Читать книгу Lancaster SCHOOL - Marlie Nea - Страница 8

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-Liz-

Ich trocknete mir die Hände an den kleinen flauschigen Handtüchern in dem Bad, das an unser Zimmer grenzte, ab.

Als ich aus der Tür hinaustrat, zerrte Mary Lou bereits an ihrem Koffer und versuchte, den Reißverschluss zu öffnen.

„Das verdammte Ding klemmt!“ meckerte sie. Ich ging um sie herum auf meine Kommode zu und begann, die Süßigkeiten, die darauf standen, unauffällig in die Schublade einzusortieren. Mit einem letzten kämpferischen Knurren hinter mir, schaffte Mary Lou es endlich, ihren Koffer zu öffnen.

Ich drehte mich um. „Warum bist du eigentlich erst jetzt gekommen?“ fragte ich, während ich mir ein Nougatstück in den Mund schob.

Während sie begann, ihre Klamotten, hauptsächlich dunkle Sachen, in ihre Kommode zu räumen, antwortete sie achselzuckend: „Mein Alter war sich noch nicht ganz sicher, ob ich wirklich hierhin soll.“ Sie überlegte kurz, bevor sie vage fortfuhr.

„Gab ein bisschen Stress an meiner letzten Schule. Du kennst das ja. Alles wird immer unnötig ernst genommen.“

Eigentlich kannte ich das nicht. Ich hatte bisher noch nie Schwierigkeiten bekommen, was vielleicht auch an meinen bisher mangelhaften sozialen Kontakten lag.

„Obwohl“ meinte sie dann, mit einem belustigten Blick auf mich: „Wahrscheinlich kennst du das nicht, Schokomonster.“ Sie grinste, als sie mich erröten sah und ich verzog beleidigt das Gesicht.

Ich setzte mich auf mein Bett und schaute kurz in meinem Postfach nach, ob eine Nachricht von meinem Vater angekommen war. Aber wie erwartet, war da nur gähnende Leere.

„Und, was machen wir jetzt noch den ganzen Tag?“ fragte Mary Lou und schmiss sich auf ihr Bett. Ich blickte sie genervt an. Ihr schien diese ganze Sache überhaupt nichts auszumachen.

„Bewegt es dich eigentlich gar nicht, dass an dieser Schule eine Mitschülerin tot aufgefunden wurde? Und das, obwohl du sogar dabei warst!“

Sie zuckte unbeirrt mit den Achseln. „Ich weiß. Aber ich kannte das Mädchen ja nicht mal, also geht es mich eigentlich nichts an.“ Die ignorante Art, mit der sie sprach, machte mich sauer.

„Meines Erachtens nach sollte jeder aus unserem Kurs professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Gerade, weil wir sie geborgen haben.“ Bethany, die Kelly zuerst gefunden hatte, wurde mit ins Krankenhaus genommen. Sie hatte wirklich einen Schock erlitten, nur verständlich, wie ich fand.

Ich rechnete damit, dass die Polizei auf jeden, der zu der Zeit Anwesenden, noch einmal zugehen würde. Schließlich musste alles genau protokolliert werden. Ich schloss die Augen.

Die Fragen, die ich bei der Versammlung gestellt hatte, hatten mir auf der Zunge gebrannt und ich ärgerte mich über die unzufriedenstellenden Antworten, die ich erhalten hatte.

Kelly Evans hätte zu der Zeit nicht in der Schwimmhalle sein dürfen. Normalerweise ist diese auch abgeschlossen, gerade vor dem Start des Schulalltags.

Irgendwie hatte sie aber einen Weg gefunden, doch hinein zu gelangen. Aber weshalb war sie da gewesen?

Sie hätte am nächsten Tag doch eh dort Unterricht gehabt. Ob sie trainieren wollte?

Aber da hätte sie doch auch einen Tag länger warten können.

Wie lange sie wohl schon tot war, als wir sie fanden?

„Dieser arme neue Lehrer.“ grinste Mary Lou.

„Der hatte wohl auch nicht den besten Start an seiner neuen Arbeitsstelle.“ Sie sprach genau in meine Überlegungen hinein.

Über die Lage von Stevenson Junior hatte ich mir wirklich keine Gedanken gemacht. Aber sie hatte recht. Für ihn war es bestimmt ebenso ein Schock. Ich betrachtete den Zettel in meiner Hand mit der Telefonnummer des Reverends darauf.

