Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 67
Frankreich, Lyon
ОглавлениеLange starrte er auf den verwaisten Stuhl, auf dem sein Partner noch vor einigen Stunden gesessen hatte. Cody Foley war von Interpol auf die Strafbank gesetzt worden, von der nie wieder herunterkommen sollte. Sjaak Vis hatte seinen Piloten, Partner und besten Freund verloren. Was sollte er jetzt nur tun? Würde es sinnvoll sein dem Auftrag weiter nachzulaufen, auf sich alleine gestellt und ohne Hilfe, oder wäre es besser zu verschwinden. Geld war nicht das Problem, sie hatten über die Jahre einige Millionen zusammengerafft und sich in ihr sicheres Versteck in der Nähe von Bukarest eingerichtet. Er würde es aufgeben müssen. Cody würde bestimmt irgendwann anfangen zu reden. Nicht sofort, aber nach einigen Jahren ganz sicher und dann wäre er dort nicht mehr in Sicherheit. Spanien wäre wohl ein besseres Versteck für ihn alleine. Vielleicht in der Nähe von Barcelona, dann könnte er sich die Spiele seines Lieblingsvereins FC Barcelona im Stadion ansehen können. Das war jetzt aber eher Nebensache, es ging darum wie weitermachen. Cody war sein Pilot gewesen und auch derjenige der mehr Informationen aus so einem Computer holen konnte. Er konnte auch ein bisschen damit umgehen, aber Cody war der Spezialist dafür. Trotzdem saß er jetzt wieder vor dieser verdammten Kiste. Sjaak würde die Gesichtserkennung einfach mal laufen lassen. Damit könnte er womöglich einige Informationen finden, und es brachte ihm Zeit um über die nächsten Schritte, wenn es die noch geben sollte nachzudenken. Die Software hatte er sich von einem Hacker bei Europol besorgen lassen. Ganze 750.000 Euro hatte er dafür auf den Tisch legen müssen. Aber sie fand Spuren, auf die er und Cody so nie gestoßen wären. Er presste auf Start und ließ das Programm öffentliche Netzwerke durchsuchen. Vielleicht würde er die Aufenthaltsorte der Interpolagenten finden, oder besser Spuren dieser Wasserstein. Diese Wissenschaftlerin wäre genau das richtige Opfer nach all dem Ärger, den sie schon gehabt hatten in dieser Sache. Direkt im Anschluss würde er diese Lea Enis ausräuchern, aus Rache für seinen Partner, wenn er sie irgendwo finden würde. Nur von der hatte er kein Bild. Von dieser Lady Sniper gab es absolut nichts zu finden. Zusammen hatten sie schon überall in den Staaten nach dieser Frau gesucht. Gefunden hatten sie Sie aber nicht. Die toten Briefkästen hatten sie über Kontakte herausgefunden, aber Enis war dort nie aufgetaucht. Die Nachrichten wurden von irgendwelchen Boten abgeholt und die konnte man irgendwie nicht verfolgen. Peilsender in den Nachrichten waren noch an Ort und Stelle vernichtet worden und die Kuriere verschwanden spurlos. Einen Kurier hatte er bis in einem Diner verfolgt. Der hatte an seinem Kaffee genippt und ließ eine Tasche an seinem Platz zurück, um auf die Toilette zu gehen. Den Ausgang hatte Sjaak die ganze Zeit im Auge behalten, aber der Typ kam nie wieder da heraus. Er durchsuchte das stille Örtchen, aber es war leer. Der Kaffee, den der Kurier bestellt hatte, stand noch auf dem Tisch, seine Tasche war noch da, aber er selbst war dort nie wieder aufgetaucht. Die Tasche hat er mitgenommen damals. Sie war genauso leer wie die Toilette, in der dieser Kurier verschwunden war. Diese Enis war einfach, nicht zu kriegen. Plötzlich meldete seine Gesichtserkennung einen Treffer. Das Programm hatte Marie Wasserstein entdeckt. In einem Sexfilmchen im Internet erkannte die Software diese Wissenschaftlerin. Als er genauer hinsah, erkannte er nicht nur sie, sondern auch die andere Frau, die sie vor Kurzem noch in Kopenhagen verfolgt hatten. Die Haarfarben waren anders gewesen, aber das waren definitiv diese beiden Frauen.
»Hab ich euch erwischt!«, rief er freudig.
Über die Geotags des Videos fand er den Ort, an dem das Video gemacht wurde, und auch die Zeit heraus. Entstanden war es in Lyon, in einem kleinen Hotel am Stadtrand. Vorgestern am frühen Abend erst aufgenommen zeigte es die beiden zusammen im Bett. Die Qualität war jetzt nicht besonders, aber die beiden waren zu erkennen bei ihren Spielchen. Sjaak verschaffte sich einen Netzzugang zu dem Hotel. Es gab keine Überwachungskameras, auf die er sich aufschalten konnte, aber eine Gästeliste konnte er aufrufen. Nur eines der Zimmer war mit zwei Frauen belegt worden. Eingecheckt waren eine Claudia Orson und ihre Freundin Melanie Zudera und die beiden waren jetzt auch noch dort. Die Glückszahl lautete 27. Hinter dieser Zimmernummer lag sein Ziel.
