Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 65
43. Kapitel Deutschland, Berlin
ОглавлениеAm frühen Mittwochmorgen in Berlin waren alle fünf Agenten des Interpolteams zum ersten Mal vollzählig versammelt. Die beiden aus Lyon Angereisten waren die Ersten gewesen. Kurz danach landete die zweite Gulfstream von Interpol und brachte Liz Croll, die sich aus Ägypten einen leichten Sonnenbrand mitgebracht hatte, an ihr Ziel. Michael und Lea kamen als letzte an. Liz entschied, dass es an der Zeit wäre gemeinsam ein Frühstück einzunehmen und das weitere Vorgehen zu planen. Es gab drei Baustellen zu bearbeiten. Die CIA Agentin in der Tiefgarage am Tiergarten, die CIA Informantin im Verwaltungsgebäude der SilOld AG und die Bundeskanzlerin Angelika Rotenfels. Korn überließ Liz das komplette Feld. Sie gab alleine die Richtung vor, teilte die Teams ein und steckte Aufgaben ab. Michael hörte entspannt zu, brachte seine Einschätzung zum Ausdruck, während er dabei völlig untypisch für ihn auf jede Verhöhnung verzichtete. Croll konnte das kaum glauben. Lea war es innerhalb von nicht einmal zwei Wochen gelungen, diesen Mann komplett umzudrehen. Neuerdings trug er sogar freiwillig eine schusssichere Weste. Die ehemalige Auftragskillerin zog aus ihrer Tasche den USB-Stick, den sie in Kroatien sichergestellt hatten, und überreichte ihn Mike. Der zog sofort seinen Laptop hervor und stöpselte den Speicher ein. Was er fand, waren Bilder. Einfache Urlaubsbilder, weiter enthielt der Stick absolut nichts. Man sah den Wissenschaftler an der Uferpromenade in Split zusammen mit Freunden. Seine Freundin Tasic, die Lea und Michael in Kroatien zurückgelassen hatten, in einem Liegestuhl im Garten. Einen Ausflug auf einem Boot, während sie angelten, und einige Schnappschüsse aus der Natur. Mike schien ungehalten, als er fragte, ob das ein blöder Witz sei. Lea und Michael gaben an, was sie alles getan hatten, um diesen Speicher in der Wand aufzuspüren. Alle Mitglieder stimmten überein, dass sie exakt das getan hatten, was der Wissenschaftler in seinem Hinweisgedicht hinterlassen hatte. Ihre einzige Erkenntnis waren diese Bilder und die letzte Zeile war bis hierhin noch ungelöst. Sie warfen ihre Ideen zusammen. Kary dachte, man müsse die Zeile vielleicht wörtlich nehmen. Neun mal eins mal neun mal eins ergibt es Sicht. Sie nahm sich eine Serviette und schrieb auf:
9×1x9×1 =?
Die richtige Lösung konnte nur 81 lauten. Egal wie man es auch rechnete, das Ergebnis war immer das Gleiche. Aber was hatte die 81 mit diesen Bildern zu tun? Die fünf knobelten über eine Stunde lang, kamen aber der Lösung nicht näher. Liz entschied, dass es warten musste, bis sie ihre Aufgaben in Berlin erledigt hatten. Während des Rückflugs aus Ägypten hatte sie genug Zeit sich etwas auszudenken. Ihr Plan sah vor, alle drei Personen festzunehmen. Die Sekretärin der SilOld AG war noch das leichteste Ziel. Hereingehen, die Dame verhaften und vorbei. Die geschickte Blair, die der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik das Fell gerben sollte, war schon eine andere Hausnummer. Das schwierigste Ziel allerdings war die Regierungschefin dieses Landes hochzunehmen.
Liz hatte sich zuerst überlegt, das Team aufzuteilen, was aber völliger Unsinn war. Sie musste es anders angehen. Ihr erstes Ziel hieß deshalb Britta Herzog, die Sekretärin. Die CIA war aufgeflogen und zerschlagen, ihre Nachrichten würden also, falls sie welche absetzte, keine Wirkung entfalten. Michael und Lea, die das Verwaltungsgebäude schon einmal betreten hatten, berichteten über die Sicherheitsvorkehrungen. Das Wachpersonal, den Aufzug der sich nur in Bewegung setzte mit einem Sicherheitsausweis und eher unscheinbare Überwachungskameras. Es wäre unklug Britta Herzog vorzuwarnen, wenn sie unten in der Lobby waren. Die Agentin würde wahrscheinlich nicht zögern, sich zu verstecken und auf ihnen unbekannten Wegen das Gebäude zu verlassen. Liz dachte nach, wie man das am besten angehen könnte. Überraschungsangriff, Ablenkungsmanöver oder ganz offiziell für eine Befragung. Korn meldete Bedenken an.
»Liz, die Jungs da drin sind nicht zu Späßen aufgelegt. Die Tante an der Lobby wäre sofort misstrauisch, wenn wir da reingehen. Sie weiß, dass wir von Interpol ihren CEO letzte Woche da rausgeholt haben und er seither nicht mehr gesehen wurde. Vermutlich wird er schon von Monaco aus dort angerufen haben. Herzog denkt also, er wäre in ein oder zwei Tagen wieder zurück und wir sind da wahrscheinlich schon umzingelt bevor wir den polierten Marmor in der Lobby erreicht haben«, erklärte er sachlich.
Ausnahmslos gaben ihm alle recht, und auch Liz konnte das nachvollziehen. Es war völlig logisch, dass sich die SilOld AG nicht so einfach in ihr Schneckenhaus zurückzieht, und Interpol einfach nur anklopfen musste um alles aus denen herauszuholen, auch wenn man den Trumpf einer Spionin in der Hand hatte.
