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ee) Beteiligung des Garanten

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Mit Blick auf die Art der Beteiligung gelten im Unterlassungsbereich die allgemeinen Grundsätze. Allerdings kann die Frage akut werden, ob das Nichteinschreiten einer Leitungsperson gegen Mitarbeiterstraftaten als Täterschaft oder Teilnahme anzusehen ist, sofern wegen der Natur des jeweiligen Tatbestandes als Sonder-, Pflicht- oder eigenhändiges Delikt die täterschaftliche Haftung nicht sowieso ausscheidet. An diesem Punkt ergibt sich eine Parallele zu der auch außerhalb des Unternehmensstrafrechts diskutierten Frage nach der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme – genauer: Beihilfe – im Bereich der Unterlassungsdelikte.[100]

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Teilweise werden von der im Bereich der Begehungsdelikte vertretenen Grundkonzeption abweichende Positionen formuliert. Auf der Grundlage der Tatherrschaftslehre argumentiert man, der Unterlassende könne niemals die Tatherrschaft im Sinne eines vom Vorsatz umfassten In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs innehaben, weshalb er als Gehilfe zu bestrafen sei.[101] Ist einer solchen Auffassung entgegenzuhalten, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Verhaltensmodalität und Tatherrschaft besteht,[102] überzeugt auch die auf dem Boden der Pflichtdeliktslehre entwickelte Gegenposition nicht, nach der der Garant stets als Täter zu bestrafen ist: Unterlassungsdelikte seien Pflichtdelikte, bei denen der Verstoß gegen die Erfolgsabwendungspflicht täterschaftsbegründend wirke.[103] Zwar werden hierdurch klare Abgrenzungen möglich, dies jedoch nur um den Preis, dass im Unterlassungsbereich jeglicher Unterschied zwischen den Beteiligungsformen eingeebnet wird.[104] Eine dritte Position differenziert nach der Art der Garantenstellung: Beschützergaranten seien Täter, Überwachergaranten seien Teilnehmer.[105] Abgesehen von den sich aufdrängenden Abgrenzungsproblemen – teilweise lassen sich die jeweiligen Garantenstellungen nur schwer voneinander abschichten bzw. es können mehrere Garantenstellungen gleichzeitig vorliegen – sind die Fragen nach der Art der Garantenstellung sowie der Art der Beteiligung auf verschiedenen Ebenen angesiedelt.[106]

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Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, sich auf die allgemeinen Abgrenzungskriterien zurückziehen, was die Rechtsprechung veranlasst, die Abgrenzung subjektiv danach vorzunehmen, ob der Unterlassende mit Täter- oder Teilnehmerwillen untätig bleibt;[107] eine Abgrenzung, die im Bereich der Unterlassungsdelikte noch schwieriger als im Bereich der Begehungsdelikte zu treffen ist. Dementsprechend verwundert es nicht, wenn sie zusätzlich auf die Tatherrschaft bzw. den diesbezüglichen Willen als Kriterium für eine entsprechende subjektive Vorstellung abstellt. Die h.M. grenzt hingegen ebenso wie bei den Begehungsdelikten allein nach der Tatherrschaft ab, so dass es auf das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs ankommt.[108] Eine nur potentielle Tatherrschaft kann dabei nicht täterschaftsbegründend wirken,[109] denn die Tatherrschaft darf im Bereich der Unterlassungstaten nicht weniger aktuell sein als im Bereich der Begehungsdelikte. Sie ergibt sich insbesondere nicht schon aus der Möglichkeit des Eingreifens in einen Geschehensablauf, die für die Unterlassungshaftung ohnehin konstitutiv ist.[110] Es kommt vielmehr entsprechend allgemeinen Grundsätzen darauf an, ob der Unterlassende Zentral- und nicht nur bloße Randfigur des Geschehens ist. Dass der Geschäftsherr die Organisationsherrschaft über ein Unternehmen innehat, macht ihn nicht per se zur Zentralfigur für deliktisches Mitarbeiterhandeln, sondern die Tatherrschaft muss in Bezug auf den konkreten Rechtsverstoß des Mitarbeiters bestehen und einzeln begründbar sein. Derartige Gesichtspunkte sind aus Verteidigungssicht hervorzuheben.

Unternehmensstrafrecht und Unternehmensverteidigung

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