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5. Kapitel

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Auch am nächsten Morgen verläuft das gemeinsame Frühstück mit Ilona und Marita äußerst gesprächsarm. Sie versuchen vor mir nicht so viele Zärtlichkeiten auszutauschen, aber ich bemerke wegen ihrer verräterischen, leidenschaftlichen Blicke, dass sie ineinander verliebt sind. Es ist wirklich verrückt, da lebe ich jetzt mit zwei Lesben zusammen, die zuvor meine beiden Ex-Freundinnen waren und die sich anfänglich überhaupt nicht grün waren. Für Männer ist es extrem schwierig, Frauen zu verstehen, aber wie heißt es so schön, „ein Mann, der versucht eine Frau zu verstehen, wird schnell verrückt!“ Das Schimpfwort „Frauenversteher“ wurde nicht ohne Grund erfunden. Vor einigen Jahren war ich noch der Meinung, dass ich Frauen unbedingt verstehen muss, aber das versuche ich mittlerweile gar nicht mehr, weil sie nach meiner Auffassung nicht von den Männern durchschaut werden wollen.

Nachdem die Beiden ihren Lieferwagen bepackt haben, fahren sie wieder zu ihrem Verkaufsstand. Ich finde es momentan ganz gut, wenn sie nicht im Haus sind, weil ich dann meine absolute Ruhe habe. Ich freue mich schon auf ihre Gesichter, wenn ich mal demnächst Besuch von Dagmar bekomme. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich dann, trotz ihrer entsetzlichen Eifersucht, zusammenreißen werden.

Den ganzen Vormittag sitze am Computer, um mein geologisches Fachbuch weiter zu schreiben. Meine dafür notwenige Konzentration ist wieder da, sodass mir die Sätze regelrecht aus der Hand fließen. Ich werde erst nächste Woche erneut ins Gelände fahren, um meine Markierungen an der Verwerfung in der Cumbre Vieja zu kontrollieren. Gegen Mittag schalte ich den Computer aus, gehe in die Küche und esse ein paar belegte Brote. Anschließend laufe ich mit Charly los, um am frühen Nachmittag wieder an der Parkbank bei meiner Hundefreundin zu sein.

Pünktlich um 14 Uhr erreiche ich die Parkbank und setze mich entspannt hin. Dagmar ist noch nicht da. Ich stecke mir eine Zigarette an und warte auf meine Hundefreundin. Ob sie wohl überhaupt kommt? Aufgrund meiner Menschenkenntnis schätze ich, dass sie kommen wird. Um 14:30 Uhr sehe ich sie tatsächlich, wie sie mit Lola eilig auf mich zu läuft. Charly begrüßt Lola hoch erfreut, während ich mich erhebe, um Dagmar freundschaftlich zu umarmen.

„Bist du schon lange da? Ich habe mich so beeilt, aber ich hatte noch soviel zu tun“, sagt sie hektisch.

„Ich war um 14 Uhr hier, aber es macht nichts, dass ich etwas gewartet habe!“

„Na, dann ist ja alles O.K.! Lass uns gleich loslaufen, weil Lola unbedingt noch etwas rennen muss“, meint sie. Ich antworte, „O.K.! Das machen wir! Charly, komm mit, jetzt geht´s los!“

Wir laufen gemeinsam weiter durch die Maccia, aber ich habe kaum Gelegenheit die Umgebung zu registrieren, weil Dagmar wieder ihre vielen Geschichten erzählt, während ich meistens nur zuhöre. Manchmal gebe ich einen klugen Kommentar ab, den sie durchaus zur Kenntnis nimmt, aber nicht weiter groß beachtet. Für mich ist es in Ordnung, wenn sie so ein ausgeprägtes Redebedürfnis hat.

Dagmar erzählt mir, dass sie eine kleine Dachwohnung in Santa Cruz de la Palma gemietet hat und seit einem Jahr auf der Insel wohnt. Sie stellt hübsche Damenkleider her und verkauft sie an vermögende Kundinnen. Sie kann davon kaum leben und ist permanent pleite. In Deutschland war sie jahrelang in psychologischer Behandlung, weil sie unter anderem als Kind von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde. Sie hat noch 2 Schwestern in Deutschland, die aber auch sexuellen Übergriffen durch den eigenen Vater ausgesetzt waren. Die Mutter hatte damals von der Missbrauchsgeschichte gewusst, hatte aber nichts dagegen unternommen und den Vater gedeckt, weil sie den Anschein einer intakten Familie in der Öffentlichkeit erhalten wollte. Im Alter von 18 hatte sie einen schweren Frontalverkehrsunfall als Tramperin und war quasi dem Tod von der Schippe gesprungen. Sie hatte damals wegen massiver Körperquetschungen einen Aortariss, den die Ärzte nur aufgrund ihres jungen Alters flicken konnten. Die Mediziner hatten Ihr damals die zerfetzte Aorta entfernt und stattdessen eine Kunststoffprothese eingebaut. Sie war nach dem Unfall in jahrelanger ärztlicher Behandlung und in verschiedenen Reha-Kliniken. Bei älteren Menschen hätte dieser Riss unweigerlich zum Tode geführt. Für Dagmar besteht jetzt allerdings wegen dieser Prothese nur eine eingeschränkte Lebenserwartung.