»Warum warten wir nicht einfach, bis sie Feierabend hat und kaufen sie uns auf dem Parkplatz?«, fragte Kary.
»Kary, wir müssen in dieses verfluchte Gebäude rein. Die Informationen über die CIA Aktion sollten besser von dort stammen«, entgegnete ihr Verlobter. Liz kratzte sich den nicht vorhandenen Bart am Kinn.
»Wer kann alles Deutsch von uns außer Korn natürlich?«, fragte die Chefin des Teams.
Nur Mike hob die Hand. Nur Lea hatte ein paar Wörter von ihrem Freund gelernt, alle anderen konnten diese Sprache nicht verstehen und sprechen noch weniger.
»OK, das bringt nichts. Also Plan B. Wir überrennen die einfach und zerren diese Herzog heraus. Wie sagt ihr Deutschen gerne dazu?«, fragte Liz.
»Blitzkrieg«, half ihr Michael.
»Gut unsere besten Schützen sind Lea und ich. Der beste Nahkämpfer ist Michael. Kary und Mike müssen ebenfalls da rein, um das Paket zu liefern, die Überwachung zu finden und diese Herzog holen. Was brauchen wir alles, um da hineinzukommen, Michael?«
»Außer einem Wunder meinst du?«, fragte der Angesprochene.
»Ja. Du bist der beste Planer in unserem Team, du kennst dich am besten damit aus, also was denkst du?«
»Blendgranaten, Tränengas, drei Gasmasken und Eier aus Edelstahl!«, zählte er auf.
»OK, wie gehen wir vor?«, fragte Liz.
»Das erfahrt ihr unterwegs. Schatz, nimm die große Tasche mit. Mike und Kary ihr braucht Schutzwesten. Es gibt viel zu tun, warten wir es ab!«
Die fünf aßen ihr Frühstück auf und machten sich dann auf den Weg zu ihrem Ziel.
Nicht einmal eine halbe Stunde später lagen Liz und Lea ungefähr vierzig Meter vor dem Gebäude in den Büschen. Korn und die beiden anderen warteten auf dem Parkplatz im Auto. Sie überprüften ihre Ausrüstung. Michael bestand darauf, die Westen der beiden noch einmal gesondert zu überprüfen. Er wollte nicht riskieren, dass den beiden etwas zustößt, nachdem sie sich erst verlobt hatten. Er instruierte sie noch ein letztes Mal.
»Kopf unten halten und mir folgen. Wenn ihr schießen müsst dann nicht auf mich. Lea liegt da draußen im Gebüsch. Ein Treffer von euch beiden auf mich dürfte dann der Letzte gewesen sein!« sinnierte er.
Das Kichern in den In Ear Stöpseln war nicht zu überhören, als sie hinzufügte, »Auf diese Distanz würde ich nicht mal eine Maus verfehlen! Also schön vorsichtig sein.«
»Wir sind dann so weit. 45 Sekunden. Viel Spaß ihr beiden!«
Michael lief, gefolgt von Kary und Mike seitlich auf das Gebäude zu. Die Sicherheitskräfte entdeckten sie sofort und eilten schon zum Eingang um sie in Empfang zu nehmen. In dem Moment durchschlugen zwei Blendgranaten die Glasfront des Gebäudes. Mit einem lauten Knall detonierten sie. Dicht gefolgt flogen Tränengasgranaten in die Halle. Weißer Nebel waberte schon durch das Gebäude, als Liz noch weitere bis in die hintersten Winkel feuerten. Lea hatte schon auf ihre Z501 gewechselt. Zwei der Sicherheitskräfte schafften es noch vor die Tür, um dem Nebel zu entkommen. Wild keuchend standen sie vor dem Eingang als sie wie von Geisterhand umfielen und liegen blieben. Lea hatte ihnen mit spezieller Munition die Besinnung geraubt. Die Geschosse, mit denen ihre Waffe geladen war, drangen in den Körper ein und sonderten Ketamin ab, was intramuskulär verabreicht die getroffenen Personen für etwa drei Stunden außer Gefecht setzte. Sie waren nicht ernsthaft verletzt, sondern nur betäubt. Scharfe Munition verwendeten nur Michael, Mike und Karyani die sich ihre Gasmasken aufsetzten bevor sie in das Gebäude eindrangen. Die Sicherheitskräfte waren nicht mehr in der Lage etwas zu unternehmen. Auch die Frau an der Anmeldung lag mit tränenüberströmtem Gesicht hinter ihrem Pult und kroch langsam zum Ausgang. Korn griff sich den Sicherheitsausweis einer der Mitarbeiter und lief auf den Fahrstuhl zu. Kary und Mike folgten ihm in einigem Abstand. Liz und Lea behielten die Lage unter Kontrolle. Die drei betraten den Aufzug. Michael hielt den Ausweis an das Lesegerät und drückte auf die Taste für die oberste Etage. Leicht schleifend schlossen sich die glänzenden Schiebetüren der Kabine, bevor sie nah oben gezogen wurde. Wartemusik drang leise in die Ohren, der drei als sie nach oben fuhren. Als die Türen sich wieder öffneten, traten sie in den Gang mit der Bildergalerie und zogen ihre Masken vom Gesicht. Alles war ruhig hier oben. Korn führte sie, zum Schreibtisch an dem Britta Herzog saß und nichts ahnend in ihren Computer starrte. Schwarze Kopfhörer auf ihren Ohren diktierten ihr einen Brief, den sie gerade tippte. Erst als Michael fast neben ihr stand, bemerkte sie die Eindringlinge.
»Was wollen sie schon wieder?«, rief sie, als sie sich den Kopfhörer von den Ohren zog.
»Mike durch die Tür da, mach deinen Job. Kary durchsuche alles. Fang mit dem Telefon drin an«, dirigierte Korn, bevor er sich an Britta Herzog wandte, die gerade aufspringen wollte.
