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Kapitel 12: Krieg und Terror

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Syrienkrieg, Juni 2016

Die Kämpfe hielten unvermindert an. Kurz vor Weihnachten hatte der amerikanische Präsident den Entschluss gefasst, neben den Bodentruppen Russlands und den im Herbst 2015 entsandten 50 US-Elitesoldaten weitere 1.300 Mann der US Army, davon knapp 500 US Marines, nach Syrien zu entsenden. Zum einen zeigten die bisherigen Luftangriffe nicht den gewünschten Erfolg, zum anderen hoffte er auf elementare Informationen der russischen Manöver direkt vor Ort.

Seit über einem Jahr gab es Streitigkeiten, da russische Kampfjets Stellungen in der Nähe von Homs sowie im Westen Syriens angriffen. Diese lagen außerhalb der vom IS besetzten Zonen und wurden von den Rebellen, die gegen das Assad-Regime kämpften, beherrscht. Daher die Vermutung, mehr noch der Vorwurf, der russische Präsident stärke durch seine Offensive die Regierungstruppen von Baschar al-Assad, indem er die Widerstandskämpfer des jetzigen Regimes schwächte.

Die Lage war äußerst kompliziert, da die syrische Opposition aus unterschiedlichen Rebellengruppierungen bestand: unter ihnen radikal-islamische Gruppen wie Ahrar al-Scham sowie die Nusra-Front, die sich zu al-Qaida bekannte. Andererseits kämpften in den bombardierten Gebieten auch Einheiten, die zur Freien Syrischen Armee (FSA) zählten, einem losen Verband Oppositioneller, die seit dem Arabischen Frühling Assad attackierten.

Bemerkenswert erschien die Tatsache, dass in der globalen Presse nur noch vereinzelt über die Kämpfe und deren Zusammenhänge berichtet wurde. Noch im November 2015, als die Terrorakte von Paris der Bedrohung eine neuartige tragische Dimension verliehen, war ein weltweiter Aufschrei durch die sozialen Medien gegangen. Die Anteilnahme schien immens, ebenso die angekündigten Vergeltungsschläge Frankreichs – ja der gesamten westlichen Welt. Jene unmenschliche Tat verängstigte nun auch Europäer, Amerikaner, einfach alle, die an Demokratie und freien Glauben appellierten. Der Krieg war vor der eigenen Haustür angelangt!

Und dennoch: Von Journalisten gesteuert, gerieten all diese Themen, wie der seit 2011 währende Krieg Syriens, für die Masse der Leser in den Hintergrund. Man kann es sogar so ausdrücken: Der Mensch stumpft mit der Zeit ab, gerade dann, wenn es um Ereignisse geht, die Hunderte, gar Tausende Kilometer von ihm entfernt stattfinden. Über Jahre hinweg ein und dieselben Meldungen in den Nachrichten. Kein Garant für hohe Auflagen. Jungfräuliche Schlagzeilen müssen gemeldet werden, die Entsetzen und Angst auslösen. Dies weckt Interesse und generiert entsprechende Einschaltquoten.

Die letzte große Headline war aus dem Frühjahr 2016. IS-Kämpfer hatten zwei Marine-Soldaten in der Nähe der Kleinstadt Mohassan im Nordosten Syriens in Gefangenschaft genommen. Acht Tage nach der Verschleppung tauchte im Internet ein Video auf, in welchem sich drei vermummte Islamisten hinter einem in der Wüste knienden Amerikaner zeigten. Ein vierter Fanatiker, der ein großes Messer ansetzte und die Kehle des Soldaten durchschnitt, trug keine Sturmmaske. Der Junge konnte nicht älter als fünfzehn sein, dennoch säbelte er so lange am Kopf des Opfers, bis dieser abgetrennt war. Wie im Blutrausch hob der Jugendliche das rot besudelte Haupt in die Höhe, blickte direkt in die Kamera, lachte hämisch, während er kriegerische Parolen schrie. Hinter ihm wehten die drei Vermummten mit den schwarzen Fahnen des Terrors.

Weltweites Entsetzen!

Der amerikanische Präsident geriet in die Kritik und Kandidaten der kommenden Präsidentschaftswahl schlachteten die grauenhaften Bilder auf unmoralische Weise für sich aus. Die Umfragewerte der Demokraten sanken um sieben Prozentpunkte, obwohl jedem politisch interessierten Amerikaner bewusst war, dass die republikanische Partei die Streitkräfte im feindlichen Gebiet Syriens noch weiter ausbauen würde.

Eine Woche später brach das Interesse der Öffentlichkeit ab. Genauso wie bereits zuvor für den anhaltenden Konflikt in der Ostukraine, rund um die Provinzen Donezk sowie Luhansk. Gleiches galt für den Bürgerkrieg in Libyen, den der Islamische Staat mittels 21 Enthauptungen im Jahr 2015 medienwirksam für sich ausschlachtete. Ebenso ließ das Interesse am schwelenden Krieg im Sudan und Südsudan nach, wo unter anderem 2.000 Kinder als Soldaten unterwegs waren, blutige Schlachten zu gewinnen. Irak, Kongo, Somalia, Gaza Streifen, Afghanistan, Pakistan … Es verwundert nicht, dass in den bewaffneten Konflikten des 20. Jahrhunderts über 180 Millionen Menschen zu Tode kamen, mehr als in allen vorangegangenen Jahrhunderten zusammen. Und es war nicht der Plan, dies im 21. Jahrhundert zu ändern. Das Siegel des Roten Reiters war gebrochen.

Chris Owen - Die Wiedergeburt

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