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Schicksalhafte Begegnung
Оглавление»Seid Ihr wirklich sicher, dass wir ihn hier finden werden?« Fynns Laune war am Tiefpunkt angelangt. Schon vor Aufbruch auf diese Reise gab es kaum etwas in ihm, was ihn antrieb. Zu vieles war in den vergangenen Monaten geschehen. Der Magiertempel – sein ehemaliges Zuhause – zerstört, all seine Freunde getötet. Das hätte jeden aus der Bahn geworfen. So auch Fynn, der gerade erst seine Ausbildung zum Magier abgeschlossen hatte.
Eigentlich wusste der junge Magier selbst nicht, wieso er überhaupt die Strapazen einer solch mühseligen Reise auf sich genommen hatte. Es wäre so leicht gewesen, sich in Selbstmitleid zu ertränken. Aber es half nichts; es musste etwas geschehen! Er war auf sich selbst gestellt, wenn man von seinem Wegbegleiter, Elmon, dem Mondelf, absah.
Fynn hatte schon einiges über die weisen Mondelfen in Büchern gelesen. Doch wer auch immer diese Texte verfasst hatte, war nie auf jemanden wie Elmon gestoßen. Wenn man von der Tatsache absah, wie leichtfüßig er seines Weges schritt, machte er keinen weisen und erhabenen Eindruck. Ständig summte er, kicherte über belanglose Dinge oder antwortete erst nach einer Ewigkeit auf Fragen. So auch jetzt:
»Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg!«
Fynn warf Elmon einen skeptischen Blick zu. Der Magier fragte sich, wie er es geschafft hatte, zum Oberhaupt der Mondelfen ernannt zu werden. Ein wenig erzürnt antwortete er: »Ich hingegen glaube das nicht und allmählich habe ich die Nase voll!«
Elmon gluckste. »Ist Ungeduld nicht eine Untugend unter euch Magiern? Wie war das noch genau? Nur wer geduldig und reinen Herzens ist, kann …«
»Den Vortrag könnt Ihr Euch sparen!«, fuhr Fynn ihn an. »Über den Novizenrang bin ich schon längst hinweg. Mir ist bewusst, welche Tugenden man benötigt, um von der magischen Quelle zu schöpfen.«
Mit einem Schlag traf den jungen Magier die bittere Realität und er senkte den Kopf. Vor seinem geistigen Auge blitzten die Bilder all seiner gefallenen Freunde auf. »Die Magiergilde wurde vernichtet und aus irgendeinem Grund gibt es keine Quelle der Macht mehr. Was spielt es jetzt noch für eine Rolle, welche Tugend ich lebe und welche nicht?«
»Wenn Ihr glaubt, dass diese magische Quelle die einzige Quelle der Macht war, dann seid Ihr ziemlich kurzsichtig«, meinte Elmon belustigt.
Hatte Fynn richtig gehört? Er, ein ausgebildeter Magier, musste sich einen Vortrag über Magie anhören? Von einem Elf? Spöttisch rümpfte er die Nase. »Was macht Euch zum Experten? Seid Ihr etwa ein Magier oder bin ich einer?«
Elmon schien absolut unberührt von Fynns Provokation; vielmehr amüsierte sie ihn. »Natürlich bin ich kein Magier. Was aber nicht heißt, dass ich kein Experte bin. Immerhin sind wir Mondelfen von einer Quelle der Macht abhängig.«
Das hatte Fynn nicht gewusst. Er war sich sicher, dass es nur eine magische Quelle gab. Zum ersten Mal seit Wochen keimte Hoffnung in ihm auf. »Was ist das für eine Quelle? Wie kann ich sie nutzen?«
Elmon lachte angesichts dieses Stimmungswechsels. Dennoch fasste er sich ans Kinn. »Nun ja, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass es eine andere Quelle ist, als Ihr vermutet. Es handelt sich hierbei nämlich um den Mond.«
»Den Mond?«, wiederholte Fynn skeptisch.
