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IM HOSTEL

LENA SCHLÄFT MIT FREMDEN MÄNNERNUND KOMMT NICHT AUS DEM BETT

Lena nähert sich immer mehr einem Zustand leichter Verzweiflung. Schon wieder muss sie Schlange stehen – und das nur, um ihr Gepäck wieder aufzugeben. Und das Zeitfenster, um ihren Anschlussflug noch zu erreichen, schmilzt munter vor sich hin.

Doch irgendwie klappt es dann. Chaotisch, auf den letzten Drücker, aber es klappt. Mit einem erleichterten Seufzer lässt sich Lena als einer der letzten Passagiere auf ihrem Sitz nieder, und kurz darauf geht es los. Nur rund drei Stunden trennen sie jetzt noch von ihrem ersten Ziel: Cairns, dem tropischen Backpackerparadies. Der Reiseführer verspricht eine »laid-back atmosphere« und garantiert jede Menge Entertainment. Und natürlich den Sommer, den es in Sydney gerade nicht gibt.

Einen Teil der Strecke fliegt Lena nun wieder zurück nach Norden, entlang der australischen Ostküste, doch dieses Mal fühlt es sich gleich viel besser an. Zwar kann sich Lenas Gehirn immer noch nicht festlegen, ob es nun Schlaf oder Kalorien fordern möchte, aber die Stimmung ist wesentlich entspannter. An Bord befinden sich viele Urlauber, draußen scheint die pralle Sonne und das Meer sieht von oben unwiderstehlich einladend aus.

Wären nicht die Rückenschmerzen, würde der Flug wie im Flug vergehen. Doch so ziehen sich die drei Stunden. Zum Glück wartet am Ende der langen Reise die Belohnung, denkt sich Lena und döst den Flug über vor sich hin.

Nach der zweiten Landung an diesem Tag hat Lena das Gefühl, endlich in Australien angekommen zu sein. In Cairns gibt es keine Spur mehr vom uninspirierten Nieselregen – stattdessen läuft Lena in eine Wand aus heißer, feuchter Luft. Es duftet exotisch, und so weit das Auge reicht, sieht sie mit dichtem, saftigem Grün bewachsene Hügel. Das ist Australien, denkt Lena – und gerät augenblicklich ins Schwitzen.

Auch danach läuft es viel geschmeidiger als bei der Einreise. Auf ihr Gepäck muss sie kaum warten, und auch ein Shuttle zur nahegelegenen Stadt ist schnell organisiert. Lena hat sich zwar bewusst vorgenommen, auf ihrer Reise möglichst wenig penibel im Voraus zu planen (sie ist schließlich nicht mit ihren Eltern unterwegs …), aber für ihre ersten Tage hat sie bereits ein Hostel ausgewählt, das vom Reiseführer empfohlen wurde.

Zum Glück ist der Minivan, der Lena zum Hostel ihrer Wahl chauffiert, klimatisiert. Draußen ist es so warm und feucht, dass Lena das Gefühl hat, gar keine Luft zu bekommen. Hoffentlich ist mein Zimmer ebenfalls klimatisiert, denkt Lena, als sie sich an der Rezeption einschreibt. Aber … für diesen Preis?

DISCOUNT, PLEASE

Viele der australischen Hostels sind Teil der Youth Hostelling Association (YHA) Australiens. Sparfüchse können eine Mitgliedskarte dieses Verbandes kaufen und bekommen dann in allen zugehörigen Hostels einen Rabatt; meist rentiert sich diese Investition bereits nach wenigen Nächten. Darüber hinaus gibt es immer mehr Möglichkeiten, diese Karte als Rabattkarte in ganz Australien zu nutzen – wie für günstigere Mietautos oder reduzierte Bustickets. Unter Umständen lohnt sich die Mitgliedschaft sogar für Reisende, die überhaupt nicht vorhaben, im Hostel zu nächtigen!

Auf dem Zimmer angekommen stellt sie erleichtert fest, dass es in der Tat eine Klimaanlage gibt, auch wenn sie gerade nicht läuft. Entsprechend riecht es muffig und nach verschwitzten Klamotten. Kein Wunder, denn zwei der vier Betten scheinen belegt zu sein, und ihre gerade abwesenden Mitbewohner haben ihr Zeug großflächig im Zimmer verteilt. Lena bemerkt darunter auch modisch fragwürdige, weil grelle Shorts und riesige Turnschuhe. Männerklamotten, wundert sich Lena noch, bevor sie ihre Sachen ablegt und sich frisch macht.

