Читать книгу Wo die wilden Geister wohnen Band 3 - Martina Meier - Страница 7
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Das gruseligst Erlebnis meines Lebens
An einem schönen Herbsttag spielten mein Bruder und ich auf dem Spielplatz an der Stadtmauer. Wir trafen viele Freunde und der Tag verging wie im Fluge. Als es 6 Uhr von unserem Kirchturm, Daniel läutete, gingen alle Kinder nach Hause.
Da fragte mein kleiner Bruder Mattis: „Müssen wir jetzt nicht auch nach Hause?“
„Eigentlich schon, aber wir können ja noch ein kleines bisschen spielen“, antwortete ich.
Schnell vergaßen wir die Zeit. Erst als ein mächtiger Donnerschlag die Luft zeriss, merkten wir, dass es bereits dämmerte. Mattis bekam es mit der Angst zu tun. Vor Gewittern fürchtete er sich schon immer. Als es blitzte, wurde es auch mir mulmig.
„Jetzt müssen wir sofort nach Hause“, brüllte ich gegen den Wind.
Da schlug Mattis vor: „Lass uns doch auf der Stadtmauer laufen, dann werden wir nicht nass, wenn es regnet“.
Schnell stiegen wir die alten knarzenden Stufen zur Stadtmauer hoch. Dort war es schon ziemlich duster.
Wir hasteten den schmalen Gang entlang. Als wir nach einem Backofenturm um die Ecke bogen, stand vor uns eine alte, dürre Frau. Wir schauten in ihr faltiges, grimmiges Gesicht und sofort fiel uns die Gruselgeschichte vom Kantenweiblein ein. Letzten Sommer hatten wir sie im Zeltlager gehört.
Sie handelte von einer Frau, die abends die Stadtmauer entlanglief. Alle Kinder, die nach 6 Uhr noch auf der Stadtmauer herumlungerten, wurden von ihr in einen der Backofentürme gesperrt und dort von ihr bei Wasser und Brotkanten festgehalten.
Uns lief es eiskalt den Rücken hinunter. „Was sollten wir nur tun? Umdrehen und wegrennen? Aber das wäre die falsche Richtung.“ Mit zittrigen Knien blieben wir stehen.
Da fragte uns das Weiblein auch schon: „Müsst ihr denn nicht längst daheim sein? Habt ihr denn bei dem Gewitter gar keine Angst?“
Das traf Mattis wie ein Hieb mit einem Schwert. Mein Herz wollte mir aus der Brust springen und ich wurde leichenblass.
Stotternd stammelte ich: „W..w...wir wollten nicht nass werden, deswegen laufen wir auf der Stadtmauer. So wurde unser Weg verlängert.“
Da lachte die Oma und sagte: „Ihr seid ja schlaue Kerlchen. Deshalb bin ich auch auf die Stadtmauer.“
Meine Gedanken wirbelten im Kopf herum. Die Frau war ja ganz nett oder verstellt sie sich nur?
Da fragte Mattis mit ängstlicher Stimme: „Wie heißen Sie?“
„Ich bin die Henrietta Metzger und bin die Nachbarin von der Schwester eurer Oma. Soll ich euch nach Hause begleiten?“
Erleichtert sagte ich: „Ach, Sie sind das. Oma hat schon von Ihnen erzählt. Wir finden alleine heim. Es ist ja nicht mehr weit und das Gewitter ist schon vorbei.“ Froh nahm ich Mattis an die Hand und schon liefen wir an Henrietta vorbei. Als sie außer Sichtweite war, rannten wir los.
Zu Hause erlitten wir einen kräftigen Lachkrampf. Wir hätten uns auf der Stadtmauer beinahe in die Hose gemacht. Nur wegen einer Gruselgeschichte aus dem Zeltlager.
Aron Ruf, 10 Jahre, aus Nördlingen in Deutschland