Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 56
Frankreich, Lyon
ОглавлениеDie blaue Pilatus rollte langsam in den kleinen Hangar am Flughafen. Die Triebwerke verstummten und die Tür wurde aufgestoßen. Sjaak Vis sprang die Leiter hinab. Er streckte sich und bog den Rücken durch. Dieses ewige Sitzen machte ihm zu schaffen. Cody Foley erledigte seine letzte Checkliste bevor er aus dem kleinen Jet kletterte. Beide waren am Ort des Geschehens angekommen.
Nach der üblichen Kontrolle verließen sie das Flughafengelände und begaben sich in das kleine Hotel mitten in Lyon. In ihrem Zimmer angekommen packten sie ihre Laptops aus und verwandelten den kleinen Tisch zu ihrer Kommandozentrale. Cody machte sich sofort auf die Suche nach Informationen. Sie mussten diese verdammte Wissenschaftlerin aufspüren. Er probierte Querverweise, suchte nach Daten über Personen, die im fraglichen Zeitraum ein Zimmer gebucht hatten, auf der Suche nach Marie Wasserstein und ihrer kleinen Freundin Martina. Sjaak durchsuchte die Konten der beiden nach Abbuchungen, prüfte ihre Kreditkartenbewegungen und stellte eine Liste auf mit Orten die Touristen normalerweise besuchten. Sie konnten nichts finden. Kein einziger Hinweis auf den Verbleib der beiden Frauen.
»So kommen wir nicht weiter Sjaak«, meinte Cody etwas gereizt.
»Können wir uns irgendwie in die Kameras einschalten und eine Gesichtserkennung starten? Irgendwo müssen sie sich ja rumtreiben.«
»Das ist schwer Sjaak, wir kommen nicht auf die Überwachungskameras in Lyon. Wir können einzelne Hotels anzapfen, aber mehr auch nicht.«
»Okay, dann lass uns logisch vorgehen und eine Liste anfertigen mit den Hotels, in denen man nicht unbedingt auffällt!«
Sie durchsuchten die Liste der Hotels. Nicht besonders exklusiv, für eher nicht ganz zahlungskräftige Kunden und leicht abgelegen. Die Hinweise, die sie fanden, waren sehr dürftig. Kaum Anhaltspunkte. In einigen kleineren Hotels gab es nicht mal Kameras, die sie auswerten konnten. Die Stunden vergingen, ohne das sie weiterkamen.
»Wir könnten hier noch Wochen sitzen und im trüben Fischen, ohne etwas zu finden«, maulte Sjaak.
»Was wäre, wenn wir nach diesen vier Agenten suchen und uns einen davon vorknöpfen? Nach einer halben Stunde Schnorcheln erzählen, die uns sicher alles was wir wissen wollen«, versuchte Cody einen neuen Ansatz.
»Okay, lass es uns versuchen. Wollen wir hoffen, dass auch einer da ist!«
Währenddessen landeten die vier Agenten auf dem Flughafen. Korn und Lea begaben sich in ein kleines gemütliches Lokal unweit der Ankunftshalle. Michael und seine Freundin bestellten sich etwas zu essen und genossen die gemeinsame Zeit. Lea war überglücklich, mit ihm ganz in Ruhe in einem Lokal zu sitzen, etwas zu essen und nicht an irgendwelche Aufgaben zu denken.
Liz und Karyani nahmen sich ein Taxi zum Hauptsitz von Interpol. Karyani konnte kaum still sitzen. Schon seit dem Landeanflug konnte sie es kaum erwarten, ihren Mike wiederzusehen. Ganze vier Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen, seit Mike in Los Angeles verhaftet worden war. Je näher sie Interpol kamen, umso unruhiger wurde sie. Liz konnte spüren, wie aufgeregt sie war. Nach vier Jahren hätte sie es auch kaum noch erwarten können ihren Verlobten in die Arme zu schließen.
