Читать книгу Ach Du liebe Anthroposophie - Mathias Wais - Страница 13

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Liebe Anthroposophie,

gegenüber diesen eher unattraktiven Eigenschaften, werte Freundin, habe ich Dich immer als eine Quelle höchst anregender, impulsierender Gedanken und Gesichtspunkte erlebt, aus denen heraus wieder Neues entstehen kann. Neue, weitergehende Gedanken fordert Steiner nach meinem Verständnis geradezu heraus. Ich habe sein Werk nie als einen Katechismus erlebt oder verstanden, den man auswendig lernen sollte, seine Kenntnis nie als Ausweis, dass man dazu gehört, weil man immer weiß, was der Meister wann und wo gesagt hat. Vielmehr lädt Steiner nach meinem Verständnis zu ungewohnten, wenn nicht sogar gewagten Sichtweisen ein. Die Impulsierung mit seinem weit ausgefalteten geistigen Menschenbild erfasste schon früh weite Bereiche wie etwa die Landwirtschaft, die Medizin oder die Heilpädagogik. Schade nur, dass derart Impulsiertes immer schnell kanonisch wird in der „Szene“ und damit Außenstehende schon wieder abschreckt. Entwickelt einer Deiner Anhänger ein Wohnkonzept für alte Menschen, dann ist das gleich „unsere Altenarbeit“. Tritt ein sich zu Dir, liebe Anthroposophie, bekennender Musiker mit neuartigen Kompositionen hervor, dann ist gleich von „unserer Musik“ die Rede – als hätte jeder Adept, und natürlich auch der Meister, daran mitkomponiert.

Trotzdem könntest Du Dich in fortwährender Entwicklung befinden, sofern diejenigen, die sich von Dir inspiriert sehen, in Entwicklung sind, eben weil sie – vielleicht unter anderem – von Dir bewegt werden. Was allerdings bedeuten würde, dass Du, diese Weltanschauung, nicht der Schlusspunkt oder Höhepunkt der Geistesgeschichte der Menschheit bist.

Nichts für ungut: Das würde allerdings auch bedeuten, dass diese exquisite Sicht auf das Weltganze so, wie sie heute sich darstellt, nicht bleiben würde. Nicht bloß, weil es langweilig ist, immer schon auf alles fertige Antworten zu haben, sondern weil diese Weltsicht selbst immer neu reagieren würde auf immer neue Fragen und Herausforderungen.

Ach Du liebe Anthroposophie

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