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ZEIT BEI MILA

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Es war noch dunkel, als ich erwachte. Amalia lag schlafend in meinem mittlerweile tauben Arm. Doch befürchtete ich, dass sie aufwachen würde, wenn ich ihn bewegte. Um ehrlich zu sein, der Arm war mir in jenem Augenblick egal. Zu sehr genoss ich ihre Nähe.

Die Elfe gab sanfte Laute von sich, die darauf deuteten, dass es ihr wieder besser ging. Erneut stieg mir der Duft ihrer Haare in die Nase. Es hatte eine Note von geschlagenem Kiefernholz. Dieser angenehme Geruch stammte wohl von ihrer Waldelfen-Herkunft. Zumindest rochen Mondelfen nicht so intensiven. Ich dachte über die vergangene Nacht nach. Schon einige Male spürte ich die Nähe von Frauen. Doch war kein Moment wie dieser. Die Elfe war etwas besonderes.

Ein Geräusch abseits der Hütte erregte meine Aufmerksamkeit. Ich beschloss, nachzusehen. Vorsichtig erhob ich mich aus dem Bett. Amalia stöhnte kurz auf, drehte sich dann aber und schlief seelenruhig weiter.

Ich hatte schon beide Stiefel angezogen, da ging die knarzende Eingangstüre auf und Mila stand vor mir.

»Guten Morgen«, grüßte sie leise. »Na, habt Ihr gut geschlafen?« Sie zwinkerte mir vielsagend zu.

Ich setzte mich an den Esstisch und erwiderte ihr Lächeln. »So gut wie lange nicht mehr. Ich muss wirklich tief geschlafen haben, wenn mir nicht einmal aufgefallen ist, wie Ihr die Hütte verlassen habt.«

Mila zog ihren dicken Mantel aus und hängte ihn über den Kamin. »Ach, wisst Ihr, es gibt einen Hintereingang. Ich wollte euch zwei nicht wecken. Ihr habt so friedlich geschlafen.« Die Zwergin trat zu mir an den Esstisch und legte ein Bündel mit Wurzeln und Knollen darauf. »Da der Schneesturm etwas nachgelassen hat, war es eine gute Gelegenheit, um meine Vorräte etwas aufzustocken. Gestern Abend kam ich ja nicht mehr dazu!« Sie wickelte das Päckchen auseinander und begann, all die Zutaten zu putzen.

»Könnt Ihr mir etwas über die Alchemie beibringen?«, fragte ich sie, nachdem ich ihr eine ganze Weile dabei zusah.

Mila blickte kurz auf und musterte mich überrascht. Doch schließlich legte sie den Pinsel beiseite und meinte freundlich: »Wenn Ihr wollt, werde ich Euch etwas Nützliches zeigen, das ich selbst entdeckt habe.« Sie drückte mir ein Messer in die Hand und nahm eine Knolle vom Tisch. »Dies ist eine Krustenknolle«, erklärte sie mir. »Ihr müsst sie in der Mitte aufschneiden.«

Ich setzte das Messer an und stellte fest, dass sie eine harte Schale besaß. Mit etwas Kraftaufwand gelang es mir dennoch, die Pflanze sauber zu durchtrennen. Ein beißender Duft ging von ihr aus und trieb mir Tränen in die Augen.

»Seht gut hin,«, flüsterte Mila, »sonst verpasst Ihr es!«

Gespannt beäugten wir die durchtrennte Frucht. Nach wenigen Sekunden begannen die Schnittstellen zu schäumen und bildete eine verkrustete Schicht. »So etwas habe ich ja noch nie gesehen!«, sagte ich verblüfft und nahm eine Hälfte der Knolle in die Hand.