Die Geschichten von Dagmar lösen bei mir eine große Bestürzung aus, insbesondere der Missbrauch durch den eigenen Vater und der Frontalunfall. Natürlich habe ich auch großes Mitleid mit ihr, dass sie jetzt eine verringerte Lebenserwartung hat. Am liebsten würde ich sie sofort in den Arm nehmen und trösten, aber dazu fehlt mir der Mut. Sie könnte es vielleicht falsch verstehen und als plumpe Annäherung betrachten. Vermutlich erwartet sie von mir Aufmerksamkeit und menschliche Zuwendung.

„Deine Geschichten sind ja furchtbar! Es ist ein Wunder, dass du trotzdem so eine Lebensfreude ausstrahlst“, sage ich spontan.

„Das ist alles nur Fassade! Mir geht es eigentlich nicht so gut, weil ich häufig Depressionen habe!“

„Das ist nach deinen Erlebnissen sicherlich vollkommen normal. Ich hätte wahrscheinlich das Ganze gar nicht überlebt“, antworte ich und spüre, dass mein Helfersyndrom langsam aktiv wird.

„Überlebt habe ich es schon, aber normal bin ich bestimmt nicht! Ich habe ganz viele Macken und Schlafstörungen! Häufig bin ich in der Nacht aktiv und finde kein Ende!“

„Und was machst du nachts?“ frage ich.

„Dann schneidere ich und finde aber keine Ruhe. Meistens schlafe ich erst um 4 Uhr oder noch später benommen ein!“

„Wieso bist du nach La Palma ausgewandert?“ frage ich neugierig.

„Ich hatte keine Lust mehr auf mein provinzielles Dorf im Sauerland, wo ich herkomme. Ich wollte einfach nur weg, weil mich die Leute dort nur noch genervt haben!“

„Sind deine Schwestern noch im Sauerland?“ frage ich.

„Ja! Die sind da geblieben. Ich bin diejenige, die den Koffer gepackt hat und abgehauen ist. Ich komme hier mit meiner Einsamkeit gut klar. Hast du Lust mit zu mir nach Hause zu kommen? Ich werde dann für uns einen schönen Kaffee machen.“

„Ja, zeig mir mal deine Wohnung! Lust auf einen Kaffee habe ich auch“, antworte ich überrascht.

Geht es ihr wirklich nur um einen Kaffee? Vielleicht will sie mehr? Ich weiß es wirklich nicht! Ich werde mich einfach überraschen lassen, das ist wohl das Beste. Wir laufen mit den Hunden den Berg hinunter bis in die Innenstadt von Santa Cruz de la Palma und betreten ein kleines Haus. Sie wohnt in einer winzigen ausgebauten Dachwohnung und zeigt mir zunächst alle Räume. Die ganze Wohnung ist übersähet mit irgendwelchen Utensilien wie Hosen, Hemden, Unterwäsche, Hundespielzeug, Farbtöpfe, Stoffrollen und Schaufensterpuppen mit selbstgemachten Damenkleidern. Die Tische sind voll mit Geschirr, Andenken, Kerzen, Kram jeglicher Art und vielen Aschenbechern. Sie ist übrigens im Vergleich zu mir eine Kettenraucherin und hat eine dementsprechend relativ tiefe Stimme. Als sie in der Küche die Milch aus dem Kühlschrank holt, sehe ich, dass der bis zum Rand voll mit Lebensmitteln ist.

„Was willst du alleine mit diesen vielen Lebensmitteln?“ frage ich beeindruckt von der Nahrungsmenge.

„Meine Eltern sind Vertriebene aus Schlesien, die im letzten Krieg flüchten mussten. Die Schlesier haben immer ihre Kühlschränke voll, damit sie genug Nahrung haben, falls der nächste Krieg ausbricht.“

„Deine Erklärung finde ich ziemlich komisch“, sage ich lachend.

„Meine Gefriertruhe ist genauso randvoll!“

„Das glaube ich dir gerne!“ antworte ich amüsiert.

