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III.Gerichtsstand der Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen

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1.Anwendungsbereich

10Die örtliche Zuständigkeit bei Anfechtungsklagen ist in Nummer 2 und 3 geregelt; Verpflichtungsklagen (Vornahmeklage – Versagensgegenklage – und Untätigkeitsklage)42 werden hinsichtlich des Gerichtsstandes den Anfechtungsklagen ausdrücklich gleichgestellt43. Das Gleiche muss bei Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit eines VA gelten44. Da auch gegen den nichtigen VA die Anfechtungsklage zulässig ist (vgl. § 42 Rn. 4), kann sich die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht danach richten, welche Klageart der Kläger wählt. Für die von Anfang an erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 richtet sich die Zuständigkeit nach Nummer 545.

Der Gerichtsstand der Anfechtungsklage kann nur in Frage kommen, wenn die besonderen Gerichtsstände der Belegenheit und des besonderen Pflichtenverhältnisses nicht gegeben sind.

2.Maßgebliche Behörde

11Die Regelung der örtlichen Zuständigkeit wird bei Anfechtungsklagen an die Behörde geknüpft, die den VA erlassen hat. Beteiligte in dem Rechtsstreit ist jedoch die Körperschaft, der die Behörde angehört. Das macht eine ausdrückliche Regelung auch dort notwendig, wo die örtliche Zuständigkeit dem allgemeinen Gerichtsstand der Nummer 5 entspricht. Bestimmend für die örtliche Zuständigkeit ist damit grundsätzlich die Behörde, die den ursprünglichen VA erlassen hat46.

Ist der Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage (vgl. § 79 Rn. 8 ff.), ist die Widerspruchsbehörde bestimmend für die örtliche Zuständigkeit47. Wird der Widerspruchsbescheid von einem Dritten neben der Anfechtungsklage des ursprünglich Beschwerten angefochten, ist das zuständige Gericht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 zu bestimmen, falls für beide Klagen verschiedene Gerichte zuständig sind (vgl. § 53 Rn. 3).

12Die örtliche Zuständigkeit ist unterschiedlich geregelt, je nach­dem, ob den VA eine Bundesbehörde, eine Behörde, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder eine sonstige Behörde erlassen hat oder ob es sich um eine Streitigkeit nach dem AsylG handelt:

a) VA einer Bundesbehörde. Zuständig ist das VG, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat (vgl. Rn. 8). Nummer 2 spricht nur von Bundesbehörden, bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deckt sich also nicht mit dem allgemeinen Behördenbegriff, der bei der Definition des VA verwandt wird. Bedient sich also der Bund zur Erfüllung seiner Aufgaben juristischer oder natürlicher Personen des Privatrechts, bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 348. Als Bundesbehörden i. S. v. Nummer 2 sind nicht nur oberste Bundesbehörden, sondern auch Bundesoberbehörden sowie mittlere und untere Bundesbehörden anzusehen, ebenso bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten, sowie Stiftungen des öffentlichen Rechts. Unerheblich ist, ob ein Ausschuss anstelle einer Bundesbehörde entscheidet49. Ob eine Außenstelle als besondere Behörde anzusehen ist, hängt von der Art ihrer Errichtung und ihrer Organisation ab50. Bei Anträgen nach § 31 Stasi-UnterlagenG sind die Außenstellen des Bundesbeauftragten nicht als besondere Behörden anzusehen51. § 23 Abs. 1 Satz 2 InvestitionsvorrangG stellt für die örtliche Zuständigkeit auf den Hauptsitz der Stelle ab, die den Investitionsvorrangbescheid erlassen hat; § 6 Abs. 2 VermögenszuordnungsG bestimmt die Zuständigkeit des VG Berlin. Eine ausschließliche Zuständigkeit des VG, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, besteht im Falle der Nummer 2 Satz 4 (vgl. Rn. 13b). Eine ausschließliche Zuständigkeit für das OVG, in dessen Bezirk der Bundesbeauftragte seinen Sitz hat (Berlin), besteht nach § 31 Abs. 1 Satz 3 StasiUnterlagenG (vgl. auch § 48 Rn. 45).