Bei der nächsten Gelegenheit würde ich mal anrufen. Und ich würde nach Antworten auf meine offenen Fragen suchen.

Den Rest des Tages streunte ich über das Internatsgelände, in der Hoffnung, ein paar Antworten zu finden.

Außerdem brauchte ich Abstand von Mary Lou, welche mich mit ihrer Art ganz verrückt machte. Zuerst versuchte ich es am Ort des Geschehens, also der Schwimmhalle.

Noch immer waren überall Polizisten zu Gange. Als ich versuchte, mich unauffällig am gelben Absperrband vorbei zu drücken, kam gleich einer auf mich zu. Er war noch jung, so um die dreißig, aber mit einem strengen Blick.

„Entschuldigung, was soll das werden?“ fragte er mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich blickte ihn prüfend an.

„Ich bin nur hier, um mich etwas zu erkundigen. Das Recht habe ich doch, nicht wahr? Uns wurde empfohlen, uns bei Fragen an Scotland Yard zu wenden.“ erwiderte ich mit klarer Stimme. „Was hast du denn für Fragen?“ fragte der Officer leicht genervt. Ein Gentleman hätte mich gesiezt. Geduzt zu werden, war ich nicht gewöhnt.

Der Officer schaute seiner Arbeitskollegin gelangweilt zu, wie sie sich mit einem anderen Polizisten unterhielt.

„Zunächst einmal: Wie lange war Kelly Evans denn schon tot, als wir sie heute Morgen gefunden haben?“ Er blickte mich überrascht an.

„Ach, Sie gehören zu den Elftklässlern, die heute Morgen hier Unterricht hatten?“ Wie interessant, dass diese Information ihn dazu brachte, mich doch zu siezen.

„Nun, wenn das so ist, können Sie gleich hierbleiben. Wir wollten sowieso mit jedem von Ihnen nochmal persönlich sprechen.“ Damit hatte sich meine Vermutung bestätigt. Er ließ mich unter dem Absperrband durch und führte mich zum Eingang der Schwimmhalle.

„Mein Beileid im Übrigen, dass muss ja ein echter Schock für alle Beteiligten gewesen sein.“

Ach, plötzlich war er höflich!

„Erzählen Sie doch mal bitte genau, wie das heute Morgen ablief. Wer hat Ihre Mitschülerin gefunden?“

Ich ging davon aus, dass er die ganze Geschichte schon kannte, aber er wollte sicher alles nochmal aus meiner Sicht hören.

Also erzählte ich, wie ich nach Bethany in die Halle gestürmt war, wie sie nahezu zusammenbrach und ich den Notdienst rief. Der Officer ließ ein Tonband laufen, das meine Aussage aufnahm. Als ich geendet hatte, bedankte er sich und wollte mich gerade wieder unter dem Absperrband herauslassen, als ich stehenblieb.

„Sir, Sie haben meine Frage von vorhin noch nicht beantwortet“ sagte ich leicht vorwurfsvoll.

Er seufzte, offenbar schien ich ihn ernsthaft zu nerven.

Ich fand das wieder ziemlich unhöflich. Schließlich hätte ich einen Schock haben und in psychologischer Behandlung sein können!

So behandelt man doch nicht Schüler, die mit dem Auffinden einer Leiche konfrontiert worden waren.

„Das Mädchen war bereits seit vierzehn Stunden tot, als man sie fand.“ Ich stutzte. So lange hatte Kelly bereits im Wasser gelegen? Das bedeutete, das sie bereits gestern Abend schwimmen gegangen und verunglückt war. Das arme Mädchen.

„Können Sie mir noch etwas anderes sagen? Etwas, was ich noch nicht weiß?“ fragte ich hoffnungsvoll.

„Alles, was ich Ihnen sagen kann ist, dass das Mädchen gestern Abend auf den nassen Fliesen ausgerutscht sein muss. Höchstwahrscheinlich ist sie auf Stein oder ähnlichem aufgeschlagen.“ Deswegen hatte sie also diese Verletzung an der Stirn.

„Der Boden wurde wohl kurz vorher von der Putzfrau gewischt, wie jeden Tag gegen zwanzig Uhr. Aussagen einer Freundin zufolge, wollte das Mädchen für die Schwimmturniere dieses Jahres trainieren. Mehr kann ich leider nicht sagen.“

Ich nickte nachdenklich und machte mich auf den Weg zurück.

Etwas störte mich an dieser Geschichte.

