Читать книгу Wünsch dich in Wunder-Weihnachtsland Band 11 - Martina Meier - Страница 26
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Snowbert büxt aus!
„So ein schöner Schneemann ist das geworden“, sagte Mama zu Sven. „Das haben wir toll hingekriegt.“
Sven nickte eifrig mit dem Kopf, wobei sich der Bommel seiner Zipfelmütze wild hin und her bewegte. Er hatte ganz rote Backen, seine Fäustlinge waren nass und außen ganz weiß vom gefrorenen Schnee, der sich in der Wolle festhielt. Voll Freude betrachtete Sven das Kunstwerk.
Eine ganz große, eine mittlere und eine kleine Kugel hatten sie übereinandergesetzt. Das war Schwerarbeit gewesen. Am Bauch glänzten fünf schwarze Kohlesteine, am Kopf hatte Mama eine alte Skimütze festgemacht. Auch die Augen waren Kohlestücke und die Nase eine lange Karotte.
„Mama, kann der Schneemann weglaufen?“, fragte Sven, weil er seinen Schneemann ja gerne länger hätte.
Mama nahm ihren Sohn in die Arme und verneinte lachend. „Kann er nicht, er hat ja keine Beine.“
Da war Sven zufrieden.
Gerade wollte er ins Haus laufen, da fiel ihm ein, dass er dem Schneemann unbedingt einen Namen geben musste. Jetzt dachte er nach, wie sollte er ihn nennen, wenn er morgen nach dem Frühstück in den Garten laufen würde? Hm, er überlegte hin und her.
„Was hast du Sven?“, fragte Mama etwas besorgt.
„Ich möchte dem Schneemann einen Namen geben, aber welchen?“, antwortete Sven mit einem tiefen Seufzer.
Hans, Ben oder vielleicht Dagobert? Da hatte er eine Idee. Sein Lieblingsonkel hieß Herbert, deshalb würde er den Schneemann Snowbert nennen! Das gefiel ihm.
So lief Sven täglich gleich nach der Schule raus in den Garten und begrüßte seinen Freund. „Hallo Snowbert, wie geht es dir heute?“ Dann strich er ihm mit seinen Fäustlingen über die Rundungen, füllte Schnee nach, wo etwas weggebrochen war, und erzählte ihm, was er so alles erlebt hatte.
Eine Woche vor Weihnachten bekam Sven eine starke Erkältung mit Husten und Schnupfen. Er musste das Bett hüten. Am dritten Tag seiner Krankheit stand er auf und ging zum Fenster, um Snowbert zuzuwinken.
Als er in den Garten blickte, entfuhr ihm ein heiseres Krächzen und seine Augen wurden starr. „Mama, Mama, Snowbert ist weg!“, rief er aufgeregt.
Noch mal schrie er nach seiner Mama, die völlig außer Atem zu ihm lief, nachdem sie im Keller die Wäsche geholt hatte. „Was ist passiert, geht’s dir nicht gut?“ Ängstlich strich sie ihm über den Kopf.
Sven schüttelte den Kopf. „Nein, Mama, schau in den Garten, Snowbert ist nicht mehr da!“ Eine Träne lief ihm über seine noch immer gerötete Wange.
Mama sah durch das Fenster und tatsächlich, der Schneemann war verschwunden. „Das kann es doch gar nicht geben“, dachte sie, „hat den jemand gestohlen?“
Am Boden erkannte man noch den kreisrunden Abdruck. Wo war Snowbert nur hingekommen?
Letzte Nacht war es passiert. Der Schneekönig flog über das Land und hatte eine riesige Menge Schneeflocken mitgebracht. Im Garten von Sven sah er den schönen Schneemann, der etwas traurig aussah. Er blieb vor ihm stehen und hauchte ihm mit seinem eisigen Atem Leben ein. Dann erzählte ihm der Schneemann von dem Jungen, seinen Geschichten und dass er täglich zu ihm gekommen sei. Aber jetzt wäre er schon drei Tage nicht mehr da gewesen. Snowbert war langweilig und wollte weg. Da er aber keine Füße hatte, wusste er nicht, wie. Der Schneekönig zauberte ihm Füße und flog dann weiter.
Snowbert sah an seinem dicken Bauch hinunter und plötzlich spürte er ein komisches Kribbeln, so als würde sich bei ihm etwas teilen. Ui, das waren Füße! Und als er diese zu bewegen begann, stand er auch schon beim Gartentor. Das öffnete er und lief sogleich die Straße entlang, vorbei an den Häusern.
Aber dann gab es keine Häuser mehr, sondern ... ja, was war das? Dunkle, hohe Gestalten voll Schnee! Man konnte dazwischen durchlaufen. Vorsichtig näherte sich Snowbert diesen bedrohlich wirkenden Riesen. Er wusste nicht, dass es alte Tannenbäume waren. Mit ängstlichen Blicken rannte er durch dicke Schneehaufen.