Elmon nickte. »Ja, und das Wasser. Beides sehr gute Quellen der Macht.«
Fynn seufzte. Für einen Moment hatte er tatsächlich gedacht, dass dieser Elf ihn nicht veralberte. So setzte er erneut seine niedergeschlagene Miene auf und meinte spöttisch: »Welch Macht vermögen einem das Wasser oder der Mond zu geben? Zu leuchten wie ein Glühwürmchen? Darauf kann ich gut verzichten.«
»Wir können durchaus mehr als im Mondschein zu leuchten, glaubt mir«, gluckste Elmon. »Doch Ihr habt recht, der Mond gibt Euch keine Macht. Zumindest nicht jene, um Rache auszuüben. Und das ist auch gut so. Denn die Macht, die Ihr so sehr begehrt, würde Euch vermutlich erdrücken!«
Fynn blickte nachdenklich zu Boden. Es hörte sich fast so an, als hätte einer seiner ehemaligen Meister zu ihm gesprochen. Vielleicht fiel ihm deshalb kein passendes Gegenargument ein. Oder wusste er tief im Inneren, dass Elmon recht hatte? Egal, er schwieg. Fynn wollte nicht streiten. Zu oft hatte er in letzter Zeit die Beherrschung verloren. Stattdessen sagte er unterwürfig: »Vermutlich bin ich durch meinen Wunsch nach Rache tatsächlich kurzsichtig geworden. Aber kann man es mir verübeln? All meine Freunde und Meister wurden getötet. Jetzt bin ich der Letzte meiner Art.«
Elmon blieb schlagartig stehen, sodass Fynn fast in ihn hineinlief. Der Mondelf wandte sich dem jungen Magier zu und fixierte ihn mit scharfem Blick. »Wenn Ihr das glaubt, dann seid Ihr noch viel törichter, als ich vermutet habe. Zufällig kenne ich noch einen anderen lebenden Magier. Und einen mächtigen noch dazu.«
Diese Aussage erzeugte in Fynn zwiespältige Gefühle. Er wollte es glauben, konnte es aber nicht. »Einen weiteren Magier?«, fragte er. »Das ist unmöglich. Die höchsten Magier unseres Ordens waren in der Lage, jedes Wesen mit magischem Potenzial aufzuspüren. Sie hätten eine Person, die irgendwo abseits des Tempels auf eigene Faust Magie praktiziert, nie toleriert!«
Elmon kicherte, wandte sich wieder ab und setzte seinen Weg fort. »Euer Horizont ist noch sehr beschränkt. Ihr habt fast Euer ganzes Leben im Tempel der Magier verbracht und wisst deshalb nur wenig über diese Welt.«
Fynn verlor erneut die Geduld. Wütend stampfte er auf den Boden und sengte durch die dadurch freigesetzte Magie das Gras um ihn herum an. »Was wisst Ihr schon? Die wenigen Wochen, die wir gemeinsam unterwegs sind, machen Euch nicht zum Experten über mich.«
Elmon seufzte daraufhin wie ein Vater, der unerschöpfliche Geduld für seinen Sohn aufbringen musste. »Es war nicht meine Absicht, Euch zu kränken. Ich entschuldige mich hiermit.«
Fynn wurde verlegen und bereute den Gefühlsausbruch. »Schon gut«, meinte er versöhnlich. »Versteht mich nicht falsch, ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als dass es außer mir noch andere Magier gibt. Aber wie hätte derjenige es schaffen sollen, ohne einen Meister seine innere Quelle zu finden, geschweige denn, sie kontrollieren zu können? Das erscheint mir einfach unmöglich!«
»Oh, er hatte einen Meister. Einen wahrhaftigen noch dazu. Um genau zu sein, wurde er von einem der vier Elementarmagier unterwiesen.«
Fynn zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Diese Reaktion entlockte Elmon abermals ein Kichern. »Mich hätte es gewundert, wenn Ihr von ihnen gehört hättet, mein junger Freund. Wenn man es nämlich ganz genau nimmt, entsprechen sie nicht einem Magier im klassischen Sinn. Es sind wohl eher Wächter, die in anderen Dimensionen leben.«
Das war zu viel für Fynn. Diese Aussage ließ ihn laut auflachen und es dauerte eine Weile, bis er wieder sprechen konnte. »Ach, andere Dimensionen also«, wiederholte er spöttisch. »Das erklärt natürlich alles. Demzufolge lebt dieser Magier ebenfalls in einer Parallelwelt, nicht wahr?«
Den höhnischen Unterton überging Elmon. Er hatte sich von Fynns Gelächter anstecken lassen und sang gut gelaunt ein Lied. Schließlich sagte er: »Nein, dieser eine lebt in unserer Welt. Und Ihr werdet ihn schon bald treffen.«
»Tatsächlich?«
Elmon nickte eifrig. »Doch bis es soweit ist, sollten wir uns vielleicht noch etwas stärken.«
Die beiden Gefährten machten an einem kleinen Teich Rast. Der Mondelf setzte sich auf einen flachen Stein und tauchte seine Füße ins kalte Wasser, in welchem sich die grelle Mittagssonne spiegelte. Fynn gesellte sich widerwillig zu ihm. Elmons ständige gute Laune nervte ihn.
Der Elf schien davon keine Notiz zu nehmen. Summend entfaltete er ein Leinentuch, in dem Wurzeln eingewickelt waren. Er schob sich ein Stück in den Mund und begann, bedächtig zu kauen. Währenddessen fiel ihm auf, dass Fynn dabei etwas angewidert zusah. »Wollt Ihr nichts essen?«
Der Magier zögerte einen Moment. Seine Vorräte waren erschöpft und er musste erst wieder Neue sammeln. So schüttelte er nur stumm den Kopf.
Elmon gluckste. Ihm war nicht entgangen, dass der Magen seines jungen Reisegefährten grummelte. »Ich weiß, diese Wurzeln wirken nicht sehr einladend auf Euch, aber bevor Ihr hungert, probiert sie doch wenigstens einmal. Vielleicht wird Euch der Geschmack überzeugen.«
Fynn musterte die besagten Wurzeln. Aus Höflichkeit entschied er zu kosten und wählte die für ihn am wenigsten abstoßende. Vorsichtig biss er ein kleines Stück ab und betastete es mit seiner Zunge. Sie schmeckte etwas bitter, doch der Magier musste zugeben, dass es nicht übel war. »Gar nicht schlecht«, sagte er wahrheitsgemäß. »Sehr belebend und besser, als es den Anschein macht.«
»Seht Ihr? Man sollte nicht nur nach dem Äußeren urteilen«, meinte Elmon grinsend.
