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Meine Fahrzeiten bei der Reederei CHR. F. Ahrenkiel

FRANCESCA

In Hamburg angekommen, stellte ich mich erst bei der Reederei A. Kirsten vor. Herr Westphal erklärte mir, dass die VOLUMNIA und VIRGILIA zum Verkauf standen. Er bot mir ein neues, modernes Küstenmotorschiff an, das im Liniendienst zwischen Rheinhäfen und Portugal eingesetzt war. Er zeigte mir die Pläne und es war tatsächlich ein schönes Schiff mit hydraulisch ausfahrbarer Brücke um unter den Rheinbrücken durchfahren zu können. Sehr schön, aber ich mochte Schiffe wie VOLUMNIA mit Aufbauten und Maschinenraum mittschiffs und möglichst mit Fahrgebiet Mittel– oder Süd Amerika.

Den nächsten Tag ging ich mit meinem frisch erworbenen Patent zur Reederei CHR. F. AHRENKIEL in der Mattentwiete 6 in Hamburg und wurde sofort als 2. Ingenieur eingestellt. Für das M/S FRANCESCA war ich vorgesehen und im Hotel Hager am Hansaplatz 71 wurde ich auf Kosten der Reederei untergebracht. Im Büro wurde mir der Funkoffizier Gerhard Schlotzhauer, der auch für den Einsatz auf der FRANCESCA vorgesehen war, vorgestellt. Da wir noch einige Tage in Hamburg verbrachten ehe wir in Tilbury, an der Themse gelegen, anmusterten, lernten wir uns näher kennen und wurden Freunde.

Die FRANCESCA war ein liberianisches Schiff mit deutscher Besatzung und deutscher Sozialversicherung, also es wurden in Deutschland die Lohnsteuern bezahlt. Kaum war ich an Bord angekommen, da ging es auch schon in den Maschinenraum, ein Kolben der riesigen 9-Zylinder-Hauptmaschine musste gezogen werden. Es war ein MAN Motor 9 KZ 78/ 140 mit einer Leistung von 10.100 PS. Nach drei Tagen liefen wir aus. Kurz nach der Revierfahrt fiel ich hundemüde in die Koje. Es dauerte aber nicht lange, da stürmte der Chief Schöning in meine Kammer und brüllte, komm sofort in die Maschine, wir haben einen Kolbenfresser. Unten angekommen war schon die Hölle los; das gesamte Maschinenpersonal und einige Matrosen waren zur Hilfeleistung anwesend. Zum Glück war mein Vorgänger noch an Bord, das war der zweite Ing. Herr John, um mich für eine Reise einzuweisen. Tag und Nacht wurde gearbeitet um Kolben und Buchse auszubauen und neue wieder einzubauen. Das Schiff hatte auf Reede geankert und dann erschien sogar der Maschineninspektor von Ahrenkiel, um uns anzutreiben. Bordseitig wurde alles nur Mögliche für unsere Hilfe getan. der Koch machte uns um Mitternacht ein reichliches Essen und der Chief gab eine Kiste Bier aus. Kurz darauf stürzte ein Reiniger von der Zylinderstation runter in den Maschinenraum. Die Ursache war, dass die Handreling wegen der Reparatur abgebaut war. Er wurde sofort in ein Krankenhaus befördert und kam auch nicht zurück.

Endlich nach vier Tagen konnten wir die Reise nach Argentinien fortsetzen.


Argentinischer Personalausweis

Rosario liegt oberhalb von Buenos Aires am Rio Paraná. Zwei Tage lagen wir in Rosario, dort wurde so viel Getreide geladen wie der Tiefgang des Schiffes erlaubte. In Buenos Aires, wo wir vier Tage lagen, bekamen wir volle Ladung. Diese Tage nutzten wir aus, um alle möglichen Arbeiten an der Hauptmaschine auszuführen. Abends ging es natürlich an Land, um in der 25 de Mayo, dem Seemannsviertel, mal abzuschalten. Von Buenos Aires ging es über Sao Vicente, Kapverdische Inseln nach dem schönen Ravenna in Italien.

Neun Tage lagen wir dort zum Löschen. Damit hatten wir genügend Zeit für nötige Arbeiten in der Maschine und auch für Landgänge. Der 2. Ingenieur Günter John musterte jetzt ab, dafür bekamen wir einen älteren 3. Ing. mit einem Gesicht, als hätte er nicht viele Freunde. Der Funker, einige Offiziere und ich gingen gerne an Land, um in einem ausgezeichneten Restaurant, ausgiebig zu dinieren. Der Chef kam persönlich an unseren Tisch. Gäste die solche Mengen verspeisten wie wir, die hatte er wohl nicht jeden Tag.