Sjaak Vis machte sich sofort auf den Weg, die beiden würden im Bett liegen und gar nicht merken, wie er sie einfach kaltblütig erschoss. Ein Pick Set und eine Handfeuerwaffe mit Schalldämpfer reichten. Morgen früh würden die beiden nie wieder über Forschungsergebnisse diskutieren. Es war Zeit das Kapitel Wasserstein für immer zu schließen und er würde es mit einem Knall enden lassen.
Kurz darauf war er schon bei dem Hotel angekommen und verschaffte sich einen Überblick. Das würde so einfach werden, wie einem Kind den Lutscher zu klauen. Gesichert war die Anlage fast überhaupt nicht. Es gab eine Tür mit einem halb schlafenden Mitarbeiter dahinter, einen hohen Palisadenzaun um den Poolbereich und das war es dann auch schon. Die Tür vom Pool in das Hotel war ein schlechter Scherz. Darin war ein Schloss verbaut, das bei einem schiefen Blick schon freiwillig den Zugang freigab. Seine Großmutter würde das mit einem Zahnstocher aufmachen können, obwohl sie seit vielen Jahren schon in Amsterdam auf dem Friedhof lag. Gegen den Zaun war ein Schweizer Käse eine unüberwindbare Schranke. Jeder der höher, als einige cm springen konnte, käme einfach darüber. Aber wozu obendrüber, wenn man auch unten durch konnte. Das Gelände war an einigen Stellen so ausgehöhlt, das ein Limbotänzer aufrecht darunter durchgehen konnte. Dem Ersteller des Videos sollte er eine Nachricht zukommen lassen und sich herzlich bedanken. Das gleiche Schreiben sollte er auch an Interpol senden für die große Hilfe Marie Wasserstein in einem Hotel unterzubringen, für das man nur eine Hand benötigte, um ungesehen eindringen zu können. Sjaak rollte sich unter dem Zaun durch, umwand den Pool und lief zu der Tür, die in den Hoteltrakt führte. Es war noch einfacher als vermutet, die Tür war nicht einmal verschlossen. Ein kleiner Druck genügte und sie glitt auf, als wenn sie nie dort gewesen wäre. Dunkel und ruhig war es in dem Hotelflur. Nur eine Notbeleuchtung spendete ein Minimum an Licht. Die Zimmernummern waren mit Klebezahlen auf den Türen angebracht. Hier unten begannen sie alle mit 00, was bedeutete die Wasserstein wäre im zweiten Stock zu finden. Er schlich die Treppe hinauf und stand dann an einem kerzengeraden Gang, an dem zu beiden Seiten Türen abgingen. Vorsichtig lauschte er in die Stille. Er vernahm ein Schnarchen aus einem Raum links von ihm. Irgendein Gast fällte da in einer Nachtschicht Bäume mit einer Motorsäge aus der Steinzeit. Ziemlich mittig fand er Zimmer 27 auf der linken Seite des Flurs. Vis zog das Pick Set aus seiner Tasche und überredete das Schloss, nach nicht einmal zwanzig Sekunden seinen Widerstand aufzugeben. Leise schlüpfte er in den Raum hinein. Die Gardine war zugezogen und man sah die Hand fast nicht vor den Augen. Er brauchte einige Momente, um die Tür neben ihm zu erkennen. Sie trug die Aufschrift WC. Dahinter lag nur ein quadratischer Raum mit einem Bett, TV-Gerät, Schrank und einem Tisch. Ein kleiner Stuhl vervollständigte die Einrichtung. Mitten im Raum stand das große Bett und er erkannte die weiblichen Silhouetten der beiden, die dort lagen. Routiniert zog er seine Waffe aus dem Hosenbund, legte an und drückte in kurzer Folge zweimal auf den Auslöser. Dann nahm er die andere Person ins Visier und schoss ihr ebenfalls zweimal in die Brust. Um sicherzugehen, jagte er jeder der beiden Frauen noch eine Ladung in den Kopf, es würde mit dem Teufel zugehen, wenn die noch einmal gerettet werden sollten. Die Tür zog er vorsichtig wieder zu und machte sich auf den Rückweg. Einige Treppenstufen ächzten unter seinem Gewicht, als er wieder nach unten stieg. Leise wie eine Katze ging er wieder durch die Tür zum Pool. Es wäre sogar noch Zeit gewesen ein bisschen zu schwimmen dachte er als er sich wieder unter dem Palisadenzaun hinausrollte. Lautlos verschwand Sjaak Vis in der Nacht.