Читать книгу Die Hexe Rixt van het Oerd - Mathias Meyer-Langenhoff - Страница 13

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Die Begegnung am Geheimversteck

Am nächsten Morgen hatten wir es ziemlich eilig, zu Franzens zu kommen. Papa und Mama saßen schon beim Frühstück.

„Ich soll euch von Katja ausrichten, dass ihr euch um 10.00 Uhr treffen wollt“, sagte Papa. Er hatte sie beim Brötchenholen getroffen. „Es schien wohl ziemlich wichtig zu sein. Habt ihr irgendwas Bestimmtes vor?“

„Ähm nein, ja, wir ... wir wollen zusammen an den Strand und Muscheln suchen, zum Ketten basteln.“ Die Ausrede gefiel mir, sie klang ganz gut.

„Wie kommst du denn darauf?“, meinte Meike und schaute mich verwundert an.

Ich trat gegen ihr Bein.

„Ach, stimmt ja, das hätte ich fast vergessen“, sagte sie schnell.

Unsere Eltern sahen sich an und Mama zog leicht ihre Augenbrauen hoch. „Na ja, dann nehmt doch die Tragetasche mit, darin könnt ihr eure Muscheln sammeln.“ Sie hatte immer praktische Ideen, auch wenn wir die Tasche jetzt eigentlich gar nicht gebrauchen konnten. „Ihr seid aber gegen halb eins zurück!“

Mit einem: „Klar, Paps!“, sausten wir nach draußen.

Die anderen saßen schon bei Franzens, bis auf Lara und Paula, die seit einer Stunde vor der Pension Wache hielten. „Und, was ist gestern Abend passiert?“, fragten Meike und ich wie aus einem Mund.

„Wir sind noch bis kurz vor Mitternacht vor der Pension geblieben“, antwortete Hanjo.

„Nach dem Schwimmen haben Katja und ich so getan, als wären wir total kaputt. Dann sind wir ins Bett und kurze Zeit später durch unser Zimmerfenster abgehauen. Ich glaube, wir waren gerade fünf Minuten da, als Walross, der kleine Dicke mit dem Schnauzbart, und der Große mit der Nackenlocke mit Fahrrädern in die Dünen fahren wollten.“

„Woher wusstet ihr, dass sie dorthin fahren wollten?“, staunte ich.

„Ich konnte hören, wie der Dicke jemanden nach dem Weg fragte. Wir sind dann hinterher.“

„Die suchen eine Galionsfigur von einem Schiff, das irgendwann mal am Strand von Ameland gekentert sein soll“, erklärte Katja.

„Was ist denn eine Galionsfigur?“, wollte Olli wissen.

„Eine Art Verzierung am Bug von Segelschiffen. „Mehr weiß ich auch nicht. Walross jedenfalls will die Figur unbedingt wiederhaben, um endlich sein Geld kassieren zu können.“

„Wieso Geld und was heißt wiederhaben?“, erkundigte ich mich.

„Keine Ahnung“, antwortete Katja.

„Und wieso ist diese Figur ausgerechnet hier in Hollum in den Dünen?“, fragte Meike.

„Weiß ich auch nicht. Aber sie haben in der Nähe unseres Geheimverstecks fast alles umgegraben“, raunte Hanjo aufgeregt.

„Und, haben sie was gefunden?“ Olli rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.

„Nein, Walross war deshalb auch stinkesauer und hat den Großen die ganze Zeit angemeckert. Wollt ihr wissen, was der dann gemacht hat?“

„Klar, jetzt erzähl schon“, antwortete ich ungeduldig.

„Er hat den Dicken gepackt, ihn in die Luft gestemmt und durchgeschüttelt wie eine Puppe.“ Wir waren echt beeindruckt. Leicht war die Kugel auf zwei Beinen bestimmt nicht. „Walross hat keinen Ton mehr gesagt und dann sind sie zurück zu ihrer Pension.“ Hanjo schaute uns erwartungsvoll an.

Olli sprang begeistert hoch. „Cool, jetzt suchen wir die Figur, kassieren eine fette Belohnung und können bis zum Ende der Ferien Pommes und Frikandel spezial essen!“ Dazu machte er einen Handstand.

„Jetzt stell dich mal wieder auf die Füße“, meinte Pit, der mit seinem Lieblingsspielzeug, dem Fußball, jonglierte. „Aber du hast recht, die Idee ist gar nicht so schlecht.“

„Genau. Wir fahren jetzt zu unserem Geheimversteck und suchen sie. Vielleicht haben wir ja mehr Glück als die Typen. Zwei von uns sollten die beiden aber beobachten, um rechtzeitig Bescheid zu sagen, falls sie wieder auftauchen“, schlug ich vor.

