Читать книгу Wille und das Ungeheuer vom Vechtesee - Mathias Meyer-Langenhoff - Страница 14
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Auf den Spurenvon Loch Ness
Im Hochhaus auf der Kanalstraße war mal wieder der Aufzug kaputt. Langsam und schweigend stiegen sie im Treppenhaus zum achten Stock hinauf. Andy schloss die Tür auf. Wie so oft roch es in der Wohnung muffig, deshalb riss er sofort die Fenster im Wohnzimmer auf. Er wusste, dass Wille der Geruch störte, aber es war nun mal immer etwas feucht.
Andy holte für sich und Wille ein paar trockene Sachen aus seinem Kleiderschrank, während Wille Andys Laptop hochfuhr. Nachdem sie sich umgezogen hatten, gab Wille im Internet den Begriff Loch Ness ein. „So, jetzt pass mal auf“, sagte er mit einem leichten Lehrerton in der Stimme.
„Sehr gerne, Herr Professor, ich werde Ihrem Vortrag wie immer mit großer Andacht lauschen“, gab Andy spöttisch zur Antwort.
„Mann, so war das nicht gemeint. Ich hab halt schon mal nachgeguckt und will dich eigentlich nur schlau machen.“
„Natürlich, die Dummen schlau machen, das kann der Herr Professor, das ist ja auch seine Aufgabe.“
„Jetzt hör endlich auf, stellst dich doch sonst auch nicht so an.“ Wille wurde wirklich langsam sauer, schließlich wollten sie in ihren Ermittlungen weiterkommen, es war jetzt keine Zeit für Empfindlichkeiten. Trotzdem entschuldigte er sich, denn er wusste, dass ihm ab und zu solche Sätze herausrutschten. Kränken wollte er Andy damit nicht, denn ohne ihn ginge nämlich in ihren Ermittlungen gar nichts voran.
„Ist schon gut. Was genau ist jetzt mit Loch Ness?“ Andy war schon wieder versöhnt. Ihm ging es nur darum, seinen Freund ab und zu mal vor dem Abheben zu warnen.
„Loch Ness ist ein See in Schottland. Er ist in der Eiszeit entstanden, fast 37 Kilometer lang und im Durchschnitt ungefähr 1,5 Kilometer breit. Gegen Ende der Eiszeit, vor etwa 12.000 Jahren, war Loch Ness vermutlich noch eine Meeresbucht, steht hier. Danach wurde das Land vom Meer abgeschnitten.“
„Wieso das denn? Wer hat denn da die Schere rausgeholt?“, grinste Andy.
„Niemand natürlich, also irgendwie schon, und zwar die Eiszeit. Denn als das Eis verschwand, stieg das Land an und deshalb wurde der Meereszugang abgeschnitten.“ Andy nickte. „Weißt du, wie tief der See ist?“, fuhr Wille fort.
„Keine Ahnung.“
„Fast 230 Meter, Loch Ness ist der zweittiefste See auf den britischen Inseln.“
„Und der Vechtesee?“
„Ich habe mal einen vom Anglerverein gefragt, wahrscheinlich zehn Meter.“
„Und was hat jetzt Loch Ness mit dem Vechtesee zu tun?“
„Ganz einfach, im Loch Ness soll angeblich auch ein Ungeheuer sein. Es gibt immer wieder Leute, die behaupten, es gesehen zu haben.“
„Ach, deshalb die Überschrift von Superreporter Watermann.“ Andys Interesse stieg jetzt merklich an. „Wie sieht denn das Ungeheuer von Loch Ness aus?“
„So ähnlich wie unseres. Die Leute haben es meist als so eine Art Riesenschlange beschrieben. Hier, es gibt sogar Fotos.“ Wille zeigte ihm ein Bild, auf dem tatsächlich der Kopf einer Riesenschlange zu sehen war. „Das hat angeblich ein Typ im Jahr 1977 gemacht.“
„Sieht komisch aus. Wirklich wie eine Schlange, aber der Kopf ist ziemlich klein, oder?“
„Ja, stimmt, soll an irgendeine Saurierart erinnern, Plesiosaurus oder so ähnlich. Aber die Wissenschaftler meinen, das könnte nicht sein, dafür wäre der See nicht groß genug. Die vom britischen Fernsehen haben den ganzen See schon mal mit Strahlen abgesucht, aber nichts gefunden. Deshalb können es auch irgendwelche anderen Tiere, Fische und so, gewesen sein. Oder die meisten haben sich das eingebildet.“
„Aber was ist mit dem Foto? Sieht doch ziemlich echt aus.“
„Ist eine Fälschung, die meisten waren Fälschungen.“
Andy lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Schade eigentlich, so ein Ungeheuer im See wäre doch eine Megasache.“
„Ja, genau das haben die Leute in Schottland wohl auch gedacht. Hier, das ist scharf. Da steht, die meisten Leute haben das Ungeheuer 1933 gesehen. Da gab es einen berühmten Film, King Kong, ein Riesengorilla, der in New York ausgebrochen und dann aufs Empire State Building geklettert ist. Danach ist den Leuten wohl die Fantasie durchgegangen.“
„Ach, King Kong kenn ich, ist danach ja noch ein paarmal verfilmt worden. Dann ist unser Fall also gelöst. Wie soll irgendein Riesenvieh in den Vechtesee kommen, der außerdem nur zehn Meter tief ist?“
„Keine Ahnung. Aber vielleicht ein ausgesetztes Krokodil? Das hat ja auch einen langen Schwanz, zumindest wenn man nicht so genau hinguckt. Irgendwann ist in einem anderen See in Deutschland so etwas passiert, aber das war nur ein kleiner Kaiman.“
„Hm“, meinte Andy und kratzte sich am Kopf, „was soll das denn jetzt alles bedeuten? Erst flippst du völlig aus, weil du ein Ungeheuer gesehen haben willst, und jetzt, wo ich gerade anfange, dir deine bescheuerte Idee abzunehmen, erzählst du mir diese Loch-Ness-Story und machst alles wieder kaputt. Also, Alter, was ist jetzt Sache?“
„Ich weiß es auch nicht genau. Aber irgendwie müssen wir doch nach Erklärungen suchen. Was ich gesehen habe, habe ich gesehen. Die Frage ist nur, was es wirklich war und wo es herkommt.“
„Okay, du hast also zwei Ideen. Entweder Krokodil oder Spinner, die die Leute verarschen wollen.“ Wille nickte. „Gut, dann würde ich vorschlagen, wir gehen der zweiten Idee nach.“
„Genau, irgendetwas paddelt im Vechtesee auf jeden Fall herum.“