Читать книгу Wille und das Ungeheuer vom Vechtesee - Mathias Meyer-Langenhoff - Страница 12

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Überraschende Begegnung

„Hallo Junge, da bist du ja endlich.“ Wille merkte sofort, dass seine Mutter diesen typischen Ausdruck von Ärger und Erleichterung in der Stimme hatte. Ärger, weil er später nach Hause gekommen war als erwartet, und Erleichterung, weil er gesund und munter schien.

„Tut mir leid, Mama, aber ich habe Andy getroffen und wir haben schon ein bisschen Mathe geübt. Er schreibt nächste Woche eine Arbeit.“ Wille wusste, dass das seine Mutter sofort besänftigen würde, denn sie fand es gut, wenn er Andy unterstützte und ihr Sohn trotz der unterschiedlichen Schulen, auf die sie gingen, weiter mit ihm befreundet blieb. Deshalb freute sie sich, dass er ihn zum Mittagessen mitgebracht hatte.

„Schön, dass du auch da bist, Andy. Es gibt heute Reis mit Currysoße und Hähnchenfleisch!“

„Superlecker, Frau Willerink, das ist voll mein Lieblingsessen.“

„Meins auch, Mama, meins auch!“, rief Wille, der sich gerade im Bad die Hände wusch.

„Dann kommt endlich an den Tisch, damit wir anfangen können.“

Die beiden Freunde langten zu, als hätten sie seit Wochen nichts mehr bekommen. „Wo lasst ihr das nur alles, Jungs?“, schüttelte Frau Willerink den Kopf.

„Kann ich was dafür, wenn du so lecker kochst?“, grinste Wille und nahm sich einen letzten Nachschlag. „Danke, Mama, hat gutgetan“, stöhnte er, nachdem er seinen Teller leer geputzt hatte. „Wir gehen dann jetzt nach oben.“

„So haben wir nicht gewettet, junger Mann, ihr werdet jetzt beide die Küche aufräumen. Ich habe schließlich gekocht!“

Seufzend schob Wille den Stuhl vom Tisch und räumte mit Andy das Geschirr in die Spülmaschine. „Dann noch Tisch abputzen, fegen und die Spüle und den Herd sauber machen“, sagte er zu Andy, „ich bin schon mal auf meinem Zimmer. Wenn du fertig bist, kommst du nach, ja?“

Jetzt war es an Andy zu seufzen, aber er wusste, dass Wille in praktischen Sachen zwei linke Hände hatte, und erhob keinen Einspruch.

Als er nach getaner Arbeit Willes Zimmer betrat, saß sein Freund vor dem PC. „Wonach suchst du?“, wollte Andy wissen.

„Nach der Nummer unseres Superreporters.“

„Was willst du denn von dieser Senfgurke?“

„Der soll mir erzählen, was er vielleicht außer dem, was in dem Artikel steht, noch von Frau Schmid erfahren hat.“

„Lohnt sich das? Der sagt doch sowieso nichts.“

„Abwarten.“ Wille tippte die Nummer in sein Handy, stellte es auf laut und hatte Watermann Sekunden später am Apparat. „Hallo Herr Watermann, hier ist Wille, wie geht es Ihnen?“, säuselte er.

„Ach, der Herr Detektiv. Du willst doch nicht wirklich wissen, wie es mir geht. Also, warum rufst du an?“, raunzte der Reporter.

„Na gut, abgesehen davon, dass ich wirklich an Ihrem Wohlergehen interessiert bin, wollte ich fragen, ob Sie persönlich bei Frau Schmid waren, bevor Sie den Artikel über sie geschrieben haben, und uns darüber etwas erzählen können.“

„Ich sag’s mal so: Das geht euch einen feuchten Kehricht an.“

„Das heißt also, Sie waren bei ihr.“ Wille hob den Daumen und grinste Andy an. „Das reicht mir eigentlich schon als Auskunft. Schönen Tag noch.“ Bevor Watermann etwas erwidern konnte, hatte Wille aufgelegt. „Okay, er wittert wohl eine größere Story und wird weiter herumschnüffeln.“

„Na gut, dann wird das unser neuer Fall“, antwortete Andy, „und jetzt?“

„Wir gucken uns genau die Stelle an, wo das angebliche Ungeheuer im Vechtesee aufgetaucht sein soll“, schlug Wille vor, „vielleicht finden wir ja noch brauchbare Spuren.“

„Sofort?“

„Ja, abends, wenn’s dunkel ist, sehen wir ja nichts.“ Sie verließen Willes Zimmer und eilten nach unten.

„Halt, Jungs, wohin des Weges?“ Frau Willerink genoss ihren freien Tag und brachte den Garten auf Vordermann.

„Wir müssen zum Vechtesee, Mama, ich brauche für Bio morgen eine Wasserprobe.“

„Ach so, na dann viel Erfolg. Worin willst du die Probe denn transportieren?“

Wille klopfte auf seine Tasche. „Hab hier ein Röhrchen.“ Bevor seine Mutter noch mehr fragen konnte, waren sie schon in der Einfahrt des Hauses und sprangen auf ihre Räder.