Fynn verdrehte die Augen. »So gut sind sie dann auch wieder nicht.«
Die Mittagssonne verschwand hinter einer Wolke und Elmon lenkte das Gespräch in andere Bahnen. »Ich denke, dass wir unser Ziel fast erreicht haben. Aaron wird sich hier irgendwo aufhalten.«
Fynn biss ein größeres Stück der Wurzel ab. Mit vollem Munde fragte er: »Was macht Euch da so sicher? Immerhin suchen wir bereits seit einigen Tagen in dieser Gegend.«
»Das sagt mir mein Gefühl. Ihr müsst wissen, ich war einst sein Lehrer. Es besteht also ein Band zwischen uns.«
»Sein Lehrer?«, wiederholte Fynn spöttisch. »Was habt Ihr ihn gelehrt? Wo man graben muss, um an delikate Wurzeln zu gelangen?«
Elmon musste lauthals lachen. »Kaum zu glauben.«
»Was ist kaum zu glauben?«
»Dass Ihr so etwas wie Humor besitzt. So mürrisch, wie Ihr seit unserem Aufbruch seid, überrascht mich das wirklich.«
Der Magier schnaubte, was zu mehr Gelächter führte.
»Und nein, meine Lehren beinalten nicht die Suche nach Nahrung. Ich habe Aaron in der Kampfkunst unterrichtet.«
Fynn blickte Elmon skeptisch an. Wie ein Krieger sah der Mondelf nicht aus, dachte sich der junge Magier. »Sind Euresgleichen nicht friedliche Geschöpfe?«
Elmon grinste. »Das stimmt schon, wir Mondelfen sind sehr friedlich. Und doch nutzen wir die Kunst des Kampfes, um Körper und Geist in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen.«
Eine sanfte Brise vertrieb die Wolken, wodurch die warmen Strahlen der Sonne erneut auf sie herabschienen.
Elmon ließ sich stöhnend in den Teich gleiten. »Aaaaah, es geht doch nichts über eine kleine Abkühlung an solch einem heißen Tag, findet Ihr nicht?«
Fynn schwieg. Er konnte die entspannte Haltung des Mondelfs nicht nachvollziehen. Während er ihn betrachtete, fiel ihm auf, dass Elmons Präsenz immer stärker wurde. Und obwohl der Elf rücklings und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf der Wasseroberfläche trieb, wirkte er plötzlich ehrfürchtig. Hatte der Elf recht? War Wasser mit einer Quelle der Macht gleichzustellen? Doch der junge Magier ließ sich nicht anmerken, wie fasziniert er auf einmal von seinem Weggefährten war. Er nahm eine gleichgültige Haltung an und meinte: »Ihr seid die merkwürdigste Person, der ich je begegnet bin.«
Elmon hob kurz seinen Kopf, um Fynn zu beäugen, ließ ihn jedoch augenblicklich wieder grinsend ins Wasser sinken. »Wenn Ihr mich schon merkwürdig findet, werdet Ihr Aaron für komplett verrückt halten.«
»Ach ja?«, erwiderte Fynn.
»Glaubt mir, ich könnte mir sogar vorstellen, dass er uns längst beobachtet. Vermutlich will er uns einen gewaltigen Schrecken einjagen.«
Fynns Nacken verkrampfte sich. Seit dem traumatischen Ereignis, welches sich im Magiertempel abgespielt hatte, war er für solcherlei Scherze nicht offen. Selbst in kindischen Streichen sah er oftmals eine Gefahr. »Warum sollte er so etwas tun?«, fragte er angespannt.
»Ganz locker, mein junger Freund. Er wird uns nichts antun. So ist Aaron eben. Entspannt Euch. Vielleicht würde Euch ein kleines Bad auch guttun.«
»Nein danke, ich verzichte.«
Doch kaum hatte Fynn den Satz ausgesprochen, da wurde er kopfüber in den Teich gestoßen. Völlig perplex krümmte sich der Magier unter Wasser. Es fühlte sich an, als wäre er geradewegs in eine andere Welt eingetaucht. Bilder des Magiertempels tauchten in seinem Kopf auf – zerstört und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Seine gefallenen Freunde lagen inmitten der Trümmer. Und über ihren Leichen stieg ein flammenumhüllter Dämon empor. Sein Gelächter dröhnte in Fynns Kopf.
Nein, dachte er verzweifelt, dafür werdet Ihr bezahlen!
Und obwohl die Bilder bereits verblassten, stieg Wut in Fynn auf. Er bündelte einen Großteil der Energie in seinem Inneren. Als er diese in Form eines Blitzes freiließ, realisierte er, dass an der Wasseroberfläche kein Dämon lauerte. Doch da war es schon zu spät.
Glücklicherweise, aber auch unerklärlich, verfehlte der Angriff sein Ziel und verpuffte.
