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2. Der Bürgermeister als Verwaltungsspitze

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An der überwiegend monokratisch, teilweise jedoch (so bei der Magistratsverfassung in Hessen) kollegial strukturierten gemeindlichen Verwaltungsspitze stand in NRW und Nds. früher ein vom Rat gewählter Gemeindedirektor (Stadt-, Oberstadtdirektor) inzwischen aber auch dort (vgl § 80 NKomVG; §§ 62, 65 GO NRW) wie in MV und Bayern (vgl § 37 m.v.KVerf.; Art. 34 bay.GO) ein von den Bürgern gewählter hauptamtlicher (erster) Bürgermeister[96].

Als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, da im Rahmen gesetzgeberischer Einschätzungsprärogative liegend, hat das BVerfG Regelungen wie diejenige des § 80 V Nr 1 NKomVG, in der eine Höchstaltersgrenze von 67 Jahren für eine Kandidatur zur Bürgermeisterwahl normiert ist; Personen dürften von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden, bei denen nach der Lebenswahrscheinlichkeit zu befürchten stehe, dass sie nicht bis zum Ende der Amtszeit dem Interesse der Allgemeinheit an einer kontinuierlichen und effektiven Amtsführung zu genügen vermögen[97]. Demgegenüber gilt die Abschaffung der ehemals amtsbeendenden Altersgrenze von 68 Jahren (gem. § 61b S. 1 NGO) als eine der wichtigsten Neuerungen des NKomVG, die insbesondere der demographischen Entwicklung Rechnung tragen soll. Nach dem NKomVG werden also Bürgermeister in Einzelfällen also nun bis zur Vollendung des 73. Lebensjahres tätig sein können.

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Dem an der gemeindlichen Verwaltungsspitze stehenden Bürgermeister kommt jeweils „die volle und alleinige Verantwortung für das Funktionieren und die Einheitlichkeit der Verwaltungsdurchführung“ zu[98]. Damit sind Personalführungskompetenzen zwingend verbunden (s. bereits Rn 132). Er hat dabei auch dafür Sorge zu tragen, dass Verfassung und Gesetze strikt beachtet werden. Hierzu zählen auch die Vorgaben des Datenschutzrechts[99].

Des Weiteren steht dem Verwaltungsleiter damit aber auch das Hausrecht an den kommunalen Dienstgebäuden zu, soweit nicht diesbezügliche spezifische Befugnisse des Ratsvorsitzenden (dazu oben Rn 158) bestehen.

Die sich daraus ergebenden Befugnisse gelten auch für Fraktionen überlassene Räumlichkeiten[100]. Gegen ein auf dieses Hausrecht abgestütztes Hausverbot ist nach nunmehr wohl hM grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet[101].

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Der hauptamtliche Bürgermeister ist regelmäßig ein kommunaler Wahlbeamter auf Zeit (vgl Art. 34 I 3 bay.GO; § 37 IV 2 m.v.KVerf.; § 80 VI 2 NKomVG; § 62 I 1 GO NRW). Damit befindet er sich – er kann auch abgewählt werden (vgl Rn 124)[102] – in einer merkwürdigen Zwitterstellung; einerseits genießt er die hergebrachten besonderen Rechte eines Beamten (vgl Art. 33 V GG), andererseits aber eben nur auf Zeit.

Maßgeblich beeinflusst durch die lokalpolitischen Geschehnisse nach der Love-Parade-Katastrophe 2010 in Duisburg ist § 84 NKomVG, der einen Ruhestand auf Antrag aus besonderen Gründen kennt. Die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte kann demnach die Versetzung in den Ruhestand mit der Begründung beantragen, dass ihr oder ihm das für die weitere Amtsführung erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde.

Neben den ihm gesetzlich oder seitens des Rates und seiner Ausschüsse übertragenen besonderen Aufgaben hat der Bürgermeister, der ja für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung verantwortlich ist, auch die Ratsbeschlüsse vorzubereiten[103] und solche Beschlüsse durchzuführen. Ratsbeschlüsse, die das geltende Recht verletzen, hat er zu beanstanden (s. oben Rn 161).

In einem Aufsichtsrechtsstreit (dazu noch unten Rn 363) wird die gesetzliche Vertretung der Gemeinde hier durch den Bürgermeister wahrgenommen, dies selbst dann, wenn dieser den streitigen Ratsbeschluss zuvor von sich aus beanstandet hatte[104].