Am Ende des Waldes stand er vor einem breiten Fluss. Das Mondlicht schimmerte auf der gefrorenen Wasserfläche und Snowbert betrachtete die glitzernde Fläche mit großen Augen. Langsam ging er zum Ufer, und als er sein Spiegelbild im Eis erkannte, erschrak er. Wer war das? Er blickte sich um, aber da war niemand. Dann sah er wieder aufs Eis. Das war er – er selbst! Mit einem Finger berührte er behutsam die Eisfläche. Das war komisch, aber angenehm kalt. Als er mit seinen Füßen auf das Eis stieg, rutschte er sofort aus und platsch lag er auf seinem Hinterteil, das sich gefährlich verformte. Mit großer Mühe erhob er sich wieder und rutschte auf dem Eis entlang. Bald machte ihm das Riesenspaß.
Als der Morgen dämmerte, stieg Snowbert auf der anderen Seite ans Ufer und wanderte am Fluss entlang gen Süden. Es schien ein schöner Wintertag zu werden. Der Schnee knirschte unter seinen Tritten. Als Snowbert zu einem Feld kam, schien die Sonne vom Himmel. Und das gefiel ihm überhaupt nicht. Er spürte den Schneeschweiß überall an seinem Körper herunterlaufen. Verzweifelt suchte Snowbert Schatten oder etwas Kaltes. Mit ängstlichen Augen blickte er sich um. Ziemlich weit weg erkannte er ein Gebäude, so wie das von Sven. Da musste er hin.
Mit größter Anstrengung machte er sich auf den Weg. Hinter ihm bildete sich eine Wasserfährte und er hatte das Gefühl, immer weniger zu werden. Als Snowbert endlich den Garten des Häuschens erreicht hatte und er unter einem riesigen Baum stand, lehnte er sich völlig fertig an dessen Stamm.
Wenige Minuten später lief ein kleines Mädchen aus dem Haus auf ihn zu. „Papa, schau, da steht ein Schneemann. Hast du den gebaut?“
Der Papa kam mit dicken Pelzstiefeln aus der Holzhütte und staunte nicht schlecht. „Äh, nein, den habe ich nicht gebaut. So was, wo kommt der denn her?“
Das Mädchen beäugte den Schneemann, der völlig abgemagert dastand. „Papa, sollen wir ihn etwas aufrichten? Er sieht ziemlich mager aus“, meinte das Mädchen und zupfte seinen Papa am Ärmel.
Er sah seine Tochter an und nickte ihr aufmunternd zu. Dann pappten sie Snowbert neuen Schnee auf alle seine Kugeln und bald schon sah er wieder rund und glücklich aus.
Weil sich das Wetter täglich von seiner sonnigsten Seite zeigte und die Temperaturen weiter anstiegen, war Snowbert bald wieder in Gefahr. Das Mädchen sah den traurigen Schneemann und lief zu seinem Vater. „Papa, er stirbt! Der Schneemann stirbt. Wir müssen etwas tun.“ Voll Angst sah die Kleine ihren Vater an. Der strich ihr über den Kopf, stand dann auf, ging zum Telefon und rief seinen Kumpel Moritz an.
Wenig später fuhr der mit seinem riesigen Kühlwagen auf den Hof. Moritz holte einen großen Rodel, die beiden Männer hievten den Schneemann darauf und brachten ihn in das Innere des Lastwagens. Der war voll Eis und augenblicklich fühlte sich Snowbert wieder wie neugeboren.
Der Lkw fuhr in Richtung Norden, das Mädchen und sein Vater fuhren mit. Er fuhr über die Brücke des Flusses, durch den dunklen Tannenwald bis zum Dorf. Da blieb Moritz mit dem Lkw stehen und Snowbert war wieder zu Hause.
Dankbar winkte er dem Mädchen nach. Bald fand er auch die Straße, wo das Haus von Sven stand. Glücklich stellte er sich auf seinen alten Platz im Garten und schlief selig ein.
Sven war inzwischen wieder völlig gesund, aber sehr traurig, dass sein Snowbert weg war. Als er am Samstag nach dem Frühstück in den Garten lief, sah er plötzlich den Schneemann wieder. Überrascht und überglücklich umarmte er ihn. „Ach, Snowbert, wo bist du nur gewesen? Ich habe dich so vermisst.“
Jetzt konnte er wieder täglich im Garten mit ihm spielen. Snowbert war zufrieden. Und manchmal glaubte Sven, dass ihm sein eisiger Freund mit einem Auge zuzwinkerte.
Gabriele Grausgruber, geboren 1957, verheiratet, wohnhaft in Gurten/Oberösterreich, Schriftstellerin. Kinderbücher, Gedichte und Kurzgeschichten in Hochdeutsch wie auch in Mundart.