Mila kicherte angesichts meines verdutztem Gesichts. »Diese Eigenschaft haben Krustenknollen nur, wenn sie noch nicht reif sind. Das Fruchtfleisch fault nämlich bei Luftkontakt sehr schnell. Doch das scharfe ölige Fleisch reagiert mit Sauerstoff und bildet diese schützende Schicht.«

»Ein wirklich interessantes Phänomen«, erwiderte ich. »Doch was genau bezweckt Ihr damit?«

Sie hielt eine Hälfte in der Hand und schabte die oberflächliche Kruste in ein Glas ab. »Man lernt am besten durch praktische Anwendungen.« Mila nahm meinen Arm und setzte das Messer vorsichtig an. »Darf ich?«, fragte sie.

Ich zögerte. Für einen Augenblick war ich ziemlich überrascht, zuckte dann aber mit den Achseln. »Nur zu, ich denke, Ihr wisst, was Ihr tut.«

Sie fügte meinem Arm eine kleine Wunde hinzu und ich beobachtete, wie das Blut herabrann. Mila legte das Messer beiseite und nahm das Glas mit der abgeschabten Kruste. »Das brennt jetzt etwas«, warnte sie mich und streute das Pulver auf die Schnittwunde.

Ich zuckte kurz zusammen und beobachtete, was geschah. Das Krustenpulver vermischte sich mit meinem Blut und begann, wie das frische Fruchtfleisch zu schäumen. Sekunden später bildete sich eine ähnliche schützende Kruste.

Die Zwergin grinste angesichts meines verdutzten Ausdrucks. »Solch kleine Wunden heilt der Körper zwar leicht von selbst, doch mit tiefen Schnitten, von Schwertern oder Äxten, wird er oftmals nicht fertig. Dieses Pulver kann verhindern, dass man verblutet.«

Noch immer verblüfft fuhr ich über die betroffene Stelle. Die Kruste war nach so kurzer Zeit schon fest mit meiner Haut verwachsen. »Das ist in der Tat sehr hilfreich. Wo kann man so eine Knolle finden?«

Mila dachte kurz nach. »Soweit ich weiß, gibt es sie nur in kalten Gegenden wie hier. Knietief im Erdreich wachsen sie, aber leider gibt es keine Anzeichen, wo man graben muss. Ich selbst verbrachte schon so manche Stunden mit der Suche nach ihnen. Jeder Versuch sie anzubauen, blieb bisher erfolglos. Außerdem müssen es unreife Knollen sein. Reife Krustenknollen haben diesen Effekt nicht mehr – dafür machen sie sich gut in einer Suppe.« Mila kicherte.

Nachdenklich nahm ich die weißliche Knolle und wog sie in der Hand. Vielleicht kann ich ihr zwei oder drei Stück abkaufen, spielte ich mit dem Gedanken. Immerhin war das Pulver in der Lage einem das Leben zu retten.

Doch es war gar nicht notwendig, Mila darum zu bitten. Nachdem sie meinen Blick deutete, sagte sie: »Einen Moment.« Sie ging zu ihrem Vorratsschrank. Diesem entnahm sie ein großes Glas mit Schraubverschluss. »Wenn Ihr wollt, könnt Ihr das Krustenpulver haben.«

Für einen Augenblick wurde ich sprachlos. Einer solch großzügigen Person begegnete man nur selten. Dennoch war es mir ein wenig unangenehm. »Seid Ihr wirklich sicher? Ich will Euch nicht um Eure Vorräte bringen.«

Doch Mila winkte nur mit der Hand ab. »Ach, wisst ihr, ich kam noch nie in eine Situation, in der ich dieses Pulver in Anspruch nehmen musste. Außerdem finde ich immer wieder eine Knolle und kann meine Vorräte mit der Zeit auffüllen. Ihr hingegen habt noch eine gefährliche Reise vor Euch und könnt es wahrscheinlich besser gebrauchen.«

Dankbar, wenngleich mit schlechtem Gewissen, nahm ich dieses wunderbare Geschenk entgegen. Mila tat so viel für uns, weshalb ich überlegte, was ich ihr zum Dank geben konnte. Wenn doch nur Tess hier wäre, dachte ich ärgerlich. Sie hat stets eine Idee für ein passendes Präsent. Und da fiel es mir wie Schuppen vor Augen. Ich schnappte mir den Rucksack und entnahm diesem das Buch, in welchem die Nelumbotumblüte gepresst war. Vorsichtig präsentierte ich ihr die Blüte und sagte: »Als Dank für alles möchte ich Euch dies hier schenken. Ihr als Alchemistin habt wahrscheinlich eine bessere Verwendung dafür.«