Als das Taxi vor dem Gebäude zum Stehen gekommen war, sprang Karyani sofort heraus. Liz hielt sie zurück. Sie bezahlte die Fahrt und ging dann mit schnellen Schritten zum Eingangsportal hinauf. Liz zeigte ihren Ausweis vor und meldete Karyani als Besucherin an. Sie nannte den Namen Ivanka Olsdran. Ihr richtiger Name hätte nur zu Problemen geführt. Liz führte die schwarzhaarige Schönheit zum Aufzug. Auf dem Weg zum Büro der Agenten kam ihnen niemand entgegen. Die englische Agentin öffnete das Büro und linste hinein. Es war leer. Karyani setzte sich an Mikes Platz, während Liz ihr Telefon aus der Tasche zog. Sie wählte Mikes Nummer.
»Hey Liz, hat alles geklappt?«, fragte er.
»Ja, alles gut gelaufen. Wo treibst du dich rum?«
»Ach der blöde Grafikchip vom Rechner hat sich verabschiedet, ich besorge gerade einen neuen.«
»Ich sitze im Büro. Hab mich gewundert, warum du nicht hier bist«, lachte sie.
»Ah, ihr seid schon wieder zurück. Gib mir ein paar Minuten dann bin ich oben!«
»Okay, bis gleich«, sagte sie und legte auf.
»Mike besorgt gerade noch einen Chip, er ist gleich wieder da«, grinste sie Karyani an, deren dunkle Augen zu leuchten begannen.
»Ich stell mich hinter die Tür, bitte sag ihm nichts!«
»Keine Angst, ich setze mich hier hin und tu so, als sei alles ganz normal«, gab sie zurück und setzte sich an ihren Schreibtisch. Karyani stellte sich links neben die Tür. Mike würde direkt an ihr vorbeigehen müssen, während sie durch das Türblatt verdeckt wurde.
Es näherten sich Schritte auf dem Gang. Karyanis Erregung stieg bis zum Höhepunkt. Der Hall der Schritte entfernte sich wieder. Liz musste lachen. Es dauerte noch einige Minuten, dann hörten sie wieder Schritte. Die Tür flog auf und Mike betrat das Büro. Hinter ihm fiel die Tür wieder zu. Er blickte Liz an und fragte »Nanu, du bist alleine? Wo sind der Kotzbrocken und Lea?«
»Ach die beiden wollten was Essen. Kommen später nach!«
Karyani schlich auf Zehenspitzen zu Mike. Dann warf sie ihm die Arme um die Hüften und drückte ihn ganz fest an sich. Erschrocken versuchte er sich umzudrehen. Sie lockerte ihren Griff. Sprachlos starrte er in die Augen von Karyani. Wie zwei ausgehungerte Wölfe fielen sie übereinander her. Mike küsste sie, hob sie an und drehte sich mit ihr wie ein Kreisel. Liz sah den beiden lachend zu.
Als der erste Ansturm vorüber war, rief Mike »Meine Moosrose, ich habe dich so vermisst!«
»Du hast mir gefehlt Samtpfötchen. Jetzt lass ich dich nie wieder gehen!«, sagte sie und hatte Tränen in den Augen.
»Dich geb ich nie wieder her Karyani. Ich liebe dich!«, sagte er mit heiserer Stimme. Auch er kämpfte mit den Tränen.
»Ich liebe dich auch Mike!«, presste sie heraus und küsste ihn.
Liz sah den beiden zu, sagte aber nichts. Sie wollte den innigen Moment nicht zerstören. Die beiden standen eng aneinandergedrückt mitten im Raum. Sie warfen sich Kosenamen um die Ohren, küssten sich und waren einfach nur glücklich. Mike wagte kaum, sich umzudrehen, er wollte Kary nicht loslassen. Zögerlich fragte er Liz »Wie hast du meine Traumfrau denn nach Frankreich bekommen?«
»Ich habe sie verhaftet!«, sagte Liz kalt.
