Читать книгу Petrus Canisius - Mathias Moosbrugger - Страница 26

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Als im Alter von knapp 20 Jahren schließlich für ihn der Zeitpunkt der hochoffiziellen Entscheidung für das Leben als Kartäusermönch gekommen war, schien das eigentlich nur noch Formsache zu sein.

Und dann war es plötzlich, als hätte jemand die Notbremse gezogen. Das hatte nichts damit zu tun, dass Peter 1539 auf Druck seines Vaters für kurze Zeit zum Kirchenrechtsstudium an die Universität Löwen gegangen und er damit aus seiner geistlichen Heimat im Umfeld der Kölner Kartause herausgerissen worden war. Der 18-jährige Peter hatte schon in Köln über seinen väterlich verordneten juristischen Studien die Lust an einem Leben der radikalen Gottsuche nicht verloren und er verlor sie auch während dieses Löwener Intermezzos nicht. Aber es schien, als sei er mit einem Mal im Sprung gehemmt. Er hatte mit seinem Studienfreund Laurentius Surius eigentlich eine gegenseitige Übereinkunft gehabt, dass demjenigen, der sich zuerst zum Ordenseintritt entschließen würde, der jeweils andere folgen würde.125 Als Surius allerdings im Februar 1540 erwartungsgemäß der Kölner Kartäusergemeinschaft beitrat, konnte sich Peter nicht dazu durchringen, wie ausgemacht den gleichen Schritt zu machen. Zwar legte er nur zwei Tage später am Mathiastag ein privates Keuschheitsgelübde ab, wie um sich selbst und seiner Umgebung mit allem Nachdruck zu beweisen, dass es ihm nicht plötzlich an religiösem Eifer fehlte. Und kurz darauf hängte er die von seinem Vater forcierte Juristerei endgültig an den Nagel und begann das Theologiestudium. Aber wohin genau ihn dieses Studium und sein geistlicher Weg insgesamt führen sollten, war unklarer denn je; er geriet in einen unerwarteten existenziellen „Wartezustand“126.

Im Rückblick hat er sein Zögern, die Schwelle ins offizielle Kartäuserleben zu überschreiten, damit erklärt, dass ihm seine fromme Großtante Reinalda van Eymeren Mitte der 1530er Jahre noch vor seiner Abreise aus Nimwegen Richtung Köln prophezeit hatte, er werde sich eines Tages einem noch unbekannten Priesterorden anschließen.127 Auf diesen Priesterorden habe er warten wollen. Aus dem Blickwinkel des altgewordenen Petrus Canisius, der diese Erklärung kurz vor seinem Tod 1597 in sein geistliches Testament hineingeschrieben hat, lag diese Deutung nahe. Man muss aber kein Gedächtnisforscher sein, um zu wissen, dass auch scheinbar verlässliche Erinnerungen trügerisch sein können, gerade dann, wenn man wie der alte Petrus Canisius daran arbeitete, das eigene Leben als eine von der göttlichen Vorsehung geleitete Geschichte zu erzählen.128 Ob der Gedanke an die Worte von Reinalda van Eymeren schon den jungen Peter Kanis im Blick auf seine Zukunft tatsächlich so stark beschäftigt und motiviert hat, wie das Testament es behauptet, ist nämlich zumindest fraglich. So hoch er mystische Visionen und Prophezeiungen auch schon als junger Mann geschätzt hat, dürfte eine solche einzelne Bemerkung wie die seiner Großtante wohl doch eher nicht der Grund für ihn gewesen sein, sich gegen ein Leben als Kartäuser zu entscheiden. Zu sehr hatte er sich über Jahre hinweg mit Begeisterung auf alles Kartäusische eingelassen, als dass man bei ihm einen seit Jahren schwelenden Vorbehalt zu Gunsten eines ominösen unbekannten Priesterordens annehmen dürfte. Zu klar und zu konkret hatte er sich auf ein Leben als Kartäuser vorbereitet. Die banale Wahrheit dürfte sein: Er wollte wirklich kartäusisch leben – aber als es ernst damit wurde, merkte er mit einem Mal, dass ihm in diesem Lebensmodell unerwarteterweise doch etwas fehlte. Das Frustrierende: Er wusste offenbar vorläufig selbst nicht, was genau das war. Man kann darüber spekulieren, ob ihm schon in dieser Zeit die Erinnerung an Reinaldas Prophezeiung geholfen hat, mit seiner Entscheidung gegen das Kartäuserleben psychologisch fertig zu werden. Der eigentliche Grund für die unerwartete Vollbremsung auf seinem geistlichen Weg wird diese Prophezeiung aber wohl nicht gewesen sein.

Petrus Canisius

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