Karyani und Mike rannten durch die Tür in das Büro von Volker Putt. Er warf sich auf den Sessel und begann auf die Tastatur zu hämmern, während sie einen Detektor über den Schreibtisch hielt und auf Funkwellen achtete.
»Sie dürfen nicht …«, schrie sie, als sie von Michael unsanft unterbrochen wurde, der ihr seine Pranke auf den Hals presste.
»Wir beiden Hübschen werden warten, bis die beiden fertig sind. Höre ich nur einen Ton von ihnen, klopfe ich sie wie ein Schnitzel. Von beiden Seiten. Bis ihr Make-up an der Wand klebt und sie sich das Rouge die nächsten Wochen sparen können!«, sagte er emotionslos.
Britta Herzog saß steif wie ein Brett auf ihrem Bürostuhl und versuchte zu hören, was gerade hinter ihr passierte. Korn stand über ihr, presste weiter die Hand auf ihren Hals und sah zu seinen Kollegen. Mike war fast fertig mit seiner Arbeit, als Karyani ohne Vorwarnung das Telefon auf dem Schreibtisch zertrümmerte. Aus den Kleinteilen zog sie etwas, was wie ein Stecknadelkopf auf filigranen Drähten aussah. Eine drahtgebundene Wanze war in seinem Telefon verbaut worden. Aber sie fand noch mehr Abhörgeräte in dem Büro. Versteckt hinter Bildern, in seinem Schreibtisch unter die Schublade geklebt und sogar in einem Modell eines DeLorean aus den Zurück in die Zukunft Filmen, in seinem Regal.
Mike und seine Verlobte kamen wieder aus dem Büro. Sie hielt Michael eine kleine Auswahl der Abhörgeräte hin, die sie gefunden hatte. Korn zog Britta Herzog aus ihrem Stuhl und zeigte ihr die gefundenen Wanzen. Dann sagte er nüchtern »Ihr CIA Nutten seid auf der ganzen Welt gleich. Deinen Zuhälter John Clarkson hat es sogar seinen Hals gekostet, du dagegen wirst die nächsten Jahre auf Staatskosten im miesesten Loch verrotten was wir finden können. Und jetzt vorwärts, wir wollen den Haftrichter nicht warten lassen«
Er zog Britta Herzog wie einen Schlitten hinter sich her. Sie stolperte alle zwei Schritte, weil sie seinem Tempo in ihren hohen Schuhen nur schwer folgen konnte. Unsanft schubste er sie in die Fahrstuhlkabine und die vier fuhren wieder nach unten.
In der Lobby sah es aus wie nach einem Bombenangriff. Mitarbeiter husteten und litten unter Atemnot. Notärzte kümmerten sich um die Verletzten und die Polizei versuchte, aus der ganzen Sache schlau zu werden. Liz und Lea hatten ihre Posten längst wieder verlassen und schlenderten gemütlich, auf das Gebäude zu als ihre drei Kollegen durch die Lobby kamen. Ihre Waffen trugen sie auf dem Rücken. Ein Polizeibeamter sah die beiden Frauen und zog sofort seine Dienstwaffe aus dem Holster.
Er legte auf Lea an und schrie »Lassen sie die Waffen fallen!«
»Ganz ruhig«, sagte Liz friedlich, »Wir sind von Interpol, alles ist in Ordnung.«
Er reagierte nicht auf ihre Worte »Stehen bleiben oder ich schieße!«, rief er und einige seiner Kollegen wurden aufmerksam.
Auch sie zogen ihre Waffen. Korn rief »Nehmt die Waffen runter und entspannt euch. Wir sind von Interpol!«, dazu hielt er seinen Ausweis in die Höhe. Britta Herzog wollte anfangen zu schreien, aber Michael schlug ihr ansatzlos so fest ins Genick, das sie wie ein Sack zu Boden fiel. Er ließ sie einfach unbeachtet liegen.
Einer der Beamten stürmte auf ihn zu und hielt seine Waffe auf ihn gerichtet. Korn blieb stehen, hielt ihm seinen Interpolausweis direkt vor die Nase und fragte »Kannst du lesen, du Halbaffe?«
Vorsichtig und mit einigem Abstand begutachtete er die Plastikkarte, die ihm hingehalten wurde. Zögerlich nahm er seine Waffe runter. Der ehemalige Bodyguard sah den Beamten, der Lea bedrohte. Wütend rief er »Wenn du Pisser diese Frau nur schief ansiehst, reiß ich dir den Kopf vom Hals, Hack deine Beine ab, leg Feuer und sieh zu, wie du dich auf deinen blutigen Stümpfen ins Freie schleppst, bevor ich dir die Haut abziehe. Wirf deine Knarre weg oder du lernst mich kennen!«, dann rannte er fast augenblicklich auf ihn zu.
Gerade als der Beamte völlig verängstigt seine Dienstwaffe herunternehmen wollte, traf ihn der Ellenbogen von Korn am Hals. Wie eine Puppe flog er durch die Halle und blieb regungslos liegen. Michael stellte sich sofort schützend vor seine Lea.
Croll hielt ihren Interpolausweis vor sich und rief »Beruhigen sie sich. Ich bin Liz Croll von Interpol in Lyon, und das sind meine Kollegen. Wir führen eine Operation durch, die ihre Gehaltsklasse weit übersteigt. Nehmen Sie bitte die Waffen runter!«
»Dieser Elefant hat gerade einen unserer Kollegen verletzt und wir sollen ruhig bleiben?«, schrie ein Uniformierter.
