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Impressionen aus Berlin

Eine fabelhafte Hauptstadt, die stets im Wandel ist

Die glorreiche Renaissance einer jungen Wilden – von der Mauerstadt zum angesagten Hotspot


© AWL Images: Sabine Lubenow

Entspanntes Beisammenensein in der Abendsonne mit Blick auf die Museumsinsel

»Ihr Völker der Welt! Ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt!«

Ernst Reuter, erster Oberbürgermeister der drei Westsektoren, am 9. September 1948 anlässlich der Blockade

B erlin boomt – 13,5 Mio. Touristen pro Jahr können nicht irren. »Berlin, du bist so wunderbar«, »arm, aber sexy«, die viel besungene »Berliner Luft« oder »der Koffer in Berlin«, die Techno-Hauptstadt Europas oder Weltmetropole der Urban-Street-Art – den Berlinern mangelt es wahrlich nicht an Selbstvertrauen, da können noch so viele Flughäfen nicht fertig werden!

Dabei hatte auch hier alles ganz klein angefangen: Berlin war nie eine einzige Stadt. Schon lange vor der urkundlich ersten Erwähnung der Doppelstadt Cölln (1237) und Berlin (1244) gab es Köpenick und Spandau jwd (sprich: jottweedee, also »janz weit draußen«), außerdem das alte Rixdorf, Schmargendorf und Reinickendorf. Und so ist es heute noch: Berlin besteht nicht nur aus zwölf Bezirken, es sind viele kleine Kieze, von denen einige bis heute mit dörflichem Charakter bezaubern und die 3,7 Mio. Einwohner aus 190 Nationen beherbergen.


© stock.adobe.com: Pixelshop, Shutterstock.com: canadastock

Stilles Gedenken am Holocaust-Mahnmal (links) – Einst Symbol der Teilung: die Oberbaumbrücke (rechts)

Berliner Lebensart: leben und leben lassen

Dass Berlin auf den dritten Platz im Europa-Ranking der Reiseziele hinter Paris und London vorgerückt ist und in einem Atemzug mit New York genannt wird, nimmt der echte (weil hier geborene) Berliner gelassen bis skeptisch zur Kenntnis – denn es bringt nicht nur Vorteile und zahlende Hotelgäste, sondern auch Immobilienspekulanten und Verdrängung durch rasant steigende Mieten mit sich. Ebenso pflegt man mit Promis und Weltstars einen betont lässig-toleranten Umgang: Wo sonst könnten Schauspieler wie Tom Hanks, Brad Pitt, Angelina Jolie oder Demi Moore in aller Ruhe und Öffentlichkeit ihren Kaffee austrinken und Angela Merkel an der Supermarktkasse anstehen?!

Das geschichtsträchtige Pflaster zieht Hollywood und Filmteams aus aller Welt an, kein Tag scheint zu vergehen, an dem nicht ein Spionage-Thriller aus dem Kalten Krieg vor Westberliner 1980er-Kulisse gedreht wird oder ein Nazi-Holocaust-Drama im einst jüdischen Scheunenviertel. Oder sogar ganze US-Serien. Was wiederum zum allseits beliebten Meckern anregt: Straßensperrungen wegen Dreh- oder Bauarbeiten, wegen Demos, Staatsbesuch oder Karneval der Kulturen sind an der Tagesordnung.

Im Sprücheklopfen sind die Berliner Spitze, oft verpackt mit einem Schuss Galgenhumor und Verballhornungen historischer Zitate (wie das vom DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht zum Mauerbau, nur in Gegenwartsform: »Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu errichten!«).

Doch seit dem Bauboom in der mauerfreien Stadt hat sich die berüchtigte Berliner Schnauze gewandelt. Im Prenzlauer Berg fragt niemand mehr beim Bäcker nach Schrippen – sondern nach Wecken, Semmeln oder Brötchen. In der U-Bahn wird geschwäbelt, gebabbelt und gesächselt, und nicht selten vermischen sich Hochdeutsch, Berlinerisch und Türkisch ganz multi-kultig in einem einzigen Satz, wenn sich die »Gastarbeiter«-Enkel unterhalten.


