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Musikgeschichten

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Allgemeine Musikgeschichtswerke möchten einen Überblick über die gesamte oder zumindest einen Teil der Musikgeschichte geben. Einige versuchen, diese Mammutaufgabe in aller Kürze in einem oder wenigen Bänden zu realisieren, andere sind von vornherein auf mindestens zehn Bände angelegt. Die meisten Musikgeschichten sind Gemeinschaftsprojekte, zu denen viele unterschiedliche Wissenschaftler mit ihren jeweiligen Spezialgebieten beitragen. Bisweilen veröffentlichen aber auch einzelne Autoren ihre Sicht auf die Musikgeschichte. |46| In diesem Fall ist die Darstellung häufig kohärenter, aber nicht unbedingt in allen Bereichen gleich kenntnisreich. Musikgeschichten folgen in der Regel einer durchgehenden chronologischen Ordnung, mit Ausnahme vielleicht des Handbuchs der musikalischen Gattungen, das einzelne Gattungen in den Blick nimmt, diese dann aber auch in ihrer zeitlichen historischen Entwicklung untersucht. Interessant beim Arbeiten mit Musikgeschichten ist die Art und Weise, wie die für eine sinnvolle Musikgeschichtsschreibung notwendigen musikhistorischen Zusammenhänge jeweils gebildet werden. Wird die Musikgeschichte etwa in Epochen unterteilt, oder werden alternative Gliederungsabschnitte gesucht, bei denen auch einzelne Gattungen oder soziale und regionale Kontexte eine Rolle spielen können? Die Lektüre von Musikgeschichtswerken, die sich aufgrund der inhaltlichen Fülle meistens auf einzelne Abschnitte konzentrieren wird, ist insbesondere dann hilfreich, wenn man sich in den musikhistorischen Kontext eines bestimmten Themas, eines Komponisten, einer Gattung oder eines einzelnen Werkes einarbeiten möchte.

Die wichtigsten und umfangreichsten Musikgeschichten, die zwar bei den älteren Bänden nicht mehr auf dem neuesten Forschungsstand sind, aber trotzdem noch zu den musikhistorischen Standardwerken gehören, sind die musikgeschichtlichen Teile des Neuen Handbuchs der Musikwissenschaft und die New Oxford History of Music. Das ältere dieser beiden Werke ist die New Oxford History of Music. Begonnen in den 1950er-Jahren, wurden einige Bände mittlerweile schon einmal revidiert oder durch fehlende Aspekte ergänzt (z. B. Bd. 3.1). Das englischsprachige Standardwerk zeichnet sich durch seinen besonderen Detailreichtum aus, der Musikgeschichtsschreibung nicht nur auf herausragende Komponisten beschränkt, sondern auch ihre weniger bekannten Zeitgenossen angemessen berücksichtigt. Die umfangreichen Bände sind in übersichtliche kürzere Abschnitte zu einzelnen Themengebieten unterteilt und lassen sich auf diese Weise auch hervorragend in Auszügen lesen.

Jack Allan Westrup (Hrsg.), The New Oxford History of Music, 10 Bde., London 1954–2001 Abkürzung: NOHM

Bd. 1: Egon Wellesz (Hrsg.), Ancient and Oriental Music, 1957

Bd. 2: Dom Anselm Hughes (Hrsg.), Early Medieval Music Up to 1300, 1954; revidiert: Richard Crocker und David Hiley (Hrsg.), The Early Middle Ages to 1300, 1990

Bd. 3: Dom Anselm Hughes und Gerald Abraham (Hrsg.), Ars nova and the Renaissance 1300–1540, 1960; revidiert 1986

Bd. 3.1: Reinhard Strohm und Bonnie J. Blackburn (Hrsg.), Music as Concept and Practice in the Late Middle Ages, 2001

|47| Bd. 4: Gerald Abraham (Hrsg.), The Age of Humanism 1540–1630, 1968

Bd. 5: Anthony Lewis und Nigel Fortune (Hrsg.), Opera and Church Music 1630–1750, 1975; revidiert 1986