Da klarte die Welt um Fynn wieder auf. Der Magier durchbrach das kalte Wasser und sog gierig die Luft ein. Der Teich war nicht tief, dennoch keuchte der Magier, als wäre er beinahe ertrunken. Zitternd vor Wut richtete Fynn seinen Blick auf die Stelle, an der er vor wenigen Sekunden noch gesessen hatte. Und natürlich fand er dort keinen Dämon vor, sondern einen drahtigen, jungen Mann.
Fynn erstarrte: Um ein Haar hätte er den Fremden getötet. Doch aus irgendeinem Grund war der Zauber wirkungslos gewesen – unglaublich!
Den Fremden schien diese Tatsache völlig kalt zu lassen. Er grinste breit und lachte schallend. »Ganz schön hitzig, dein junger Begleiter, Elmon. Zum Glück konnte ich ihn ein wenig abkühlen.«
Fynn musterte abwechselnd den Neuankömmling und Elmon, ehe er zurück zum Ufer watete. Seine feine, dunkelblaue Robe klebte nass am Körper, was den Fremden noch mehr amüsierte.
»Schön, dich wieder zu sehen, alter Freund«, sagte Elmon. Er ließ sich vom Wasser an den Rand des Teiches treiben und entstieg diesem.
Voller Freude fielen sich die beiden in die Arme. »Wie es aussieht, hast du dich kaum verändert. Kindisch wie immer.«
Der Fremde zuckte nur mit den Schultern. »Täusch dich nicht. Die Zeit hat auch mich ruhiger gemacht.« Er wandte sich dem perplexen Magier zu. »Verzeiht mir bitte meinen Auftritt, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.«
Seine Entschuldigung wirkte nicht aufrichtig, da er noch immer verstohlen kicherte.
»Schon gut«, stotterte Fynn. Er versuchte, seine Robe auszuwringen, was ihm, angesichts der zitternden Hände, schwerfiel. Ob es an dem Schock lag oder daran, dass er all seine Energie in den Angriff gesteckt hatte, wusste er nicht.
Der Mondelf war im Gegensatz zu ihm bereits vollständig trocken. Ein Phänomen, welches Elmon bei ihrer ersten Begegnung erklärt hatte: Wasser war für die Mondelfen essentieller als für die Menschen, hatte er gesagt. Sie konnten über die Haut im Bruchteil einer Sekunde Flüssigkeiten absorbieren und so lange in sich speichern, bis das Mondlicht es in pure Lebensenergie umwandelt.
»Aaron, ich möchte dir diesen jungen Magier vorstellen«, sagte Elmon und deutete mit einer einladenden Geste auf Fynn. »Das ist Fynn Draconis.«
»Ist mir eine große Freude. Mein Name ist Aaron Armis.«
In dem Moment, da sich ihre Hände berührten, strömte eine Woge reiner Energie in Fynn hinein. Seine Paralyse löste sich, das Zittern verschwand. Was war geschehen? Konnte dieser Mann besagter Magier sein?
Augenblicklich stellte er ihn zur Rede: »Wie habt Ihr meinen Blitz so rasch neutralisieren können?«
Aaron dachte kurz nach. Er wirkte dabei wie ein kleiner Junge, der etwas ausheckte. Schließlich zuckte er mit den Achseln und meinte: »Glück, würde ich sagen.«
»Glück?«, wiederholte Fynn scharf. Er wurde das Gefühl nicht los, dass ihm ein Streich gespielt wurde. »Der Angriff wäre einem wütenden Bären zum Verhängnis geworden. Selbst ein mächtiger Magier hätte zumindest einen Schildzauber heraufbeschwören müssen. Doch ihr habt es irgendwie geschafft, meinen Angriff einfach im Nichts verpuffen zu lassen. Sagt mir also: Wie?«
Aaron tauschte einen vielsagenden Blick mit Elmon, der so viel bedeutete wie: Ist dieser Grünschnabel immer so nervtötend? Doch stattdessen antwortete er freundlich: »Es gibt noch so viel, was Ihr nicht versteht, Junge.«
Das ging zu weit: Fynn war alles andere als ein unerfahrener Magier. Zwei Jahrzehnte wurde er im Tempel ausgebildet und nun kam irgendein Fremder daher und stellte ihn wie einen Dummkopf hin. Darum bündelte er erneut seine Energie und nutzte diese, um zu schweben. Jetzt überragte er sowohl Elmon als auch Aaron. Fynn fühlte sich sogleich sehr erhaben und überlegen. Soll dieser Möchtegernmagier dies erstmal überbieten‹ dachte er sich.
Doch anstatt ehrfürchtig zu verstummen, brach Aaron in Gelächter aus und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich gefangen hatte. Schließlich wischte er sich eine Träne ab. »Nun kommt mal wieder auf den Boden zurück, Junge. Ich erkenne, dass Ihr ein gut geschulter Magier seid. Ihr braucht mich nicht zu beeindrucken.«
Fynn sank beschämt zurück auf den Boden. Er war sich nicht sicher, was er von Aaron halten sollte. Allerdings musste er sich selbst eingestehen, dass seine Machtdemonstration ziemlich kindisch war.
