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Der Herr Verleger ruft an.

»Na, Jischinski, wie geht es mit dem neuen Projekt voran?«

Ich, noch erschrocken über das Klingeln des Telefons und mich langsam auf dem Sofa aufsetzend: »Geht so. Bin gerade bei der genauen Figurenentwicklung. Aber der Plot steht, und die ersten Seiten sind auch schon fertig.«

Auf dem Rechner schaue ich auf das Blinken eines schmalen schwarzen Striches auf einem weißen Blatt Papier ganz oben links.

»Ich habe nochmal nachgedacht über das kundenorientierte Schreiben!«, brüllt der Verleger durch den Hörer.

«Und?«, frage ich, weil ich das Gefühl habe, dass ich in dieser Pause etwas sagen muss.

»Wir müssen uns mehr auf die Zielgruppen einstimmen. Also, wer liest eigentlich unsere Bücher?«

»Frauen!«, entfährt es mir in der Hoffnung, fünfzig Prozent aller Konsumenten auf einen Streich zu erschlagen. Ich kann das Stirnrunzeln des Verlegers durch das Telefon hören.

»Jischinski, so platt geht das nicht. Wir müssen schauen, ob wir die multioptionale, effizienzorientierte Leistungselite, das adaptiv-pragmatische Milieu, die liberal-intellektuelle Bildungselite mit postmateriellen Wurzeln oder doch eher die spaß- und erlebnisorientierte untere Mittelschicht erreichen wollen.«

Ich starre auf den Bildschirm und finde nun auch durch meinen Mund keine Worte mehr.

»Jischinski, wir müssen die Zielgruppe so segmentieren, dass sie möglichst gleichartige Reaktionen auf unsere Marketingmaßnahmen zeigen, denn nur so ist erfolgreiches Produzieren, Publizieren und Vermarkten möglich!«

»Manchmal glaube ich, dass Sie der Einzige sind, der meine Bücher liest. Und sie auch noch mag«, entfährt es mir schon leicht bedrückt.

»Papperlapapp, Jischinski, ich habe in den letzten drei Monaten eins von Ihren Büchern verkauft. Es gibt da schon noch welche, die solche Bücher lesen, da draußen in der Milieuwelt.«

»Hmm, nur wissen wir nicht, wer. Sollte ich nicht für möglichst alle lesenden Zielgruppen schreiben? Also im Grunde für Frauen?«

»Sie immer mit den Frauen, Jischinski! Glauben Sie denn, dass Männer nicht lesen?«

»Ich habe neulich mit einer Freundin gesprochen, die mir erzählt hat, dass ihr Freund, wenn er überhaupt mal Zeit hat, Sport macht, sie befummelt oder Fernsehen schaut. Zeit der Komplentation verbringt er damit, dass er isst oder aber auf dem Sofa liegt und einen fahren lässt. Für das Lesen ist da kaum Raum und Zeit.«

»Aber Jischinski, wir reden doch hier über die Bildungsbürger, nicht über die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht!«

Nun runzle ich die Stirn. »Sie sollten bedenken, dass wir Männer aus Frauensicht ALLE zu dieser Schicht gehören!«

»Da könnten Sie Recht haben, Jischinski. Schreiben Sie halt was für das klassische Establishment und den leistungs- und anpassungsbereiten Mainstream.«

»Rosamunde Pilcher fährt mit Harry Potter in 80 Days nach Panem, durchquert dabei die Shades-of-Grey-Feuchtgebiete, trifft auf einen Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwindet dann mit ihm ein ganzes halbes Jahr, um schließlich vegan for fit auf der Insel Amazon zu leben?«

»So doof sind Sie doch gar nicht, Jischinski! Dann fangen Sie mal an!«

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