Die Verlockung, im Bett einmal Probe zu liegen, ist gewaltig. Doch Lena entscheidet sich stattdessen, sich ein wenig die Beine zu vertreten. Während sie an Cairns’ Promenade entlangschlendert, entscheidet sich Lenas Gehirn endgültig, es sei nun Zeit, etwas zu essen. Und als sie kurz darauf mit einem ungesunden Burger und fettigen Fritten auf einer Bank sitzt und die Aussicht aufs Meer genießt, unter der prallen Sonne mit ein paar ausgesprochen fluffigen Wolken, ist zum ersten Mal alles gut. Einfach gut.

Für ein paar Stunden gelingt es Lena nach dem Burger noch, die Augen offen zu halten. Danach fordert der Jetlag aber seinen Tribut und Lena beschließt, einen langen (oder doch kurzen?) Tag zu beenden. Wieder im Hostel angekommen, stößt sie auf zwei Gestalten, die sich in ihrem Zimmer herumtreiben.

»Hi! Where are you from?«, wird sie gleich von einem der beiden überfallen. Lena ist noch ein wenig irritiert, was zwei Jungs auf ihrem Zimmer verloren haben, realisiert aber dann, dass es ihre Mitbewohner sind. Artig antwortet Lena, sie sei aus Deutschland. Doch ihr ist so gar nicht nach Konversation zumute, schon gar nicht mit so heruntergekommenen Typen: Der eine, der sie in wenigen Momenten zulabern wird, trägt ein Prachtexemplar aus seiner Kollektion geschmackloser Achselshirts; sein Kumpel punktet mit einem knalligen T-Shirt, das Lena humorvoll zugleich über seine sexuellen und alkoholischen Vorlieben informiert. Beide tragen alberne Bärte, die ihnen absolut nicht stehen.

»We are from England«, erklärt der Größere der beiden und versorgt Lena mit einem Strom aus mäßig interessanten Informationen über die zwei und ihre Abenteuer in Cairns – und natürlich über die spannenden Dinge, die sie für heute Nacht geplant haben. Schließlich sei es Cairns, nicht wahr, wie er augenzwinkernd und mit einem britisch unterzahnten Lächeln hinzufügt. Lenas Taktik, möglichst einsilbig zu antworten, fruchtet nur bedingt, weshalb sie beschließt, nicht mehr gut Englisch zu sprechen: »I speak English not so good. Sorry!« Doch erst als sie sich demonstrativ dem Auspacken widmet, lassen die beiden Engländer von ihr ab und konzentrieren sich wieder auf ihren Abend, der, wenn Lena es richtig versteht, absolut »wicked« und »epic« werden wird.

Mindestens drei Kreuze schlägt Lena, als die beiden sich verabschieden und endlich Ruhe einkehrt. Worauf habe ich mich da eingelassen, fragt sich Lena noch, als sie sich auf die durchgelegene Matratze schmeißt. Kurz darauf fallen ihr endgültig die Augen zu. Ihr Schlaf ist tief, fest und traumlos.

Oh, cock! Was ist da schiefgelaufen?

Lena hat die Erfahrung gemacht, die auf die meisten Backpacker wartet, die nicht im Voraus planen – wie bereits erläutert, gibt es für jede Region Australiens dankbare und weniger dankbare Reisezeiten (siehe Episode 1). Lena befindet sich in Cairns zu Beginn der eher unvorteilhaften Saison. Zwar ist es noch auszuhalten, aber die hohen Temperaturen und die schwüle Luft sind immer eine Herausforderung, insbesondere dann, wenn man in ein solches Wetter hineinreist, ohne ansatzweise akklimatisiert zu sein.

Ein bisschen schlauer war Lena, als sie bereits im Voraus ein passendes Hostel ausgewählt hat. Allerdings war sie nicht so klug, auch das passende Zimmer vorher zu reservieren – in Spitzenzeiten sind die besten Etablissements nämlich gerne ausgebucht. Für Alleinreisende findet sich oft noch eine Lücke, aber wer zu zweit oder gar in der Gruppe reist, verbringt dann unnötig viel Zeit auf der Suche nach einer freien Unterkunft.