„Okay, so machen wir’s“, nickte Hanjo.

„Na, was habt ihr denn hier für eine geheime Beratung?“, fragte Heike, die in den Garten gekommen war.

„Das willst du doch nicht wirklich wissen, Mama“, antwortete Hanjo, „schließlich hast du selbst gesagt, die Beratung sei geheim.“

„Wir haben gerade überlegt, zum Strand zu fahren, um dort Fußball zu spielen“, antwortete Pit geistesgegenwärtig.

Wir stimmten schnell zu, sodass es für Heike wohl ziemlich echt aussah. Jedenfalls fragte sie nicht weiter nach, sondern hielt es für eine gute Idee.

„Seid ihr gegen Mittag wieder zurück? Papa will nämlich kochen.“

„Na klar, Mama, Hauptsache es gibt Spaghetti!“, rief Pit noch, während wir schon losrannten, um Paula und Lara in unseren Plan einzuweihen. Sie hielten seit einer Stunde vor der Pension Wache, hatten aber bis jetzt nichts Auffälliges bemerkt.

„Walross stand eben vor der Tür zum Telefonieren. Ich schätze, es war sein Boss, denn er sagte fast nichts außer: „Ja, ja ...“, und dazu machte er ein ziemlich ernstes Gesicht. Im Augenblick sind sie drinnen“, berichtete Paula. Sie und Lara waren einverstanden, die Typen weiter zu beobachten, während wir nach der Figur suchten.

„Sobald sie sich in Richtung Dünen bewegen, müsst ihr uns warnen!“, sagte Hanjo.

„Selbstverständlich, Herr Professor“, meinte Lara schnippisch, „darauf wären wir jetzt ohne dich sicher nicht gekommen.“

„Am besten fangen wir oben an und arbeiten uns langsam nach unten. Wenn wir eine Kette bilden, dürfte uns eigentlich nichts entgehen“, schlug Hanjo vor, als wir vor unserem Versteck in den Dünen standen.

Wir begannen, fast jeden Zentimeter von oben bis unten durchzuwühlen, und fanden dabei alles Mögliche: einen Badeschuh, einen alten Ball, eine Brille mit einem Bügel, drei Dosen Sonnencreme, aber keine Galionsfigur. Meike und ich sammelten nebenbei einige Muscheln in unserer Tasche. Wir saßen gerade enttäuscht wieder vor unserem Treffpunkt, als Paula und Lara auftauchten. „Sie sind kurz hinter uns. Walross hat gesagt, sie wollen jetzt noch mal alles umgraben. Wir müssen verschwinden, sie werden jeden Augenblick hier sein!“, rief Lara aufgeregt.

Wir sprangen auf und versteckten uns im Gebüsch, das uns einigermaßen Deckung bot. Nur wenige Augenblicke später sahen wir die beiden Männer kommen. Walross schnaufte und schwitzte, mit kleinen Schritten schob er seinen dicken Bauch die Düne hoch. Obwohl die Sonne schon heiß vom Himmel schien, trug er wieder seinen Anzug, die Brille und den großen Hut. Nackenlocke folgte ihm in kurzen Jeans, er hatte Sandalen an den Füßen und seinen großen Brustkorb in ein T-Shirt gezwängt, sodass wir neben seinen enormen Muskelbergen auch seine Tattoos gut sehen konnten. Auf dem linken Oberarm trug er ein großes Segelboot, auf dem rechten hatte er sich ein flammendes Schwert tätowieren lassen. In einer Hand hielt er eine Schaufel. Ich duckte mich flach auf den Boden. Beide standen direkt vor unserem Geheimversteck.

Walross sah sich um und schien zu überlegen, wo sie mit ihrer Suche von gestern weitermachen sollten. „Pass mal auf, Lu“, sagte er. „Ich bleibe jetzt hier und zeige dir die Stellen, die wir noch nicht gründlich genug untersucht haben. Immer wenn ich’s dir sage, nimmst du die Schaufel und gräbst nach der Galionsfigur, klar?!“

„Moment Mal, Walter, gestern Abend hast du gesagt, heute würdest du graben. Ich habe doch schon geschuftet wie ein Bagger.“

„Du weißt genau, dass ich mich nicht bücken darf, mein Arzt hat mir jede Anstrengung verboten.“

Ich konnte deutlich Walross’ unverschämtes Grinsen sehen. Ächzend setzte er sich in den Sand und forderte Nackenlocke auf, ein paar Meter weiter rechts mit der Arbeit anzufangen. Wir saßen fest. Meike, die direkt neben mir lag, wisperte: „Was sollen wir denn jetzt machen? Sobald wir uns bewegen, werden sie uns bemerken.“

