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b) Rechte und Pflichten
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aa) Die gewählten Ratsmitglieder haben umfassende Mitwirkungsrechte bei der Beratung und der Entscheidung in allen Gemeindeangelegenheiten[37]. Dabei besteht ein Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung, das sich nicht nur auf das Abstimmungsverfahren – gleicher Zählwert der Stimmen –, sondern auch auf die der Abstimmung vorausgehende Beratung bezieht[38]. Dieses umfasst auch ein umfassendes Informationsrecht und einen Anspruch auf angemessene Unterrichtung, wobei der Umfang der Angemessenheit vom Einzelfall abhängt[39].
Beispiel:
Personalunterlagen vor der Wahl eines Beigeordneten[40] oder der Bestellung eines Amtsleiters[41].
Einschränkungen dieser Mitwirkungsrechte bestehen nur nach Maßgabe gesetzlicher Ausschließungsgründe, so bei konkreten Einwänden[42] in Gestalt von möglichen unmittelbaren Vor- und Nachteilen einer Entscheidung für den Betreffenden oder einen seiner Angehörigen (vgl Art. 49 bay.GO; § 24 m.v.KVerf.; § 41 NKomVG; §§ 43 II, 31 GO NRW).
Die Möglichkeiten der Geltendmachung resp. die Rechtsfolgen einer Verletzung des Mitwirkungsverbots sind unterschiedlich geregelt. Gemäß Art. 49 IV bay.GO, § 41 VI NKomVG und § 31 VI GO NRW hat die Mitwirkung eines wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossenen Ratsmitgliedes die Ungültigkeit eines Beschlusses nur dann zur Folge, wenn sie für das Abstimmungsergebnis entscheidend war. Dagegen ist gemäß § 22 VI rh.pf.GO und § 24 IV, V m.v.KVerf. eine entsprechende Entscheidung unwirksam. Sie gilt jedoch als von Anfang an wirksam, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten vom Bürgermeister oder von der Aufsichtsbehörde aufgehoben wird. Die Wirksamkeit tritt nicht gegenüber demjenigen ein, der vor Ablauf der Dreimonatsfrist einen förmlichen Rechtsbehelf eingelegt hat, wenn im Verlauf dieses Verfahrens der Mangel festgestellt wird[43].
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Der in diesen Bestimmungen niedergelegte Grundsatz der Unbefangenheit bei Beratung und Entscheidung von kommunalen Angelegenheiten hat zum Ziel, die auf einem Ausgleich der Individual- und Gemeinwohlinteressen beruhenden Rats- und Ausschussentscheidungen von individuellen Sonderinteressen der Gremienmitglieder freizuhalten, um so das Vertrauen der Bürger in eine unvoreingenommene Kommunalverwaltung zu stärken. Es soll bereits der Anschein von Korruption und Vetternwirtschaft vermieden werden. Diese Zielsetzung ist auch maßgeblich für die Interpretation der relevanten Tatbestandsmerkmale (wie „unmittelbarer Vorteil“)[44]. Zu Recht betont wird die Notwendigkeit einer wertenden Betrachtung der Verhältnisse des Einzelfalles und die Irrelevanz des tatsächlichen Bestehens einer Interessenkollision, sondern das Genügen einer entsprechenden Befürchtung und hierbei das Ausreichen einer konkreten Möglichkeit im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Sondervorteils oder -nachteils[45].
Zu verbreiteter Unsicherheit in der kommunalen Praxis in NRW geführt hat eine OVG-Entscheidung, in der ein Mitwirkungsverbot für Schulhausmeister bei der Ratsentscheidung über die Abberufung des für den Schulbereich zuständigen städtischen Beigeordneten konstatiert wurde. Es ist jedoch nicht angängig, Aussagen, die mit Blick auf den dort festgestellten konkreten Interessenwiderstreit getroffen wurden, zu verallgemeinern[46].
Verlässt ein Ratsmitglied eine Sitzung in der irrigen Meinung, befangen zu sein, kann dies allein nicht zur Rechtswidrigkeit eines in seiner Abwesenheit gefassten Beschlusses führen. Rechtswidrig wäre ein solcher nur, wenn der Rat zu Unrecht eine Ausschlussentscheidung getroffen hätte[47].
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bb) Für ihre Tätigkeit stehen den Ratsmitgliedern Ansprüche auf Ersatz des Verdienstausfalls und auf angemessene Aufwandsentschädigung zu (vgl Art. 20a bay.GO; § 27 m.v.KVerf.; § 44 NKomVG; § 45 GO NRW).
cc) Obschon die Ratsmitglieder dem Status nach nicht einem Parlamentsabgeordneten gleichgestellt werden können – es fehlen konsequenterweise etwa Immunitäts- und Indemnitätsbestimmungen –, sind sie ebenfalls verpflichtet, in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung zu handeln; sie sind an Aufträge nicht gebunden[48] (vgl § 23 III m.v.KVerf.; § 54 I NKomVG; § 43 I GO NRW). Ein sog. imperatives Mandat und ein förmlicher Fraktionszwang sind damit unzulässig. Spezielle Aussagen enthalten die Gemeindeordnungen über Verschwiegenheitspflichten[49] inkl. der Genehmigungspflicht für Zeugenaussagen usw (vgl § 23 VI m.v.KVerf.; § 40 NKomVG; §§ 30, 43 II GO NRW). Gegenüber ihrer Gemeinde stehen die Ratsmitglieder in einem besonderen Treueverhältnis (vgl § 42 NKomVG; §§ 32 I 1, 43 II GO NRW).
Daraus erwächst etwa gemäß Art. 50 bay.GO, § 26 m.v.KVerf., § 42 I NKomVG bzw § 32 I 2 GO NRW das Verbot, Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde geltend zu machen, was namentlich für Rechtsanwälte Einschränkungen ihres Tätigkeitsfeldes mit sich bringt. Diese Bestimmungen gehören zum traditionellen Gemeindeverfassungsrecht und stellen typische kommunalrechtliche Kollisionsnormen dar. Streit besteht hinsichtlich einer Berührung des Schutzbereiches von Art. 12 I GG. Angesichts des Schutzgutes – Sicherung der „Sauberkeit im öffentlichen Leben“, Verhinderung eines möglichen Interessenwiderstreits infolge Doppelfunktion – ließe sich jedenfalls ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung durch hinreichende Gemeinwohlgründe rechtfertigen[50]. Nach bisheriger Rspr war es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn ein Gericht in einem betreffenden Rechtsstreit einen dem Rat der Gemeinde angehörenden Rechtsanwalt wegen Verstoßes gegen das kommunalrechtliche Vertretungsverbot als Prozessbevollmächtigten zurückwies[51].
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dd) Schließlich stellt sich die Frage nach der Haftung der Gemeinderatsmitglieder bspw bei Fehlern in der Aufstellung eines Bebauungsplans. Eine Haftungsbegründung aus § 839 BGB ist für Ratsmitglieder mangels fehlender Eigenschaft als Beamter im statusrechtlichen Sinne nicht einschlägig. Vielmehr ergibt sich eine Amtshaftung aus Art. 34 GG, denn ein Ratsmitglied ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinn und ist für Verstöße gegen seine Fürsorgepflicht verantwortlich[52].
Übersicht 3:
Rechtsstellung der Ratsmitglieder