Читать книгу Wünsch dich ins Märchen-Wunderland - Martina Meier - Страница 13
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Die Elfen und der Zwerg Malon
Vor langer Zeit war an der Stelle, wo wir jetzt stehen, ein dichter, dunkler Wald. Dort lebten viele unsichtbare Wesen, von denen die Menschen auf dem Land meist nichts gewusst haben. Auch das Elfenmädchen Amena lebte einst in diesem Wald. Sie hatte eine kleine Stupsnase, große, kugelrunde Augen und einen süßen Schmollmund.
Als sie sich eines Tages auf einen Stein neben dem See gesetzt hatte, betrachtete sie sich neugierig im Wasserspiegel. Sie war ein bisschen eitel. Ihre zarten Flügel waren wie feine Gespinste, die in allen Farben des Regenbogens leuchteten. Tautropfen blieben daran hängen und spiegelten sich in der Sonne.
In der Mitte des Waldes, wo es dichtes Gestrüpp und Flechten gab, wohnte der Zwerg Malon. Er war ein böser und giftiger kleiner Mann. Mit jedem im Wald war er zerstritten und er suchte auch überall Streit. Keiner wollte mit ihm etwas zu tun haben.
An jenem Morgen wollte er hinter seiner Hütte Holz hacken. Er packte die große Axt und stapfte um die Hütte herum zu dem großen Holzstoß. Wie immer war er übelster Laune, er schimpfte vor sich hin und hackte dabei die Holzscheite wütend auseinander. Als eines der Scheite an der Axt hängen blieb, ärgerte er sich darüber derart, dass er mit Gewalt an der Axt zu zerren begann. Dabei rutschte er ab und die Axt fuhr ihm tief ins Bein. Ein lauter, gellender Schrei tönte durch den Wald. Für einen Augenblick waren alle Tiere still. Sogar der Wind hörte kurz auf zu wehen.
Diesen Schrei hörte auch die kleine Elfe, die erschrocken von ihrem Platz hochfuhr und angestrengt in den Wald hineinhorchte. Was war bloß passiert? Vorsichtig flog sie in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Als sie bei der Hütte des Zwergs angekommen war, konnte sie anfangs jedoch nichts bemerken.
Aber dann hörte sie ein fürchterliches Stöhnen und fand den verletzten Zwerg hinter der Hütte am Boden liegen. Die Axt steckte noch immer in seinem Bein.
Als er Amena sah, zischte er sie böse an: „Was glotzt du so blöd, hilf mir gefälligst!“
Amena war allerdings viel zu zart, um die Axt aus dem Bein ziehen zu können. Nachdem sie sich von ihrem ersten Schreck erholt hatte, überlegte sie kurz, bevor sie begann, ein Lied zu singen. Die Melodie flog in die Luft, schwebte durch den Wald, über die Wiesen und Felder und alle Elfen hörten sie. In kurzer Zeit kamen viele von ihnen herbei und die stärksten zogen gemeinsam die Axt aus dem Bein des Zwergs Malon. Auch der Elfenkönig war gekommen. Er hatte eine Wundsalbe mitgebracht, die auf das verletzte Bein aufgetragen wurde. Dann halfen alle dabei, den Zwerg in die Hütte zu tragen. Eine der Elfen kochte ihm eine Suppe. Diese trank Malon mit Widerwillen, bevor er in einen tiefen, langen Schlaf fiel. Er hatte sich mit keinem Wort für die Hilfe bedankt.
Als er nach langer Zeit wieder erwachte, wusste er nicht, wo er war. Doch dann fiel ihm der Unfall mit der Axt wieder ein. Er betrachtete seine Beine, aber da war nichts zu erkennen. Sie waren völlig gesund. Er erhob sich und sah sich in der Hütte um. Alles war aufgeräumt und sauber. Jetzt kratzte er sich grübelnd den Bart. Hm, irgendwas war nicht so wie immer.
Als er vor die Tür trat, saßen alle Elfen um die Hütte herum und freuten sich, dass der Zwerg wieder gesundet war. Als er die Freude in den Gesichtern der Elfen sah, schämte er sich, dass er immer so böse gewesen war. Zum ersten Mal in seinem Leben sagte er laut „Danke“ und es tat ihm überhaupt nicht weh.
Gabriele Grausgruber, geboren 1957, verheiratet, wohnhaft in Gurten/Oberösterreich, Schriftstellerin. Kinderbücher, Auszeichnungen für Kinderbücher beim internationalen Kinder- und Jugendbuchwettbewerb Schwanenstadt 2012 und 2013, Gedichte und Kurzgeschichten in Hochdeutsch wie auch in Mundart. Lesungen sowie Veröffentlichungen in diversen Anthologien und Printmedien.