13Streitig ist, ob Nummer 2 entsprechend anzuwenden ist, wenn Länderbehörden eine bundesweite Kompetenz übertragen worden ist. Da die Länder wegen der Ausschöpfung der Gesetzgebungskompetenz durch den Bund die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nicht abweichend von § 52 regeln können52, scheidet eine Analogie jedenfalls dann aus, wenn die bundesweite Zuständigkeit der Lan­des­be­hör­de auf einer Ländervereinbarung beruht53. Nach­dem das ÄnderungsG v. 26.2.1975 die Nummer 3 auch auf gemeinsame Behörden aller Länder ausgedehnt hat, ist die analoge Anwendung der Nummer 2 auch dann unzulässig, wenn die bundesweite Zuständigkeit der Lan­des­be­hör­de auf bundesrechtlichen Vorschriften beruht54.

13aFür Streitigkeiten nach dem AsylG ist nach Nummer 2 Satz 3 Halbsatz 1 grundsätzlich das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem AsylG seinen Aufenthalt zu nehmen hat55. Dies gilt auch, wenn die aufenthaltsbestimmende Verfügung im Streit steht56. Die Regelung beruht auf der Änderung dieser Vorschrift durch Art. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens v. 26.6.1992 (BGBl. I S. 1126) und knüpft an die darin enthaltenen Vorschriften über die Unterbringung und Verteilung sowie des Rechts des Aufenthalts an; sie stellt insoweit eine Ausnahme zu den Sätzen 1 oder 2 der Nummer 2 dar; sie bezieht sich auf alle Streitigkeiten, die sich bei Anwendung des AsylG ergeben57. Die Bestimmung ist weit auszulegen; maßgeblich ist, ob das Asylanerkennungsverfahren im weiteren Sinn betroffen ist58. Erfasst sind auch Entscheidungen nach den so genannten Dublin-Verordnungen59. Ist eine örtliche Zuständigkeit nach Satz 3 Halbsatz 1 nicht gegeben, bestimmt der Halbsatz 2, dass sie sich nach Nummer 3 richtet, d. h. das VG ist örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Wohnsitz hat60. Hat der Kläger keinen Wohnsitz in Deutschland, richtet sich die Zuständigkeit nach Nr. 5, d. h. das Verwaltungsgericht Ansbach ist zuständig61. Eine Ausnahme von Satz 3 Halbsatz 1 gilt, wenn durch Rechtsverordnung eines Landes aufgrund von § 83 Abs. 3 AsylG ein Verwaltungsgericht für Streitigkeiten nach dem AsylG betreffend bestimmte Herkunftsländer zuständig ist. Dieses Verwaltungsgericht ist für diese Streitigkeiten allein zuständig, auch soweit ansonsten eine örtliche Zuständigkeit eines anderen Verwaltungsgerichtes des Landes begründet wäre.

13bFür Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen oder auf dem Gebiet der Visumsangelegenheiten in die des Bundesamtes für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat. Das ist nach § 3 Abs. 1 des Berlin/BonnG v. 26.4.1994 (BGBl. I S. 918) und dem Vollzug der Sitzentscheidung durch den Dt. Bundestag (Bekanntmachung v. 5.7.1999, BGBl. I S. 1632) ab 1.9.1999 das VG Berlin. Mit dem Wegfall der erstinstanzlichen Zuständigkeit des BVerwG für diese Klage ist das VG jetzt generell zuständig geworden. Die Zuständigkeit gilt für alle Klagearten. Es handelt sich insbesondere um Klagen, die das KonsularG betreffen62. Ist die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes gegeben, findet wieder Nummer 2 Satz 1 u. 2 Anwendung63. Für Klagen des Bundes gilt Nummer 5.