Ich erklärte die Eigenschaft der Nelumbotumblüte. Die Zwergin hörte mir interessiert zu und besah sie von allen Seiten. »Von solch einer Blüte habe ich noch nie gehört. Vielleicht werde ich dieses Land bald verlassen, um noch mehr exotische Pflanzen studieren zu können.«

Während mir Mila einige andere interessante Knollen und Wurzeln zeigte, klappte die Luke auf und Will stieg die Leiter hinab. Brummig wie ein Höhlenbär setzte er sich zu uns an den Tisch und gab ein knappes »Morgen« von sich. Doch nachdem Mila seinen Gruß erwiderte, war er schlagartig wach und lief rot an.

»Ich mache euch rasch einen Tee«, meinte sie schmunzelnd und befüllte einen Kessel mit Wasser.

In der Zwischenzeit ging ich wieder zu Amalia ans Bett. Sanft strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Bei meiner Berührung erwachte sie. »Wie geht es Euch?«, fragte ich sie.

Amalia richtete sich langsam auf und unsere Blicke trafen sich. »Ich glaube, ganz gut«, erwiderte sie müde. Erst jetzt begann sie, sich in der Hütte umzusehen, und entdeckte Mila. Sie warf mir einen fragenden Blick zu. »Wo sind wir hier?«

Etwas verwirrt neigte ich meinen Kopf zur Seite. »Habt Ihr denn gar keine Erinnerungen mehr?«

Sie schüttelte wortlos ihren Kopf.

In mir verkrampfte es sich. Bedeutete dies, dass sie sich nicht an den Kuss erinnerte? Geschweige denn daran, wie ich sie die ganze Nacht gewärmt hatte? Ich gab einen kaum wahrnehmbaren Seufzer von mir und erzählte ihr, wie wir in Milas Hütte gekommen waren.

Amalia stand vorsichtig auf und nahm die Hand der Zwergin. »Dann verdanke ich Euch also mein Leben. Habt vielen Dank. Wir haben Euch sicher einige Umstände beschert.«

Doch Mila winkte erneut ab und führte sie zurück zum Bett. »Das habe ich gerne gemacht, aber Ihr müsst Euch noch ein wenig ausruhen. Im Übrigen waren Eure Begleiter eine nette Gesellschaft für mich.« Mila überreichte ihr eine Tasse Tee und wandte sich wieder uns allen zu. »Ihr könnt gerne noch eine Nacht hierbleiben, bis es Amalia besser geht. Der Schneesturm ist bereits am Abklingen. Morgen dürftet ihr problemlos euren Weg fortsetzen können.«

Am späteren Nachmittag schickte Mila Will und mich zum Brennholz suchen. Sie würde in der Zwischenzeit ein besonderes Öl herstellen, mit dem sie Amalias entstandenen Frostbrand behandeln wollte, hatte sie gemeint.

Wir gingen ein wenig abseits der Hütte, um nach geeignetem Holz zu suchen. Der Schneesturm war vorbei und es fielen nur vereinzelt Flocken.

»Du warst heute Nacht gar nicht im Gästezimmer«, stellte Will fest. »Bist du etwa am Tisch eingeschlafen?«

Ich schnitt eine Grimasse. »Du verwechselst mich mit dir selbst, alter Saufkopf.« Meine Miene bekam weichere Züge. »Amalia bat mich, die Nacht bei ihr zu verbringen.«

Wills Grinsen wurde breiter. »So wie es aussieht, hast du dir den Titel der Eroberer, verdient. Ich verneige mich vor dir.« Er räusperte sich und sprach mit feierlicher Stimme: »Selbst im Angesicht des Todes erliegen alle Damen seinem Charme. Ich hoffe, der Herr konnte sie auch angemessen beglücken?«