Etwas, dass ich gesehen hatte. War es in der Umkleide,

oder in der Schwimmhalle?

Ich musste mehr darüber nachdenken. Leider hatte mir auch der Officer nicht diesen leisen Zweifel an der Geschichte austreiben können. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Kelly Evans Unfall kein Unfall war.

Der Fakt, dass sie sich heimlich und unerlaubt Zugang zur Schwimmhalle verschafft haben sollte, nur um zu trainieren, klang äußerst unglaubwürdig. Oder war sie wirklich so ehrgeizig gewesen?

Das ergab für mich einfach keinen Sinn.

Unzufrieden mit den Antworten, die ich erhalten hatte, beschloss ich kurzerhand, etwas mehr heraus zu finden.

Also versteckte ich mich hinter einer der dichten Büsche, die überall am Rand des Geländes wuchsen.

Praktischerweise befanden sie sich genau gegenüber der Schwimmhalle. Außerdem waren sie sehr blickdicht. Ich bog die Äste etwas auseinander, um den Polizisten bei ihrer Arbeit zu zusehen. Die Äste piekten mich ins Gesicht, aber ich versuchte es zu ignorieren.

Ich sah den Officer, mit dem ich vorhin gesprochen hatte, genervt auf die Uhr blicken. Eine Kollegin trat an ihn heran.

„Was ist los, Bancroft? Du siehst gestresst aus.“

Von meinem Platz aus konnte ich jeden Satz hören.

„Ich bin einfach nur genervt. Ich werde vom Superintendent hierher zitiert, obwohl ich gerade an einer ganz spannenden Sache dran bin.“ beschwerte er sich bei ihr.

„Und das hier ist zu langweilig für Sie, Sergeant?“ fragte sie scherzhaft.

„Bitte, in diesem Fall ist doch alles klar. Das Mädchen war unvorsichtig, ist beim heimlich Schwimmengehen auf dem frisch gewischten Boden ausgerutscht und mit dem Kopf auf die Metallleiter geknallt. Es ereignete sich ein Unfall. Tragisch, aber heutzutage nicht außergewöhnlich.“ Seine Kollegin zuckte mit den Schultern.

„Das müssen wir trotzdem überprüfen.“

„Das werden wir auch. Ich will nur schnell wieder zu meinem alten Fall zurück.“ murmelte er vor sich hin.

„Wenn du möchtest, kann ich das hier für dich übernehmen“ bot seine Kollegin ihm an.

„Das ist wirklich nett von dir, aber-“ setzte der Officer, der offenbar ein Sergeant war, gerade an, als sein Handy klingelte. Er entschuldigte sich kurz und ging ran. „Ja bitte? … Aha … Das habe ich mir gedacht … Also stimmen sie mit mir überein? … Gut, wir sehen uns gleich für die restlichen Angelegenheiten.“

Als er sich wieder seiner Kollegin zuwandte, machte er ein zufriedenes Gesicht.

„Ich hab’s dir doch gesagt. Das war der forensische Pathologe. Er bestätigt unsere Theorie. Das Mädchen hatte Wasser in der Lunge, und die Wunde an ihrer Stirn ist eindeutig. Das arme Ding hatte einfach echtes Pech.“

Damit beschloss ich, genug gehört zu haben.

Wenn das stimmte, tat mir Kelly Evans umso mehr leid.

Trotzdem störte mich etwas daran, auch wenn ich nicht hätte sagen können, was es war. Nachdenklich kroch ich hinter den Büschen hervor.

Nach meiner wenig aufschlussreichen und entmutigenden Auseinandersetzung mit Scotland Yard, machte ich mich müde auf den Weg zur Bibliothek der Burg.

Sie war definitiv mein Lieblingsort im ganzen Internat. Einfach aus dem Grund, da es in ihr unglaublich heimatlich, nach Büchern und altem Leder roch.

Zudem war sie so gut wie leer, da sich die meisten lieber draußen auf dem Spielfeld oder als Zuschauer die Beine in die Bäuche standen.

Ich registrierte mich mit meiner Bibliothekskarte an dem kleinen Scan-Automaten und durchstöberte die Gänge mit den hohen Bücherregalen. Nach kurzer Zeit fand ich ein Fantasy-Buch und setzte mich zum Lesen in einen der Ledersessel in der Ecke.

Ich verbrachte den restlichen Nachmittag dort und versuchte, meinen Gedanken zur ganzen Sache „Kelly Evans“ zu entfliehen.

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