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Versiegeln

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»Was ist geschehen?« Fynns Stimme klang belegt, so, als wäre er aus einem langen Schlaf erwacht. Er hörte Vögel zwitschern und spürte die Sonne auf seiner pochenden Haut.

»Macht die Augen auf und seht selbst«, antwortete Elmon.

Fynn folgte der Aufforderung des Mondelfs. Er öffnete die Lider einen Spalt, um nicht von der Sonne geblendet zu werden. Doch genügte dies, um einen ersten Eindruck des Geschehens zu erhalten. Er befand sich offenbar in der Mitte eines riesigen Kraters. Dem jungen Magier trat der Schweiß auf die Stirn. Etwas unbeholfen rappelte er sich hoch und stand auf wackligen Beinen. Direkt vor ihm lief der Mondelf auf und ab, als würde er nach Spuren suchen.

»Sind die Ahrmonen tot?«

Elmon unterbrach sein Tun und musterte Fynn einen Augenblick. »Nein, sind sie nicht. Aaron hat lediglich diesen gigantischen Nebel fortgeblasen. Wie vermutet brauchen ihn die Dämonen, damit sie sich in dieser Welt überhaupt bewegen können.«

Fynns Pupillen weiteten sich. Er spürte noch immer diese gewaltigen, magischen Impuls in seinen Knochen, den Aaron erzeugt hatte. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass eine einzige Person in der Lage war, so viel Energie zu bündeln und freizusetzen. »Wo ist Aaron?«, fragte er heiser.

Elmon schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Dort, hinter Euch«, antwortete er und deutete mit dem Kopf in eine Richtung. »Aber erschreckt bitte nicht.«

Dem Magier klopfte das Herz bis zum Hals. Auf das Schlimmste gefasst, drehte er sich langsam um. Doch mit dem, was er sah, hätte er niemals gerechnet. »Was zum Teufel ist das?«

Reflexartig bündelte er Energie in seinen Händen und war drauf und dran, einen Angriff zu starten. Doch Elmon schob ihn bei Seite. »Lasst das sein, er wird ihm nichts tun!«

Fynn senkte widerwillig seine Arme und beobachtete, wie eine riesige Kreatur über dem am Boden liegenden Aaron kauerte. Von ihm selbst kam dabei kein Mucks und er wirkte mehr tot als lebendig.

»Was ist das für ein Wesen?«, fragte Fynn mit zittriger Stimme.

»Das ist ein Phantomwolf«, antwortete Elmon lächelnd.

Fynn runzelte die Stirn. Er hatte schon von diesen Wesen gehört, hielt sie allerdings für einen Mythos. Er neigte seinen Kopf nach vorn, so als wolle er die Kreatur genauer betrachten. »Aber warum kauert ein Phantomwolf über Aaron?«

»Könnt Ihr es nicht fühlen? Er überträgt ihm einen Teil seiner Lebensenergie.«

Der junge Magier konzentrierte sich. Sogleich konnte er spüren, wie dem bewusstlosen Aaron Energie übertragen wurde. Für Fynn konnte das nur eines bedeuten: »Lag er etwa im Sterben?«

Der Mondelf nickte. »Aaron hat für den Angriff gegen die Ahrmonen enorm viel Energie gebündelt und dabei einen zu großen Anteil seiner Lebensenergie geopfert. Das war sehr leichtsinnig von ihm.«

»Wohl ein Opfer, das erbracht werden musste!« Diese Worte kamen von Aaron selbst. Der Phantomwolf glitt mit seinem Kopf unter seinen Arm, um ihm auf die Beine zu helfen. Gestützt von dem Wesen, humpelte er zu den beiden. »Ihr braucht gar nicht so verschreckt schauen«, sagt er zu Fynn gewandt. »Das ist nur Ryan, mein Seelenzwilling.«

Der Phantomwolf jaulte daraufhin zweimal auf, so als wolle er seine Worte imitieren. Er besaß tiefschwarze Augen, die Freundlichkeit ausstrahlten – genau wie die Aarons.

Fynn hielt Augenkontakt mit dem anmutigen Wesen und brachte ein kurzes Lächeln zustande. Er wollte näherkommen, um ihm den Kopf zu kraulen, doch Elmon kam ihm zuvor.

»Du hättest nicht deine ganze Energie aufwenden sollen«, tadelte der Mondelf Aaron. »Immerhin wusstest du doch, dass du sie dadurch nur vertreiben kannst, oder nicht? Warum also so leichtsinnig das Leben aufs Spiel setzen?«

Aaron, der noch immer angeschlagen war, schnaufte schwer. Es fiel ihm nicht leicht, etwas darauf zu erwidern.

