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a) Existenzvernichtung einzelner Gemeinden (Bsp.: territoriale Neugliederung)

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Da Art. 28 II 1 GG die Gemeinde grundsätzlich nicht individuell, sondern nur institutionell gewährleistet, wäre die einzelne Gebietskörperschaft nicht gegen ihre Auflösung gesichert. Angesichts des Stellenwertes der kommunalen Selbstverwaltung innerhalb der verfassungsrechtlichen Wertordnung haben jedoch das BVerfG und die Landesverfassungsgerichte zur Effektuierung der Garantie übereinstimmend betont, die Existenz der bestehenden Gemeinden stehe nicht etwa zur freien Disposition des Gesetzgebers, wenn nur hinreichend viele kommunale Körperschaften übrig blieben. Vielmehr bedürfe eine Neugliederung gegen den Willen der betroffenen Gebietskörperschaften, die ohnehin nur durch Gesetz erfolgen könne, der sachlichen Legitimation in Ansehung des öffentlichen Wohls, wie dies auch einfachgesetzlich in den Gemeindeordnungen seinen Niederschlag gefunden hat (vgl Art. 11 II 1 Nr 1, 2 bay.GO; § 11 I 1 m.v.KVerf.; § 24 I NKomVG; § 17 I GO NRW). Im Rahmen dieses Gemeinwohlvorbehalts sind maßgebliche verfassungsrechtliche Direktiven die Anhörungspflicht, das rechtsstaatliche Übermaßverbot und das hieraus abgeleitete Abwägungsgebot[13]. Hiergegen wird jedenfalls dann verstoßen, wenn[14]

keine rechtzeitige und hinreichende Anhörung der betroffenen Gemeinden stattgefunden hat,
der Gesetzgeber die maßgebliche Ausgangslage mangelhaft ermittelt hat oder in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Annahmen ausgegangen ist,
die Entscheidung offensichtliche Mängel bei den zugrunde liegenden Erwägungen, Wertungen und Prognosen erkennen lässt,
die Belastungen und Beeinträchtigungen für die neugegliederten Gebietskörperschaften und ihre Einwohner außer Verhältnis zu den Vorzügen der Neuordnung stehen (sog. Schaden-Nutzen-Bilanz),
bei umfassenden Neuordnungsprogrammen, wenn ohne hinreichende Begründung das zugrunde liegende System verlassen wurde (sog. Systemtreue oder Systemgerechtigkeit).

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Da kommunale Neugliederungen einen Eingriff in gewachsene selbstständige Gemeinwesen, die ihren Bürgern lokale politische Identifikation vermitteln, darstellen, müssen sie zudem dem Anspruch der Dauerhaftigkeit genügen[15]. Zu beachten ist jedoch, dass dem Gesetzgeber bei der strukturellen Neugliederung ein politischer Gestaltungsspielraum eingeräumt wird, der nach ständiger Rspr. nur eine eingeschränkte verfassungsrechtliche Kontrolle der im Wege der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffenen Neugliederung zulässt[16].

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