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Hafenromantik

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Genua hat nichts von seiner sperrigen Hässlichkeit verloren, seit ich zum letzten Mal dort war. Verwitterte, von Feuchtigkeit, Öl und Ruß zerfressene Fassaden der grob hingeklotzten Gebäude, die fast auf Griffweite an die Serpentinen der holprigen Autobahn am Rand der Berge heranreichen.

»Möchtest du so wohnen?«, fragt Markus und schüttelt den Kopf. Nun meldet sich Walo, der uns immer noch vorausfährt, über Handy: »Habt ihr das gesehen?«, ruft er fröhlich. »Die hängen die Wäsche zum Trocknen raus. Stellt euch das vor. Die ist so toxisch, wenn sie die wieder anziehen, fällt ihnen die Haut in Fetzen vom Leib.«

In der Stadt wartet Walo auf uns, führt uns zielstrebig zum Hafen. Markus schaut auf sein Navigationsgerät. Es weist uns den genau gleich verschlungenen Weg um Lagerhallen, Siloanlagen und abgestellte Güterwagen herum. Die einzige sichtbare Orientierung bietet die Laterna di Genova, der mächtige alte Leuchtturm am Hafenrand. Wir kurven hinter Walos schwer schaukelndem Auflieger her, über Schlaglöcher, um verbeulte Container, gespenstisch kaputte Fassaden, um Berge von Schrott herum, auf einen Parkplatz am Rande eines zerbröselnden Backsteingebäudekomplexes. Die Tanks stehen wie überdimensionierte rostende Konservendosen vor der Kulisse des mediterranen Himmels. Markus parkt rückwärts nach allen Regeln der Kunst, sauber mit Walo koordiniert, der Pas de deux eines Sattelschlepperballetts.

Unsere Lagertanks stehen unmittelbar am Hafenbecken, wo die Fähre nach Algerien und die großen Kreuzfahrtenschiffe zum Auslaufen bereit liegen. Das Blau des Wassers und die schneeweißen Rümpfe gaukeln den Hauch einer besseren Welt vor. In den Lärm der Lastkräne und den Geruch der Dieselabgase mischt sich der Geruch von Sonnenblumen, als wiegten sich ihre Blüten goldgelb bis hin zum Horizont im Wind. Wer weiß, woher unsere Ladung für Horn am Bodensee kommt, vom Schwarzen Meer oder von der Ukraine? Häfen, denke ich, Häfen sind ja auch so Herzen. Sie pumpen Rohstoffe in die Fabriken und pumpen Waren aus den Fabriken hinaus in die Märkte der Welt, zu ihrer Endbestimmung in den Verbrennungsanlagen.

Es gibt eine ganze Reihe von Schläuchen, durch die wir unser Sonnenblumenöl hätten einfüllen können, aber nur eine der Pumpen ist in Betrieb. Nichts zu machen. Mittagspause. Im Dauerrennen, das Trucker im Kampf um Minuten gegen die Uhr fahren, ist gegen Italien nichts zu gewinnen. Markus erledigt die Formalitäten an einem Schmuddelschalterchen in einer zugigen Schattenecke und übersetzt für Walo. Im Übrigen sucht Walo eine Antwort auf die Frage, wo er tanken kann. Als Angestellter von Transfood muss er bei Tankstellen der Marke Q8 Oils auffüllen, weil Transfood bei dem Label Verträge zu günstigen Konditionen hat. Markus ist Selbstfahrer. Er wirtschaftet auf eigene Rechnung, auch beim Diesel.

»Gibt es nicht in Tarragona Q8?«, fragt Walo.

Markus denkt kurz nach: »Meinst du vielleicht Tortona?«

Walo windet sich. Die Verwechslung ist ihm peinlich: »Dieser Hafen macht mich konfus.«

Vom Herzchirurgen zum Fernfahrer

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