»Du hast was?«, stotterte Mike.
»Ich habe sie verhaftet Mike, immerhin bin ich Interpol Agentin. Der Rest liegt jetzt bei dir. Verschaff ihr saubere Papiere und kümmere dich um die Haftbefehle«, grinste Liz, »Ach, und bevor ich es vergesse, sie braucht einen Interpolausweis!«
»Sie braucht was? Spielt ihr hier irgendwelche Spiele mit mir?«, rief Mike.
»Nein Pandabärchen. Keine Spiele. Liz hat mich in Caracas verhaftet, dann haben wir in Langley die CIA aufs Kreuz gelegt, um dann endlich hierherzukommen. Micha hat entschieden, mich ins Team aufzunehmen. Das heißt, ich bin jetzt nicht nur dein Augenstern, sondern auch noch deine Kollegin. Aber dazu brauche ich saubere Papiere und einen Interpolausweis!«, flötete Kary.
»Moment, noch mal zurück und Standbild bitte. Du nennst Korn Micha? Er hat dich ins Team aufgenommen?«
»Ja, dieser Kotzbrocken wie du ihn genannt hast, ist sehr nett. Ich nenne ihn Micha. Da Liz kurzzeitig, ähm verhindert war, hat er mich in das Interpolteam aufgenommen. Du bist jetzt nicht nur mein Freund, sondern auch noch mein Kollege.«
»Korn ist ein Kotzbrocken, Liz wird dir das bestätigen. Warum war Liz verhindert und wieso hat er dich ins Team aufgenommen?«
»Schmusetiger, wenn du alles dreimal fragst, werden wir noch ewig brauchen!«
»Liz, kannst du meiner Frau bitte sagen, das Korn das größte Arschloch ist, was es gibt?«, fragte Mike.
»Mike, ich kann dir nur sagen, dass Michael ein sehr netter Kerl ist. Deine Frau wusste es noch vor mir!«, entgegnete Liz.
»Sekunde, du nennst mich deine Frau? Habe ich da einen Antrag verpasst?«, fragte Kary etwas unsicher.
»Honigkeks ich bin gerade sehr verwirrt. Du wieder bei mir, Korn auf einmal ein netter Kerl. In meinem Kopf dreht sich gerade alles. Du hast keinen Antrag verpasst, noch nicht, den wollte ich dir eigentlich in Paris unter dem Eiffelturm machen. Irgendwas müssen sie mir in die Mango Spicy Collins gemixt haben.«
Karyani entspannte sich wieder ein bisschen. Mike hatte ihren Lieblingscocktail getrunken und erwähnte einen Antrag, den er ihr unter dem Eiffelturm machen wollte. Jetzt ergab das alles einen Sinn. Am Telefon hatte er ihr gesagt, er wolle ihr saubere Papiere beschaffen und mit ihr einen Urlaub in Paris verbringen. Die vier Jahre im Gefängnis hatten ihn ihr nur noch näher gebracht. Sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als mit Mike den Rest ihres Lebens zu verbringen. Sie hatte gesehen, wie Lea ihren Michael gezähmt hat, und die beiden konnten kaum glücklicher sein. Langsam drehte sich Karyani zu Mike um, betrachtete ihn wie einen Traum und hatte sich in diesem Moment entschieden, was sie tun würde. Es gab keinen falschen Zeitpunkt, nur verpasste Gelegenheiten.
Karyani nahm Mikes Hände und blickte ihm in die Augen. Seine Augen funkelten wie Sonnenstrahlen auf der Meeresoberfläche.
»Mike Banks, willst du mich zu deiner Ehefrau nehmen?«, fragte sie leise.