Bd. 6: Gerald Abraham (Hrsg.), Concert Music 1630–1750, 1986

Bd. 7: Egon Wellesz und Frederick William Sternfeld (Hrsg.), The Age of Enlightenment 1745–1790, 1973

Bd. 8: Gerald Abraham (Hrsg.), The Age of Beethoven 1790–1830, 1982

Bd. 9: Gerald Abraham (Hrsg.), Romanticism 1830–1890, 1990

Bd. 10: Martin Cooper (Hrsg.), The Modern Age 1890–1960, 1974

Ein Manko der NOHM ist, dass ihr alleiniger Fokus auf der abendländischen Musikgeschichte liegt, d.h. auf der europäischen Kunstmusik und jenen musikhistorischen Strömungen, die von ihr beeinflusst sind. Das in den 1980er- und 1990er-Jahren von Carl Dahlhaus initiierte Neue Handbuch der Musikwissenschaft hat eine etwas weitere Perspektive. Neben mehreren Bänden zur Musikgeschichte des Abendlandes (Bd. 1–7) gibt es hier auch zwei Bände zur außereuropäischen Musik und zur Volks- und Popularmusik in Europa, die bisher ebenfalls kein traditioneller Gegenstand der historischen Musikwissenschaft war. Neu bei den musikhistorischen Bänden ist, dass sie nicht wie in der NOHM nach Epochen, sondern nach Jahrhunderten aufgeteilt sind, woraus sich ein etwas anderer Blickwinkel auf die Entwicklung der Musikgeschichte ergibt, der geleitet ist von historischen Strukturen, ästhetischen Fragestellungen und kompositionsgeschichtlichen Kontexten.

Carl Dahlhaus (Hrsg., später Hermann Danuser), Neues Handbuch der Musikwissenschaft, 13 Bde., Wiesbaden bzw. Laaber 1980–1995

Bd. 1: Albrecht Riethmüller und Frieder Zaminer (Hrsg.), Die Musik des Altertums, 1988

Bd. 2: Hartmut Möller und Rudolf Stephan (Hrsg.), Die Musik des Mittelalters, 1991

Bd. 3: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts, 2 Teile, 1990

Bd. 4: Werner Braun, Die Musik des 17. Jahrhunderts, 1981

Bd. 5: Carl Dahlhaus (Hrsg.), Die Musik des 18. Jahrhunderts, 1985

Bd. 6: Carl Dahlhaus, Die Musik des 19. Jahrhunderts, 1980

Bd. 7: Hermann Danuser, Die Musik des 20. Jahrhunderts, 1984

Bd. 8: Hans Oesch, Außereuropäische Musik, Teil 1, 1984

Bd. 9: Hans Oesch, Außereuropäische Musik, Teil 2, 1987

Bd. 10: Carl Dahlhaus und Helga de la Motte-Haber (Hrsg.), Systematische Musikwissenschaft, 1982

|48| Bd. 11: Hermann Danuser (Hrsg.), Musikalische Interpretation, 1992

Bd. 12: Doris Stockmann (Hrsg.), Volks- und Popularmusik in Europa, 1992

Bd. 13: Register, zusammengestellt von Hans-Joachim Hinrichsen, 1995

Ergänzt wird das Neue Handbuch der Musikwissenschaft mittlerweile durch das 17-bändige Handbuch der musikalischen Gattungen. Musikgeschichte wird hier nicht in ihrer Gesamtheit dargestellt, sondern im Blick auf einzelne musikalische Gattungen. Diese werden als einer historischen Entwicklung unterworfene Konzepte betrachtet und nicht als unveränderliches Konstrukt. Der Band über Messe und Motette (Bd. 9) etwa deckt die Geschichte der beiden Formen vom 14. bis zum 20. Jahrhundert ab und wirft dabei immer wieder spezielle Fragen auf, ob etwa Messvertonungen aus dem 14. Jahrhundert als zyklisch beschrieben werden können und welche Rolle das »Wiederentdecken historischen Erbes« bei Motetten aus dem 19. Jahrhundert gespielt habe.

