Читать книгу Michael Korn & Liz Croll Trilogie - Matthias Boden - Страница 54

Irgendwo über dem Atlantik

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Die vier In­ter­po­l­agen­ten hat­ten sich wie­der um ih­ren Tisch ver­sam­melt. Auf ih­ren üb­li­chen Plät­zen spra­chen sie über die Pro­ble­ma­tik ih­res Auf­tra­ges. Ka­rya­ni saß ne­ben dem Fens­ter, Liz auf dem Ses­sel ne­ben ihr zum Mit­tel­gang der Gulf­stream hin und ge­gen­über hat­ten es sich Korn und Lea ge­müt­lich ge­macht. Al­ler­dings sah es nicht ganz so ge­müt­lich aus, wie Lea sich ver­renk­te. Ihr Hin­tern lag halb auf dem Ses­sel, ih­re kur­z­en Bei­ne rag­ten in den Mit­tel­gang und ihr Ober­kör­per lag vor Korns Brust. Sei­nen rech­ten Arm hat­te er über den Bauch, um sei­ne Freun­din ge­schwun­gen wäh­rend die lin­ke Hand Leas Kopf stütz­te und sie da­bei im­mer wie­der sanft strei­chel­te.

»Könnt ihr nicht nor­mal ne­ben­ein­an­der­sit­zen?«, frag­te Liz.

»Lass die bei­den. Mi­ke und ich konn­ten die ers­ten Mo­na­te auch nicht un­se­re Fin­ger von­ein­an­der las­sen. Wenn du ehr­lich bist, ging es dir mit dei­nem Ver­lob­ten am An­fang auch nicht an­ders, oder?«, er­in­ner­te sie Ka­rya­ni lä­chelnd.

Liz muss­te schmun­zeln, als sie sich er­in­ner­te. Ihr war es auch nicht an­ders er­gan­gen. Frisch ver­lieb­te sind wohl über­all auf der Welt gleich. Wa­rum soll­ten Korn und Lea da ei­ne Aus­nah­me sein?

»Wie dem auch sei, wir soll­ten uns um un­ser Pro­blem küm­mern«, gab sie die Rich­tung vor, »Die CIA ist end­gül­tig aus der Num­mer raus. Blei­ben al­so noch die­se bei­den Kil­ler aus Ko­pen­ha­gen. Wie hei­ßen die bei­den noch gleich?«

»Sjaak Vis und Co­dy Fo­ley«, half ihr Lea.

»Mit Ver­laub Queen Croll, die CIA hat einen rie­si­gen Rück­schlag er­lit­ten, aber sie sind noch nicht ganz aus dem Spiel«, be­merk­te Korn.

»Was soll das hei­ßen? Wir ha­ben doch die­sen Clark­son, den Chef ge­tö­tet. Wer soll da noch im Spiel sein?«, frag­te sie ver­blüfft.

»Ka­pi­tä­nin, sie soll­ten ih­ren Blick nicht nur stur ge­ra­de­aus hal­ten, son­dern auch mal nach links und rechts schau­en«, gab Korn zu be­den­ken, »Links treibt das Bei­boot mit die­sen bei­den Flach­fei­len Vis und Fo­ley. Auf der rech­ten Sei­te treibt das Schiff der CIA, fast leck­ge­schla­gen aber noch nicht un­ter­ge­gan­gen. Dort auf Deck trei­ben im­mer noch min­des­tens zwei Rat­ten das Schiff an. Na­ment­lich ein­mal die­se Blair von dem Ton­band und die Hin­weis­ge­be­rin aus Ber­lin!«

»Wenn wir die­se Ro­ten­fels hoch­neh­men, pa­cken wir die­se Blair gleich mit ein. Al­so ist das CIA-Schiff ge­ken­tert, um in ih­rer Spra­che zu blei­ben«, ent­ge­ne­te Liz.

»Croll, die­se Nat­ter aus dem Bun­des­tag steht nicht auf dem Schiff, die schwimmt hin­ter­her! Blair hat das Ru­der über­nom­men und un­ter Deck sucht der Maat nach der Kom­bü­se«, sag­te er kühl.

