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1. Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm
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In seiner weitreichendsten Dimension als wertentscheidende Grundsatznorm bindet Art. 6 Abs. 1 GG den Gesetzgeber und die Gerichte für die gesamte Rechtsordnung an die verfassungsrechtlichen Gewährleistungsgehalte und verbindlichen Wertentscheidungen der Ehegarantie. Hieraus resultiert für den Staat sowohl ein Gebot, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern und vor Beeinträchtigungen zu schützen, als auch das Verbot, Ehe und Familie zu beeinträchtigen oder zu benachteiligen.[15] In dieser Funktion kommt Art. 6 GG mithin eine positive und negative Schutzdimension zu. Die Schutz- und Förderpflicht bzw. das Benachteiligungsverbot wird insbesondere in Verbindung mit dem gleichheitsrechtlichen Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG relevant: Werden Ehegatten im Vergleich zu anderen Lebensgemeinschaften schlechter behandelt, so „ist bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, daß die dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit durch die besondere Wertentscheidung des Grundgesetzes in Art. 6 Abs. 1 GG beschränkt ist.“[16]
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Problematisch ist die genaue Abgrenzung der wertentscheidenden Grundsatznorm von der Bedeutung und Funktion der Institutsgarantie.[17] Auch die Institutsgarantie hat sowohl eine negative als auch positive Schutzfunktion, da sie einerseits der Bewahrung eines Kernbestands des Ehe- und Familienrechts dient, andererseits aber auf eine einfach-rechtliche Ausgestaltung durch das bürgerliche Ehe- und Familienrecht angewiesen ist (vgl. noch Rn. 20 ff.). Die Abgrenzung muss daher anhand anderer Merkmale vorgenommen werden, auch wenn eine klare Grenze nicht immer eindeutig auszumachen ist. Der entscheidende Unterschied liegt im Regelungsgegenstand: Während die Institutsgarantie das Eherecht im engeren Sinne betrifft und dort einen Kern an rechtlichen Bestimmungen zur Definition der Ehe sowie zur den Voraussetzungen der Begründung und Beendigung dieser Lebensgemeinschaft garantiert, wirkt Art. 6 GG in seiner Dimension als wertentscheidende Grundsatznorm als Maßstab für alle anderen Regelungsbereiche, die an die Ehe anknüpfen und damit das Institut im weiteren Umfeld rechtlich mitgestalten (z.B. im Erb-, Steuer-, Sozial- oder Ausländerrecht).[18] Über die Figur der wertentscheidenden Grundsatznorm ist es dem BVerfG gelungen, das Fördergebot sowie das Benachteiligungsverbot über das Ehe- und Familienrecht hinaus auszudehnen und für die gesamte Rechtsordnung als bindende Wertentscheidung zu etablieren.[19] Ihre wichtigste Funktion entfaltet sie im Rahmen der Ermessensausübung der Verwaltung (vgl. Fall 1: Ausweisung eines ausländischen Ehepartners; dazu noch Rn. 34). In dieser Dimension drückt sich somit zwar die Wirkungsrichtung und Wirkungsweise des Grundrechts auf andere und in anderen Rechtsgebieten aus.[20] Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Bestimmung des materiellen Eherechts im engeren Sinne folgen aber primär aus der Institutsgarantie sowie dem Freiheitsgrundrecht.
Erster Teil Grundlagen › § 2 Verfassungsrechtliche Implikationen › I. „Ehe“ › 2. Art. 6 Abs. 1 GG als Institutsgarantie