finden werden, wie ihn die Armee zu patrouillieren findet.

Dann machte ich mich wieder an Rafaats Brief. Nur um festzustellen, dass er sich beklagte, dass die Akhier nicht einmal ihre eigene Expedition in die Region aufstellen können! Sie würden dort gerne suchen und nachsehen, ob jener Hort das Einzige dort war … Aber wie sich herausstellt, war die Berechtigung, die man Lord Gleinleigh verkauft hat, für das exklusive Recht auf Ausgrabung und Sammlung in jenem Teil des Qajr. Für die nächsten drei Jahre.

Bevor du dir beim Zähneknirschen einen Zahn abbrichst, lass mich dir jedoch den Rest davon erzählen.

Natürlich war ich entrüstet. Die Nationalisten haben letztes Jahr einen von ihnen damit beauftragen lassen, sich um die Berechtigungen zu kümmern. Ich denke, er muss auf Gleinleighs dilettantische Art gesetzt haben, dass er aufgeben würde, bevor seine Leute irgendetwas finden würden, oder vielleicht hat er einfach angenommen, dass es dort überhaupt nichts zu finden gäbe. Jedenfalls sind die einzigen anderen Leute, die jenes Gebiet erkunden können, bis diese Zeit abgelaufen ist, Plünderer.

Ja, der Gedanke ist mir durch den Kopf geschossen. Aber bevor ich mich selbst dazu bringe, das Gesetz zu brechen und Leute anzuheuern, um in unserem Auftrag verdeckte Ausgrabungen durchzuführen, dachte ich, ich könnte vielleicht zumindest die direkte Herangehensweise versuchen. Also bin ich heute Morgen, nachdem ich gehört hatte, dass er in der Stadt ist, zu einem Gespräch mit Gleinleigh gegangen.

Ich hatte nicht erwartet, dass irgendetwas dabei herauskommt. Das Treffen war nur eine Möglichkeit, mich selbst zu überzeugen, kein Benzin in das Feuer zu gießen, das der illegale Markt ist. (Erst einmal würdest du mir die Freundschaft kündigen, nachdem ich das Tomphries dazu gedrängt habe, jenes öffentliche Versprechen zu geben, nicht von Dorak und dem Rest des Schwarzmarkts zu kaufen.) Ich kann es Lady Trent kaum verdenken, dass sie eine lebendige Population von Drakoneern entdeckt und deren Existenz der Welt verkündet hat … aber der Appetit auf Antiquitäten ist seither ständig heftig, und es gibt allzu viele von Armut geplagte Einheimische, die bereit sind, sich ihren Weg in Stätten zu hämmern und Objekte zu suchen, die sie für wenige Dinare verkaufen können. Das Letzte, was ich tun sollte, ist es, derartige Dinge zu fördern.

Wie sich herausstellt, muss ich das nicht.

Lord Gleinleighs Berechtigung ist exklusiv, ja – aber das bedeutet, dass er jedem, den er will, die Erlaubnis gewähren kann. Die Akhier haben, nachdem er den Hort gefunden hatte, direkt gefragt, und er hat sie abgewiesen … aber als ich heute Morgen mit ihm sprach, stellte ich heraus, dass, falls dort später irgendetwas Bedeutendes gefunden wird, alle denken werden, dass er ein Narr ist, weil er nicht weitergesucht hat. Wogegen er, wenn er erlauben würde, dass ich mich dort umsehe, der reiche Schirmherr wäre, der das Lob für weitere Entdeckungen einstreichen würde.

Ich erwartete ehrlich nicht, dass es funktionieren würde. Ich habe Jahre mit dem Versuch verbracht, Dorak einen Riegel vorzuschieben, und ich bin sicher, dass zumindest die Hälfte von Gleinleighs Sammlung durch die Lagerhäuser von jenem Bastard gegangen ist. Aber sein Ego ist so groß wie seine Sammlung, und ich glaube, die Aussicht, dass andere Leute ihn verspotten könnten, war nicht zu ertragen.

Wohlgemerkt, er willigte nicht sofort ein. Zuerst sagte er vage Dinge über zukünftige Pläne, nur dass er gerade jetzt völlig mit den Tafeln beschäftigt und nicht wirklich fähig sei, so viel Aufmerksamkeit, wie er gerne wollte, der Jagd nach neuen Funden zu widmen – als würde er überhaupt irgendeine Arbeit machen, wenn er sich in Ecraie vergnügt, während Audrey eine Glyphe nach der anderen an der Übersetzung kaut. Ich bin nicht überrascht, dass er nicht begierig darauf ist, wieder nach Akhien zu reisen. Tatsächlich glaube ich, dass diese Expedition in den Qajr das erste Mal war, dass er selbst ins Feld gezogen ist (außer du zählst Urlaubsorte auf dem Kontinent als »das Feld«).

Aber dann kam er zum Geschäft und nahm mich um eine heftige Lizenzgebühr aus – womit er, wie ich sicher bin, einiges von dem, was er für seine eigene Erlaubnis bezahlt hat, zurückholte – und, tja, als ich feststellte, dass er überhaupt auf mich einging, war ich so überrascht, dass ich zustimmte.

Ich denke nicht, dass er erwartet, dass ich irgendetwas finde. Eigentlich frage ich mich, ob er das Gebiet bereits so gründlich abgesucht hat, dass er weiß, dass es nichts mehr zu finden gibt, und sich deshalb nicht daran stört, wenn ich etwas herumstochere. Aber seine Leute können keinesfalls lange genug dort gewesen sein, um sich dessen sicher zu sein, nicht, wenn jener Teil des Qajr von so vielen kleinen Höhlen durchzogen ist. Und wenn schon nichts sonst, kann ich mir wenigstens sagen, dass ich mein Bestes getan habe, um irgendetwas Nützliches zu bekommen, bevor die Plünderer es getan haben.

Also reise ich offenbar nach Akhien, und zwar bald. Der Kauf jener Lizenz bedeutet, dass ich nicht mehr als einen kurzen Ausflug aus eigener Tasche finanzieren kann, aber ich habe den Verdacht, dass man wohl Lord Trent überzeugen könnte, mit der Finanzierung zu helfen, wo doch seine Enkelin am Originalhort arbeitet und überhaupt. (Dein eigenes Budget ist sicher, keine Angst. Zumindest bis ich nächste Woche vorbeikomme und mit dir über Rafaats Vorschlag rede.)

Wie kommt Audrey eigentlich voran? Ich weiß, dass es erst eine Woche oder so her ist, aber ich hätte erwartet, dass ich schon sechs Briefe mit Meldungen über ihren Fortschritt bekommen hätte. Lord Gleinleigh zensiert nicht ihre Post, oder?

Dein Freund

Alan

Lady Trents Erbe: Aus der Finsternis zum Licht

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