Ich verdrehte nur die Augen. »Lass den Blödsinn. Für solche Späße bin ich heute nicht aufgelegt. Außerdem wurde hier niemand beglückt. Sie erinnert sich ja nicht einmal mehr, dass ich bei ihr war.«

Will klopfte mir auf die Schulter. »Sei nicht so gereizt, Kleiner. Das ist bloß eine Taktik, damit sie begehrenswerter wirkt. Das sah ich doch schon bei unserer ersten Begegnung, dass sie ein Auge auf dich geworfen hat. Aber du brauchtest wieder eine halbe Ewigkeit, um das zu kapieren. Das Leben in der Wildnis hat deinen Blick für solche Sachen getrübt.« Er verschränkte seine Arme und grinste selbstgefällig.

Ich hingegen sah zynisch drein. »Dir entgeht aber auch nichts.«

»Natürlich nicht. Immerhin bin ich der scharfsinnigste Zwerg aller Länder.« Will wollte eine eindrucksvolle Pose hinlegen, geriet dabei aber ins Stolpern und begrub sich selbst unter seinem gesammelten Holz.

Jetzt musste ich lachen. »In der Tat, Will. Deine Scharfsinnigkeit und dein Geschick sind unantastbar!«

Will rappelte sich wieder auf und klopfte sich den Schnee vom Leibe. »Das war Absicht«, meinte er peinlich berührt. »Ich wollte mich nur etwas abkühlen. Denn im Gegensatz zu dir verbrachte ich nicht die Nacht bei der Frau meiner Träume.«

Erst jetzt fiel mir auf, dass wir in jener Lichtung standen, in der mir der Phantomwolf begegnete. Meine Miene wurde ernst und ich hatte das Gefühl, als würden mich diese zwei großen, leuchtenden Augen erneut aus dem Dunkel des Schattens heraus beobachten.

Wills Worte holten mich zurück in die Realität. »Alles in Ordnung? Du wirkst, als hättest du ein Gespenst gesehen.«

Ich schüttelte geistesabwesend den Kopf. »So was in der Art. Ich hatte einfach ein seltsames Gefühl ... Lass uns am besten einfach weitersuchen.«

Die Sonne ging bereits unter, als Will und ich zur Hütte zurückkehrten. Aus dem Kamin stieg schon Rauch auf. Ein wunderbarer Duft empfing uns an der Eingangstüre. »Ihr kommt gerade richtig«, begrüßte uns die Zwergin. »Amalia und ich haben einen Eintopf gemacht.«

Während des Essens sprachen vor allem Will und Mila miteinander. Scheinbar hatte er angesichts meines Erlebnisses mit Amalia Mut geschöpft und seine Schüchternheit verloren. Er redete wie ein Wasserfall und erzählte ihr von seiner Arbeit in der Schmiede, aber auch von Geschichten vergangener Abenteuer. Mila lauschte interessiert seinen Worten und die beiden schienen sich blendend zu verstehen.

Amalia verhielt sich mir gegenüber völlig normal – als wäre in der vorherigen Nacht nie etwas geschehen. Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in mir aus. War es wirklich eine Art Taktik von ihr, wie Will meinte? Oder wusste sie in ihrem Zustand nicht, was sie tat? Immerhin war sie unterkühlt und verarbeitete den Tod ihres Vaters. Meine Stimmung trübte sich. Nie hatte mich eine Frau nur ansatzweise so aus dem Konzept gebracht.

Eine Zeit lang saßen wir noch gemeinsam bei Tisch, bis ich mich von den dreien verabschiedete und zur Leiter ging. Auf dem Dachboden angekommen legte ich mich in eins der beiden Betten. Über mir befand sich ein Dachfenster. Die Wärme in der Hütte hatte den ganzen Schnee auf der Scheibe geschmolzen, wodurch mich der abnehmende Mond direkt anstrahlte.