»Sie dürfen froh sein das er ihn nicht getötet hat. Herr Korn versteht keinen Spaß, wenn es um die Frau geht, die er liebt. Und wir verstehen dabei auch keinen Spaß. Nehmen sie endlich die Waffen runter, bevor noch jemand getötet wird!«, schrie Liz, so laut sie konnte.
Ein Mann in Uniform kam von hinten auf sie zu »Ich bin Hauptkommissar Riedle, Frau Croll. Legen sie die Waffen ab und erklären sie mir, was Michael Korn mit Interpol zu schaffen hat!«
Liz warf ihren Kopf nach hinten und auch Korn drehte seinen Hals zu dem Mann um. Als sie gerade antworten wollte, eröffnete Michael das Gespräch »Riedle, sie verdammter Hühnerficker haben wohl überall ihre Wichsgriffel drin!«
»Klar Korn, irgendjemand muss ja auf Sie aufpassen!«, dann begann er zu lachen. Korn fing ebenfalls an zu lachen und die beiden gingen aufeinander zu und gaben sich die Hand. Liz staunte nicht schlecht, als Korn und dieser Riedle sich angeregt unterhielten. Michael zog sogar Lea zu sich und stellte sie Riedle vor. Dann rief er den Rest der Truppe zusammen und stellte jeden Einzelnen von ihnen vor.
»Das hier ist Christian Riedle. Einer der miesesten Polizisten auf diesem Planeten und ein echter Versager, wenn es um Taktik geht. Wir kennen uns schon knapp 17 Jahre und ich hab ihm bisher schon unzählige Male den fetten Arsch gerettet. Ich wusste nicht das er jetzt hier in Berlin die McDonalds Filialen leerfrisst.«
»Korn, mal ehrlich, wie hast du es zu Interpol geschafft? Wen hast du dafür bestochen?«, fragte Christian Riedle.
»War ganz einfach. Ich hab dem Ministerpräsidenten von NRW die Nase gebrochen, meine Belohnung ist ein Job bei Interpol. Croll ist die Chefin, übrigens ein Cop aus England, und die anderen hier sind meine Mitstreiter. Bis auf dieses zauberhafte Wesen neben mir! Das ist die Liebe meines Lebens!«, erklärte er.
Christian Riedle bekam den Mund nicht mehr zu. Er beäugte Korn und Lea wie die Eisbären im Zoo. Dann sagte er »Du und eine Frau? Nie im Leben Korn. Ich hab dich schon mit Supermodels gesehen, die du nicht mal beachtet hast. Aber was habt ihr hier zu suchen und was soll das alles?«
»Das kann ich dir jetzt noch nicht erklären Riedle. Heute Abend wirst du verstehen, was hier abläuft. Bis dahin aber brauchen wir völlig freie Hand und vielleicht auch ein bisschen Unterstützung von dir. Danach setz ich mich gerne zu dir an einen Tisch und erkläre es. Taktik war ja noch nie dein Fall«, lachte Korn.
Liz begann ein bisschen was zu erklären, was es mit dieser Aktion auf sich hatte und übergab die immer noch bewusstlose Britta Herzog dem Hauptkommissar. Sie bat ihn, die Frau vorläufig einzusperren, bis der Tag beendet ist. Riedle konnte sich keinen Reim darauf machen, stimmte aber zu, wenn er alle Informationen bekam. Korn versprach ihm alles vor ihm aufzudecken, wenn es an der Zeit war, aber, bis dahin hatten sie noch eine Menge zu erledigen. Karyani steckte einige der Wanzen, die sie aus dem Büro geholt hatte in einen Beutel und übergab ihn Riedle. Der Polizist gab seine Zustimmung, bellte einige Befehle zu seinen Leuten und verließ mit den fünf Agenten den Tatort. Am Mietwagen standen sie im Kreis zusammen und Korn gab ihm einen kurzen Überblick. Mike, der ebenfalls Deutsch verstand, hörte aufmerksam zu, wie die beiden miteinander redeten. Simultan übersetzte er einiges, damit die anderen Teammitglieder wussten, worum es ging. Nachdem sie zusammen einige Zigaretten geraucht hatten, wurde Liz ungeduldig. Sie trieb die anderen zur Eile an. Sie hatten noch zwei Personen auf ihrer Liste, die sie abhaken wollte.
»Entspann dich Liz. Der Reichstag ist gerade mal 10 Minuten entfernt. Riedle hat mir gesagt, da findet gerade eine unvorhergesehene Haushaltsdebatte statt, das Verhütungsmittel kann also nicht einfach abhauen, denn die muss da drin sitzen bleiben bis zum Ende«, klärte Korn auf.
»Michael, diese Blair wird um fünf heute Nachmittag in dieser Tiefgarage warten. Wir sollten also möglichst beide gleichzeitig hochnehmen, bevor die abhauen kann, weil sie merkt, dass wir die andere schon kassiert haben«, entgegnete Liz.
»Werden wir auch, Liz. Stell dir mal zwei Teams zusammen«, beruhigte er sie.
Liz dachte über ihre Optionen nach. Um 17 Uhr war das Treffen in der Tiefgarage geplant. Diese Rotenfels konnte also unmöglich den Reichstag vorzeitig verlassen. Beweise gegen diese Blair hatten sie durch die Aufzeichnung von Langley. Für Rotenfels gab es auch Beweise, allerdings keine schweren. Während sie im Kopf die Teams durcheinanderwürfelte, hielt Korn kurz inne. Er blickte zu Liz und sagte »Das, was Riedle gerade gesagt hat, setzt dem Ganzen die Krone auf Liz. Ein Beamter, Kreuzer hieß er, arbeitete im Patentamt und wurde zu dieser Rotenfels bestellt, um ihr dieses Patent vorzulegen. Auf dem Heimweg wurde er tot im Straßengraben gefunden. Riedle konnte über die Verkehrsüberwachung herausfinden, dass er direkt aus dem Kanzleramt kam. Laut der Obduktion starb er an einer Vergiftung durch Muscarin, einem Pilzgift, das leicht wasserlöslich ist.«
»Heißt das sie hat ihn vergiftet, um das Patent zu bekommen?«, fragte Liz.