Seine Kinnlade klappte nach unten. Tränen schossen ihm in die Augen und er antwortete ihr mit einem Kuss und einem gebrüllten »Ja, das will ich Karyani Sasmita!«
Liz, die als einzige anwesend war, klatschte einen leichten Beifall. Die beiden Verliebten hielten sich in den Armen, Tränen kullerten und immer wieder fanden sich ihre Lippen. Mike bat seine Verlobte, ihn einige Sekunden gehen zu lassen. Sie nickte stumm und sah, wie er sich zu seinem Schreibtisch zurückzog. Er riss die linke Schublade auf, griff hinein und zog einen orangefarbenen Umschlag heraus. Er kam wieder auf sie zu, nahm vorsichtig ihre Hand »Das habe ich in den letzten Tagen getan Karyani. Ringe wollte ich mit dir zusammen in Paris kaufen.« Dann legte er den Umschlag in ihre Hand. Sie öffnete den Umschlag mit feuchten zittrigen Händen. Es war ein französischer Pass, ausgestellt auf den Namen Karyani Banks. Ungläubig schaute Sie auf den neuen Ausweis in ihrer Hand. Vorsichtig, fast ehrfürchtig schaute sie auf dieses Dokument. Der einzige Schönheitsfehler war der angegebene Geburtsname. Statt Sasmita stand da Samita. Sie lächelte ihn schüchtern an »Schnuffelhase mein Geburtsname ist falsch angegeben. Da fehlt ein S.«
»Ich weiß Liebste. Anders war es aber nicht möglich, die ganzen Vorstrafen und Haftbefehle verschwinden zu lassen.«
»Das heißt, wir dürfen hinreisen, wo wir wollen ohne das mir Haft droht?«
Mike nickte »Als wäre nie etwas gewesen Liebeshummel.«
Liz, die bis dahin still auf ihrem Stuhl saß, stand auf und ging zu den beiden hin. Sanft sagte sie »Ich störe wirklich nur ungern und es tut mir furchtbar leid, euch zu unterbrechen, aber wir haben noch etwas zu tun.«
Karyani konnte ihr nicht böse sein, diese ganze Aktion war spontan gewesen, obwohl sie wusste, das sie nicht sehr viel Zeit hatten.
»Liz hat recht Tigerbärchen. Ich brauche einen Interpolausweis und wir müssen wissen, wer alles die Lösung mit dem Billardtisch weiß.«
»Nur ich weiß davon. Und auch keiner außer Roussel kennt das Gedicht. Als ich Interpol davon unterrichten wollte, hatte ich nur einen Gedanken. Karyani, meine Verlobte. Ich habe die Zentrale verlassen, ohne jemandem etwas zu sagen, und bin in einer Bar gelandet. Erst nach dem Vierzehnten, Mango Spicy Collins war ich wieder im Hotel. Dann kam die Nachricht von Liz und bisher war ich alleine.«
»Gut, ich gebe das mal an Lea und Michael weiter. Die beiden können dann ohne Unterbrechung nach Split reisen. Karyani, du gibst deinem frisch Verlobten die Aufnahmen aus den USA, er leitet es dann weiter. Besorgt vorher aber noch den Ausweis, unser nächstes Ziel heißt Berlin«, erklärte Liz die weitere Vorgehensweise. Sie fischte das Smartphone aus ihrer Tasche und klingelte Lea an.
»Liz, dass du auch immer genau dann stören musst, wenn wir gerade beim Dessert ankommen!«, stöhnte Lea.
»Es tut mir leid ihr beiden! Mike hat niemandem etwas davon erzählt. Ihr könnt euch auf den Weg nach Split machen. Ach, und übrigens, jetzt habt ihr die Maschine für euch alleine. Genießt das Dessert!«, lachte sie etwas scherzhaft.
»Das Dessert fällt leider aus, Liz. Oh Michael winkt gerade etwas hektisch, Sekunde.«
Liz konnte im Hintergrund Michael mit ihr reden hören, verstand aber nichts von dem, was er sagte. Es klang aufgeregt, aber nicht hektisch. Der Bodyguard hatte scheinbar alles im Griff. Dann meldete sich Lea wieder.