Etwas sachlicher wandte sich Aaron Elmon zu. »Jetzt aber Spaß beiseite. Du musst ja wichtige Neuigkeiten haben, wenn du die Strapazen einer solch langen Reise auf dich nimmst. Und dann noch in Begleitung eines Magiers.«
Elmon tauschte mit Fynn ernste Blicke. Plötzlich machte der Mondelf keinen leichten und heiteren Eindruck mehr. »Die haben wir. Und schlechte noch dazu. Allerdings würde ich mich wohler fühlen, wenn wir dies woanders besprechen könnten. Ich nehme an, dass du in der Nähe einen Unterschlupf hast?«
Aaron fuhr sich nachdenklich über sein Kinn. Auch er hatte seine kindische Art abgelegt und blickte ernst drein. Dadurch wirkte er auf einmal viel älter. »Ich verstehe. Wenn das so ist, dann würde ich vorschlagen, dass wir unser Gespräch in meiner Hütte fortsetzen. Von hier sind es keine zehn Minuten.«
Die drei machten sich auf den Weg. Fynn ließ sich ein paar Schritte zurückfallen und betrachtete voller Neugierde Aaron. Er wurde nicht schlau aus ihm. Dieser Fremde hatte etwas an sich, was ihn faszinierte. Obwohl sein Verhalten teilweise dem eines Kindes ähnelte, so besaß er dennoch eine Präsenz, wie er sie nur selten gespürt hatte. Er strahlte sowohl eine ruhige, als auch eine pulsierende und mächtige Energie aus.
So am Grübeln, fiel Fynn erst jetzt auf, dass Aaron zwei Schwerter bei sich trug. Als hätte der Neuzugang seine Gedanken gelesen, drehte er sich um. »Gefallen sie Euch?«
Fynn sagte nichts. Er wollte den Weg lieber schweigend hinter sich bringen.
Doch Aaron ließ nicht locker. Breit grinsend meinte er: »Wollt Ihr sie einmal schwingen?«
Jetzt musste Fynn lachen. Er empfand die Vorstellung, ein Schwert zu führen einfach lächerlich. Von Doppelschwertern zu schweigen. »Verzeiht, aber wenn Ihr im Magiertempel studiert hättet, dann wüsstet Ihr, wie absurd es für einen wahren Magier ist, mit physischen Waffen zu kämpfen.«
»Aber es macht viel Spaß«, schwärmte Aaron begeistert und ignorierte, dass Fynn ihn gerade von oben herab behandelte. »Na kommt, nehmt sie wenigstens in die Hände!«
Bevor Fynn ein zweites Mal ablehnen konnte, hatte Aaron seine Waffen vom Rücken geschnallt und präsentierte sie ihm. »Also schön«, gab er endlich nach und zog beide Schwerter gleichzeitig aus den Scheiden.
Der ungewöhnlich helle, singende Klang schien die Luft zu zerschneiden. Bei dem Geräusch stellten sich Fynns Nackenhaare auf. Er betrachtete staunend die federleichten und unterschiedlichen Klingen. Eine dunkle, die wie ein Rubin schimmerte, und eine kristallklare.
Fynn war kein Waffenexperte, doch er begriff, dass es sich hierbei um keinen gewöhnlichen Stahl handelte. Er spürte die Magie, die in ihnen wohnten. Und so geschah es wie von selbst: Er schwang die Klingen kunstvoll umher. Es fühlte sich vertraut an.
»Ihr seid ein Naturtalent«, lobte ihn Aaron.
Fynn beendete seine Darbietung und gab die Schwerter zurück. Seine Hände kribbelten. Dennoch lachte er: »Man kann mich wohl kaum als Naturtalent bezeichnen. Eher würde ich behaupten, dass die Schwerter ein Eigenleben haben und dass SIE MICH bewegten.«
Aaron gluckste merkwürdig. »Täuscht Euch da mal nicht. Das sind magische Waffen, keine Frage. Um sie zu meistern, muss man ihre Energien durch sich selbst fließen lassen. Nur so schöpft man ihr wahres Potenzial aus. Ihr habt die verborgenen Energien gespürt, richtig? Es gibt nicht viele, die dazu imstande sind. Aber wie gesagt, Ihr seid ein talentierter Bursche und mit den Klingen verschmolzen.«
»Er hat recht«, meinte auch Elmon. »Es gehört zwar noch etwas mehr dazugehört, als die Energie solcher Waffen in sich eintauchen zu lassen, dennoch habt Ihr ein unglaubliches Potenzial. Vielleicht solltet Ihr in Erwägung ziehen, ebenfalls die Waffenkunst zu studieren.«
Nach dieser kurzen Unterbrechung setzten die drei ihren Weg fort. Ab und zu hörte man einen Vogel singen oder einen Specht hämmern, doch Fynn nahm von alldem nichts wahr. Seine Hände kribbelten noch immer. Dieser Aaron war drauf und dran, sein Leben auf den Kopf zu stellen. Nie fand er eine Person gleichzeitig so nervtötend, faszinierend, kindlich, aufrichtig und authentisch wie ihn. Allmählich konnte er ihn gut leiden.
