Читать книгу Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1 - Martina Meier - Страница 23
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Angorina
Es war einmal am Tag vor dem ersten Advent. Draußen im Wald war alles still und ruhig. Es war schon kalt und geschneit hatte es gestern. Alle Tiere hatten sich geschützte Ecken gesucht.
Der Waldweg, auf dem sonst schwere Holzwagen rumpelten, lag einsam da. Doch plötzlich kam jemand den Waldweg entlang gestapft. Ein paar Hasen, die gerade aus ihrem Bau guckten, erkannten die Gestalt sofort und hatten keine Angst. Es war nämlich St. Niklas. Der ging in diesen Tagen vor Weihnachten in die Dörfer und Städte überall. Er holte sich die Wunschzettel ab, die die Kinder vor das Fenster in die Schuhe legten. Ganz braven Kindern legte er einen Apfel oder etwas Süßes wieder hinein, dann war die Freude groß. Doch heute bedrückte ihn etwas. Er suchte in seinen Taschen und sah traurig drein. Die Hasen merkten es gleich, liefen ihm entgegen und fragten nach seinem Kummer.
„Ja, denkt euch nur“, sagte er, „ich habe einen Wunschzettel verloren. Er ist von einem kleinen Mädchen aus dem Dorf dort hinter der Kreuzung. In dem letzten roten Häuschen an dem großen Garten wohnt es. Ich bin aber so müde heute und kann nicht mehr zurückgehen und suchen. Was mache ich nur?!“
Die Hasen dachten nach, wie ihm wohl zu helfen war. Einer hatte eine Idee und sagte: „Lieber St. Niklas, du weißt, für uns graue Hasen ist es jetzt gefährlich in die Nähe der Menschen zu gehen, man sieht uns doch gleich im Schnee. Aber in der Nähe wohnt eine Angora-Familie. Du kennst doch die Hasen mit dem schönen weißen Fell. Die älteste Hasentochter wollte schon immer etwas erleben, sie wird dort hinlaufen und den Wunschzettel finden. Ich hole sie gleich einmal her!“
Es dauerte nicht lange, da kamen sie gelaufen. Angorina, so hieß die weiße Häsin, war wirklich wunderschön, sie freute sich, dass sie St. Niklas helfen konnte, und sauste gleich ab. Sie fand das Häuschen mit dem Garten, suchte alles ab, aber vergeblich. Es wurde Abend, und hungrig wurde sie auch. Ihr Näschen entdeckte bald etwas Gutes, dass ihr wundervoll schmeckte. Angorina fraß sich dick und rund. Dann wurde sie sehr müde und dachte: Morgen früh, wenn es hell ist, finde ich den Wunschzettel bestimmt. Sie mummelte sich ein und schlief sofort.
Morgens kam ein Mann in den Garten. „So, so, nun sind doch die Hasen schon im Rosenkohl gewesen“, sagte er zu sich. „Nun zum Weihnachtsfest wird er gepflückt – aber was liegt denn hier!?“ Erstaunt besah er sich den Hasen. „Der ist ja halb erfroren, der Arme, den werde ich in eine Kiste setzen, und wenn es ihm gefällt, kann er bleiben. Ob sich meine Tochter wohl freuen wird?“ So dachte der Mann, packte den Hasen gut warm ein, gab ihm etwas Gutes zu fressen und ging seine kleine Tochter holen. Angorina wachte erst jetzt auf, erschrak ein bisschen, besah sich ihr Häuschen und wartete gespannt, was sich nun weiter ereignen würde. Nun hatte sie ihr Erlebnis! Aber oje, der verlorene Wunschzettel! Wie wird das? Sie dachte nach und hatte eine Idee: Die Kleine wird sicher oft zu mir kommen, dann werde ich ihr ihre Wünsche ablauschen. Und die schwarze Krähe, die ich vom Wald her kenne, wird St. Niklas immer berichten, dachte Angorina. So kam Weihnachten heran. Und was meint ihr, liebe Kinder, hat Angorina richtig gelauscht? Horchen wir einmal, was die Krähe aufgeschnappt hat und im Wald von dem kleinen Häuschen erzählt:
„Angorinas weiße Wolle spielt für uns eine große Rolle,
viermal wird geschoren im Jahr,
so schnell wächst ihr feines Haar.
Bevor es nun ganz zugefroren,
wird das letzte Mal geschoren,
schnell wird’s gesponnen ganz fein,
denn nun wird das Jäckchen bald fertig sein.
Als Dank müssen wir Angorina recht gut pflegen,
oft frisches Heu ihr in den Stall reinlegen,
mal Möhren und Wrucken,
auch Körner ins Futterfass
und im Frühjahr grünes Gras!“
Lotte Bösch, Jahrgang 1920, schrieb diese Geschichte in den 50er Jahren.