»Korn könn­ten sie sich bit­te ein­mal ver­ständ­lich aus­drücken. Ich be­grei­fe ih­re Me­ta­phern von den Pi­ra­ten nicht.«

»Okay, noch mal für sie ganz al­lei­ne«, setz­te er an, »Blair soll die­se Ro­ten­fels auf Eis le­gen. Aber in Ber­lin sitzt min­des­tens noch ei­ne Agen­tin der CIA und ver­sucht ver­mut­lich ver­zwei­felt, das Haupt­quar­tier zu er­rei­chen!«

»Und wer?«, frag­te Liz kri­tisch.

»Die Se­kre­tä­rin von Vol­ker Putt!«

»Ver­scho­nen sie mich mit ih­ren Scher­zen Korn!«

»Croll, die Fal­le, in die wir das CIA-Te­am ge­lockt ha­ben, konn­te nur funk­tio­nie­ren, weil ein Hin­weis aus Ber­lin kam. Als Lea und ich dort wa­ren, sa­ßen wir zu dritt in sei­nem Bü­ro, die Tü­ren wa­ren zu. Putt hat ge­re­det, um die Fal­le zu stel­len. Die rich­ti­gen In­for­ma­tio­nen ha­ben wir auf einen Zet­tel ge­schrie­ben. Die Fal­le konn­te al­so nur funk­tio­nie­ren, weil je­mand mit­ge­hört hat. Ist das lo­gisch ge­nug für sie, oder brau­chen sie ei­ne Zeich­nung?«

»Okay, ver­stan­den, aber wer hat da zu­ge­hört?«, frag­te Croll.

»Sei­ne Se­kre­tä­rin hat zu­ge­hört«, er­öff­ne­te ihr Korn.

Lea dreh­te ih­ren Kopf nach oben »Bist du si­cher?«, platz­te es aus ihr her­aus.

»Ja, ich bin si­cher. Du hast das Glei­che ge­se­hen wie ich Schatz, aber nicht ge­nau hin­ge­schaut. Ver­such dich mal zu er­in­nern!«, sag­te er.

»Hm, nach dem Thea­ter im Bü­ro sind wir nach drau­ßen ge­gan­gen. Putt hat zu sei­ner Se­kre­tä­rin ge­sagt, sie soll sei­ne Ter­mi­ne ab­sa­gen, weil er ei­ni­ges zu er­le­di­gen hat. Aber mehr ist mir nicht auf­ge­fal­len, war noch was?«, be­rich­te­te Lea.

»Da war noch ei­ne gan­ze Men­ge. Ist dir die­ses strah­len­de Lä­cheln an ihr auf­ge­fal­len? So et­was wirft man sei­nem Chef nicht zu, wenn er sagt, sie soll die Ter­mi­ne um­le­gen. Das war ge­nau der Blick, wenn man et­wa wich­ti­ges Er­fah­ren hat, was man ei­gent­lich nicht er­fah­ren soll. Dann hat sie an­ge­fan­gen zu te­le­fo­nie­ren. Die ers­ten drei Zah­len, die sie ge­wählt hat, wa­ren die null. Um aus ei­ner Fir­ma nach drau­ßen te­le­fo­nie­ren zu kön­nen be­nutzt man in Deutsch­land häu­fig die Null. Zwei wei­te­re Nul­len be­deu­ten dem­nach ei­ne in­ter­na­tio­na­le Vor­wahl. Du als Se­kre­tä­rin wür­dest zu­erst die nach­fol­gen­den Ter­mi­ne ab­sa­gen, einen nach dem an­de­ren. Wenn der nächs­te Ter­min aus dem Aus­land kommt, muss er sich be­reits in Deutsch­land auf­hal­ten. Es wür­de al­so kei­nen Sinn ma­chen ei­ne in­ter­na­tio­na­le Num­mer zu wäh­len. Orts­vor­wah­len be­gin­nen in Deutsch­land auch mit ei­ner Null, heißt, ei­ne zwei­te Null er­gibt Sinn, da­nach muss aber zwin­gend ei­ne Zahl kom­men. In Ber­lin ist die­se Orts­vor­wahl 030, sie hät­te al­so ei­ne 3 wäh­len müs­sen, kei­ne null«, er­klär­te er.

Al­le drei Frau­en schau­ten ihn an, als ob er ge­ra­de die Lot­to­zah­len der nächs­ten 12 Wo­chen vor­aus­ge­sagt hät­te. Liz blick­te in sei­ne blau­en Au­gen, in de­nen sie kei­ne Re­gung ab­le­sen konn­te.