„Keine Ahnung, wir müssen eben abwarten.“

Noch während ich das sagte, hörte ich plötzlich Olli schreien. „Lass mich los, wenn du mich nicht sofort loslässt, werden meine Freunde dich fertigmachen, außerdem kommt mein Vater und sagt dir seine Meinung!“

Nackenlocke hatte Olli am Hosenbund gepackt. Er hielt ihn mit seinem rechten Arm hoch in die Luft, sodass es aussah, als wäre er bei seinen ersten Schwimmübungen. „Hey, Walter, guck mal, wen ich hier gefunden habe!“

Walross stand auf und ging auf Nackenlocke und den zappelnden Olli zu. „Na, Kleiner, bist du alleine oder hast du noch irgendwo Freunde? Was machst du hier eigentlich?“

„Das sage ich nicht, das geht euch gar nichts an, lass mich jetzt endlich los!“ Ollis Stimme wurde schriller und klang jetzt auch nicht mehr mutig, sondern bereits etwas weinerlich. Nackenlocke lachte laut und dröhnend.

Plötzlich sah ich Pit hochspringen und seinen Fußball, den er immer dabei hatte, mit aller Kraft auf Nackenlockes Rücken schießen. Das war wie ein Signal für uns. Laut schreiend sprangen wir auf und warfen mit Sand nach den beiden Kerlen. „Verdammte Bande, was soll das eigentlich, wo kommt ihr her?“ Walross schnaubte überrascht und ziemlich ärgerlich, auch Nackenlocke schien auf unseren Überraschungsangriff nicht gefasst zu sein. Er ließ ihn fallen und versuchte, sich den Sand aus den Augen zu reiben. Sofort rappelte Olli sich auf und zusammen rannten wir zu unseren Fahrrädern. So schnell wir konnten, rasten wir zurück nach Hollum.

„Denen haben wir es aber gegeben, habt ihr gesehen, wie ich dem Großen meine Meinung gesagt habe?“, keuchte er, als wir ausgepumpt bei Franzens auf dem Rasen saßen. „Mann, war ich gut, der weiß jetzt absolut, mit wem er es zu tun hat, mit Olli, dem Superman!“

„Ja, absolut, jetzt halt endlich deine Klappe. Was wäre gewesen, wenn er dich nicht wieder losgelassen hätte? Dann könntest du nicht so große Töne spucken. Außerdem solltest du dich ruhig mal bei Pit bedanken. Wenn er nicht die gute Idee mit dem Fußball gehabt hätte, würden die beiden dich wahrscheinlich jetzt noch ausquetschen.“

„Hör auf zu meckern“, sagte ich, „wir sollten lieber überlegen, was wir machen. Olli werden sie jetzt auf jeden Fall wiedererkennen. Und außerdem wissen sie, dass wir sie belauscht haben. Also müssen wir ab heute vorsichtiger sein.“

„Hannah hat recht“, schaltete sich Katja ein, „die beiden werden jetzt bestimmt genau darauf achten, ob sie jemand verfolgt. Wir müssen uns erst mal mit dieser Galionsfigur beschäftigen. Vielleicht wissen die in dem Museum mehr. Morgen fahren wir zusammen mit dem Rad nach Buren.“

„Gute Idee“, fand Paula. „Papa muss noch arbeiten. Aber Mama können wir bestimmt sofort dazu überreden.“ Rainer, Paulas Papa, war Musiklehrer und schrieb in den Ferien manchmal an Kompositionen für einen Chor.

Wir beschlossen also, unseren Eltern Buren und das Museum schmackhaft zu machen. Das Dorf lag am anderen Ende der Insel.

„Na, Kinder, schon zurück vom Strand?“ Uli schlug Pit freundschaftlich auf den Rücken. Er zuckte zusammen. Aber als er seinen Vater erkannte, hatte er sich sofort wieder in der Gewalt. „Was ist denn mit dir los?“, meinte Uli. „Du bist doch sonst nicht so schreckhaft.“

„Mann, Papa, ich dachte schon, hinter mir steht der gefährlichste Verteidiger der Welt“, grinste Pit. Er dachte irgendwie immer an Fußball.

„Ich wollte euch zum Essen rufen“, antwortete Uli. Für den Nachmittag verabredeten wir uns am Strand. Die Sonne schien und kein Windhauch wehte. An Nackenlocke und Walross dachten wir kaum. Die Idee, nach Buren zu fahren, fanden alle Eltern gut, und wir wollten uns am nächsten Tag mit Proviant, Badezeug und Fahrrädern vor Franzens Haus treffen.


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