»So sieht es aus Liz. Wenn wir dieses Patent oder die ganze Akte bei ihr finden haben wir einen Mord nachgewiesen«, kam es von Korn.
»Wieso hat Riedle noch nichts unternommen?«, stammelte sie.
»Er kann nicht Liz. Mitglieder des Bundestags besitzen politische Immunität gegen Strafverfolgung, die erst aufgehoben werden muss. Das erreicht man nur durch einen Antrag. Dieser Antrag dauert aber einige Tage«, erklärte Korn.
»Die wird sich noch schwer wundern Korn. Ich brauche keinen Antrag, ich hol sie direkt aus der Sitzung mit Handschellen und allem drum und drin. Notfalls lass ich mir eine Bestätigung von Roussel geben. Und, wenn ich nur einen winzigen Fetzen dieses Patents bei ihr finde, geht sie noch heute Nachmittag ins Gefängnis, wo sie die nächsten Jahre bleibt«, wütete die Chefin des Teams.
»In dem Fall leiste ich Unterstützung Frau Croll«, kam es von Christian Riedle.
Liz war mit Feuereifer bei der Sache. Sie stellte ein Team zusammen, was Blair einpacken sollte und sie würde sich diese Rotenfels vornehmen. Korn, Lea und Karyani sollten diese CIA Mörderin aus der Tiefgarage zerren, Sie, Mike und Riedle würden die Bundeskanzlerin noch im Reichstag verhaften. Sie telefonierte mit Roussel. Croll erklärte ihm die Situation und mit zunehmender Dauer des Gesprächs erhellte sich ihr Gesicht. Der Chef von Interpol gab ihr grünes Licht für alles, was sie für erforderlich hielt. Er würde die Verantwortung übernehmen. Liz strahlte übers ganze Gesicht, als sie Michael, Lea und Kary zur Tiefgarage schickte. Sie sollten die ganze Garage überwachen und Blair verhaften. Korn brachte noch eine kleine Idee ein, die Liz zum Lächeln brachte. Der ehemalige Bodyguard, seine Freundin und Kary machten sich sofort auf den Weg. Ihr Kollege Mike würde zusammen mit Riedle zum Reichstag fahren und die Aktion durchziehen.
Die Tiefgarage am Tiergarten lag etwas versteckt und war von Außen nicht einsehbar. Lea mochte diese engen Gemäuer nicht besonders. Bei ihrer Arbeit fühlte sie sich in diesen Bauten gefangen, weil alle Fluchtwege innerhalb von Sekunden abgeschnitten werden konnten. Sie bevorzugte weitläufige Gelände mit einer erhöhten Position und gutem Schussfeld. Eine Tiefgarage war eher das genaue Gegenteil davon. Es roch nach abgestandenen Abgasen, als sie diesen Bunker betraten. Irgendwo quietschten Reifen über den Belag und an dem Parkautomaten stand eine lange Schlange. Das Parkdeck bestand nur aus einer einzigen schlauchförmigen Ebene, die unter die Erde verfrachtet worden war. Es gab vier Parkreihen für knapp 800 Fahrzeuge. Wo sollte sie hier nur in Stellung gehen? Korn lachte, als hätte seine Freundin einen Witz gemacht, als er ihr Gesicht sah. Dann erklärte er, was er eigentlich vorhatte. Lea und Kary sollten nach dem Eintreffen der Agentin die Ausgänge bewachen, den Rest würde er übernehmen. Die beiden Frauen bekamen große Augen, als er seinen Plan enthüllte. Er würde sich als dieses Weibsstück verkleiden und auf die Agentin warten, ihr die Akte über den Boden zu schlittern lassen und sie dann außer Gefecht setzen. Kary und Lea sollten nur die Ausgänge bewachen, falls diese Blair irgendwie Lunte riechen oder entkommen würde. Lea bestand darauf, dass er mindestens zwei Westen tragen sollte, besser sogar noch eine dritte. Er zog ihr zuliebe zwei Westen an und eine schwarze Kevlarjacke, die ebenfalls kugelsicher war. Aus ihrem Wagen nahm er eine Mappe, die er als Akte verwenden wollte. Er nahm sich einen Stift und schrieb etwas auf ein Blatt Papier, was als einziges in der gefälschten Akte liegen würde. Dann ließ er sich von seiner Lea verkleiden, um als hässlichste Frau der Geschichte durchzugehen. Das schummrige Zwielicht in diesem Parkhaus machte es ihm einfach sich so weit zu verstecken. Seine Position lag ziemlich am Ende der Garage, gut geschützt hinter einem Stützpfeiler. Eine einzelne Lampe erhellte seinen ausgewählten Ort so sehr das es ein Leichtes gewesen wäre ihn zu erkennen. Kurzerhand nahm er aus dem Kofferraum einen Radschlüssel und zerschlug sie. Alles war bereitet, als er auf seine Uhr sah. Blair würde in ungefähr einer Stunde hier sein. Er würde warten, falls sie früher kam. Lea und Kary sollten ihm verdächtig wirkende Besucherinnen ankündigen.
Er brauchte nicht sehr lange in seinem Versteck zu warten als Kary ihm eine schwarze Ford-Limousine ankündigte. Fahrerin eine kaffeebraune Frau in schwarzem Hosenanzug. Langsam fuhr die Frau durch das Parkhaus. Sie umrundete einmal die gesamte Ebene, fuhr dabei an allen freien Parkbuchten vorbei und umrundete das Parkhaus ein weiteres Mal. Lea hatte sie ebenfalls gesehen und meldete ihm über den Funkempfänger »Das ist Blair!«
»Woher weißt du das«, fragte Karyani.