»Sie sind ein ver­damm­ter Zau­be­rer Korn«, sag­te sie fast ehr­fürch­tig.

»Das hat nichts mit Zau­be­rei zu tun Croll«, er­klär­te er sach­lich, »Ich bin ein gu­ter Beo­b­ach­ter und zie­he lo­gi­sche Schlüs­se!«

»Okay, aber wie ka­men sie auf die Trink­sucht von Rous­sel und das er mit Lea ver­wandt ist?«, frag­te sie ihn.

»Das ist al­les, was ih­nen ein­fällt?«, lach­te er, »Sie wa­ren selbst da­bei. Ist ih­nen nie auf­ge­fal­len, dass sei­ne Au­gen mü­de wa­ren, die Pu­pil­len blut­un­ter­lau­fen und sei­ne Re­ak­tio­nen ver­zö­gert wa­ren?«

»Doch sei­ne Au­gen wirk­ten über­näch­tigt, aber mehr war da nicht!«

»Sei­ne Re­ak­tio­nen wa­ren ex­trem ver­zö­gert. Da­für gibt es zwei mög­li­che Er­klä­run­gen. Ent­we­der Can­na­bis oder Al­ko­hol. Rous­sel raucht nicht, das hät­te ich deut­lich am Ge­ruch be­merkt. Blieb al­so nur noch Al­ko­hol als Er­klä­rung. Die ex­tre­me Ver­zö­ge­rung sei­ner Re­ak­tio­nen lässt sich nicht mit ei­nem Glas am Mor­gen er­klä­ren. Heißt da muss mehr ge­we­sen sein. Al­so ha­be ich mir mal sei­ne Hän­de an­ge­schaut. Die­ses leich­te Zit­tern ist ty­pisch für Al­ko­ho­li­ker, wenn der Pe­gel noch nicht ganz stimmt«, be­lehr­te er sie.

»Ka­piert, aber wie ka­men sie dar­auf, dass er mit Lea ver­wandt ist?«

»Rou­sells Stim­me wur­de sanf­ter, als er von Lea sprach. Zu­sätz­lich hat­te er die­sen me­lan­cho­li­schen Blick in sei­nen Au­gen. Heißt, er muss­te sie schon et­was län­ger ken­nen. Wenn sie al­so über ei­ne Auf­trags­kil­le­rin re­den, die noch nie­mand ge­se­hen hat und von der auch kei­ne Bil­der exis­tie­ren, wird ih­re Stim­me nicht sanf­ter und sie den­ken an ver­gan­ge­ne Zei­ten. Er muss­te sie al­so ken­nen. Lea ist 30 Jah­re alt, Rous­sel über 60. Ei­ne Lie­bes­be­zie­hung konn­te ich mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit aus­schlie­ßen. Al­so muss­te er sie schon ken­nen, als sie noch ganz klein war. Wä­re Lea die Toch­ter ei­ner be­freun­de­ten Fa­mi­lie ge­we­sen, wä­re sei­ne Stim­me nicht sanf­ter ge­wor­den. Daraus er­gab sich ein Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis, nur war mir nicht klar wie!«, be­rich­te­te er.

»Okay, okay, ich ge­be auf. Sie ha­ben mich über­zeugt Korn. Ist das im­mer so ein­fach für sie?«, frag­te Liz un­ru­hig.

»In 99,9 Pro­zent al­ler Fäl­le ja«, grins­te er.

»Wa­rum kannst du das dann nicht bei mir?«, frag­te Lea zärt­lich.

»Mein Herz, ich wür­de das un­gern vor den bei­den of­fen­le­gen. Ist das okay für dich?«

Lea grins­te ihn an »Mi­cha­el, du hast jetzt so viel ver­ra­ten, dann kannst du es den bei­den auch er­klä­ren. Sie ge­hö­ren ja zum Te­am. Au­ßer­dem hast du mir et­was ver­spro­chen!«

Liz und Ka­ry wur­den hell­hö­rig, als Lea sprach. Korn hat­te ihr et­was ver­spro­chen. Liz über­leg­te, was das wohl sein wür­de. Korn gab ein lei­ses re­si­gnie­ren­des Stöh­nen von sich. Er blick­te in die Run­de der drei Frau­en. Lea grins­te im­mer noch, als sie ih­re Hand auf sei­ne Wan­gen leg­te und »Bit­te!«, hin­zu­füg­te. Ihr Ton war fast fle­hend.