© Jahreszeiten Verlag: Philip Koschel, Seasons Agency: Gräfe & Unzer Verlag/M. Zanin, imago: Future Image

East Side Gallery: zeitgenössische Kunst auf 1300 m (oben) – Currywurst: vom Imbiss zum Kulturgut (unten links) – Paradiesvögel beim Karneval der Kulturen (unten rechts)

Qual der Wahl: ein Highlight nach dem anderen

So erlebt nun auch die alte City West eine Art Renaissance: Rund um den einst verrufenen Bahnhof Zoo vertreibt neuerdings frischer Wind den alten Muff – Waldorf Astoria im Zoofenster und das Upper West-Hochhaus, C/O Berlin Galerie, Bikini-Haus – und die Preise steigen …

Berlin-Mitte mit der alten Doppelstadt Berlin-Cölln zieht die meisten Touristen an – und das zu Recht: Brandenburger Tor, Reichstag, Pergamonmuseum, Fernsehturm! Dabei ist das Kulturangebot Weltklasse und über die ganze Stadt verteilt: rund 175 (!) Museen von Technik und Spionage über DDR bis hin zu Abseitigem. Wo sonst kann man den Philharmonikern lauschen und hinterher noch in die Spätvorstellung des Quatsch Comedy Clubs gehen? Nach den Kulturschätzen auf der Museumsinsel oder den Meisterwerken Picassos und Warhols im Kulturforum noch zu einer Street-art-Performance? Den einen Abend in einem der drei Opernhäuser genießen und am nächsten Abend ins Improvisationstheater zum Mitmachen? Oder doch lieber zu den bekannten Boulevard-Größen am Ku’damm? Es locken unzählige Vernissagen und Lesungen, Varieté, Musicals und Konzerte. Ganz zu schweigen vom ausgiebigen Nachtleben – dessen »Geheimtipps« so rasch wechseln wie Ampelphasen. Bahnbrechend war und ist dagegen die Architektur mit Bauherren von Weltrang wie Le Corbusier, Walter Gropius, Daniel Libeskind und Renzo Piano: etwa die futuristisch-exzentrische Stadt in der Stadt am Potsdamer Platz, der gläserne Hauptbahnhof, das Botschaftsviertel oder auch die älteren UNESCO-gekürten Wohnsiedlungen der Moderne wie die Hufeisensiedlung in Britz, die IBA-Bauten wie das Hansaviertel oder am Lützowplatz.


© look-foto: S. Lubenow

Das gewaltige Dach des Sony Centers wird bei Dunkelheit bunt beleuchtet

Stadt der Gegensätze

Die berlintypischen »exotischen« Kontraste liegen oft nur ein paar Schritte voneinander entfernt: Imbissbuden und Michelin-Sterne-Restaurants. Eckkneipen-»Milljöh« und schicke Nachtclubs (Türsteher!). Berlinale-Glamour und Straßenstrich. Hochherrschaftliche Adelspalais und Plattenbauten. Großbaustellen und weite Parks und Wälder. Abseits der Flaniermeilen Ku’damm und Unter den Linden und der Vorzeigeecken der Jungen, Wilden und Kreativen entpuppt sich der großstädtische Rest nicht selten als eine Mixtur aus »Spätis«, Videotheken, Kebab-Läden, vietnamesischen Nagelstudios und zugemüllten Hinterhöfen. Ooch dit is Berlin.

Doch davon bekommt der Fahrgast auf einem Ausflugsdampfer glücklicherweise wenig mit: Gemütlich schippert man vorbei an Schloss Charlottenburg, Reichstag und Kanzleramt, Friedrichstraße, Bode-Museum, den Mauerresten mit der East Side Gallery, Warschauer Brücke und Treptower Park. Billiger geht’s mit dem 100er-Bus, ab Zoo durch den Tiergarten vorbei an Aquarium, Schloss Bellevue, Staatsoper und dem Berliner Dom bis zum Alexanderplatz.

Die Palette der Unterkünfte ist so vielfältig und bunt wie Berlin selbst, für jede Geldbörse ist das Passende dabei, ob Doppelstockbett im Hostel, charmantes Zimmerchen oder kleine Villa.

Berlin ist zweifellos internationaler und aufregender geworden, auch Taschendiebbanden fühlen sich hier wie zu Hause. Doch solange die Berliner Polizei ihren 50.000 Followern noch Folgendes twittert, besteht kein Grund zur Panik: »Oma mit Rollator und Krückstock schlägt in #Neukölln auf zu lauten Lkw und geht anschließend einkoofen, #ditisberlin, #24hPolizei« …


© AWL Images: Francesco Iacobelli

Historisch neben modern: das Regierungsviertel

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