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M/T ALKOR

Nun wollte ich etwas anderes ausprobieren. Bei der Seefahrt wurde viel von ausländischen Schiffen erzählt, dieses reizte mich und ich wollte es einfach mal versuchen. In Hamburg war eine Agentur von NAVCOT die mir das Angebot machte, auf dem 15.805 BRT großen Motortanker ALKOR als 4. Ingenieur zu mustern. Da die Heuer durch Flaggen- und Tankerzulagen höher war, als meine vorherige 3. Ing.- Heuer sagte ich zu. Außerdem imponierten mir die Größe des Schiffes von 183,8 Metern Länge und die Möglichkeit mein schlechtes Englisch zu verbessern, da die unteren Dienstgrade Philippinen waren.

Die ALKOR fuhr unter Liberia-Flagge mit Heimathafen Monrovia. Am 16. April 1968 musterte ich in Hamburg an. In das Seefahrtbuch wurde gestempelt: Liberia Schiff mit deutscher Besatzung und deutscher Sozialversicherung.

Die Kammern, Messe und Küche für die Ingenieure und Mannschaft sowie der Maschinenraum befanden sich achtern. Mittschiffs befanden sich die Brücke, Salon und Kammern des Kapitäns, der nautischen Offiziere und des Funkoffiziers. Der Kapitän sowie alle Decks Offiziere, Ingenieure, Assis, Elektriker und der Pumpenmann waren Deutsche. Der Funker war Ire und die restliche Mannschaft waren Philippinen. Der Kapitän hieß Mussik und der Chief hieß Mayer. Wir liefen am 17. Mai 1968 von Hamburg nach Marseille aus.

Beim Auslaufen, als ich zum ersten Mal den ca. 10.000 PS starken MAN Motor anließ, hatte ich eine Gänsehaut. Was für Massen sich plötzlich bewegten, kein Vergleich mit dem 2.250 PS MAN Motor der JAN TEN DOORNKAAT.

In Marseille wo wir am 27. April ankamen, ging es in die Werft. Wir lagen drei Wochen im Trockendock, gingen Tagesdienst und hatten nach Feierabend und am Sonntag frei. Da wir viele Reparaturen selbst ausführten, wurde in der Maschine hart gearbeitet. So konnte ich mich mit der Maschinenanlage und Besatzung gut vertraut machen.

Die deutsche Besatzung waren alle alte NAVCOT Fahrer und das Essen war gut. Das Wetter war zu dieser Jahreszeit in Süd Frankreich ausgezeichnet. Wir gingen oft an Land, ich lernte die Stadt kennen, habe Bouillabaisse gegessen und fuhr an einem Wochenende zur Insel Le Chateau d`If. Als Jugendlicher habe ich das Buch von Alexander Dumas, Der Graf von Monte Christo, gelesen und es war immer mein Wunsch diese Insel zu besuchen.


Die Insel Le Chateau d`If

Oft gingen wir nach dem Abendessen zum Araberviertel in der Nähe vom Hafen, das St. Pauli von Marseille. An einem Abend, der zweite, dritte Ing., der Funker und ich saßen bei einem Bier in einer typischen Bar dieses Viertels und unterhielten uns. Plötzlich wurde es auf der Straße laut, wir hörten Schreien und Trillerpfeifen. Die Straße war an beiden Seiten abgeriegelt und voller Gendarmen. Alle Personen die sich in der Straße befanden wurden verhaftet und mit einem Citroen-Lastwagen der Polizei in ein Gefängnis gebracht. Alle wurden vernommen und die Personalien festgehalten. Wir hatten keine Landgangspässe mit und konnten uns deshalb nicht ausweisen. Neben uns standen ein deutscher Hippie aus Elsheim, Rheinlandpfalz und seine Freundin eine junge Schweizerin. Sie war 18 Jahre alt und nach dem Schweizer Gesetz volljährig, was der Gendarm nicht anerkennen und sie abschieben wollte. Der Ire, unser Funker mischte sich ein und forderte, dass sie freigelassen wird. Die französische Polizei hatte darauf bald die Nase von uns voll. Sie wussten sowieso, dass wir Seeleute waren und schmissen uns raus.

In der Werft war Streik angesagt, was bedeutete, dass wir für mehrere Wochen nicht auslaufen können. Es fehlten nur noch einige Arbeiten die wir selbst beendeten indem wir die ganze Nacht durcharbeiteten. Das Schiff konnte somit am 19. Mai vor Streikbeginn auslaufen und wir bekamen deshalb einen Extrabonus. Die Reise ging zum Persischen Golf, was bei einem Tankschiff auch zu erwarten war. Ich ging mit einem Assi und einem philippinischen Schmierer die 08:00 - 12:00 Wache. Zuständig war ich für die Kesselanlage, Dampfpumpen und einen Dampfkompressor. Täglich nahm ich Wasserproben von dem Kessel und wertete diese im Labor aus. Ebenfalls alle Brennstofftanks wurden von mir täglich gepeilt und der Bestand im Peil-Buch eingetragen. Der Chief, ein ungehobelter älterer Mann, war nie zufrieden. Er war ständig am Schreien und bezeichnete die nautischen Offiziere als Deckbauern.

Wir bunkerten am 25. Mai in Dakar. Am 6.Juni liefen wir in Kapstadt ein um Proviant und Ersatzteile zu übernehmen. Dort lagen wir für eine Nacht und ich ging mit dem 2. und 3. Ingenieur an Land. Diese kannten sich in Kapstadt gut aus, sie hatten die Adresse des besten Nachtklubs. Da in Süd Afrika Apartheit herrschte war der Zutritt natürlich nur für Weiße erlaubt. Erstaunlich wie viele hübsche und attraktive Frauen anwesend waren. Eine Frau saß am Nebentisch mit einer durchsichtigen Bluse ohne Büstenhalter, was 1968 in Deutschland noch undenkbar war. Mit einer dieser Schönheiten führte ich ein Gespräch, sie sprach gutes Deutsch. Als sie sich verabschiedete, sagte sie: Ich gehe jetzt schlafen. Ich zögerte nicht und sagte: Ich komme mit. Sie lachte, also war wohl nix.