Er räus­per­te sich, als er zö­ger­lich be­gann »Ich weiß nicht recht, wie ich es er­klä­ren soll. Ich ha­be ja zu Rous­sel ge­sagt, ich möch­te mit Lea un­ter vier Au­gen spre­chen, um zu se­hen, ob man ihr trau­en kann, üb­ri­gens zu ih­rem Schutz Croll. Wenn sie sich er­in­nern, stand ich an dem Fens­ter, als Lea her­ein­kam und Rous­sel an­ge­fan­gen hat die Aus­wei­se zu ver­tei­len. Ei­gent­lich hat­te ich nicht vor mich um­zu­dre­hen, muss­te dann aber doch, um die­se Plas­tik­kar­te an mich zu neh­men. Das war der Mo­ment, in dem ich Lea zum ers­ten Mal ge­se­hen ha­be«, er schluck­te, und setz­te dann fort, »Croll, sie ha­ben mich an dem Fens­ter ge­se­hen« Liz nick­te schwei­gend.

»Ver­mut­lich ist es schon lan­ge kein Ge­heim­nis mehr, das ich zu dem Zeit­punkt still ge­weint ha­be, als sie mich so un­sanft an­ge­fah­ren ha­ben! Spä­ter ha­ben sie ja dann, ver­mut­lich durch Re­cher­chen von Banks, auch den Na­men Isa­bel­la her­aus­ge­fun­den. Wie auch im­mer sie das an­ge­stellt ha­ben.«

Liz un­ter­brach ihn »Mi­ke hat so­gar mit die­ser Isa­bel­la te­le­fo­niert!«

»Croll, es fällt mir schon schwer ge­nug, ih­nen da­von zu er­zäh­len, un­ter­bre­chen sie mich bit­te nicht.«

»Ver­zei­hung!«, hauch­te Liz lei­se. Er quit­tier­te es mit ei­nem kur­z­en Ni­cken.

»Isa­bel­la war für mich mehr als nur ei­ne Be­kann­te oder Mit­schü­le­rin. In dem einen Som­mer, den wir ver­bracht ha­ben, wa­ren ih­re brau­nen Au­gen für mich so was wie ein Stern. Es dau­er­te wirk­lich nicht lan­ge bis ich mich in sie ver­liebt ha­be. Ih­re Art, ih­re Er­schei­nung ein­fach ihr gan­zes Ich hat mich ge­fes­selt. Zu dem Zeit­punkt war ich ge­ra­de mal 13 Jah­re alt. An­fang Herbst, um ge­nau zu sein, war es der 17. Sep­tem­ber, ha­be ich ihr auf dem Schul­hof mei­ne Lie­be ge­stan­den« Sei­ne Au­gen wur­den feucht und ei­ne ein­zel­ne Trä­ne lief ihm an der Na­se vor­bei. Mit brü­chi­ger Stim­me er­zähl­te er wei­ter.

»Sie hat mir ei­ne Ohr­fei­ge ge­ge­ben und mich ste­hen las­sen. Seit die­sem Tag hat sie kein Wort mehr mit mir ge­spro­chen. Mei­ne Mit­schü­le­rin und Freun­din seit dem Kin­der­gar­ten mein­te zu mir, ich sol­le ein­fach ei­ni­ge Wo­chen war­ten und das The­ma Isa­bel­la er­le­digt sich von selbst. Es ver­gin­gen meh­re­re Mo­na­te und es war mir nicht mög­lich, sie zu ver­ges­sen. Ich hab sie täg­lich ge­se­hen. Es ging ein­fach nicht, sie zu ver­ges­sen, und ich konn­te auch nicht auf­hö­ren sie zu lie­ben. Dann be­gan­nen die schlimms­ten Jah­re mei­nes Le­bens. Die gan­zen 24 Stun­den je­des Ta­ges ver­brach­te Isa­bel­la in mei­nem Kopf. Egal wo­mit ich ver­sucht ha­be, mich ab­zu­len­ken. Nichts hat in ir­gend­ei­ner Wei­se ge­hol­fen. Mei­ne Näch­te, und nicht nur ei­ne Nacht, son­dern je­de ein­zel­ne Nacht, die noch folg­te, schlief ich ein und stand nach ei­ner hal­b­en Stun­de wie­der auf dem Schul­hof. Isa­bel­la stand vor mir und ich ha­be wie­der ei­ne Ohr­fei­ge be­kom­men. Ich sah ih­re wun­der­vol­len brau­nen Au­gen, ich konn­te sie rie­chen und so­gar spü­ren. Dann bin ich schrei­end und heu­lend auf­ge­wacht. Nach­dem ich mich wie­der be­ru­higt hat­te, ver­such­te ich zu schla­fen. Drei­ßig Mi­nu­ten spä­ter wach­te ich er­neut heu­lend auf.«