»Ich hab sie in Clarksons Büro gesehen, schon vergessen?«, sagte sie spitz.
Korn bat um Ruhe, die heiße Phase begann. Blair parkte ihren Wagen im hinteren Drittel der Anlage und stieg aus. Sie blickte sich um. Alles war ruhig, sie wäre früher angekommen als ihr potenzielles Opfer und konnte sich mit der Umgebung vertraut machen. Sie schritt das Parkhaus bis etwa zur Mitte ab, kehrte dann um und lief bis zum Ende. Korn beobachtete sie aus seinem Versteck. Als sie zu ihrem Wagen zurückkehren wollte, machte Michael mit einem Leichten hüsteln auf sich aufmerksam. Blair stutzte und sah sich ein weiteres Mal um, allerdings genauer. Michael beugte sich ein wenig ins Licht. Blair sah ihn.
Als sie auf ihn zugehen wollte, flüsterte er in hoher Stimme »Bleiben sie dort stehen!«
Sie tat es und flüsterte zurück »Haben sie die Dokumente?«
Korn hielt die Mappe in die Höhe und klopfte mit den Fingern darauf. Dann fragte er »Das Geld?«
»In meinem Wagen, ich hole es.«
Langsam ging sie zurück zu ihrem Wagen und zog einen schwarzen Koffer heraus. Dann kehrte sie wieder an die Stelle zurück.
»Aufmachen«, forderte Korn mit seiner verstellten Stimme.
Blair stellte den Koffer ab, öffnete die Schnappverschlüsse und zeigte ihm das Geld.
»Stellen sie den Koffer da rüber«, sagte er und zeigte nach rechts.
Sie verschloss den Koffer wieder und lief in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Dort stellte sie den Koffer gut sichtbar ab, drehte sich um und lief zum Ausgangspunkt zurück. Korn warf ihr die Mappe wie eine Frisbeescheibe zu. Sie landete auf dem Boden und kreiselte zu ihr hinüber. Blair hob die Mappe auf und öffnete sie. Das Blatt, was Michael darin versteckt hatte, segelte heraus. Sie hob es auf und las die handschriftliche Notiz darauf. Dort stand:
Keine Bewegung, sie sind verhaftet. Die Ausgänge sind umstellt.
Jeder Fluchtversuch ist zwecklos. Nehmen Sie die Hände hoch!
Blair erstarrte. Sie versuchte, sich umzusehen so gut es ging. Ihre Hände gingen langsam nach oben. Auf Höhe der Hüfte griff sie allerdings nach hinten. In diesem Moment krachte ein Schuss vor ihr in den Boden und Korn schrie »Eine falsche Bewegung und die nächste Kugel wirft ihr Spatzenhirn durch die Gegend.«
Langsam nahm sie die Hände wieder nach vorne und hielt sie auf Kopfhöhe. Michael ging langsam auf sie zu und hielt dabei seine Glock 17 auf sie gerichtet. Einige Meter vor ihr blieb er stehen und bellte »Umdrehen, ganz langsam.«
Blair folgte der Aufforderung und begann sich langsam nach rechts zu drehen. Blitzschnell griff sie nach ihrer Waffe. Sie hatte noch nicht einmal den Griff erreicht als ein Schuss die Stille zerriss und sich in ihrer rechten Schulter ein rasender Schmerz ausbreitete. Blair verdrängte den Schmerz und hielt den Griff in den Fingern, als Korn erneut abdrückte. Das Projektil zerschmetterte ihre Hüfte. Wahnsinnige Schmerzen durchfuhren sie und ihr rechtes Bein knickte ein. Sie kippte fast wie in Zeitlupe nach rechts um. Korn sprang auf sie zu und presste seinen Fuß auf die blutende Wunde ihrer Schulter. Sie schrie auf. Er trat noch fester zu und raunte ihr zu »Vergessen sie ihre Spielchen, jetzt ist endgültig Schluss damit.«
Sie antwortete nicht. Der große Blutverlust und die andauernden Schmerzen ließen ihre Sinne schnell schwinden. Korn sah ihr zu, wie sie immer ruhiger wurde und in eine Ohnmacht versank. Dann drehte er ihren Körper und griff sich ihre Waffe.
»Ich hab sie Ladys. Besorgt ihr einen Arzt«, sagte er ruhig, bevor er zu dem Koffer ging und ihn sicherstellte.
Kary und Lea rannten durch das Parkhaus. Die goldschimmernde Technikexpertin setzte währenddessen einen Notruf ab. Lea rannte auf ihren Freund zu und sprang ihm in die Arme. Er musste die Wucht mit zwei Schritten nach hinten abfedern, ließ den Koffer fallen und hielt sie fest. Sie küsste ihn und flüsterte »Ich hatte wahnsinnige Angst um dich.«
»Ich weiß mein Herz«, sagte er, »So geht es mir immer, wenn du etwas machst. Ich liebe dich Lea!«
»Ihr seid süß ihr beiden«, lächelte Karyani, »Was machen wir jetzt mit der?«
Lea schaute Michael an und grinste »Mir egal, ich hab alles, was ich brauche.«
»Wir warten auf den Arzt, zählen das Geld und geben Liz Bescheid. Sie wird wissen wollen, was hier war.«
Sie warteten noch auf den Krankenwagen, der Blair in die Klinik brachte, und zählten unterdessen das Geld.
»Ihr werdet es nicht glauben, das sind nur knapp 10000 Dollar, der Rest ist Altpapier, zurechtgeschnitten auf Banknotengröße«, rief Karyani aus.