Von Ravenna ging es direkt nach Rosario. An Bord wurde sehr viel gefeiert. Auf den Assi, der einen Schmierer zur Ablösung der Wache wecken wollte, wurde scharf geschossen. Mit bleichem Gesicht meldete er mir den Vorfall und ich informierte sofort den Chief. Wir beide stürmten die Kammer des Schmierers, der volltrunken in der Koje lag und nahmen ihm seine Beretta ab. Im Maschinentagebuch trug ich ein, der Schmierer Müller beantwortete das Wecken mit Schüssen Kaliber 9 Millimeter. Der Kapitän Gottschalk war ein älterer, sehr erfahrener und ruhiger Mann. Er warf im Beisein vom Chief und mir die Pistole über Bord und machte eine Eintragung ins Tagebuch. Der Schmierer, normalerweise eigentlich kein schlechter Kerl, sagte er würde sich in Italien eine neue Beretta kaufen.

In Rosario lagen wir diesmal nur einen Tag und in Buenos Aires drei Tage. Dort wurden wieder Kolben gezogen. Einige Kolben gaben wir zum Überholen an Land in eine Werkstatt. Der Besitzer lud den Chief und mich in das Restaurant La Estancia ein. Wir bestellten uns jeder ein Churrasco; es geht einfach nichts über ein argentinisches Steak. Die Nacht darauf verbrachte ich mit einer hübschen, eleganten Argentinierin. Trotzdem hatte ich meine Gedanken nur noch bei den Kolben- und Maschinenreparaturen.

Wieder auf See. Wie üblich kam ich zehn Minuten vor vier zur Abnahme der Wache in den Maschinenraum, konnte dort aber den vierten Ing. nicht ausfindig machen. Schnell wurde mir klar irgendetwas stimmte nicht. Der anwesende Schmierer berichtete, dass der wachhabende 4. Ing. seit Stunden verschwunden war. In einer Kammer fand ein größeres Gelage statt. Dort fand ich ihn endlich, aber im Moment konnte ich bei seinem derzeitigen Zustand nicht viel ausrichten.

Der vierte Ing. war an und für sich ein guter Mann. Aber einfach so die Wache verlassen, nur um zu saufen, das zeigte einfach einen völligen Mangel an Verantwortung. Ich jedenfalls hatte kein Verständnis dafür und machte eine Eintragung ins Maschinentagebuch. Der Chief war absolut exzentrisch, aber bisher war ich noch ziemlich gut mit ihm ausgekommen. Jedoch, als ich ihm nach meiner Wache den Vorfall meldete, schrie er mich an. Das konnte ich in meiner Position und unter diesen Umständen nicht einfach so hinnehmen. Am 24. Juli 1970 gab ich ihm zum Gegenzeichnen ein Schreiben an die Reederei Chr. F. Ahrenkiel mit folgendem Inhalt.

Sehr geehrte Herren, in Anbetracht des äußerst ungesunden Bordklimas kündige ich mein Heuerverhältnis mit der Reederei Chr. F. Ahrenkiel zum nächsten europäischen Hafen. Mit einer eventuellen, unmittelbaren Versetzung auf ein anderes Reedereischiff bin ich einverstanden. Mit freundlichen Grüßen.

Irgendwann später auf See meldete mir der Ing. Assistent glaubhaft, er wurde auf 00–04 Wache von dem 3. Ing. zusammengeschlagen. Er sah übel aus, aber der 3. Ing. stritt die Anschuldigung ab. Nach Absprache mit dem Chief setzte ich den Assi nun für den Tagesdienst ein und dafür einen Schmierer für die 00 -04 Wache ein.

Während der kurzen Zeit zum Bunkern in Sao Vicente wechselte ich alle Brennstoffventile der Hauptmaschine in aller Eile aus. Ein Brennstoffventil war allerdings so festgefressen, dass trotz aller Versuche es auszubauen, dies unmöglich war. So blieb mir nichts anderes übrig, als den gesamten Zylinderkopf auszuwechseln. Das ist eine ziemlich umfangreiche Arbeit und wir waren schon lange fertig mit Bunkern, als wir endlich unsere Reise fortsetzen konnten. Kurz danach, durch die erhaltenen Schläge verursacht, brach der Assi zusammen. Der Erste Offizier behandelte ihn und verordnete ihm Schonung. Wir mussten Las Palmas als Nothafen anlaufen um ihn an Land zu geben.

In Ravenna wurden ich, der Funker und weitere Seeleute abgelöst. Mit dem neuen Funker Jürgen Coprian hatte ich mich gleich gut verstanden. Er kam von der Reederei A. Kirsten, bei der ich auch fuhr. So kannten wir beide den 3. Ing. Heinz Höfer, mit dem ich eine Superbeziehung hatte. Einige Tage später, am 15. August 1970, wurde ich durch Coprian abgemustert.

Ich fand, fünf Monate waren genug auf dem Schiff, wo ich auch sehr schöne Momente hatte und enorme Erfahrungen gesammelt habe. Zusammen mit Gerhard Schlotzhauer, dem Funker und inzwischen ein guter Freund, mieteten wir uns einen Wagen und fuhren durch das schöne Tirol über Österreich nach München. Dort trennten wir uns.

VOM MASCHINENSCHLOSSER ZUM REEDER

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