Aus der einen Trä­ne wur­den Bä­che, die sein Ge­sicht her­un­ter­roll­ten. Lea hat­te sich auf­ge­setzt und ver­such­te, das aus­tre­ten­de Was­ser zu trock­nen.

»Das wa­ren mei­ne Näch­te. Ziem­lich ex­akt die ver­gan­ge­nen drei­ßig Jah­re lang. Wäh­rend die­ser Zeit, ha­ben ich zahl­rei­che Ver­su­che un­ter­nom­men mir das Le­ben zu neh­men, weil ich es ein­fach nicht mehr er­tra­gen konn­te. Ärz­te, die ich auf­ge­sucht ha­be, wa­ren nicht in der La­ge mir zu hel­fen. Selbst Hyp­no­se klapp­te nicht. Mich in Tran­ce zu ver­set­zen ist nicht mög­lich, da­her schei­ter­ten auch sie an die­sem Pro­blem. Über die Jah­re hin­weg ha­be ich mir ei­ni­ge Tech­ni­ken bei­ge­bracht, die­se Erin­ne­run­gen zu ver­drän­gen. Lei­der sind sie nicht be­son­ders ef­fek­tiv, wie ich zu­ge­ben muss. Be­schäf­ti­gung brach­te mich da­zu, we­nigs­tens ei­ni­ge Stun­den nicht dar­an zu den­ken. Al­so ha­be ich mich wäh­rend mei­ner Ar­beit, zu­sätz­lich da­mit be­schäf­tigt Men­schen und de­ren Ver­hal­ten zu ana­ly­sie­ren und dar­aus lo­gi­sche Schlüs­se zu zie­hen.«

Er blick­te zu Liz die in sei­nen Au­gen er­ken­nen konn­te wie ver­letz­lich er in die­sem Mo­ment war.

»Was sie ge­se­hen ha­ben Croll, wa­ren Zei­ten, in de­nen mir Be­schäf­ti­gung ge­fehlt hat. Dann ka­men die Erin­ne­run­gen und die Trä­nen. Sie ver­ste­hen jetzt, warum ich aus dem Fens­ter ge­st­arrt ha­be. Als ich in die­sem Be­spre­chungs­raum Lea zum ers­ten Mal ge­se­hen ha­be, pas­sier­te et­was in mir. Ich kann es wirk­lich nicht be­schrei­ben, was es war. Ih­re Au­gen, ihr gan­zes We­sen er­in­ner­ten mich an Isa­bel­la, aber die Trä­nen blie­ben aus. Und noch et­was an­de­res pas­sier­te. Ich wur­de ner­vös, war nicht mehr in der La­ge mich auf et­was zu fo­kus­sie­ren. Stän­dig wan­der­te mein Blick wie­der zu ihr und ich konn­te nur hof­fen, dass sie es nicht be­merkt. Na­tür­lich hat sie es doch be­merkt. Als ich dann mit ihr al­lei­ne war, ver­such­te ich mich zu kon­zen­trie­ren und ih­re Re­ak­tio­nen der Au­gen ab­zu­le­sen. Es funk­tio­nier­te nicht. Nicht mal im An­satz. Ein Blick in ih­re Au­gen ver­lang­te mir wirk­lich al­les ab. Auch jetzt noch. Wenn ich einen Blick in ih­re grü­nen Au­gen wer­fe, ist es vor­bei mit mir und mei­ner Be­herr­schung. Ich lie­be die­se Frau mehr als ich das mit Wor­ten ir­gend­wie aus­drücken könn­te!«