Wie gebannt starrte ich hinauf in den Himmel und versuchte, die Gedanken zu sortieren. Schon bald pochten meine Schläfen schmerzhaft und ich schloss die Augen. Von unten verstummten allmählich die Geräusche und ich glaubte zu hören, wie jemand zur Leiter ging. In der Annahme, es wäre Will, blieb ich stumm mit geschlossenen Augen liegen. Aber die sanften Schritte, die nicht einmal die Balken zum Knarren brachten, konnten nicht von dem Zwerg stammen.

Neugierig hob ich nun doch meinen Kopf und öffnete die Lider einen Spalt. Im Halbdunkel nahm ich einen Umriss wahr – deutlich größer als der eines Zwerges. Ich richtete mich auf und war überrascht, dass Amalia vor mir stand.

»Verzeiht mir, wenn ich Euch erschreckt habe«, flüsterte sie. Sie befand sich nur wenige Schritte vor mir entfernt und hatte dasselbe Kleid wie vergangene Nacht an. Sie wirkte leicht nervös.

»Ihr habt mich nicht erschreckt. Ich hatte nur nicht mit Euch gerechnet. Gibt es einen bestimmten Grund, warum Ihr hier seid?« Ich bereute augenblicklich meine Wortwahl. Ihre Nervosität war ansteckend.

Die Elfe ging zwei weitere Schritte auf mich zu. »Ich bin hier, weil ich Euch etwas sagen möchte.« Sie hielt kurz inne, um nach den richtigen Worten zu suchen.

»Amalia, ich …«, setzte ich zu sprechen an, da mir das Schweigen unnatürlich lang vorkam, doch sie deutete mit ihrem Finger auf ihre Lippen und ich verstummte.

Sie trat noch einen Schritt näher und stand jetzt unter dem Dachfenster. Das Mondlicht brachte ihren Körper zum Leuchten. Dadurch wirkte ihr Blätterkleid nahezu durchsichtig und es hätte kaum einen Unterschied gemacht, wenn sie unbekleidet gewesen wäre. Ihre Nervosität verschwand. »Es gibt so viel zu sagen«, flüsterte sie mir zu. »Doch genau jetzt sind alle Worte überflüssig.«

Mein Herz drohte mir aus dem Brustkorb zu springen. Amalia lächelte mich an, hob ihren rechten Arm in die Luft und ließ ihn elegant zu Boden sinken. Durch diese Bewegung lösten sich die Blätter ihres Kleides und glitten von ihrer Haut. Jetzt stand sie vollkommen nackt vor mir. Nur das Amulett zwischen ihren Brüsten schmückte sie. Das sanfte blaue Leuchten unterstrich die Kurven ihres sinnlichen Körpers.

Ohne ein Wort zu sagen, hob ich ihr die Decke einladend auf und sie schwebte mit einer lautlosen Bewegung zu mir. Amalia knöpfte geschickt mein Hemd auf, streifte es sanft von mir und zog mich vollständig aus. Wie sie das tat, erinnerte an einen exotischen Tanz. Mit der einen Hand fuhr sie mir gefühlvoll übers Gesicht und die andere machte sich am Oberkörper zu schaffen. Sie biss sich erwartungsvoll auf die Unterlippe und meine Sehnsucht, sie auf mir zu spüren, wurde fast unerträglich. Ich umfasste ihre Hüfte und zog sie zu mir.

Amalia schmiegte ihren Körper an mich und gab ein verführerisches Stöhnen von sich. Unsere beiden Herzen schienen im selben Takt zu schlagen. Ihr Atem wurde schneller und intensiver und mit jeder Sekunde stieg mein Verlangen nach ihr. Endlich berührten sich wieder unsere Lippen und wir vereinten uns. Ihr leises Stöhnen brachte mich um den Verstand und ich genoss dieses Gefühl. Die rhythmischen Bewegungen wurden immer schneller und intensiver, bis unsere Leidenschaft ihren Höhepunkt erreichte und wir vor Erschöpfung niedersanken.