In Durban bunkerten wir in der Nacht vom 9. Juni auf den 10. Juni. Weiter ging es zu unserem Ladehafen Khark Island in Persien.

Dort angekommen am 23. Juni 1968 machten wir weit draußen an einer Pier fest. Das Pumpen des Rohöls begann sofort und am 24. ging es nach Bahrain wo wir die restliche Ladung bekamen, bis wir voll abgeladen am selbigen Tag ausliefen.

Am 10. Juli 1968 wenige Tage vor Kapstadt machte mich der ewig schlechtgelaunte Chief wegen irgendeiner Kleinigkeit an. Als ich mich bezüglich dieser Sache äußerte: Ich dachte das wäre so, grunzte er, Das Denken überlassen sie lieber den Pferden, die haben einen größeren Kopf. Jetzt hatte ich genug und ging zum Kapitän mit einem handgeschriebenen Brief an die Reederei. Es ist zu vermuten, dass der Kapitän von dem Benehmen des Chiefs auch nicht angetan war. Er tippte mein Schreiben ordentlich auf seiner Schreibmaschine. Der Kapitän, der Chief und ich unterzeichneten.


Der Wortlaut des Briefes war folgend:

Marius Bunge 4. Ingenieur MT ALKOR Auf See, den 10.7.1968

Shipping Management S A N Monte Carlo

Attention Crew Department

Sehr geehrte Herren Betr: Versetzungsgesuch

Da mit dem Leitenden Ingenieur Herrn Mayer für mich eine Zusammenarbeit nicht möglich ist, bitte ich um Versetzung auf ein anderes Schiff dieser Reederei.

Sollte dies nicht möglich sein, dann kündige ich das Heuerverhältnis zum nächsten Hafen.

Hochachtungsvoll

Marius Bunge

Joined vessel 16th April 68.

Homefare and fare for relief

To be paid by Mr. Bunge

Master Chief Engineer

cc. Navcot Hamburg


Meine Kollegen waren erstaunt, dass jemand die Courage hatte so ein Schreiben dem Kapitän zu übergeben und ich musste noch mindestens einen Monat durchhalten. Wieder in Kapstadt für zwei Tage, wir bunkerten und mussten auf einige Ersatzteile warten. Genug Zeit um die faszinierende moderne Stadt anzusehen. Wir waren auf dem Wege nach Dakar zum Bunkern. Meine Genugtuung war, dass ich eine Menge auf der ALKOR gelernt hatte und speziell die Dampferfahrung mir in meinem späteren Berufsleben nützlich sein würde. Nebenbei hatte ich mein Englisch wesentlich verbessert.

Mit den Philippinen hatte ich einige Probleme was aber ausschließlich meine Schuld war. Es benötigt eine große Umstellung und Verständnis um mit der asiatischen Kultur umzugehen. Auf Wache war ich dabei ein Ventil zu überholen und bat den philippinischen Schmierer mir Öl zu bringen. Er rannte sofort eifrig weg und kam nach einer Weile ohne Öl zurück. Da er mich nicht verstanden hatte, ging ich mit ihm zu einem Tank mit Schmieröl, deutete auf den angebrachten Hahn und wiederholte das Wort Öl. Es dauerte lange bis er mit einem gleichen Hahn wie am Öltank erschien. Verzweifelt ging ich wieder zu dem Tank nahm seine Hand, ließ aus dem Hahn etwas Öl darauf laufen und wiederholte das Wort Öl. Er sagte: Oil, you’r english and my english are different Sir.

Vom 25. auf den 26. Juli bunkerten wir in Dakar. Wir wussten immer noch nicht welcher unser Löschhafen sein wird. Ich hoffte, dass er nicht allzu weit von Deutschland sei, da ich meine Heimfahrt und die Anfahrt meiner Ablösung bezahlen musste. Dann erhielt der Funker ein Telegramm, Port of discharge Hamburg, Germany. Nun konnte ich aufatmen. Wir kamen am 6. August in Hamburg an. Die Ingenieure wollten natürlich in Hamburg nach Hause und ich übernahm das Bunkern. Morgens gegen 01:00 Uhr war das Bunkern beendet, ich wurde zum letzten Mal vom Chief angeschnauzt und legte mich in meine Koje.

Meine Ablösung lernte ich noch kennen, es war Hans Spannbrucker den ich Jahre später als Chief auf dem M/S ESTHER CHARLOTTE SCHULTE ablöste. Dabei erfuhr ich, dass er auch nur eine Reise an Bord war und aus demselben Grund wie ich kündigte.

Am nächsten Tag nahm ich meinen Koffer und fuhr zu Navcot. Dort waren sie nicht ausgesprochen höflich und zahlten mich aus. Kapitän Mussik hatte mich am 6. abgemustert. Ich bestand auf Abänderung und Heuer bis zum 7., da ich bis ein Uhr morgens gebunkert hatte. Von dem Kontor nahmen sie Verbindung mit der ALKOR auf, der Chief bestätigte meine Aussage und die Änderung wurde vorgenommen. Insgesamt 3 Monate und 22 Tage war ich an Bord des M.T. ALKOR. Eine Nacht verbrachte ich in Hamburg und fuhr am nächsten Tag nach Ingelheim.



Liberianisches Certificate of Service

VOM MASCHINENSCHLOSSER ZUM REEDER

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