Читать книгу Vom Chinchillabären und seinen Freunden - Mathias Graul - Страница 1

Der Chinchillabär wird Hausbesitzer

Оглавление

Vor gar nicht so langer Zeit, als schon längst kaum jemand mehr an Märchen glaubte, da wohnte einmal ein kleiner Chinchillabär in einem winzigen Dachzimmer in einer Grossstadt.

Chinchillabären sind etwa so gross wie ein kleines Männchen, daher können sie sich gut unter Menschen mischen ohne dass es jemandem auffällt. Du hast bestimmt schon einmal einen gesehen, aber weil du nicht genau hingeguckt hast, konntest du es nicht bemerken.

Aber jetzt will ich dich nicht ärgern dafür, dass du wahrscheinlich unaufmerksam gewesen bist wie die meisten Leute, stattdessen will ich dir nun die Geschichte vom Chinchillabären und seinen Freunden erzählen.

In Grossstädten – und auch in kleinen Städten – gibt es Leute, die anderen Häuser und Wohnungen verkaufen. Solche nennt man Makler. Zettelmann war so ein Makler. Er hatte schon vielen merkwürdigen und originellen Leuten Häuser und Wohnungen verkauft, aber als der Chinchillabär an einem Nachmittag im Frühling die Geschäftsräume betrat, wäre dem Zettelmann fast der Kugelschreiber aus dem Mund gefallen. So ein Kerlchen hatte er noch nie zu Gesicht bekommen.

Klein und graubraun war es, mit spitzen Ohren, langen Schnurrhaaren, einem langen weissen Bauch vorne, einem kurzen Schwänzchen hinten und buschigen Augenbrauen, wie eben Chinchillabären so aussehen. Aber das weisst du ja sicher schon.

Der Chinchillabär setzte sich still auf einen Stuhl vor Zettelmanns Schreibtisch und sah neugierig auf die vielen Zettel, die überall herumlagen. Da fielen seine verspielten, lebhabten und braunen Augen auf ein Photo. Bevor Zettelmann etwas fragen konnte, hatte sich der Chinchillabär schon das Photo geschnappt.

„Uii, so ein feines Häuschen!“ sagte der Chinchillabär andächtig und leise.

„Das ist aber nur eine Gartenlaube!“ erklärte Zettelmann. „Man kann nicht darin wohnen, das ist nur so etwas worin man an schönen Sommernachmittagen sitzt und Kuchen isst, es gehört zu diesem Haus da, sehen Sie, es hat einen grossen Garten, und da ist eben diese Gartenlaube ein Teil davon!“ belehrte Zettelmann.


Der Chinchillabär stellte sich vor, wie er mit seinen Freunden, dem Tigereichhorn und dem Blumenpferd vornehm an einem runden Tisch in der Gartenlaube sitzen würde und Kuchen anbieten würde.

„Schade, es ist so schön braun, sowohl innen und aussen, genau nach meinem Geschmack...“ brummte er. Braun war nämlich seine Lieblingsfarbe, genauer gesagt, schokoladenbraun.

„Auf den Kuchen könnte ich notfalls verzichten!“, fügte er noch hastig hinzu, sah aber sofort ein, dass diese Bemerkung unnotwendig gewesen war.

Da plötzlich bekam Zettelmann einen seiner guten Einfälle. Schon seit fast vierzehn Jahren hatte er vergebens versucht, ein altes Haus im Wald zu verkaufen, das niemandem gefiel, weil es innen lauter dunkelbraune Tapeten hatte. Dazu auch noch viel zu kleine Fenster und es waren auch viele Sachen daran zu reparieren. „Warten Sie, ich hätte da etwas für Sie, ja, das könnte Sie interessieren!“

Schon hatte er damit begonnen, einen Karton mit Zetteln durchzuwühlen. Schnell hatte er den Zettel mit dem Haus im Wald mit den braunen Tapeten hervorgekramt.

Der Chinchillabär machte grosse Augen, als er die Beschreibungen und Fotos sah. Das Haus war auch viel billiger als alle die anderen Häuser, die Zettelmann anbieten konnte. Aber plötzlich fiel dem Chinchillabären ein, dass er ja überhaupt kein Geld hatte und er wurde sehr traurig.

„Macht nichts!“ rief Zettelmann aus. Er hatte schon die Gedanken seines Gegenübers gelesen. Das hatte er nämlich auf der Maklerschule gelernt.

„Sie können es umsonst haben, ich muss es nämlich sonst zwangsversteigern lassen, und das würde mir nur Unkosten und Ärger einbringen. Ich habe auch keine Zeit dorthin zu reisen. Es liegt nämlich weit weg von hier auf einer Insel in einem See, der wiederum auf einer Insel liegt. Eine sehr schöne Gegend.“

Der Chinchillabär wurde ganz unruhig vor Aufregung und wäre fast vom Stuhl gerutscht. Zettelmann erklärte weiter:

„Diese grössere Insel heisst Brummholm. Wie Sie vielleicht gehört haben, hat sich Brummholm ja vor fünf Jahren selbstständig gemacht und eine eigene Regierung eingesetzt. Sie werden also auswandern müssen. Es soll aber kein Problem sein, dort hinzuziehen und Arbeit zu bekommen. Wenn Sie darin wohnen wollen, können wir gleich einen Vertrag machen und Sie bekommen die Schlüssel noch heute!“

Ja, so kam es, dass der Chinchillabär und seine Freunde Hausbesitzer wurden. Die lange Entfernung und isolierte Lage und das mit dem Auswandern schreckte ihn nicht ab. Er und seine Freunde hatten schon lange davon geträumt, wegkommen zu können von der Grossstadt. Sicherlich würden sie sich genau so freuen wie er selber.

Vom Chinchillabären und seinen Freunden

Подняться наверх