»Das hatte ich bereits vermutet«, gab Korn zu, »Ich hätte auch nicht mehr mitgebracht.«
Er stellte eine Verbindung zu seiner Kollegin her und gab ihr einen Überblick über die Situation und was passiert war. Danach machten sich Karyani und die beiden Verliebten auf den Weg zum nahen Reichstag. Dort würde gleich die größte Party steigen.
Liz war gerade dabei mit Riedle den Zugriff zu planen als Angelika Rotenfels unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutschte. Diese verdammte Sitzung dauerte jetzt schon den ganzen Tag lang. Es war bereits kurz vor 17 Uhr. Das Patent hatte sie bei ihren Unterlagen. Sie wollte so schnell wie möglich ihr Geld abholen und dann verschwinden. Dazu müsste sie aber aus diesem Saal heraus. Der Zeiger der Uhr zu ihrer Rechten zeigte nur noch neun Minuten bis fünf Uhr Nachmittag. Wenn sie ganz schnell wäre, könnte sie den Weg in weniger als vier Minuten schaffen, wenn sie erst mal hier heraus wäre. Sie überlegte sich kurz, für eine Toilettenpause zurückzuziehen und dann heimlich still und leise zu verschwinden. Gerade als sie ihren Plan in die Tat umsetzen wollte, sah sie eine Frau flankiert von zwei Männern den Sitzungssaal zu betreten. Einer der Männer trug sogar eine Polizeiuniform, der andere war eine Bohnenstange und so blass als hätte er die Sonne zuletzt vor Jahrzehnten gesehen. Die Frau wirkte klein zwischen den Männern, viel zu klein, um eine Bedrohung zu sein. Egal, sie wollte ja sowieso jetzt verschwinden, ihre Zeit wurde knapp. Sie beugte sich zu ihrem Bundesminister des Äußeren und flüsterte »Ich geh mal schnell austreten« Er nickte sie nur stumm an. Angelika Rotenfels erhob sich aus ihrem Stuhl, als die kleine Frau rief »Sie bleiben, wo sie sind Bundeskanzlerin Rotenfels. Herr Bundestagspräsident, die Sitzung ist hiermit unterbrochen. Alle bleiben auf ihren Plätzen.«
Der Mann der gerade seine Rede hielt verstummte, als ihm der Präsident das Mikrofon abdrehte und sich an die Frau wandte »Sie haben kein Recht eine Sitzung zu unterbrechen. Die Sicherheitskräfte werden sie hinausbegleiten.«
»Falsch, Herr Präsident«, rief sie, »Die Sicherheitskräfte unterstehen meinem Kommando bis ich hier fertig bin!«
Liz ging durch den Mittelgang des Reichstags auf das Rednerpult zu. Alle schauten sie verwirrt an. Die mitlaufen Fernsehkameras, die für einen Nachrichtensender die Haushaltsdebatte live in ihrem Programm zeigten, schwenkten auf die Besucherin, die mit den beiden Männern durch den Saal lief. Der Redner am Pult warf einen flehenden Blick zum Präsidenten, als die Truppe sich trennte. Liz Croll blieb in der Mitte, gefolgt von Banks. Der Mann in der Polizeiuniform stellte sich an den Ausgang der Regierungsbank. Liz hatte die vollständige Aufmerksamkeit, aller Anwesenden und der Fernsehzuschauer als sie an das Rednerpult trat und dem Abgeordneten, der mitten in seiner Rede unterbrochen wurde, bedeutete, ihr Platz zu machen. Mike stellte sich neben sie und übersetzte für Liz ins Deutsche.
»Mein Name ist Liz Croll«, begann sie, »Ich komme von Interpol und habe hier eine Mörderin zu verhaften, die sich hinter einem politischen Amt versteckt. Wie sie bemerkt haben wollte sich Bundeskanzlerin Rotenfels gerade aus dem Staub machen. Um 17 Uhr hat sie einen Termin in einem Parkhaus, gar nicht weit von hier.«
Liz drehte sich nach rechts und sah die Bundeskanzlerin, direkt an als sie sagte »Ihr Termin ist abgesagt Frau Rotenfels, die Agentin wird in diesem Moment gerade operiert.« Dann wandte sie sich wieder an das Auditorium. Man konnte eine Nadel fallen hören.
»Frau Rotenfels hat dieses Land verraten und verkauft und geheime Informationen an die CIA geliefert. Als Belohnung sollte sie Geld erhalten. Wie viel wissen wir leider nicht genau, denn die Agentin hatte nur 10000 Dollar bei sich, der Rest war nur wertloses Papier. Geheimnisverrat würde man ihr in diesem Land vielleicht noch durchgehen lassen, aber sie ging noch einige Schritte weiter. Um ein Patent zu stehlen, das sie der CIA jetzt übergeben sollte, beging sie sogar einen Mord an einem Beamten. Einem Familienvater, der im Bundespatentamt gearbeitet hat. Sein Name war Kreuzer. Wie die deutsche Polizei, hier vertreten durch Hauptkommissar Christian Riedle, herausfinden konnte, wurde er zu Frau Rotenfels bestellt, um ihr ein beantragtes Patent der SilOld AG zu einer Prüfung zu übergeben. Rotenfels hat diesen Beamten mit einem Pilzgift vergiftet. Während der Obduktion wurde keine Pilze im Magen des Opfers gefunden.«
»Lügnerin«, rief Angelika Rotenfels dazwischen, »Ich habe nichts dergleichen getan, hängen sie das jemandem anderen an!«
»Das Patent und die dazugehörige Akte, sollte bereits auf dem Weg nach Langley sein«, fuhr Liz ungerührt fort, »Da Frau Rotenfels die Sitzung nicht verlassen konnte, müsste sich die Akte noch hier befinden. Hauptkommissar Riedle, wären Sie bitte so freundlich?«
Der Polizeibeamte näherte sich dem Platz, auf dem Angelika Rotenfels saß. Die sprang auf und stellte sich dem Beamten in den Weg, als sie rief »Das sind meine Unterlagen, sie haben kein Recht sie zu durchsuchen!«
Der Hauptkommissar räumte sie einfach auf die Seite, als wäre es eine Puppe. Rotenfels versuchte, ihn festzuhalten, aber er stieß sie sofort von sich. Beinahe wäre sie über den Schreibtisch des Finanzministers gefallen, der er in dem Moment einen verächtlichen Blick zuwarf. Riedle durchsuchte ihren Schreibtisch. Unter der Regierungsbank fand er schließlich die Akte, die er suchte und hielt sie gut sichtbar für alle nach oben. Die Bundeskanzlerin startete noch einen letzten Versuch diese Angelegenheit verschwinden zu lassen und stürzte auf den Beamten zu um ihm die Papiere in ihre Finger zu bekommen. Er wehrte den Versuch mit einer geschickten Drehung ab und die Angreiferin landete auf ihrem eigenen Schreibtisch. Liz und Mike sowie die ganze Nation schauten sich dieses Schauspiel an. Der Bundestagspräsident war von seinem Stuhl aufgesprungen und auch einige Abgeordnete in diesem hohen Hause waren aufgestanden, um besser sehen zu können.