Siegfried Mauser (Hrsg.), Handbuch der musikalischen Gattungen, 17 Bde., Laaber 1993–2009

Bd. 1: Stefan Kunze, Die Sinfonie im 18. Jahrhundert. Von der Opernsinfonie zur Konzertsinfonie, 1993

Bd. 2: Gernot Gruber und Matthias Schmidt (Hrsg.), Die Sinfonie zur Zeit der Wiener Klassik, 2006

Bd. 3: Wolfram Steinbeck und Christoph von Blumröder, Die Symphonie im 19. und 20. Jahrhundert, Teil 1: Romantische und nationale Symphonik, 2002; Teil 2: Stationen der Symphonik seit 1900, 2002

Bd. 4: Michael Thomas Roeder, Das Konzert, 2000

Bd. 5: Claus Bockmaier und Siegfried Mauser (Hrsg.), Die Sonate. Formen instrumentaler Ensemblemusik, 2005

Bd. 6: Friedhelm Krummacher, Das Streichquartett, Teil 1: Von Haydn bis Schubert, 2001; Teil 2: Von Mendelssohn bis zur Gegenwart, 2003

Bd. 7: Arnfried Edler, Gattungen der Musik für Tasteninstrumente, Teil 1: Von den Anfängen bis 1750, 1997; Teil 2: Von 1750 bis 1830, 2003; Teil 3: Von 1830 bis zur Gegenwart, 2004

Bd. 8: Hermann Danuser (Hrsg.), Musikalische Lyrik, Teil 1: Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert, 2004; Teil 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Außereuropäische Perspektiven, 2004

Bd. 9: Horst Leuchtmann und Siegfried Mauser (Hrsg.), Messe und Motette, 1998

Bd. 10: Günther Massenkeil, Oratorium und Passion, 2 Teilbände, 1998–1999

Bd. 11: Silke Leopold, Die Oper im 17. Jahrhundert, 2004

|49| Bd. 12: Herbert Schneider und Reinhard Wiesend (Hrsg.), Die Oper im 18. Jahrhundert, 2001

Bd. 13: Sieghart Döhring und Sabine Henze-Döhring, Oper und Musikdrama im 19. Jahrhundert, 1997

Bd. 14: Siegfried Mauser (Hrsg.), Musiktheater im 20. Jahrhundert, 2002

Bd. 15: Siegfried Mauser (Hrsg.), Theorie der Gattungen, 2005

Bd. 16: Siegfried Mauser (Hrsg.), Supplement. Register, Quellen, Literatur, 2006

Bd. 17.1: Siegfried Mauser und Elisabeth Schmierer (Hrsg.), Gesellschaftsmusik – Bläsermusik – Bewegungsmusik, 2009

Bd. 17.2: Siegfried Mauser und Detlef Altenburg (Hrsg.), Kantate – Ältere geistliche Musik – Schauspielmusik, 2010

Weitere mehrbändige musikgeschichtliche Handbücher, die man kennen sollte:

The Cambridge History of Music, 8 Bde., Cambridge 2002ff.

Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert, 14 Bde., Laaber 1999–2011

H. Wiley Hitchcock, Prentice Hall History of Music Series, 6 Bde. zur Musikgeschichte, mehrere Auflagen, Englewood Cliffs / Upper Saddle River, New Jersey 1976–2001

The Norton Introduction to Music History, 5 Bde., New York 1978–1998

Stanley Sadie (Hrsg.), Man and Music, 8 Bde., London 1989–1993

Richard Taruskin, The Oxford History of Western Music, 5 Bde. plus Registerband, Oxford 2005

Wer sich nicht nur gezielt einen musikgeschichtlichen Einblick in bestimmte Themengebiete oder kleinere Zeiträume verschaffen, sondern größere Zusammenhänge am Stück dargestellt bekommen möchte, dem seien folgende aktuelle Übersichtswerke empfohlen:

J. Peter Burkholder, Donald Jay Grout und Claude V. Palisca, A History of Western Music, New York 2010

Sabine Ehrmann-Herfort, Ludwig Finscher und Giselher Schubert (Hrsg.), Europäische Musikgeschichte, 2 Bde., Kassel und Stuttgart 2002

Werner Keil, Musikgeschichte im Überblick, München 2012

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