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d) Internationale Standards und die sog. „Lex mercatoria“

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Internationale Wirtschaftsbeziehungen werden von einer Vielzahl von Standards, Gebräuchen und freiwilligen Übereinkünften bestimmt, die teils kodifiziert und teils ungeschrieben sind. Häufig sind diese Normen nicht Recht im formellen Sinne, da es sich um unverbindliche Empfehlungen an Hoheitsträger oder an private Wirtschaftssubjekte handelt. Diese Normen entfalten erst dann rechtliche Geltung und Wirkung, wenn sie von ihren Adressaten, d.h. von den Staaten oder den privaten Wirtschaftssubjekten in verbindliche Rechtsregeln (Gesetze, Verordnungen oder Verträge) übernommen werden.

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Dies gilt zum einen für internationale unverbindliche Standards, die von internationalen öffentlichen Einrichtungen oder Zusammenschlüssen entwickelt werden und von den Staaten als Grundlage für nationale Rechtsvorschriften übernommen werden können. Teilweise wird in Normen des nationalen Wirtschaftsrechts oder des Wirtschaftsvölkerrechts allerdings auf diese Standards Bezug genommen oder sie werden in eine Rechtsmaterie inkorporiert.

Beispiele:

1. Die Baseler Standards für Eigenkapitalvorschriften(Basel II und Basel III).[1] Es handelt sich um Richtlinien, die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, dem zahlreiche Industrienationen und einige Schwellenländer angehören erarbeitet werden und die jeweils in nationales Recht umgesetzt werden sollen.

2. Die lebensmittelrechtlichen Standards der Codex Alimentarius Kommission der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Codex Alimentarius Kommission ist ein Gremium von unabhängigen Lebensmittelexperten, die gesundheitliche Standards für Lebensmittel formulieren. Ihre Standards gelten als Vorschläge für nationale Gesetzgeber. Zugleich wird jedoch im WTO-Übereinkommen über gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (SPS) auf sie Bezug genommen.[2]

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Für den internationalen Wirtschaftsverkehr von erheblicher praktischer Bedeutung sind internationale Handelsbräuche und privatwirtschaftliche Standards („Lex mercatoria“ oder transnationales Wirtschaftsrecht).[3] Hierbei handelt es sich um Regeln des internationalen Wirtschaftsverkehrs, die sich aus der Praxis entwickelt haben. Die einzelnen Normen werden teilweise in Standards von internationalen Unternehmens- oder Wirtschaftsverbänden kodifiziert. Darüber hinaus werden sie auch von internationalen Schiedsgerichten entwickelt und angewandt.

Beispiel:

Die von der internationalen Handelskammer (International Chamber of Commerce, ICC) in Paris standardisierten Vertragsbedingungen der sog. INCOTERMS.[4] Zu den bekanntesten zählen die Kürzel „FOB“ (Free on Board), wonach der Exporteur (nur) verpflichtet ist, die Ware an Bord des Seeschiffes zu transportieren und „CIF“ (Cost, Insurance, Freight), wonach der Exporteur die Kosten für Transport und Versicherung bis zum Bestimmungshafen übernimmt.

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Die INCOTERMS und andere standardisierte Handelsklauseln können als eine Art internationale Allgemeine Geschäftsbedingungen verstanden werden. Sie müssen stets in einen Vertrag inkorporiert werden. Erst dadurch werden sie rechtlich verbindlich. Die Regeln können nur durchgesetzt werden, wenn sie in einer nationalen Rechtsordnung als verbindliche Teile des Vertrags anerkannt werden. Ob und in welchem Umfang dies der Fall ist, ergibt sich aus dem jeweiligen nationalen Recht. Teilweise wird auf die Lex mercatoria auch im internationalen Einheitsrecht Bezug genommen (vgl. Art. 9 CISG). Bei der Lex mercatoria handelt es sich also nicht um eine eigenständige Rechtsordnung, die neben nationalem (staatlichem) und Völkerrecht besteht.

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