14b) VA einer Behörde, deren Zuständigkeitsbereich sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt. Erstreckt sich der Zuständigkeitsbereich einer Lan­des­be­hör­de oder einer anderen Behörde, die nicht Bundesbehörde (Nummer 2) ist, über den Bezirk eines Verwaltungsgerichtes hinaus, richtet sich die Zuständigkeit des VG nach dem Sitz oder Wohnsitz des Klägers. Befindet sich dieser außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Behörde, richtet sich die gerichtliche Zuständigkeit nach Nr. 564. Der Behördenbegriff ist weit auszulegen und erfasst auch Beliehene65. Kassel66 hat hier für Rechtsanwälte auf ihren Wohnsitz, nicht auf den Ort, an dem sie ihre Kanzlei eingerichtet haben, abgestellt (vgl. im Übrigen Rn. 19). In Betracht kommen zunächst VA von oberen oder mittleren Lan­des­be­hör­den, von kommunalen Zusammenschlüssen, Zweckverbänden, Wasserverbänden usw.67 Durch das ÄnderungsG v. 26.2.1975 sind jedoch auch gemeinsame Behörden mehrerer oder aller Länder in den Wortlaut des Satzes 2 aufgenommen worden, so dass auch bei ihnen das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk sich der Sitz oder Wohnsitz des Klägers befindet. Für Mehrländer-Behörden war das BVerwG bereits nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes zu diesem Ergebnis gekommen68.

15Als gemeinsame Behörde aller Länder (z. B. Zentralstelle für Fernunterricht in Köln) ist dabei nicht nur eine Einrichtung anzusehen, die institutionell von allen Ländern getragen wird, sondern auch die Behörde eines Landes, die auf Grund einer Vereinbarung (Vertrag) der Länder Zuständigkeiten in allen Ländern, d. h. im ganzen Bundesgebiet wahrnimmt. In diesen Fällen handelt es sich nicht nur um die Übertragung einer Sachkompetenz, sondern, wie Stelkens69 überzeugend nachgewiesen hat, auch um die Begründung eines Zuständigkeitsbereiches70. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, ob Satz 2 auch Anwendung findet, wenn im Bereich der Auftragsverwaltung des Bundes durch bundesrechtliche Vorschriften eine Regelung getroffen wird, nach der die Behörde eines bestimmten Landes Zuständigkeiten für das gesamte Bundesgebiet bekommt71. Da derartige bundesrechtliche Regelungen nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden können, entspricht es der Ratio des Änderungsgesetzes, auch insoweit Satz 2 anzuwenden72.

Für Klagen gegen VA einer von den Ländern beaufsichtigten Behörde für die Vergabe von Studienplätzen ist, entgegen der in Satz 2 enthaltenen allgemeinen Regel für die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes, der Sitz dieser Behörde maßgeblich. Örtlich zuständig ist gegenwärtig das VG Gelsenkirchen73.

16Liegt der Sitz oder Wohnsitz des Klägers nicht im Zuständigkeitsbereich der in Satz 2 aufgeführten Behörden, bei Mehrländerbehörden also außerhalb der Länder, für die sie tätig werden, bei gemeinsamen Behörden aller Länder außerhalb der Bundesrepublik, bestimmt sich die Zuständigkeit des Gerichts nach dem Sitz der Behörde (Satz 3 mit Nummer 5; vgl. Rn. 18 f.).

17c) VA aller übrigen Behörden. Bei allen übrigen Anfechtungsklagen ist das VG örtlich zuständig, in dessen Bezirk der VA erlassen wurde. Erlassen ist der VA, wo er schriftlich abgefasst oder mündlich ausgesprochen wurde, d. h. im Allgemeinen am Sitz der verfügenden Behörde74. Unter Nummer 3 fallen auch die VA des Bundes, bei denen eine Zuständigkeit nach Nummer 2 nicht gegeben ist (vgl. Rn. 12).

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