Ihr Kaffee schmeckt wunderbar, obwohl ich für die Tasse kaum einen freien Platz auf ihrem Küchentisch finde. Von der Wohnung bin ich absolut beeindruckt, wegen der Masse an Gegenständen. Hier lebt sie also ihre fast schlaflosen Nächte und ist mit irgendwelchen Dingen beschäftigt. Sie arbeitet durchaus kreativ bei der Herstellung der Damenkleider, aber sie lässt scheinbar danach alles stehen und liegen. Sie hat nach meiner Auffassung ein Messie-Syndrom. Der Begriff bezeichnet schwerwiegende Defizite in der Fähigkeit, die eigene Wohnung in Ordnung zu halten und die Altersaufgaben zu organisieren. Als Grund für dieses Verhalten werden von den Therapeuten ernsthafte seelische Störungen angenommen.

Zum Kaffee dreht sie einen Joint mit Tabak und Cannabisgras. Nachdem sie einen tiefen Zug genommen hat, gibt sie mir den Joint. Ich ziehe kräftig daran und bin nach wenigen Minuten total berauscht. Ich bekomme einen Lachanfall nach dem anderen, versuche aber etwas verkrampft meine Souveränität nicht zu verlieren.

Dagmar geht von der Küche ins Wohnzimmer, schiebt eine Musik-CD in den Player und legt sich auf die Couch. Die Anlage läuft jetzt auf voller Lautstärke, sodass keine Unterhaltung mehr möglich ist. Ich begebe mich auch ins Wohnzimmer und setze mich neben sie auf die Couch. Ich will ihr einen Kuss geben, den sie aber zu meiner Überraschung abweist, indem sie sich von mir wegdreht.

„Du darfst mich nicht küssen oder mit deinen Händen berühren“, erklärt sie mir ernst.

„Wieso nicht?“

„Weil ich das nicht will!“ antwortet sie mit voller Überzeugung, sodass ich keine weiteren Fragen mehr stelle.

Sie zieht mich von der Couch hoch und entkleidet mich. Dann streift sie sich ihre Sachen herunter. Sie stößt mich wieder zurück auf die Couch, greift nach meinen Schwanz und beginnt ihn zu küssen. Die Reaktion auf meiner Seite lässt nicht lange auf sich warten. Dann schiebt sie sich meinen Schwanz weit in den Mund und bearbeitet ihn ziemlich professionell. Ich liege passiv da und fasse sie tatsächlich nicht an. Nach ein paar Minuten setzt sie sich mit gespreizten Beinen auf meinen Schoss und führt sich selber meinen Schwanz ein, das ist für mich ein sehr schönes Gefühl. Dann reitet sie auf mir und schaut mir dabei intensiv in die Augen. Sie macht das sehr geschickt, weil sie manchmal ihren Vaginalmuskel stark anzieht. Ihre hübschen, kleinen Brüste hopsen vor mir auf und ab. Immer kurz bevor es mir kommt, stoppt sie und verweilt in der Bewegung. Dann steckt sie sich eine Zigarette an und fängt wieder langsam mit dem Reiten an. Ich werde fast verrückt, weil ich sie nicht anfassen darf. Vielleicht will sie das nicht, wegen ihrer Misshandlungsgeschichte? Das ist jetzt auch egal! Plötzlich spannt sie ihren Vaginalmuskel erneut stärker an, sodass ich mich unmöglich weiter zurückhalten kann. Wir bekommen gleichzeitig einen Orgasmus, der bei mir sensationell ist. Sie schreit mir dabei wie eine Verrückte irgendwelche sinnlosen Dinge ins Ohr, dass ich jetzt fast taub bin. Danach steht sie auf und zieht sich an, ohne mir einen Kuss zu geben. Ich bleibe zunächst nackt auf der Couch sitzen. Sie holt aus der Küche eine Weinflasche und schenkt für uns 2 Gläser ein. Ich trinke vom Wein und ziehe mich auch an.

Wir sitzen noch lange in ihrem Wohnzimmer auf der Couch und essen zwischendurch griechischen Tzatziki mit enorm viel Knoblauch sowie aufgebackenem Weißbrot. Sie erzählt mir weiter viele Geschichten, die von ihrem inneren Chaos handeln. Bedröhnt vom Joint, besoffen vom Wein und nach Knoblauch stinkend höre ich ihr aufmerksam zu. Nachdem wir unsere Handy-Nummern ausgetauscht haben, verabschiede ich mich um Mitternacht von Dagmar und gehe mit Charly zurück zu meiner Finca. Dort ist niemand mehr wach, sodass ich schnell in mein Zimmer verschwinde und mich schlafen lege.

Abgründe auf La Palma

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