Eine angenehme Wärme breitete sich in mir aus, während wir nun still und ineinander verschlungen da lagen. Ich streichelte sanft ihren Rücken, bis mich ihr betörender Duft in einen berauschenden Traum fallen ließ.

Der nächste Morgen brach an und dieses Mal weckte mich die Stimme von Amalia. Sie lächelte, aber es war ein anderes Lächeln, als ich bisher von ihr kannte. »Habt Ihr gut geschlafen?«, fragte sie sinnig.

»So gut wie noch nie. Aber ich finde, wir können nun die förmliche Anrede beiseitelassen.«

Amalia nickte. »Du hast recht. Immerhin kennen wir uns ja jetzt etwas besser.« Sie kicherte verlegen und fuhr mit der Außenseite ihrer Hand meinen Körper entlang. Eine Zeit lang lagen wir noch beisammen und ich genoss jeden Moment der Zweisamkeit. Glück durchströmte mich und ich spürte, dass es ihr ebenso ging.

Durch das Dachfenster kamen die ersten Sonnenstrahlen und wir beschlossen, aufzustehen. Ich zog mir die Hose an, knöpfte mein Hemd zu und blickte zum Blätterhaufen, der auf dem Boden lag. Ich warf Amalia einen schelmischen Blick zu. »Wie es scheint, musst du wohl nackt bleiben. Zu schade aber auch!« Ein breites Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.

Amalia streckte mir nur neckend die Zunge entgegen und stellte sich mitten auf den Blätterhaufen. »Na dann pass gut auf!« Sie vollzog eine elegante Bewegung mit ihrem Körper, der einem Tanz ähnelte. Dies lies, die Blätter vom Boden aufwirbeln, und sie fügten sich, zu einem neuen Kleid zusammen. Es sah anders aus als vergangene Nacht, aber nicht weniger schön. »Wie ich sehe, gefällt dir die Bekleidung der Waldelfen!«, sagte sie schmunzelnd.

»In der Tat. Jetzt sogar noch mehr, da ich weiß, was sich darunter befindet!«

Wir stiegen nach unten in den Hauptraum und ich entzündete ein Feuer im Kamin. Die Tür zu Milas Zimmer öffnete sich und ein ertappt wirkender Will stand vor uns. Sein Gesicht wurde tiefrot. Peinlich berührt ging er zu uns und setzte sich. »Kein Wort will ich hören!«, sprach er aufgebracht, nachdem er mein breites Grinsen erblickte. »Warum solltet nur ihr beide euren Spaß haben dürfen?«

Amalia und ich sahen uns an und begannen zu lachen, während Will sein Gesicht in den Händen vergrub. Die Tür öffnete sich erneut und Mila betrat den Raum. Sie hatte weniger Schamgefühl als Will und schritt gut gelaunt auf uns zu.

»Einen schönen guten Morgen«, wünschte sie uns und stellte einen Topf mit Wasser auf die Feuerstelle. »Es freut mich zu sehen, dass ihr heute so guter Laune seid.« Sie warf Will einen Kuss zu und zwinkerte vielsagend.

Ich sah ihm an, wie unangenehm das für ihn, den tapferen und starken Krieger, sein musste.

Der Topf begann zu kochen und Mila streute mehrere zerriebene Kräuter in das Wasser. Sie füllte es in Becher und gab jedem von uns einen. »Trinkt dies«, sagte sie, »die Wirkung dieser Kräuter wird euch vor der Kälte schützen.«

Dankend nahm ich den Becher entgegen und leerte ihn mit großen Schlucken. Es fühlte sich an, als würde sich langsam ein wohltuendes Feuer im Körper ausbreiten.

Den Rest des Morgens verbrachten wir mit den Vorbereitungen für den Aufbruch. Mila füllte unsere Essens- und Heilkrautvorräte auf. Ich prüfte jedes Teil meiner Ausrüstung und zog sie dann über. In voller Montur betrachtete ich mich eine Zeit lang im Spiegel. Irgendetwas an mir hatte sich geändert. Lag es an der Begegnung mit dem Phantomwolf – oder an Amalia? Jedenfalls wirkte ich wie ein neuer Mensch. Ich tat dies Achselzucken ab und ging hinaus vor die Tür.