Elmon regte ein neues Gespräch an: »Ich weiß, dass du ein einsamer Wolf bist, Aaron, aber hier ist es selbst für deine Verhältnisse sehr abgeschieden. Vermisst du denn keine Menschen?«
»Doch, schon«, gestand er achselzuckend. »Deshalb habe ich erst kürzlich ein großes Stück Land an einen reichen Händler verkauft. Er meinte, dass dies ein geeigneter Platz für ein Dorf wäre. Und ich finde das auch. Vor allem soll es in der Nähe meiner Hütte entstehen. Ziemlich praktisch.« Er drehte sich zu Fynn um. »Vielleicht wird es dort auch hübsche Frauen geben«, fügte er zwinkernd hinzu.
Elmon schüttelte den Kopf. »Wie schon gesagt: Du hast dich nicht verändert.«
Schließlich tauchte eine Hütte in der Ferne auf. Zwischen unzähligen Bäumen stehend bot sie einen guten Schutz vor der Witterung, wurde aber dennoch ausreichend vom Tageslicht erfasst.
Die drei betraten den großzügigen Hauptraum. In der Mitte befand sich eine kleine Feuerstelle, über der ein Kessel mit Wasser hing. Die Einrichtung war recht bescheiden und stimmig. Ein großer Tisch mit vier Stühlen, ein Vorratsschrank, eine alte Truhe, ein paar farbige Bilder und einige merkwürdige, mechanische Apparate, welche Fynn noch nie gesehen hatte. Einige Türen grenzten an den Hauptraum und in der Ecke stand eine Leiter, die auf den Dachboden führte.
Die drei nahmen am Tisch Platz. Aaron schlug sich gegen die Stirn. »Wo sind denn meine Manieren? Darf ich euch etwas anbieten? Wasser, Wein – oder Met?«
»Zu einem guten Tropfen Wein sage ich nicht nein«, erwiderte Elmon und Fynn pflichtete ihm bei.
Aaron eilte zum Vorratsschrank und entnahm diesem eine Flasche und drei Becher. Nachdem er seinen Gästen und sich selbst großzügig eingeschenkt hatte, erhob er sein Trinkgefäß. »Auf unser Wiedersehen – und eine neue Freundschaft!« Er nippte am Wein und verzog das Gesicht. »Puh, der ist wohl etwas überreif«, gestand er lachend.
Fynn spuckte unauffällig den Schluck, welchen er bereits im Mund hatte, wieder in den Becher zurück. Seine Stimmung trübte sich. Im Magiertempel hatte man ihm beigebracht, dass so etwas Teures wie Wein niemals schlechtwerden dürfe. Und diesen dann Gästen servieren? Nein, das gehörte sich nicht.
Die beiden anderen nahmen es mit Humor.
»Nun ja, der Wille war da«, sagte Elmon glucksend und schob seinen Becher beiseite.
»Du weißt ja, mein Freund, ich trinke Wein nur in Gesellschaft. Und die hatte ich schon länger nicht mehr.« Aaron räusperte sich. »Aber genug gescherzt. Kommen wir jetzt zum Punkt.«
Die Stimmung trübte sich. Fynn und Elmon tauschten ernste Blicke, ehe der junge Magier Aaron ins Bild setzte. »Um es kurz zu machen, vor knapp zwei Monaten wurde fast die gesamte Magiergilde ausgelöscht und der Tempel zerstört.«
Aarons Blick versteinerte. Es war mehr als offensichtlich, dass er mit so einer Nachricht nicht gerechnet hatte. »Wie konnte das passieren?«
Fynns Augen füllten sich mit Tränen. Er hatte die Geschehnisse nicht verarbeitet. Dennoch fuhr er tapfer fort. »Ein junger, vielversprechender Magier vollzog unwissend, und in der Hoffnung auf mehr Macht, ein dunkles Ritual. Aus Nebel und Schatten entstiegen sieben in Flammen getauchte Dämonen. Diese töteten alle Magier und sogar die Meister. Sie legten den Tempel in Schutt und Asche. Nur ich blieb übrig!«
Aaron wirkte nachdenklich. Die beiden anderen starrten ihn erwartungsvoll an. Ohne sie zu beachten meinte er: »Sieben in Flammen getauchte Dämonen, sagt Ihr?«
Fynn nickte. Der Zorn drohte ihn zu übermannen. Wutentbrannt fuhr er fort: »Ich wollte sie jagen, jeden meiner gefallenen Freunde und Meister rächen, doch es gab keine Spur von ihnen. Keine!«, sprach er mit Nachdruck. »Als ich nach Tagen endlich wieder Schlaf fand, hatte ich eine Vision. In dieser sah ich Mondelfen – und ein Amulett. Da ich sonst keinerlei Hinweise hatte, beschloss ich, dem nachzugehen.
Allerdings wusste ich nicht, wo diese Wesen leben. Im Tempel gab es zwar Aufzeichnungen über sie, doch war dieser zerstört. So besuchte ich Dörfer, Städte, Gasthäuser und Bibliotheken, um irgendwo einen Hinweis zu finden. Nach langer Zeit fand ich schließlich eine Landkarte, auf welcher der Schimmerwald abgebildet war. In der Ecke stand ein Vermerk, dass sich in der Tiefe des Waldes der Mondsee befindet, wo die Mondelfen leben.