Lena wusste also, wo sie hinwollte, aber mit einem hat sie nicht gerechnet – dass man ihr ein paar Typen aufs Zimmer packt, die sie mit der Kneifzange nicht anfassen würde. Doch genau das ist in Australien gang und gäbe; mixed dorms stehen in vielen Hostels zur Verfügung und wer – einmal mehr – nicht im Voraus bucht, muss/ kann dann auch mit dem anderen Geschlecht im Raum untergebracht werden.

Was können Sie besser machen?

In diesem Fall ist die Antwort leicht: Für die ersten paar Tage gilt es, einen oder gleich zwei Gänge zurückzuschalten – und sich möglichst viele Dinge zu ersparen, die stressig werden können. Nahezu alle Australienreisenden haben einen der längsten Flüge ihres Lebens hinter sich und stehen, je nach Destination, vor einem mittelschweren Klimaschock. Vom Jetlag (siehe Episode 7) noch ganz zu schweigen. Die Empfehlung daher auch an alle spontanen Backpacker: für die ersten Nächte unbedingt ein passendes Hostel auswählen und ein Zimmer reservieren.

Aber welches? In Australien bieten die Hostels Unmengen an verschiedenen Zimmern an. Single rooms für Alleinreisende sind eher rar, aber für Duos ist meist gesorgt. Wichtig dabei: Ein twin ist mit zwei separaten Betten ausgestattet, das double ist nur für die Paare, die auch kuscheln möchten. Gelegentlich gibt es auch noch triples, bei denen allerdings nicht immer klar ist, ob es auch drei separate Betten gibt.

Eine eigene Matratze für jeden, meist gut eingelegen, gibt es in den dorm rooms. Das Minimum hier sind vier Betten pro Zimmer, nach oben sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Je mehr Etagenbetten im Raum sind, desto billiger wird die Nacht. Wer also vollkommen schmerzfrei ist, kann sich mit bis zu einem guten Dutzend anderer Leute eine Unterkunft teilen und dafür ein paar Dollar sparen.

Wie bereits angedeutet, ist es dabei durchaus üblich, Männlein und Weiblein im gleichen Zimmer einzuquartieren. Wer da empfindlich ist, muss darauf achten, dass er oder sie im Voraus explizit auf ein female bzw. male dorm besteht. Wer einfach ins Hostel hineinmarschiert, wird natürlich ins nächstbeste freie Bett verfrachtet, und das befindet sich wahrscheinlich in einem mixed dorm.

Wichtig ist noch, darauf zu achten, ob eine Klimaanlage vorhanden ist – und ob sie auch funktionstüchtig ist. In den nördlichen Breiten ist das fast immer der Fall, doch es lohnt sich, nachzufragen. Selbst wenn eine Klimaanlage vorhanden ist, müssen Sie darauf achten, dass sie auch angeschaltet bleibt – es gibt immer wieder ein paar Weltretter, die die Anlage nachts ausschalten, um Strom zu sparen. Doch wenn sich ein Dutzend Leute bei dreißig Grad einen kleinen Raum zum Schlafen teilt, wird daraus bald ein olfaktorisches Erlebnis, das seinesgleichen sucht. Lüften ist auch nicht immer so einfach – wer in einfachen Hostels nächtigt, dem kann es passieren, dass er ein Zimmer ohne Fenster bekommt …

Klimaanlagen laufen ins Australien viel und oft, aber eher selten werden sie so stark eingestellt, dass man sich eine Jacke anziehen muss – wie das in vielen anderen tropischen Ländern der Fall ist. Das reduziert das Risiko, sich auch noch eine Erkältung einzufangen, zumindest deutlich.

Folglich: Es lohnt sich, zumindest für die ersten Tage eine Vorauswahl für die Unterkunft zu treffen, auf Basis von Reiseführern (gut), dem Internet (besser) oder persönlichen Empfehlungen (am besten). Auch der erste Eindruck entscheidet, ob man sich in einem Land wohlfühlen und seine Reise genießen wird. Das ist wesentlich schwerer, wenn man nach langer Suche mit Gepäck bei dreißig Grad durch die Stadt schlurft und dann nur noch ein fensterloses Zimmer findet, das man mit mehr Leuten teilen muss, als man Finger hat.

Fettnäpfchenführer Australien

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