Fynn empfand Mitleid gegenüber dem geschundenen Aaron, der sich nicht eigenständig auf den Beinen halten konnte. So mischte er sich ins Geschehen ein: »Wirklich eine leichtsinnige Tat und doch hatte es einen gewaltigen Nutzen. Wenn ich eines über Dämonen weiß, dann, dass man sie durch Macht einschüchtern kann. Sie dachten, dass sie durch ihre Überzahl ein leichtes Spiel haben würden. Doch mit solch einem mächtigen Angriff haben sie nicht gerechnet. Die Dämonen werden es in naher Zukunft nicht wagen, einen erneuten Angriff gegen uns zu starten. Und das gibt uns, vorerst, ein bisschen Zeit.«

Auf Aarons Lippen stahl sich ein Lächeln. »Gut gesprochen, junger Magier. Aber leider muss ich Elmon recht geben. Ich hab mich ein wenig übernommen. Diese Macht hat mich mitgerissen. Meine Schwäche war schon immer Naivität und ich dachte, mein Körper könne solche Strapazen besser verkraften.«

Er kratzte sich am Hinterkopf und wandte sich, demütig, dem Mondelf zu. »Da habe ich mich wohl geirrt. Verzeih mir, dass ich mein Leben so leichtsinnig aufs Spiel gesetzt habe. Das war dumm von mir.«

Obwohl Elmon seine Arme verschränkt hielt, tauchte dennoch ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen auf. »Was geschehen ist, ist geschehen. Wenn überhaupt, schulden wir dir Dank. Du hast dafür gesorgt, dass wir nicht in einen Kampf verwickelt wurden, und keiner musste mit seinem Leben bezahlen.«

Elmon schenkte Fynn einen kurzen Seitenblick. »Auch wenn Ihr bezüglich der Ahrmonen wohl recht habt, so müssen wir trotzdem Vorbereitungen treffen. Sie werden nicht ewig auf sich warten lassen und erst ruhen, wenn sie das Amulett in ihren Händen halten.«

»Ja, das müssen wir«, sagte Aaron entschlossen. »Und deshalb werde ich die magische Aura des Mondsteins versiegeln, damit sie nicht mehr aufzuspüren ist.«

Fynn und Elmon tauschten verwundert Blicke. Der Magier fragte sich insgeheim, ob Aaron auf den Kopf gefallen war. Ein derart mächtiges Artefakt konnte niemals durch Magie versiegelt werden, dessen war sich Fynn sicher. Elmon schien auch seine Zweifel zu haben. Doch er kannte Aaron gut genug, um zu wissen, dass er jetzt keine Scherze machte.

Aaron rümpfte seine Nase. »Ihr müsst wissen, dass es eine Technik in der Magie gibt, die genau dies erlaubt.«

»Von so einer Technik habe ich noch nie gehört«, sagte Fynn skeptisch. »Habt Ihr so etwas schon einmal vollbracht?«

Aaron grinste verschmitzt. Aus irgendeinem Grund schien ihn Fynns Art gewaltig zu amüsieren. »Nein, das habe ich tatsächlich noch nicht, mein junger Freund. Aber mein Bruder Aiden schon. Und wie der Zufall es so will, habe ich ihm dabei zugesehen.«

»Selbst wenn Ihr recht habt, so hat es wenig Sinn. Magie ist sehr komplex. Da reicht es nicht einfach, eine Technik gesehen zu haben. Man braucht viel Übung und praktische Erfahrung, ansonsten kann man so etwas nicht meistern.«

»Damit mögt Ihr recht haben«, stimmte Aaron zu. »Zumindest, wenn man ein Grünschnabel ist.« Er lachte so laut auf, dass Ryjan unter seinem Arm zusammenzuckte.

»Ob es dir gelingt, werden wir erst sehen, wenn du es versucht hast«, meinte Elmon achselzuckend. »Verlieren können wir ja nichts dabei.«

Aarons Miene wurde plötzlich ernst. Dadurch wirkte er noch mitgenommener und schwächer. »So einfach ist es dann auch wieder nicht. Selbst ein kleiner Fehler könnte mich das Leben kosten.«

Die beiden anderen sahen ihn entgeistert an. »Ist das dein Ernst?«, kam es entsetzt vom Mondelf.

Aaron nickte. »Um die magische Aura zu neutralisieren, muss ich eine spezielle Energie in mir abspalten.«

Elmon musterte eine ganze Weile seinen alten Freund. Kaum zu übersehen, dass er angesichts dieser Tatsache den Plan nicht befürworten würde. »Sollten wir nicht lieber nach einer anderen Lösung suchen?«

»Sei nicht töricht«, sagte Aaron prompt. »Du weißt genauso gut wie ich, dass dies der einzige Weg ist. Außerdem läuft uns die Zeit davon.« Er rappelte sich gänzlich auf und stand eigenständig auf seinen wackligen Beinen. »Ich lebe schon lange genug, um keine Angst vor dem Tod haben zu müssen. Wenn das Schicksal noch etwas für mich parat hat, werde ich schon überleben. Und wenn nicht, dann ist das auch in Ordnung.«

Elmon musste schmunzeln. »So theatralisch kenne ich dich ja gar nicht. Also schön, du tust doch sowieso immer das, was du willst.«

»Da hast du recht, mein alter Lehrer. Du hättest dir mehr Mühe geben sollen, mir das auszutreiben.« Aaron strich ein letztes Mal über Ryans Kopf, ehe dieser ein paar Schritte zurückwich. Konzentriert sammelte er sich und nahm einen tiefen Atemzug, als wolle er allen Sauerstoff dieser Welt in sich einsaugen. Kurz darauf begann der Mondstein in seiner Hand stark zu leuchten.

Fynn spürte, wie die magische Aura des Steins immer schwächer wurde, bis sie schließlich gar nicht mehr vorhanden schien. Aaron hatte es geschafft!

John Armis

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