Die anderen warteten bereits auf mich. Mein Blick ruhte einen Moment auf Amalia. Sie trug zum ersten Mal ihr Haar nicht offen, sondern elegant nach hinten geflochten. Eine einzelne Strähne fiel ihr übers Gesicht. Ich konnte kaum die Augen von ihr abwenden.

Will räusperte sich laut. »Wenn der Herr endlich mit Gaffen fertig ist, besäße er dann die Gnade, aufzubrechen?«

Ich schüttelte kurz meinen Kopf, um wieder auf klare Gedanken zu kommen. »Äh, ja. Lasst uns gehen.« Ich drehte mich zu Mila um. »Tausend Dank für Eure Hilfe. Ich hoffe, wir werden uns wiedersehen.«

Amalia und ich schüttelten ihr die Hand. Will wollte es uns gleichtun, doch Mila ließ bei ihm keine so förmliche Verabschiedung zu.

»Sei nicht albern«, sagte sie halb belustigt, halb beleidigt, und schlang sich um ihn. Will bewegte währenddessen seine Arme etwas unbeholfen hin und her, beschloss dann, ihren Rücken zu tätscheln. Mila löste sich von ihm, überreichte dem Zwerg ein Lederbündchen und gab ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange.

Will umklammerte das Geschenk mit beiden Händen und blickte ihr hinterher. Dann drehte er sich um und wir setzten unsere Reise fort.

Der Weg durch den Wald erwies sich, ohne den Schneesturm, als sehr angenehm. Es gab allerhand Schönes zu sehen. Wilde Tiere, exotische Bäume, glitzernde Eisblüten. Wahrscheinlich hätte ich eine Mauer anstarren können und sie schön geheißen, so beflügelt war ich von vergangener Nacht. Will hingegen nahm seine Umwelt nicht so offen in Augenschein. Vielmehr starrte er seine Faust an, die nach wie vor Milas Abschiedsgeschenk umklammerte.

»Was hat sie Euch zum Abschied gegeben?«, fragte Amalia neugierig.

Will zuckte zusammen. »Ich habe noch nicht nachgesehen. Ich wollte damit warten, bis wir weiter weg sind. Nicht, dass ich noch auf dumme Ideen komme und hierbleiben würde. Aber was soll´s.« Er öffnete das Lederbündchen und leerte dessen Inhalt auf seine Hand. »Ein Runenstein«, sagte er überrascht. Er hob ihn prüfend gegen das Sonnenlicht.

Ich sah ihn mir ebenfalls genauer an und bemerkte, dass ein Zeichen der alten Schrift der Zwerge eingearbeitet war. »Kannst du es entziffern?«, fragte ich.

Will wog den Stein in seiner Hand. »Es gibt nicht mehr viele, die die alte Schrift noch lesen können.« Er seufzte. »Und ich gehöre leider nicht zu ihnen.« Durch den Stein war ein Lederband gefädelt und er legte es sich sogleich um den Hals.

Eine ganze Weile war vergangen, seit wir Milas Hütte verlassen hatten. Dem Wald folgte die typische felsige Landschaft des nördlichen Kontinents. Zu unserem Glück hatte sich bereits jemand einen Weg durch den hohen Schnee gebahnt, dem wir folgten.

Will betrachtete unentwegt den Runenstein und war ungewöhnlich still. Ich klopfte ihm tröstend auf die Schulter. »Du wirst sie wiedersehen.«

Er ließ den Stein los und zwang sich zu einem Lächeln. »Hoffentlich. Es war eine schöne Zeit bei Mila. Wer hätte gedacht, was wir hier in diesem Wald alles erleben würden?«

Meinen Blick auf Amalia gerichtet, antwortete ich: »Wie recht du hast, Will.«

John Armis

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