»Liz, ich muss Schluss machen, verlasst nicht die Zentrale, hörst du? Michael und ich sind auf dem Weg zu euch!« Es knackte, die Leitung war tot. Croll wandte sich wieder an die beiden anderen.
»Irgendwas stimmt nicht! Wir sollen im Gebäude bleiben. Michael und Lea kommen her!«, berichtete sie in knappen Sätzen.
Karyani sah sie fragend an »Was ist los? Haben sie was gesagt?«, fragte sie. Mike hielt sie und sah zwischen den beiden hin und her.
»Lea meinte nur wir sollen drin bleiben, ich weiß nicht, was los ist. Michael hat vielleicht etwas bemerkt.«
»OK, dann lasst uns hierbleiben, und warten, bis die beiden da sind. Micha würde keinen Alarm geben, wenn es nicht notwendig ist«, sagte die goldglänzende neue Agentin.
Mike verstand die Welt nicht mehr. »Hätte jemand die Freundlichkeit mich aufzuklären?«, fragte er.
Karyani konnte sich den Scherz nicht verkneifen »Okay, pass auf Zuckerschnute. Es gibt Bienchen und Blümchen …«
»Lass den Quatsch Zaubersternchen. Ich kapiere nicht, was hier gerade los ist. Du bist neu im Team, von Korn dem Oberarsch aufgenommen, Liz nennt ihn Michael und behauptet er sei eigentlich ganz nett, jetzt wünscht sie ihnen auch noch das sie das Dessert genießen sollen und sie die Maschine für sich alleine haben. Entweder habe ich ernsthaft was am Kopf oder ihr verschweigt mir wichtige Details«, klagte er etwas unruhig.
»Ich verstehe das dich das verwirrt Mike«, beruhigte Liz ihn, »ich werde dir alles erklären, wenn wir etwas Ruhe haben. Aber vorher gilt es Kary ihren Ausweis zu beschaffen und zu warten, was hier wieder los ist, wovon wir noch nichts wissen, okay?«
»Okay, aber dann will ich wirklich alles verstehen können«, rief er.
»Einverstanden Mike. Ich besorge mit Kary ihren Interpolausweis, du kümmerst dich um das Material aus Langley und schickst es an alle Nachrichtenagenturen weltweit, Veröffentlichung nicht vor Mittwochnachmittag. Alles klar?«, fragte sie leicht nervös.
»Okay!«, gab Mike kleinlaut zurück. Kary reichte ihm das Material aus Langley, gab ihm noch einen Kuss, bevor sie von Liz aus dem Raum gezogen wurde.
Lea kam völlig verkleidet aus der Damentoilette wieder zu Michael. Ihre bevorzugte Kleidung war einem schwarzen Hosenanzug gewichen, sie war stark geschminkt und hatte Stilettos an ihren schlanken Beinen. Michael pfiff durch die Zähne, als Lea sich aufreizend vor ihm um die eigene Achse drehte.
»Gefalle ich dir Schatz?«, fragte sie.
»Gefallen ist kein Ausdruck«, staunte er, »Ich könnte mich sinnlos vermehren!«
Lea lachte »Glaub mir, ich kann es kaum noch abwarten. Aber du bist dir ganz sicher?«
»Mein Herz, ich weiß, was ich sehe. Außerdem habe ich extra noch mal ganz genau hingesehen, es besteht kein Zweifel!«
»Mist. Wie konnte der hier auftauchen. War er auch wirklich alleine?«, fragte sie.