Ich wusste nicht, was mich dort erwarten würde, zog aber trotzdem los. Und als ich dann nach mehreren Wochen mein Ziel erreichte, traf ich Elmon.« Er blickte zum Mondelf, der daraufhin weitererzählte.
»Fynn berichtete mir, was ihm widerfuhr, und erzählte von seiner Vision. Ich wusste nicht, inwiefern das alles mit dem Mondamulett zusammenhängt, erinnerte mich aber an eine Legende, die du mir einst erzähltest, Aaron. Nämlich -«
»Die Legende der sieben Ahrmonen«, beendete Aaron den Satz. Er wandte seinen Blick zu Fynn und musterte ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Nervosität. »Wie konntet Ihr das alles überleben? Wurdet Ihr denn nicht in den Kampf verwickelt?«
Fynn schüttelte peinlich berührt den Kopf. »Als das Ritual vollzogen wurde, entstand eine gewaltige Druckwelle, die mich gegen eine Wand schleuderte. Ich war während des gesamten Angriffs bewusstlos. Mein bester Freund rettete mein Leben, indem er ein Portal schuf und uns so aus dem Tempel brachte.«
»Ihr könnt Eurem Freund danken, dass er Euch vor diesen finsteren Kreaturen gerettet hat.«
Fynn stockte der Atem. Sein Herz begann zu pochen und Tränen benetzten seine Augen. »Kann ich das?«, flüsterte er, kaum hörbar. »Wo er es doch war, der diese Kreaturen beschworen hat?«
Es wurde still im Raum, nur Fynns Schluchzen unterbrach diese. Er fühlte sich wegen seines Gefühlsausbruches schwach und elend, konnte es aber nicht verhindern.
»Schämt Euch nicht Eurer Tränen«, sagte Aaron schließlich. »Ihr habt großen Kummer in Euch. Jetzt ist ein guter Augenblick, all das herauszulassen, bevor es Euch verzehrt.« Er rückte näher zu Fynn heran und legte seine Hand auf dessen Bauch. Sofort breitete sich eine wohlige Wärme in Fynn aus. »Besser?«, fragte Aaron.
»Ja, viel besser.« Der junge Magier verspürte in jenem Moment große Dankbarkeit für Aaron. Es war, als fiele ihm ein Stein vom Herzen. Doch seinem Gegenüber teilte er dies nicht mit. Stattdessen meinte er: »Bitte erzählt mir, was Ihr über die Ahrmonen wisst.«
Aaron lächelte und lehnte sich zurück. »Wie bereits erwähnt, sind es insgesamt sieben und ein jeder verfügt über einzigartige Fähigkeiten. Allerdings weiß ich nicht viel darüber. Lediglich, dass diese Kräfte nicht auf ihrer eigenen Magie, sondern auf der ihres Schöpfers beruhen. Einem dunklen Magier. Nur durch seine Magie bleiben die Dämonen am Leben. Deshalb dürften sie gar nicht in unserer Welt überleben, auch nicht durch das Ritual Eures Freundes. Es sei denn, die Dämonen haben die magische Quelle des Tempels benutzt, um ein Tor zu einer anderen Dimension zu schaffen.«
Fynn ballte seine Hände zu Fäusten. Der Zorn drohte erneut in ihm aufzuflammen, doch er beherrschte sich. Stattdessen meinte er: »Das würde erklären, warum die magische Quelle nicht mehr existiert. Selbst nach dem Tod aller Magier müsste sie noch bestehen, doch sie ist fort.«
Aaron nickte.
»Aber wie können die Dämonen in einer anderen Dimension überleben, wenn ihre Lebenskraft von diesem Magier abhängt?«
Diese Frage hatte sich Aaron auch schon gestellt und sortierte seine Gedanken. Schließlich meinte er: »Soweit ich weiß, hat dieser dunkle Magier Energie aus besagter Dimension bezogen. Eine Schattenwelt, vollständig vom Nebel verschluckt. Die perfekte Basis, um Dämonen zu beschwören. Ja, das muss es sein. Vermutlich können die Ahrmonen hier überleben, weil ein Großteil ihrer Lebensenergie von dort stammt.«
Fynn ließ das alles auf sich wirken. Er erinnerte sich daran, dass einer seiner verstorbenen Meister besagten dunklen Magier einmal erwähnt hatte. Jetzt ärgerte er sich, dass er damals nicht mehr Interesse daran gezeigt hatte.
Elmon schien ebenfalls in Gedanken. Der Mondelf ließ sein Amulett wie ein Pendel zwischen den Fingern baumeln. Das durchs Fenster einfallende Licht brach sich darin und warf tanzende Muster an die Wände des Raumes. »Das ist es!«, meinte er urplötzlich. »Die Ahrmonen wollen mithilfe des Amuletts ihren Meister wiederbeleben!«
»Sieht wohl ganz danach aus«, bestätigte Aaron seine Vermutung.