Die Zuschauerränge etwas oberhalb veranstalteten einen tobenden Lärm. Alle hatten vermutet, dass diese Person hinter ihrem Rücken krumme Geschäfte macht, das war nur die letzte Bestätigung. Liz erhob die Hand und beschwichtige die Massen um Ruhe. Mike brüllte, so laut er konnte in das Mikrofon, bis sich der eingetretene Tumult wieder ein bisschen beruhigte. Immer noch gab es einzelne wütende Zwischenrufe, als die Agentin weitersprechen konnte.
»Bundeskanzlerin Rotenfels, ich verhafte sie wegen Mordes am Beamten Peter Kreuzer, sowie Verrat an der Bundesrepublik Deutschland und Vorteilsnahme im Amt. Hauptkommissar Riedle, führen sie sie ab.«
Hauptkommissar Riedle setzte ein zufriedenes Lächeln auf, als er der Frau unsanft die Handschellen anlegte und sie quer durch den Saal zum Ausgang führte. Die Kameras des Fernsehsenders zeichneten jede Szene dieses Schauspiels auf und die Reporter überschlugen sich mit Sensationsmeldungen, die sie in ihre Mikrofone riefen. Liz wandte sich zum Präsidenten, warf ihm einen siegreichen Blick zu und sprach dann zufrieden in das Mikrofon »Sie können die Sitzung jetzt fortsetzen Herr Bundestagspräsident!«
Dieser hob abwehrend die Hände »Es gibt keinen Grund mehr für diesen Nachtragshaushalt, wenn die Antragsstellerin verhaftet wurde!«
Liz wollte gerade den Saal verlassen, als sie in der Bewegung innehielt und sich zum Präsidenten wandte.
»Sie hat diese Sitzung beantragt?«, fragte sie.
Der Präsident nickte. »Um was ging es in ihrem Antrag, wenn sie mir die Frage erlauben.«
»Bundeskanzlerin Rotenfels hat beantragt, die Energiewirtschaft jährlich mit 40 Millionen Euro zu unterstützen. Ihrer Ansicht nach würde das Arbeitsplätze sichern und langfristig gesehen den Strompreis stabil halten«, sagte er.
»Interessant«, murmelte Liz nachdenklich, »40 Millionen Euro im Jahr für die Energiewirtschaft.«
Sie erinnerte sich an die Summe, die Cody Foley bei dem Gespräch mit Korn in Lyon verloren hatte. Zwanzig Millionen sollten sie bekommen, um diese Daten aufzutreiben und alle Mitwisser auszuschalten. Sie erkannte da einen Zusammenhang. Energiewirtschaft, Strompreis, Arbeitsplätze und sie versuchten, ein energetisches Material und Forschungsergebnisse zu finden. Es gab Zufälle, aber nicht so viele auf einmal die genau zusammenpassten.
»Verzeihen sie Herr Präsident«, stellte sie eine letzte Frage, »wer würde denn den Großteil dieses Geldes bekommen?«
»Es würde durch die größte Firma Energart unter allen anderen verteilt werden«, bekam sie als Antwort.
Sie bedankte sich für die Auskunft und verließ mit ihrem Kollegen Mike den Saal. Als sie hinaus waren, flüsterte sie ihm zu, was sie erfahren hatte. Er erkannte ebenso wie Liz die Zusammenhänge sofort. Es galt herauszufinden, inwieweit der Konzern Energart darin verwickelt war. Langsam erkannten sie das ganze Ausmaß der Kreise, die dieser kleine Stein angestoßen hatte. Vor dem Reichstagsgebäude trafen sie auf die anderen Mitglieder des Interpolteams. Die Kameras richteten sich nur auf die Bundeskanzlerin, die in Handschellen auf dem Rücksitz eines Streifenwagens saß. Michael hatte erreicht, dass sie noch nicht weggebracht wurde. Er wollte dieser Frau nichts ersparen, vor allem nicht die Peinlichkeit von jedem Fotografen für die Zeitung abgelichtet zu werden. Außerdem wartete er amüsiert auf die 18 Uhr Nachrichten, die neben der Verhaftung der meistgehassten Politikerin des Landes auch die Beteiligung der CIA aufdecken würde. Die Daten dafür hatte Mike in der Zentrale der SilOld AG über den Computer des CEO Volker Putt an alle Welt geschickt.