»Ja, er war alleine. Er ist da drüben in ein Auto gestiegen. Keiner war bei ihm!«
»Okay, und wie jetzt weiter?«
»Wir gehen rüber zum Flughafen, ich muss mich umziehen, und du solltest unauffällig bleiben.«
Angespannt verließen die beiden das Lokal. Korn hatte seine Augen überall. Er war notfalls sofort bereit, seine Lea zu schützen, auch wenn es seinen sicheren Tod bedeuten würde. Sie hatte kein so gutes Gefühl bei der Sache. Korn hatte die Weste nur in Caracas getragen, weil sie es so wollte. Hier war er wieder, wie eigentlich immer ohne Schutzausrüstung unterwegs. Nächstes Mal wäre sie vorbereitet. In Gedanken machte sie sich eine Notiz für ihn immer eine Weste mitzunehmen. Es durfte ihm einfach nichts passieren. Diese bedingungslose Liebe hatte sie nie zuvor gefühlt. Schnell erreichten sie die Einkaufsmeile des Flughafens. Sie schlüpften in ein Modegeschäft. Lea hielt sich unauffällig zwischen den Kleidungsstücken, die an ihren Drehgestellen hingen, versteckt, während ihr Freund sich einen Designeranzug griff. Mit einem Blick prüfte er die Größe. Er brauchte ihn etwas größer. Den Ersten den er gegriffen hatte, warf er achtlos auf die Stangen. Dann fand er die richtige Größe und zog Lea hinter sich her in eine Umkleidekabine. Sie drückte sich in die hintere Ecke, um ihm Platz zu lassen. Ohne Umschweife begann er sich auszuziehen, bis er nur noch in Unterhosen vor ihr stand. Er streifte sich das Hemd über, verschloss die Knöpfe und stieg dann in die Hosen. Lea reichte ihm nacheinander die einzelnen Kleidungsstücke an. Nach wenigen Minuten traten sie wieder aus der Kabine. Eine Verkäuferin, die sah, wie sie zusammen aus der Kabine kamen, machte ein verärgertes Gesicht. Korn warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Lea hingegen deutete nur ein leichtes Kopfschütteln an. Die Verkäuferin verstand diese Geste, denn sie entfernte sich von den beiden, ohne etwas zu sagen. Fast im Vorbeigehen warf Korn dem Chef des Ladens einige Geldscheine zu. Ohne auf Wechselgeld zu warten, zog er sie wieder auf die Straße hinaus.
Ein Geschäftsmann im hellgrauen Anzug wollte gerade in ein Taxi steigen, als Korn ihn unsanft am Kragen wieder aus der Fahrgastkabine zog. Mit einem kurzen Zurückziehen warf Michael den Mann fast wieder bis zur Ankunftshalle. Er flog über herumstehendes Gepäck auf den Boden. Sein Gezeter und die lauten Schreie interessierten Korn nicht die Bohne. Er hatte es eilig und nahm, außer auf seine Lea, auf niemanden Rücksicht.
»Interpol Hauptgebäude! Gib Gas«, raunte er dem Fahrer zu, als sie im Auto saßen. Der starrte ihn böse an und begann laut auf Französisch auf Michael einzureden. Ohne ein weiteres Wort griff Korn nach seiner Glock, hielt die dem Chauffeur unter die Nase und bellte ihn an »Du hältst jetzt deine Fettbacken und trittst aufs Gas. In zwei Sekunden sind wir unterwegs, bevor ich dich rauswerfe und selber fahre! Ist das klar Pierre?«
Einige hundertstel Sekunden später reihte der Fahrer sich in den Verkehr ein. Korn bedeutete ihm, so schnell zu fahren wie nur möglich. Wütend begann er wieder auf Französisch zu schreien und hämmerte auf das Lenkrad. Michael presste ihm die Pistole zwischen die Beine und sagte in ruhigem Ton »Höre ich nur noch ein Wort von dir, machst du deine nächste Fahrt als Taxifahrerin. Fällt die Tachonadel einmal unter hundert km/h, blase ich dir das Licht aus!«
Lea, die hinten saß, legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. »Ruhig Schatz, er weiß nicht, was los ist!« Sie zog ihren Interpolausweis hervor und hielt ihn dem Fahrer unter das blasse Gesicht. Jetzt hatte er verstanden.