Читать книгу Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1 - Martina Meier - Страница 18

Оглавление

*

Frost

Ein eisiger Wind fegte über das Land und schob Wolken, Eis und Schnee vor sich her. Es war kalt, bitterkalt. Eiszapfen hingen von den kahlen Bäumen herab und Tannen ächzten unter der Last des Schnees. Es war Weihnachtsabend und ein jeder hatte sich in sein warmes Haus zurückgezogen. Rauch stieg aus den Kaminen, Familien saßen beisammen, redeten, lachten und über allem lag der Duft von frischem Essen, das nur so darauf wartete, serviert zu werden. Bunte, große Christbäume zierten die Zimmer, Kinder packten Geschenke aus oder spielten bereits mit neuen Puppen und Holzautos. Ein jeder fühlte sich glücklich im Kreis seiner Liebsten und aus einigen Häusern klang vielstimmige Weihnachtsmusik, während draußen im Schnee und in der Kälte ein Mädchen seines Weges ging. Es war barfuß, in Lumpen gekleidet und fror erbärmlich. Es ging von Haus zu Haus, läutete und bat um Einlass, um etwas zum Anziehen oder einfach um eine kleine Portion von dem herrlichen Festtagsessen, dessen Reste am nächsten Tag in den Mäulern der Schweine zu finden wären. Es ging von einem Haus zum nächsten und sang Weihnachtslieder, doch auch der Gesang konnte die Herzen der Menschen nicht erweichen, denn immer wieder wurde das Kind abgewimmelt. In jedem Haus war es dasselbe. Man warf sie vor die Tür oder sagte ihr, man hätte keine Zeit. Es gäbe wichtigere Dinge, um die man sich an einem solchen Tag kümmern müsse. Ob der Braten nicht anbrannte, ob sich alle gut amüsierten.

Das Mädchen mit den langen, braunen Haaren zog währenddessen weiter und weiter, bis es die Hoffnung gänzlich verlor. Es hockte sich nieder und hob einen kleinen Zweig auf. Sie steckte ihn in den Schnee und fing an zu zeichnen. Zuerst eine Krippe, dann das Jesuskind darin, danach Joseph und Maria und zum Schluss die Engelchen.

„Es tut mir leid, dass du so frieren musst!“, sagte das Mädchen zum Kindlein in der Krippe. Sie legte den Zweig beiseite und setzte sich in den Schnee. Ihre Beine taten weh, vor Kälte und vor Anstrengung. Weit war sie gelaufen. Nun saß sie einfach da und betrachtete das Bild. Wie sie alle versammelt waren, um die Ankunft des kleinen Kindes zu feiern. Sie hatten es auch nicht warm gehabt!

Das Mädchen starrte das Bild eine Weile an, da wurde es plötzlich lebendig. Maria bewegte sich und nahm das Kindchen aus der Krippe, die Engel bliesen in ihre Trompeten, sodass sie sie hören konnte und Joseph beugte sich über das Jesuskind. Das Mädchen merkte, wie einer der Engel auf sie zukam. Er streckte ihr seine Hand entgegen. Zuerst wusste sie nicht, was sie machen sollte, doch dann griff sie danach.

Der Engel führte sie in das Bild hinein und plötzlich konnte sie das Jesuskind nicht nur sehen, sie konnte es auch schreien hören. Sie roch das Stroh und konnte es unter ihren Füßen spüren. Es war auf einmal auch nicht mehr kalt. Das Mädchen sah den Engel an. Der bedeutete ihr, nur weiterzugehen, und so trat sie vor und beugte sich über das Jesuskind.

Als die Leute im Dorf am nächsten Morgen in die Messe gingen, blieben nicht wenige an dem Schneehaufen stehen. Eines der Kinder musste wohl eine Krippe gezeichnet haben. Es musste ein Kind gewesen sein, denn es hatte einen Fehler gemacht, so dachten sie.

Da waren Joseph, Maria, die Engel und das Jesuskind, aber da war auch noch eine weitere Gestalt, die sich über die Krippe beugte. Ein Mädchen, in Lumpen gekleidet und mit langem Haar. War das nicht das Mädchen, das gestern bei ihnen geläutet hatte, fragte man sich. Vielleicht hatte ja sie das Bild gemalt, ja so musst es sein.

Als der Frühling kam und der Schnee schmolz, verschwand das Bild. Das Mädchen aber ward nie wieder gesehen.

Katharina Schmid-Siegel ist 18 Jahre alt und gebürtige Wienerin. Nachdem sie vergangenen Juni ihren Schulabschluss gemacht hat, absolviert sie im Moment ein Collegejahr in Island. Bisher einige Veröffentlichungen in Anthologien. Hobbys: Schreiben, Geräteturnen, Tanzen, Lesen und ins Kino gehen.

Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1

Подняться наверх