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Zur Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten im Amt[105] werden Beigeordnete[106] (vgl §§ 49, 50 bd.wtt. GO; §§ 40 IV, V m.v.KVerf.; §§ 68, 71 GO NRW; in Bayern „weitere Bürgermeister“ genannt, vgl Art. 39 bay.GO) bestellt, deren Zahl im Rahmen der Vorgaben der jeweiligen Gemeindeordnung regelmäßig durch die Hauptsatzung festzulegen ist und deren Geschäftskreis durch den Rat festgelegt werden kann[107].

Strittig ist, ob die Anzahl der hauptamtlichen Beigeordneten einer Gemeinde eine einem Bürgerbegehren resp. Bürgerentscheid entzogene Frage (dazu oben Rn 109) darstellt[108].

Bei der naheliegenderweise stark von politischen Erwägungen getragenen Wahl von Kommunalbeamten auf Zeit unterliegt der Rat nicht den bei der Auswahl von Laufbahnbeamten maßgeblichen Bindungen. Die einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften dienen – anders als Art. 33 II GG – allein öffentlichen Interessen, nicht aber dem Interesse von Mitbewerbern[109].

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Sowohl für die Kompetenzabgrenzung zwischen Rat und Verwaltungsspitze im Innenverhältnis, als auch im Außenverhältnis, bei rechtsgeschäftlichem Handeln der Gemeindeverwaltung gegenüber Dritten, kommt der Formel der „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ (vgl Art. 37 I bay.GO; § 38 III 2 m.v.KVerf.; § 85 I Nr 7 NKomVG; § 41 III GO NRW) besondere Bedeutung zu. Hierbei handelt es sich um einen verwaltungsgerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der darauf abstellt, ob eine bestimmte Sachaufgabe in Ansehung ihrer Regelhaftigkeit und Tragweite zu den für die betreffende Gemeindeverwaltung gängigen Geschäften gehört[110]. § 38 III 3 m.v.KVerf. gibt eine Auslegungshilfe, indem er bestimmt, dass „insbesondere Entscheidungen von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, Entscheidungen, die den laufenden Betrieb der Verwaltung aufrechterhalten, sowie gesetzlich oder tariflich gebundene Entscheidungen“ hierzu zählen.

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Für diese Einstufung spielen naturgemäß Größe, Finanzkraft und Bedeutung einer Gemeinde eine Rolle. Kann die Eingruppierung eines Geschäfts in die Rubrik der regelmäßig wiederkehrenden, denen keine weit tragende Bedeutung zukommt, bejaht werden, so kommt es auf den rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrad sowie die finanziellen Auswirkungen im Einzelnen nicht mehr an. Entscheidend ist, ob das Geschäft typischerweise nach feststehenden Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen erledigt wird[111].

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Daher leuchtet ein, dass nicht eine einheitliche, sondern eine differenzierende, auf die jeweilige Gemeinde und den Zuschnitt ihrer Verwaltung bezogene, hier aber objektivierende Betrachtungsweise geboten ist.

Die hiermit verbundenen Unsicherheiten lassen sich nicht durch eine Bestimmung in der gemeindlichen Hauptsatzung ausschalten, wonach der Gemeindedirektor nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden habe, welche Angelegenheiten als Geschäfte der laufenden Verwaltung in seine Zuständigkeit fallen. Nicht die subjektive Sicht des Leiters der Verwaltung, sondern die objektivierende Gesetzesformel ist der rechtlich maßgebliche Maßstab. Jener mag allenfalls indizielle Bedeutung zukommen[112].

Für die Einzelentscheidung über die Zulassung von Schaustellern zu einem größeren Volksfest bei Vorliegen konkurrierender Zulassungsanträge billigte BayVGH, BayVBl. 2003, 501 eine Einstufung als „laufende Angelegenheit“ und damit die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters gemäß Art. 37 I 1 Nr 1 bay.GO, wenn der Gemeinderat oder ein beschließender Ausschuss (s. dazu Rn 154) zumindest Vorgaben in Form von Auswahlkriterien beschlossen hat. Solche ermessensbindenden Richtlinien sind einzuhalten[113].

Übersicht 4:

Zuständigkeiten des Bürgermeisters


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Teil I Kommunalrecht§ 4 Die innere Gemeindeverfassung › V. Die Vertretung der Gemeinde gegenüber Dritten

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