Sie fuhren am Nordhorn-Almelo-Kanal entlang und erreichten kurze Zeit später den Vechtesee. Dort stellten sie ihre Räder ab und gingen über den Kiesschlackeweg bis zu der Stelle, die ihnen Frau Schmid beschrieben hatte. Das Ufer war sehr stark mit Schilfgras bewachsen, sodass sie zunächst das Wasser gar nicht sehen konnten. Doch nach wenigen Metern kamen sie zu einem Durchgang, den auch die Angler nutzten, um sich dort mit ihren Campingstühlen und Angelruten niederzulassen.

„Dann wollen wir erst mal einen Blick auf den See werfen“, meinte Andy. Sie standen auf dem etwas glitschigen Matschstreifen und schauten über die silbern glänzende Wasseroberfläche nach rechts Richtung Reiterbrücke und nach links zum Anker. Außer dem einen oder anderen Tretboot in der Nähe der Anlegestelle war nichts zu sehen. „Ehrlich gesagt kann ich mir voll nicht vorstellen, dass hier irgendetwas Großes im Vechtesee herumschwimmt und bisher nur eine Frau erschreckt hat.“

Wille zuckte mit den Schultern. „Ich auch nicht, aber ich glaube nicht, dass die Frau Schmid einfach nur spinnt. Komm, lass uns noch mal auf dem Weg nach Spuren suchen. Vielleicht fällt uns ja doch noch was auf.“

Sie drehten sich um und gingen zurück. Gerade hatten sie den Schilfgürtel verlassen, als plötzlich hinter ihnen ein lautes Rauschen zu hören war, als käme die Vechteschute, die den alten, typischen Flussbooten nachgebaut worden war, mit Hochgeschwindigkeit auf das Ufer zugerast. Vor Schreck warfen sich Andy und Wille auf den Boden. Zuerst hörten sie ein markerschütterndes Brüllen, dann klatschte irgendwas mit einem lauten Knall auf das Wasser, als hätte jemand eine super Arschbombe gesprungen. Ehe sie wieder aufstehen konnten, wurden sie von einer riesigen Wasserfontäne bis auf die Haut durchnässt.

„Verdammt, was ist denn das für eine Sauerei?“, fluchte Andy, während Wille sich sofort wieder aufrappelte und blitzartig zum Ufer zurückrannte.

Andy musste sich erst von dem Schreck erholen und saß noch auf dem Boden, als er Wille rufen hörte: „Das gibt’s doch nicht, nein, ich fasse es nicht, das Ungeheuer vom Vechtesee lebt!“ Jetzt sprang auch Andy auf und lief zu seinem Freund, der noch immer völlig entgeistert auf das Wasser starrte und mit dem Finger auf die Seemitte zeigte. „Da ... da ist es untergetaucht!“

„Was denn, Wille, was ist da untergetaucht?“

„Das Ungeheuer vom Vechtesee, wirklich, es gibt eins. Dunkelgrün oder schwarz, mit langem, schuppigem Schwanz, riesigem Kopf ... ich hab’s nur von hinten gesehen, aber es sah voll echt aus!“

„Fängst du jetzt auch an zu spinnen? Das ist doch alles Kinderkacke. So ein Tier kann hier gar nicht herumschwimmen.“

„Verdammt, ich hab’s doch auch nicht geglaubt, aber jetzt hab ich es mit eigenen Augen gesehen.“ Wille schüttelte noch immer ungläubig seinen Kopf.

Andy sah seinen Freund an, so hatte er ihn tatsächlich noch nie erlebt, der coole Checker war völlig durcheinander. Es musste also doch irgendetwas dran sein an dieser Geschichte. Er klopfte Wille auf die Schulter. „Also gut, gehen wir davon aus, dass du wirklich so ein Vieh gesehen hast, auch noch so groß. Aber wie ist es in den kleinen Vechtesee gekommen? Wieso hat es bisher außer Frau Schmid noch niemand gesehen?“

Wille zuckte mit den Schultern. „Weißt du was? Wir fahren jetzt zu dir“, sagte er, „ist besser so. Wenn wir meiner Mutter erklären müssen, warum wir so nass sind, gibt es nur Ärger. Wir sollten uns nämlich so schnell wie möglich mit einem berühmten Vorbild beschäftigen.“

„Was für ein Vorbild?“

„Das Ungeheuer von Loch Ness. Es gibt in Schottland einen See, Loch Ness, wo auch immer wieder Leute ein Urviech gesehen haben wollen.“

„Alles klar“, antwortete Andy, „das klingt nach einer guten Idee. Vielleicht hat da ja wirklich jemand abgekupfert.“

Andys Mutter hatte Spätschicht und würde erst gegen zehn Uhr abends nach Hause kommen, da hatten sie ihre Ruhe.

Wille und das Ungeheuer vom Vechtesee

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