Fynn kam das unwahrscheinlich vor. Er konnte sich nicht vorstellen, wie ein solch kleiner Gegenstand einen Magier zurückholen sollte, der vor Jahrtausenden getötet worden war. Doch er wusste nicht viel über die Mondelfen und deren Artefakte. Bevor er sich wieder blamierte, fragte er: »Was hat es mit diesem Amulett auf sich?«
»Seht selbst«, sagte Elmon und drückte dem jungen Magier den Mondstein in die Hand.
Es geschah, kaum dass es Fynns Haut berührte. Eine Welle aus reiner Energie strömte durch seine Hand in den Körper. Er kannte dieses Gefühl. Es war dasselbe wie in den Momenten, in denen er von der magischen Quelle Gebrauch gemacht hatte.
Elmon lächelte. »Seht Ihr?«, sagte er und nahm das Amulett zurück. »Der Mondstein kann nahezu unbegrenzt Energie speichern. Er ist quasi eine Quelle der Macht, allerdings mit einem Unterschied: Nur der Träger kann von seiner Energie schöpfen.«
Eine tragbare Quelle der Macht. Dies übertraf Fynns kühnste Träume. Dafür hätte er alles Gold und Silber gegeben. Doch so wunderbar das Amulett schien, so gefährlich wäre es in den Händen der Ahrmonen. Mit so viel Energie könnte man ein Ritual durchführen, welches Tote wiederbeleben konnte.
»So sehr mir der Gedanke auch missfällt,«, meinte Fynn, »aber es wäre das Beste, wenn dieser Stein zerstört werden würde. Er birgt ein großes Risiko.«
Elmon und Aaron warfen sich vielsagende Blicke zu. Schließlich meinte der Mondelf: »Es ist unmöglich, ihn zu zerstören. Zumindest wüsste ich nicht, wie.«
»Aber irgendetwas muss getan werden!«, sprach Fynn verzweifelt. »Ein solch mächtiges Artefakt hinterlässt magische Spuren. Sollen wir etwa warten, bis die Ahrmonen den Stein aufspüren?«
Aaron blickte ins Leere und grübelte laut vor sich hin. »Wenn wir das Amulett schon nicht zerstören können, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, seine Spuren zu verwischen. Möglicherweise könnte ich …« Doch er hielt jäh inne. Aaron riss seine Augen auf und starrte aus dem Fenster. »Sie sind hier. Die Ahrmonen, sie haben uns gefunden!«
Ehe Fynn und Elmon sich der Bedeutung der Worte bewusst wurden, drang urplötzlich Nebel durch den Schlitz der Eingangstüre. Lautlos kroch er über den Fußboden.
Elmon sprang auf. »Wir müssen hier sofort raus!«, fuhr er die beiden an.
Sie stürmten aus der Hütte. Doch kaum hatten sie einen Fuß vor die Tür gesetzt, da verschlug es ihnen den Atem: Das Haus, der angrenzende Wald und sogar die Sonne waren von dichtem Nebel verschlungen. Sie konnten keinen Meter weit sehen – nur ein flackerndes Licht in der Ferne. Es kam immer näher und breitete sich aus. Feuer! Nur wenige Sekunden später waren sie von heißen Flammen umzingelt.
»Bleibt dicht beieinander!«, rief Elmon den anderen beiden zu. Er war der erfahrenste Krieger und wusste, wie man einer Gefahr entgehen konnte.
Nervös blickten die drei auf den tobenden Feuersturm. Fynn war klar, was passieren würde. Es war dieselbe Energie wie damals im Tempel, kurz bevor die Ahrmonen auftauchten. Und tatsächlich zeichneten sich die sieben Dämonen schemenhaft in den Flammen ab und ihr Gelächter dröhnte in seinem Kopf. Fynns Zorn wuchs ins Unermessliche. Obwohl er wusste, dass seine Magie gegen diesen Feind schwach wirkte, bündelte er alles, was er aufbringen konnte, in seinen Händen.
Die Ahrmonen hatten ihre körperliche Gestalt angenommen. Heiße Flammen umzüngelten sie. »Gebt uns das Amulett!«, forderte einer.
Noch nie hatte Fynn eine solch tiefe und unheimliche Stimme vernommen. Er begann zu zittern. Dennoch wollte er nicht davonlaufen. Der Moment war gekommen, seine Freunde zu rächen. Ehe er aber seinen Angriff ausführte, packte ihn Aaron und raubte ihm damit all die gesammelte Energie. Fynn sackte geschwächt zusammen. Ihm blieb gerade genug Kraft, um die darauffolgenden Geschehnisse zu beobachten.
Aaron stellte sich den Dämonen entgegen. Er hatte seine Schwerter gezogen und ließ diese um seinen Körper wirbeln. Dadurch fokussierte er seine Energie und bewegte sich immer schneller. Es entstand eine Windhose um Aaron, die den naheliegenden Nebel einfach wegblies.
Die Ahrmonen ließen sich davon nicht beeindrucken. Sie lachten bestialischer und setzten zum Angriff an. Kurz bevor sie Aaron erreichten, beendete er seine eindrucksvolle Kür und rammte die Schwerter in den Boden. Die dabei entstehende Schockwelle aus Energie und grellem Licht pulsierte kilometerweit durch die unberührte Natur.