Da­mit en­de­te er. Liz und Ka­rya­ni sa­hen zu die­sem Ko­loss, der wie ein klei­ner Jun­ge in sei­nem Ses­sel saß und Trä­nen ver­goss. Lea blick­te ihn vol­ler Stolz an, trock­ne­te sei­ne Trä­nen und strich ihm zärt­lich über den Kopf. Er hat­te sein Ver­spre­chen ge­hal­ten und den bei­den al­les er­zählt. Und er hat­te ihr auch trotz die­ser emo­tio­na­len Be­las­tung ge­sagt, wie sehr er sie lieb­te.

Liz sah den bei­den ei­ne län­ge­re Zeit nach­denk­lich zu. Sie stand auf, trat auf den Mit­tel­gang hin­aus und um­run­de­te den Tisch bis sie ne­ben Lea stand. Sie flüs­ter­te ihr ei­ni­ge Wor­te ins Ohr. Lea blick­te sie skep­tisch an, nick­te aber und lös­te sich vor­sich­tig von Korn. Die klei­ne Frau stell­te sich hin­ter ih­ren Freund und leg­te den Arm auf sei­ne Schul­ter. Croll setz­te sich ne­ben ihn.

Zö­gernd und mit lei­ser Stim­me sag­te sie »Es tut mir leid, das ich ih­nen nach­spio­niert ha­be Korn. Hät­te ich ge­wusst, was sie da­durch er­lit­ten ha­ben, hät­te ich mei­nen Mund ge­hal­ten. Ich kann mich nur bei ih­nen ent­schul­di­gen und dar­auf hof­fen, dass sie mir ver­ge­ben kön­nen. Mei­ne Ab­sicht war es, hin­ter ihr Ge­heim­nis zu kom­men, aber ich ha­be nicht ver­mu­tet, dass es so schreck­li­che Qua­len her­vor­ge­bracht hat.«

Korn dreh­te sei­nen Kopf zu ihr. Die Trä­nen glit­zer­ten noch auf sei­nen Wan­gen, als er sag­te »Es sei ih­nen ver­ge­ben Croll. Ich ha­be die­ses Ge­heim­nis vie­le Jah­re lang be­wahrt, da­mit man mich nicht ver­let­zen kann. Ih­nen ist es ge­lun­gen, als sie den Na­men er­wähnt ha­ben.«

»Das war nicht mei­ne Ab­sicht. Ich wer­de es nicht mehr er­wäh­nen!«, dann stand sie auf.

»Croll?«

»Ja?«

»Nen­nen sie mich Mi­cha­el«, sag­te er mü­de.

»Nur wenn sie mich in Zu­kunft Liz nen­nen!«

»Ein­ver­stan­den. Und jetzt sieh zu das du wie­der auf dei­nen Platz kommst. Du hin­derst mei­ne Liebs­te dar­an, mir nä­her­zu­kom­men.«

»Bin ja schon weg«, lach­te sie und ging. Als sie wie­der auf ih­rem Platz saß, schob sie noch ei­ne Fra­ge hin­ter­her »Mi­cha­el, wie ist es mög­lich, dass du in der gan­zen Zeit nie mit ei­ner Frau ge­schla­fen hast?«

»Ty­pisch In­selaf­fen, den­ken den gan­zen Tag nur an das ei­ne«, mur­mel­te er mit be­lus­tig­ter Stim­me. Dann wur­de er wie­der Ernst. »Liz, es ist nicht ein­fach, sich auf je­man­den ein­zu­las­sen, wenn der Kopf nicht mit­spielt. Ich ha­be es ver­sucht, aber es en­de­te im­mer wie­der da­mit, dass mir Trä­nen ka­men und mein däm­li­cher Schä­del sich ge­wei­gert hat das Blut, in ge­wis­se Körper­re­gio­nen um­zu­lei­ten.«

»Ver­ste­he«, sag­te sie, als sie an­füg­te, »Aber tech­nisch ist al­les okay?«

Lea muss­te la­chen. »Ich ha­be es sehr oft ge­tes­tet, muss ich ge­ste­hen, und bis­her hat es im­mer funk­tio­niert. Al­so bei mir ist er tech­nisch völ­lig okay!«

»Lea, so ge­nau woll­te ich es wirk­lich nicht wis­sen«, er­rö­te­te sie.

»Ich den­ke, wir soll­ten, die bei­den erst mal auf ein Zim­mer schi­cken, wenn wir in Frank­reich ge­lan­det sind«, lach­te Ka­rya­ni in die Run­de.

»Du hast recht Ka­rya­ni. Die Rech­nung geht auf mich!«, grins­te Liz.

Lea flüs­ter­te Mi­cha­el et­was ins Ohr. Er sah sie an und nick­te leicht.

»Mein Vor­schlag ist, ihr bei­den ver­zieht euch nach da vor­ne und wir span­nen ein Tuch durch die Ka­bi­ne. Lasst euch dann die nächs­ten Stun­den ein­fach nicht stö­ren, wenn es et­was Lau­ter wird«, lach­te Lea zu den bei­den Frau­en.

Bei­de lä­chel­ten ver­le­gen. Leas Vor­schlag war ein­deu­tig. Ka­rya­ni lehn­te sich zu Liz und die bei­den tu­schel­ten ei­ne Wei­le mit­ein­an­der. Im­mer wie­der sah man Liz den Kopf schüt­teln. Nach län­ge­rer Be­ra­tungs­zeit wand­te sich Liz an die bei­den Ver­lieb­ten.

»Wir wä­ren ei­gent­lich ein­ver­stan­den«, brach­te Liz lang­sam her­vor, »aber wir ha­ben im­mer noch un­ser Pro­blem nicht ge­löst wie wir wei­ter vor­ge­hen. Un­ser Ge­gen­vor­schlag lau­tet al­so. Wir lö­sen un­ser Pro­blem und se­hen zu wie wir wei­ter­ma­chen wol­len, dann ver­zie­hen Ka­ry und ich uns in die klei­ne Kü­che, fah­ren das Licht run­ter und dre­hen Mu­sik auf. Dann könnt ihr bei­den ma­chen, was ihr wollt bis wir in Ly­on ge­lan­det sind.«

Lea fing aus vol­lem Hal­se an zu la­chen und auch Korn grins­te über bei­de Ohren. Er gab Lea einen Kuss und be­gann dann »Lea hat euch ver­arscht. Ihr habt doch wohl nicht ernst­haft ge­glaubt, wir ver­brin­gen un­se­re ers­te Lie­bes­nacht in ei­nem Flug­zeug, wäh­rend ihr wie Hüh­ner auf der Stan­ge vor­ne sitzt und dar­auf war­tet bis wir lan­den. Wir be­ra­ten wie wir un­se­re Auf­ga­be lö­sen. In Ly­on wer­det ihr dann ei­ni­ge Stun­den auf uns ver­zich­ten, wenn das mög­lich ist und nicht un­se­ren Auf­trag ge­fähr­det. An­sons­ten war­ten Lea und ich dann schon dar­auf, ei­ne ru­hi­ge Nacht mit­ein­an­der ver­brin­gen zu kön­nen.«

»Ihr bei­den seid un­mög­lich!«, lach­te Ka­rya­ni und auch Liz muss­te la­chen.

Die vier tausch­ten Ide­en aus und ent­war­fen ei­ni­ge Plä­ne, wäh­rend die Gulf­stream über dem dunklen Ozean Ly­on ent­ge­gen­flog. Als die In­ter­pol­ma­schi­ne in den Sink­flug über­ging, wa­ren sie sich ei­nig ge­wor­den. Liz und Ka­rya­ni soll­ten Mi­ke be­su­chen, dar­auf hat­te Korn be­stan­den, und raus­fin­den, wer schon al­les über die­ses Ge­dicht Be­scheid wuss­te. Lea und er wür­den sich ei­ne kur­ze Pau­se gön­nen und sich dann auf den Weg nach Sp­lit ma­chen, um die­se For­mel zu be­sor­gen. Erst wenn sie die­se Da­ten in den Hän­den hal­ten wür­den, könn­ten sie ih­ren Ver­fol­gern ei­ne Fal­le stel­len, um die Hin­ter­grün­de auf­zu­de­cken.

Es soll­te al­ler­dings an­ders kom­men, als sie es ge­plant hat­ten …

Michael Korn & Liz Croll Trilogie

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